Ulla Oberender, Chefin des Sauna-Clubs „FKK van Goch“, einer weit über die namensgebenden Grenzen der Stadt hinaus bekannten Adresse für käuflichen Sex, sagt, sie habe schon an der Justiz gezweifelt, „aber nun hat endlich die Gerechtigkeit gesiegt“. Die Gerechtigkeit ist in ihrem Falle eine höchstrichterliche Entscheidung. Sie stammt vom Bundesgerichtshof aus Karlsruhe, sie trägt das Aktenzeichen, und sie enthält eine unmissverständliche Botschaft: „Die Angeklagten werden freigesprochen.“
Im vergangenen Jahr waren Ulla Oberender (62) und ihr Mann Johannes vor dem Landgericht Kleve verurteilt. Die beiden Geschäftsleute erhielten Bewährungsstrafen, weil sie nach Auffassung der Wirtschaftsstrafkammer Steuern hinterzogen hatten. Es handelte sich um einen Schuldspruch in einer Serie von Prozessen, die die Staatsanwaltschaft Kleve unter Federführung von Hendrik Timmer gegen verschiedene Bordellbetreiber aus dem Kreisgebiet initiiert hatte.
Die Argumentation war immer die gleiche: Die Prostituierten, die dort arbeiteten, seien in Wahrheit keine selbständig tätigen Unternehmerinnen, sondern abhängig beschäftigte Frauen in den jeweiligen Betrieben. Damit hatte Timmer den „Fun Garden“ in Emmerich auseinandergenommen, das „Casa Rossa“ in Emmerich-Elten und das „Haus Manier“ in Kalkar.
Am 15. Juni 2016 war das „FKK van Goch“ dran. Es gab eine Razzia auf dem Gelände des Klubs (und in mehreren Privatwohnungen), an der Beamte der Bundespolizei, des Zolls, der Steuerfahndung Düsseldorf, der Kreispolizeibehörde Kleve, des Ausländeramtes Kleve sowie der Ordnungsämter Goch, Gladbeck und Marl teilnahmen. Nach mehrjährigen Ermittlungen begann 2020 der Prozess, der Mitte des vergangenen Jahres mit dem Schuldspruch endete.
Dieses Urteil aber wollte das Ehepaar Oberender nicht auf sich sitzen lassen. „Wir haben immer versucht, den Betrieb vorschriftsmäßig ablaufen zu lassen“, sagt Ulla Oberender. „Und das hat auch jahrelang reibungslos funktioniert.“ Im Grunde schlossen sich die Bundesrichter in ihrer Entscheidung dieser Argumentation an – weshalb der Fall auch nicht zur Neuverhandlung nach Kleve zurückverwiesen, sondern gleich mit einem Freispruch abgeschlossen wurde.
Beispielsweise führten die BGH-Richter zugunsten der Betreiber aus, dass die Prostituierten nicht direkt über die Internetseite des Klubs kontaktiert werden konnten. Den Frauen war es erlaubt, auch außerhalb des Klubs dem Gewerbe nachzugehen. Sie durften ihre Preise selbst verhandeln.
Als Anwalt Malte Englert (Gelsenkirchen) sich bei Ulla Oberender telefonisch meldete und die Entscheidung übermittelte, mussten sie und ihr Mann die freudige Nachricht erst einmal verkraften: „Nach sechs Jahren Kampf haben wir uns erst einmal hingesetzt. Wir mussten das mental verarbeiten, dass der Kampf nun endlich vorbei ist.“
Ganz vorbei allerdings noch nicht – es könnte noch ein finanzielles Nachspiel geben, und zwar zugunsten der damaligen Angeklagten. „Die Entscheidung über die Entschädigung der Angeklagten wegen erlittener Strafverfolgungsmaßnahmen bleibt dem Landgericht vorbehalten.“
Nach der Razzia war das „FKK van Goch“ für drei Monate geschlossen, danach, so Ulla Oberender, sei es sehr schwierig gewesen, den auf Null heruntergefahrenen Betrieb wieder aufzubauen. „Uns geht es aber nicht ums Geld“, sagt Ulla Oberender. „Wir freuen uns, dass die Gerechtigkeit gesiegt hat.“
Lesen Sie dazu auch den Bericht in der NRZ: „FKK van Goch“: Freispruch für Bordellchefin
So berichtete kleveblog über den Prozess:
FKK van Goch: Bewährungsstrafen für Betreiber-Ehepaar
Fernsehstunde im Gerichtssaal: Strafkammer zeigt WDR-Dokumentation über FKK van Goch
@ 8 Steez „verkehrt gelaufen“
Recht ist keine Frage von schwarz bzw. weiss. Gerade die Fälle, die am BGH landen liegen immer im Graubereich.
Vergessen Sie bitte nicht, dass an alle Akteure, seien es nun Verteidiger, Staatsanwälte und Richter die gleichen Anforderungen gestellt werden, nämlich 1. abgeschlossenes Jurastudium (auch 1. Staatsexamen genannt), 2. Referendariat, 3. Abschlussprüfung zur Befähigung zum Richteramt (auch 2. Staatsexamen genannt) .
Dass auch im vorliegenden Fall Alles nur am seidenen Faden gehangen hat, sehen Sie schon an der Tatsache, dass das Gericht gewürdigt hat, dass Kontakt zu den Anbieterinnen über das Internet über FKKvG nicht möglich war. Das war eine Einschätzung des Gerichts.
Stellen Sie sich vor, bei Buchung eines Mietautos würde man als Kriterium der Eigenständigkeit von der Autovermietung fordern, dass z.B. eine günstige Tankstelle nicht im Internetauftritt der Vermietung verlinkt ist, weil sie sonst als dieser abhängig zugerechnet würde.
Deshalb, das vom BGH gesprochene Urteil enthält viele Glückselemente für die Angeklagten
Vieles kommt also auf die 50 Graustufen an, zu welcher Seite das Pendel ausschlägt und hätte bei anderer Zusammensetzung des Senats (bei jedem Senat wirken nur 5 der bis zu 8 Mitglieder am Spruch mit) auch anders ausfallen können..
Mir stellt sich die Frage wie man in Kleve zu Steuernachzahlungen in Millionenhöhe und auf Haftstrafen zur Bewährung kommt, vor dem BGH dann ein Freispruch erfolgt.
Was muss in Kleve denn da auf, anzunehmend ganzer Linie, verkehrt gelaufen sein?
@Dektrator: Was bitte soll an einem Staatsanwalt „gut“ sein, der vor dem BGH Urteil mit seiner „Überzeugung“ Unschuldige an den Rand zum Knast bringt und diese in den Ruin treibt?
(Nein, die Frage beinhaltet keine Solidarität mit Puffbetreibern)
Wie auch immer, das BGH ist sicher kein Ponyhof. Ich kann mir kaum vorstellen dass dort nicht eingehend geprüft wurde was vor sich gegangen ist und vor dem Gericht in Kleve möglicherweise (oder offensichtlich?) nicht richtig war.
„Den Frauen war es erlaubt, auch außerhalb des Klubs dem Gewerbe nachzugehen. Sie durften ihre Preise selbst verhandeln.“
Wenn das ganze Elend dieser Branche sich in zwei Sätzen widerspiegelt…
Oder Allgemeines Chaos Kommando?
@4. SpoyBoy
„ACK“ …….. meinen Sie etwa damit „Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen“ …… oder ……… ?
😉
@3
100% ACK
100% ACK
100% ACK
😀
Abi am Stein, sagt alles ?
@1 SpoyBoy „da scheint der Hendrik ja doch nicht son guter Staatsanwalt zu sein“
Im Gegenteil, der überzeugt ganze Gerichte von der Schuld von Angeklegten, obwohl die laut BGH unschuldig sind.
Aber nicht umsonst heisst es „auf hoher See und vor Gericht is man in Gottes Hand „
Na, da scheint der Hendrik ja doch nicht son guter Staatsanwalt zu sein wie er immer gehyped wird….
(gez. Abiturient 1991)