Zur Verabschiedung des Kämmerers und Ersten Beigeordneten Willibrord Haas

Lässige Verabschiedung: Wolfgang Gebing, Willibrord und Birgitt Haas (Foto: Stadt Kleve)

Nachzutragen ist in diesem kleinen Angebot natürlich noch die Verabschiedung des Ersten Beigeordneten und Kämmerers Willibrord Haas, der zum Jahresende in den Ruhestand gegangen ist, ein Ruhestand, der, wenn man sich eine seiner letzten privaten Anschaffungen anschaut, ein Wohnmobil nämlich, vermutlich sehr dem Reisen gewidmet sein wird. Weit weg von Kleve?

Räumlich vielleicht, aber das wird nicht darüber hinwegtäuschen können, dass Willibrord Haas ein Klever Geschöpf durch und durch ist. Er ist das zweitjüngste Kind einer kinderreichen Familie aus Kellen (9 Geschwister), er machte sein Abitur in Kleve, und er verbrachte, nach einer Zeit in Bocholt, die wichtigsten Jahre seiner beruflichen Laufbahn in seiner Heimatstadt. Als er 2006 in seine erste Amtszeit als Stadtkämmerer und Beigeordneter gewählt wurde, war noch Theo Brauer Bürgermeister. Es kam, 2015-2020, Sonja Northing, und in den letzten 14 Monaten seines Berufslebens diente er unter Wolfgang Gebing seinem dritten Bürgermeister.

Bei der Schlüsselübergabe 2015 wachsamer Beobachter im Hintergrund: Sonja Northing, Willibrord Haas, Theo Brauer (rechts Jürgen Rauer)

Wobei unter vielleicht nicht ganz die richtige Präposition ist. Es gibt nicht wenige, die Willibrord Haas schon zu den Zeiten von Theo Brauer, dem impulsiven und ins Licht drängenden Bürgermeister, für die wahre Nummer 1 in der Verwaltung gehalten haben. Daran ist zumindest zutreffend, dass Haas die Verwaltung im Griff hatte. Er wusste über alles und jeden Bescheid, er war die Art von Respektperson, vor der man zitterte wie vor einem strengen Lehrer, wenn man die Hausaufgaben wieder einmal nicht gemacht hatte. Inkompetenz war ihm ein Gräuel.

Wer ihn in seiner täglichen Arbeit erlebte, traf gleichwohl auf einen Menschen, der viel lachte und gerne auch bereit war, über den Tellerrand des Verwaltungsdenkens hinaus nach Lösungen zu suchen. Seinen Teil des Geschäfts, die Finanzen der Stadt, hatte er ohnehin im Griff. Er verteidigte seinen Etat etwa so wie den Strafraum der Altherrenmannschaft von DJK/BV Kellen, in deren Reihen er mittwochs abends gerne seine Schienbeine hinhielt.

Auch sonst war ihm alles Abgehobene fremd. Sonntag abends konnte man ihn schon einmal beim Frieden-Döner an der Lindenallee antreffen, wenn er für sich und seine Frau Birgitt das Essen holte. Die Kirmes in Materborn sah ihn ebenfalls als treuen Besucher.

kleveblog schätzte die Kompetenz von Haas schon vor vielen Jahren richtig ein

„In seinen 16 Dienstjahren als Beigeordneter und Stadtkämmerer hat sich Herr Haas stets zum Wohle der Stadt Kleve eingesetzt“, hieß es in der Pressemitteilung der Stadt Kleve zur Verabschiedung des Wahlbeamten. Das klang ein wenig nach einem lieblos aufgesetzten Arbeitszeugnis. Im Rat wurde es persönlicher. Als er zum Jahreswechsel in dem Gremium offiziell verabschiedet wurde, sagte Hedwig Meyer-Wilmes, dass Willibrord Haas in seiner Arbeit den Beweis angetreten habe, dass Zahlen „sexy“ sein könnten. Dem ist allerdings nur bedingt zuzustimmen. Einen städtischen Verwaltungshaushalt aufzustellen, das bedeutet in erster Linie öde Additionsarbeit, und daran ist erst einmal relativ wenig spannend und sexy.

Da jedoch immer und überall mehr Geld gefordert als tatsächlich vorhanden ist, bringt die Aufgabe es mit sich, im doch eigentlich festgefügten Zahlenraum kreativ und flexibel zu handeln. Ein kleines Indiz mag andeuten, dass Haas dafür ein besonderes Händchen hatte. Denn der nun aus dem Amt geschiedene Kämmerer hat die Angewohnheit, das Besteck gewissermaßen seitenverkehrt zu halten. Das weist auf eine gewisse Beidhändigkeit hin – und bei solchen Menschen gelten die beiden Gehirnhälften, in denen gemeinhin Rationales und Kreatives strikt getrennt abgearbeitet werden, als intensiv verknüpft.

Meistens kommt Großes dabei heraus. Für Kleve und die Verwaltung hat Willibrord Haas auch Großes geleistet – und wer weiß, was nun in den Jahren des Ruhestandes folgen wird. Genug Energie ist jedenfalls noch vorhanden.

Flankiert vom Vorgänger Willibrord Haas und von Bürgermeister Wolfgang Gebing: Klaus Keysers, der neue Kämmerer der Stadt Kleve, nach seiner Wahl in der Klever Stadthalle

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5 Kommentare

  1. 5

    @4 (Nasenbär)
    Ihr Beitrag in Ehren, aber er basiert zum Teil auf nicht zutreffenden Annahmen und verkennt etwas die Realität.
    Tatsache ist (und das ist bundesweit so beschlossen, da machen Andersdenkende rund um Kleve wohl nicht mehr viel dran), dass in Deutschland bis 2030 200 Mrd. EUR (in Worten Zweihundert Milliarden Euro) in die Ertüchtigung der Bahn als Rückgrat für alternative Verkehrssysteme inverstiert werden werden. D.h., dass von diesem Mittel bei proportionaler Verteilung schon rein rechnerisch 625 Mio EUR zur Ertüchtigung Bahn an den linken unteren Niederrhein fließen müssten (ca. 250.000 von bundestweit ca. 80 Mio Einwohner wohnen ja bekanntlich im linksrheinischenTeil des Kreises Kleve). Bei Verbesserung der Bahnverbindung nach Krefeld sowie die Wiederherstellung der Bahnlinien nach Nijmegen (mal abgesehen von den schwierigen, aber mit innovativen Ansätzen durchaus lösbaren Sachverhalten in NL) und Xanten (so wie von der Allianz pro Schiene und der Verband Deutscher Verkehrsbetriebe gefordert) wären ferner noch Anteile von den Anwohnern in den Kreisen Kempen und Wesel sowie in Krefeld und EU-Mittel (bei Grenzüberschreitung) hinzuzurechnen.
    Meines Erachtens müssten daher die lokalen und regionalen Politiker egal welcher Coleur längst mit massiven und koordinierten statt parteizänkischen und zweckentfremdungsmotivierten Aktionen begonnen haben, um von den 200 Mrd. den proportionalen Teil in die Region zu leiten. Aber da ist Stand heute immer noch nicht so richtig Adäquates passiert. Wahrscheinlich wird man 2030 konstatieren müssen, dass es gerade mal 100 Mio EUR geworden sind und die letztendlich sogar noch aus anderen, zusätzlich verfügbaren Budgets stammen. Sprich, dass die lokalen und regionalen Politiker dann die Jahrhundertchance verpasst haben werden, die nachhaltigen und umweltschonende Verkehrsanbindungen von Kleve dahin, wo man dann ohnehin nicht mehr mit dem Auto hinfahren dürfen wird, wieder auf Vordermann zu bringen.
    Und was ist der Grund dafür? Nicht DB-Netz. Denn DB-Netz gehört zum Beispiel die Infrastruktur von Kleve zur Landesgrenze gar nicht mehr, sondern längst der Stadt Kleve und der Gemeinde Kranenburg. Während die Wiederherstellung der Bahnstrecke von Kleve bis zur Grenze die Gemeinde Kranenburg nicht allzu sehr treffen sollte, stünde die Stadt Kleve (auch im Falle einer politisch motivierten Rückübertragung des Eigentums an DB-Netz) in der Pflicht, die abgerissene nicht schienengleiche Kreuzung und die 200 m ausgebautes Gleis im Bereich Wiesenstraße für einen zweistelligen Millionenbetrag wiederherzustellen (Anmerkung: Anfang 2000 hat mich die gesamte Klever Verwaltung und Unternehmerschaft ausgelacht, als ich empfohlen habe, diese Infrastruktur nicht zu zerschlagen, weil sich die Sachverhalte in Zukunft noch sehr wohl einmal ändern könnten – und die seinerzeit noch bestehende Entkopplung des Radverkehrs vom Straßenverkehr im Bereich Leinpfad einer sehr angenehmer, ebenfalls zu erhaltener Zustand sei). Und die Angst vor der Inpflichtnahme für die Wiederherstellung in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags (vergleiche die Sintropher-Studie von 2011) ist hinter den Kulissen der wahre Grund für die Nichtteilnahme von Kleve an dem Zweihundert Milliardenspiel. Dabei gäbe es durchaus auch technische (und rechtlich zulässige) Lösungen, für die kein teurer Neubau eines nicht schienengleichen Übergang im Bereich Wiesenstraße nötig wäre, ohne dass es daurch zu nenenswerten Fahrzeitverlängerungen käme. Nur entsprechende Erörterungen finden wegen der manischen Angst vor der Inanspruchnahme aus der Wiederherstellunspflicht nicht statt. Und somit auch keine Teilnahme an dem Zweihundert Milliardenspiel.
    Ist das nicht arm?

     
  2. 4

    Hm, klar ist, dass sich an einem Kämmerer immer „gerieben“ wird, sprich, in der Posititon kann man es nicht allen Recht machen. Ich bin in den letzten 16 Jahren, soweit ich sein Handeln mitbekommen und verstanden habe, auch nicht immer alles richtig gefunden. Aber mich ärgert diese Personalisierung: „Der Kämmerer“, der/die/das „Bürgermeister“/“Minsterpräsident“/“Bundeskanzlerin“…. Das sind Einzelpersonen. Sie sind alle letztlich mehr Symptom und Ausdruck von politischen (Wahl-)Entscheidungen als eigentliche Ursache, vielleicht noch Auslöser, mehr aber nicht. Vieles für Kommunen wird von Oben schon vorgeschrieben, vieles ist im Kompetenzwirrwar zwischen den Ebenen Kommune, Kreis, Bezirksregierung, Landschaftsverband, Bund, EU und z.B. beim Nahverkehr der DB (Netz-)AG blockiert, egal wie sehr da vorrangig alte weiße Männer, auch jünger und weiblichen Geschlechts als (nur selbstzugeschrieben) dominante Lokalhäuptlinge vom Kirchturm rufen, in diesem Gefüge erreichen sie alleine nicht viel. Haas und sein spezifisches Verstandnis von Haushalt und Ausgleichsrücklage ist politisch so gewollt gewesen, über Parteigrenzen hinweg, dafür hat es vom Wahlvolk Mehrheiten gegeben. Dass sich immer wieder Leute über die Konsequenzen, die das alles hat (Erhaltungszustand von Infrastrukturen) beschweren ist ebenso legitim, es ist aber klare Konsequenz aus dieser politischen (Mehrheits-)Entscheidung. (Nebenbei: Soweit ich mich erinnere, war auch der Vorgänger von Haas schon sehr auf Sparsamkeit festgelegt.) Wer also was anders will, braucht die entsprechenden politischen Mehrheiten. Was mich persönlich, auch wenn ich einiges inhaltlich anders gesehen habe und sehe, mehr ärgert, ist, dass die Leute, die Haas, Rauer oder wem auch immer die politischen Vorgaben machen, dann nicht für die Konsequenzen ihrer Vorgaben verantwortlich sein wollen, wenn diese (haushalts-)politischen Vorgaben umgesetzt werden. Und eines noch: Ich kenne da jüngere Menschen, die sicher bis 67 werden arbeiten müssen, vielleicht bis 70 und die sich über „Frühpensionierungen“ von z.B. Haas, Northing uva. sehr ärgern. Das trägt auch zur Vedrossenheit bei, vielleicht kommen ja mal Spaziergänge zu dem Thema: Montags die Schwurbler, Freitags Klima, da bleiben ja noch einige Wochentage für wichtige Themen über.

     
  3. 3

    Hoffentlich sind jetzt mit dem Abgang von Herrn Haas auch die 16 Jahre Stillstand bei der so wichtigen Wieterentwicklung der (Wieder-) Einbindung des linksrheinischen Teils des Kreises Kleve (vor allem aber der Stadt Kleve selbst) in die europäische Verkehrsachse entlang des Rheins unter Nachhaltigkeitsaspekten zu Ende (also das Partout-nicht-über-den-Tellerand-hinausdenken-wollen). Denn auch wenn es hier und da von Herrn Haas (?) und manch anderen Offiziellen der Stadt Kleve anderslautende Lippenbekenntnisse gab, insgeheim hatte der Kämmerer vermutlich panische Angst davor, dass diese Weiterentwicklung die Auslösung latenter Zahlungsverpflichtungen in zweistelliger Millionenhöhe zur Folge hätte haben können, die die Stadt Kleve einst zur Förderung des (nicht nachhaltigen) Autoverkehrs zu Lasten des ÖPNVs und des Radverkehrs eingegangen war. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie muss ich daher bei der Personifikation des Bergiffs „Totengräber des ÖPNV- und Radverkehrs-Systems in Kleve“ immer an das Duo Haas und Rauer denken. Verkehrswende geht auf jeden Fall anders als mit den Lösungen, die diese beide Herren bisher so präsentiert haben. Wirkliche Experten auf diesem Gebiet sind diese beiden Herren jedenfalls nicht. Siehe dazu auch mein früheres Statement vom 25.06.21:
    https://www.kleveblog.de/haas-geht-dr-rasch-auch-stadt-besetzt-top-stellen-neu/#comment-428087

     
  4. 2

    Über dieses seltsame Projekt der Stadtverwaltung namens Sontowski hätte man auch was schreiben können.

     
  5. 1

    jeep, nur nichts mehr über die amateurhaften Geldgeschäfte des Herrn Haas in Bocholt berichten.