Alles hat seinen Preis, manchmal auch seinen Anzeigenpreis

Stilvorlage Neues Deutschland

Es ist noch nicht so lange her, dass in Österreich eine Regierung zurücktreten musste, nachdem Ermittlungen zu Tage gefördert hatten, dass freundliche Berichterstattung in der Zeitung mithilfe von Inseraten erkauft worden zu sein schien. Nun ist auch klar, dass das Zeitungsgeschäft in den vergangenen Jahren ein schwieriges geworden ist – die Anzeigenerlöse brechen ein, das Internet spielt nicht so viel Geld ein, wie man das gerne hätte (wenn überhaupt), und irgendwie muss der ganze Apparat ja auch finanziert werden.

In dieser schwierigen Gemengelage sich richtig zu verhalten, ist alles andere als einfach. In den vergangenen Wochen nun war hier auf kleveblog viel über die Verquickungen der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Kleve mit der Rheinischen Post zu lesen (z. B. hier, hier und hier). Der Geschäftsführer der Gesellschaft, Hans-Josef Kuypers, darf in dem Blatt Kolumnen schreiben, und zudem gelingt es ihm wundersamerweise immer wieder Jubelarien und Erfolgsgeschichten zu platzieren, in denen dann ihm nahestehende oder benachbarte Organisationen von ihrer besten Seite gezeigt werden.

Nicht einmal der jedem sofort ins Auge springende Umstand, dass die Stadt Kleve gleich vier Vertreter in die 15-köpfige Delegation des Kreises, die die Münchner Immobilienmesse Expo Real besuchen durfte, entsandt hatte, war der Redaktion der Rheinischen Post irgend eine kritische Erwähnung wert. Man staunt. Es gab lediglich zwei redaktionelle Beiträge, in denen die Arbeit der Messebesucher vor Ort geschildert wurde.

Doch all das Staunen fand am Samstag eine überraschende oder vielleicht gerade nicht überraschende Antwort, und zwar in Form einer im Lokalteil erschienenen Doppelseite mit der Marke „Wirtschaftsförderung Kreis Kleve auf der Expo Real 2021“. Auf beiden Seiten rechts oben recht klein das Wort Anzeige, der Rest sieht aus wie redaktionelle Berichterstattung (Fachausdruck: Advertorial) und zeigt insgesamt sechs Fotos, auf denen viermal Hans-Josef Kuypers und ebenfalls viermal Landrätin Silke Gorißen abgebildet sind.

Die Antwort lautet also: 20.000 Euro.

Das dürfte – geschätzt – der (Anzeigen-)Preis der Pressefreiheit sein. (Desinformation, vom Steuerzahler finanziert.)

Deine Meinung zählt:

5 Kommentare

  1. 5

    Das macht müde, so müde…
    Verschwendung, Gemauschel, Lobbyismus, Korruption …
    wohin man schaut und kein Ende in Sicht.

    SOS wer rettet die Demokratie?

     
  2. 3

    Dass es so läuft, ist nicht wirklich überraschend, oder? Aber es ist wichtig immer wieder darauf hinzuweisen. Manchmal führt das dann sogar zu Konsequenzen.

     
  3. 2

    Es gab Zeiten, wenn ich mich recht erinnere, in denen die Advertorials in einer anderen Schrift als die sonst übliche gesetzt wurde. Daran konnte derdie Leserin erkennen, dass dies nicht der Pressefreiheit unterliegt.

     
  4. 1

    Einer der Gründe, warum Herr Kuypers so unumstritten als WfG-Chef ist, könnte dem Umstand geschuldet sein, dass er regelmäßig dafür sorgt, dass die Bürgermeister und die Landrätin (vorher: der Landrat) häufig und ausreichend groß in den örtlichen Zeitungen vorkommen.
    Was mich mal interessieren würde: Macht Herr Kuypers überhaupt Wirtschaftsförderung oder nur PR, die Wirtschaftsförderung simuliert?