Schlüsselerlebnis vor der eigenen Haustür

Dass es so etwas noch gibt!

Kürzlich erhielt ich Besuch von einem lieben Freund, den ich nach der Bewirtung mit einer Tasse Kaffee wieder zur Tür geleitete. Ich trat sogar, trotz der damit verbundenen Gefahren, einen Schritt auf den Bürgersteig und erblickte, mit welchem Gefährt er die beschwerliche Reise von der Spyckstraße zum Grünen Heideberg angetreten hatte. Mit einem alten Kalkhoff-Rennrad in Grün-Metallic, welches er zu einem Single-Speed-Rad umgebaut hatte. Tres chic!

Leuchtende Augen aber bekam ich, als ich des Schlosses an der Sitzstrebe angesichtig wurde – es befand sich daran ein auf einer Metallplatte montiertes Schloss, welches einen Riegel in den Speichenraum schieben lässt und in der Endposition den winkelig gebogenen Schlüssel freigibt. Die Schlösser meiner Kindheit! Das Drama, wenn man einen Schlüssel durch ein Loch in der Hosentasche verloren hatte! Die vergleichsweise geringe Gewalt, die nötig war, entweder den Riegel zu verbiegen oder gleich das ganze Schloss wegzudrehen. Ich hatte schon vergessen, dass es so etwas gab – und nun, voll funktionstüchtig, das vermutlich letzte seiner Art direkt vor meiner Haustür.

Dass ich das noch einmal erleben durfte! Eine ganze Kaskade von Schlosserinnerungen und Schlüsselerlebnissen brach sich Bahn. Das erste Zahlenschloss, mit der ständigen Angst, eine der drei Ziffern 1-4-5 zu vergessen. Ketten in Plastikschläuchen. Eisensägearbeiten mit Nachbarskindern. Das Bügelschloss des ersten Hollandrads, für Ganoven schon etwas mühevoller zu entriegeln. Später, als die Kenntnisse der Fahrraddiebe schon weit fortgeschritten waren, die massiven Bügelschlösser, die dem Verbrechen zumindest solange Schweiß abnötigten, wie nicht gleich das ganze Rad samt Schloss auf die Ladefläche geworfen wurde. Die Schublade mit den ca. 15 Schlüsseln, die keinem Schloss mehr zuzuordnen waren. Ein klarer Fall von schwerer Schlosstalgie. Schloss damit!

Deine Meinung zählt:

11 Kommentare

  1. 11

    @Rüdiger Weizenkeim

    Ich hatte mir mal hinten ein kleineres Ritzel drauf gebastelt. …und was war, die Kiste lief dadurch noch langsamer 🙁

    Benzinhahn während der Fahrt kurz schließen, brachte seltsamerweise einige Kilometer auf der Tachoanzeige extra.

    Wer weiß wofür es gut war!

     
  2. 10

    Die ganz coolen Mädchen fuhren trotzdem Puch. Natürlich mit dem Sattel in Bordsteinhöhe.

    Bei uns im Dorf gab es dann auch eine mit der legendären uringelben Edition (heute unbezahlbar) und Handschaltung: Anbetungswürdig.

    Dann gab es noch die Fraktion die Sparta Buddy oder gleich Rabeneick fuhren. Da wusste jeder Junge: Halt den Ball flach und sag‘ nix.

    Solche angesagten Mädels parkten natürlich nicht in der Fahrradwache…

     
  3. 9

    Rathaus-Wache? Kann mich daran nicht erinnern. Vielleicht war die auf meinem damaligen Radar nicht vorhanden, weil die beiden anderen für mich näher lagen.

    In meiner Eigenschaft als Träumer: Wenn in Kleve mal wieder be- oder überwachte Unterstellplätze eingericht werden (was dringend nötig wäre), dann aber bitte 2 davon, jeweils Ober- und Unterstadt, damit man sich die krüjerej den Berg hoch spart.

    Mal sehen was da demnächst am Bahnhof hinkommt. Hoffentlich kein Luxus-Leuchtturm-Projekt, aber mehr als nur ein paar Anlehnständer. Irgendwas kostengünstiges und ausreichend Großes wäre schön…

     
  4. 8

    & Dremel
    Mein Bruder hatte ’71 die erste Puch im Dorf.
    14er Vergaser, 16er Ritzel, NL-Krümmer – alles mühsam analog beschafft…

    Ich musste mich Jahre später auch mit Vatis Mobylette zufriedengeben. Immerhin gab es da einen Ansaugstutzen aus der Moped-Kollektion😎 solche raren Exemplare stellte man dann auch gerne in der Fahrradwache ab.

     
  5. 7

    ###Puch f. Jungs, Ciao f. Mädchen###

    Ja, das stimmt !!! War fast wie ein Gesetz. Ich hatte leider das Gesetz gebrochen und eine Mobilete von meinen Eltern bekommen.

    …dafür konnten die meisten Puch-Fahrer aus gewissen Gründen erst später, als mit 18 J. den Autoführerschein machen. 😉

     
  6. 6

    & St. Sch.
    Ich erinnere mich nur noch an die Rathaus-Wache. Dort konnte man auch diese Mofas (Puch f. Jungs, Ciao f. Mädchen) unterstellen.

    Wann hat die wohl geschlossen? Irgendwann in den 70ern ?

     
  7. 5

    Ich musste genauso wie @Dremel spontan und mit Wehmut an die beiden Fahrradwachen (RIP) in Kleve denken.
    Eine in der Unterstadt, auf dem Gelände der heutigen rückwärtigen Lieferzufahrt für Woolworth, schräg gegenüber der Eisdiele. Die zweite rechts neben dem Marstallgebäude, welches damals die Stadtbücherei beherbergte. Zwei Hauptanlaufpunkte in Kleve für Auswärtige.

    Mein Vater mißtraute schon damals den im Bild dargestellten Speichenschlössern, Deshalb bekam ich für meine wöchentlichen Ausritte zur Bücherei den Groschen (es war also billiger als 20 Pfennige) von der Familie gesponsort.

     
  8. 4

    Was Schlösser angeht, liegen mir noch fühlbar in der Hand zwei: ein altes Fahrradschloss zum ersten selbst gekauften Fahrrad, das noch funktionstüchtig ist. Und vom Kellerraum der Wohnung, in der ich über 30 Jahre gewohnt habe. Schlösser zu haben, bedeutet, abgegrenzt im Leben zu stehen.

     
  9. 3

    Netter Beitrag! 😉

    Darf ich hier noch den Begriff „Fahrradwache“ einwerfen, für den man schon mal ganz entgeistert von jüngeren Erdenbewohnern angesehen wird.

    … für zwanzig Pfennig Sicherheit.

     
  10. 2

    Das war mal „Sicherheit“ für 1,50 DM. Hatte lange genügt .🙄Es vermittelte Eigentum und das war weitgehend tabu,sonst wären nicht Millionen von den Dingern verkauft worden .Das heute ein Fahrrad z.B.mit Satelliten GPS aus
    +20km Höhe überwacht werden muss sehe ich nicht unbedingt als Fortschritt i.d. menschlichen Entwicklung .

     
  11. 1

    Der Besucher muss aber topfit gewesen sein, mit einem Single Speed den Berg hoch, Respekt!!!!!
    Sehe neuerdings auch wieder viele Biker, die mit alten Rennrädern ( Schaltung am Rahmen) den schönen Niederrhein beackern.