Von wie vielen Menschen lässt sich sagen, sie sind Berufsverbrecher? Irgendwie auf die schiefe Bahn geraten, und dann weiter, immer weiter. Thomas Drach (60) ist so ein Fall, schon im Alter von 18 Jahren überfiel er einen Supermarkt, zwei Jahre später raubte er gemeinsam mit seinem Bruder eine Kölner Sparkasse aus, nachdem er mit dem Auto die Glasfront der Filiale durchbrochen und bis zu den Schaltern vorgefahren war.
1996 entführte er den Hamburger Wissenschaftler und Tabak-Erben Jan Philipp Reemtsma und erpresste erfolgreich ein Lösegeld in Höhe von 18 Millionen Euro. Er setzte sich nach Südamerika ab und wurde schließlich 1998 in Buenos Aires festgenommen, wo er ein Konzert seiner Lieblingsband Rolling Stones besuchen wollte und von diesen Plänen einem Freund erzählt hatte. Dessen Telefon hatten die Fahnder abgehört.
Der Prozess gegen Drach vor dem Landgericht Hamburg endete mit einem Schuldspruch, Drach wurde wegen erpresserischen Menschenraubes zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ein Großteil des Lösegeldes blieb verschwunden. Am 21. Oktober 2013 wurde Thomas Drach aus der Haft entlassen, und im gleichen Jahr wurde auch das vermutlich letzte Geld-Depot des Entführers in einem Schließfach in Uruguay gefunden. Es enthielt 459.900 US-Dollar. Seitdem gehen die Ermittler davon aus, dass Drach aus der Entführung kein Geld mehr hat.
Im März 2019 kam es in der Nähe des Flughafens Köln/Bonn zu einem Überfall auf einen Geldtransporter – und der Verdacht fiel auf Thomas Drach und einen Komplizen. Auch bei zwei weiteren Überfällen auf Geldtransporter bei Ikea-Möbelhäusern in Köln-Kuhdorf und Frankfurt-Nieder-Eschbach gilt er als verdächtig. Am 23. Februar 2021 wurde Thomas Drach in Amsterdam verhaftet – und nach einem erfolgreichen Auslieferungsgesuch per Hubschrauber nach Deutschland überstellt, wo er nun in der JVA Köln in Untersuchungshaft einsitzt.
Was aber hat all das mit Kleve zu tun? Nun, am Freitag beschäftigte ein Seitenstrang dieser denkwürdigen Verbrecherkarriere auch die Justiz in Kleve. Denn auch Drachs mutmaßlicher Komplize soll in Deutschland vor Gericht gestellt werden. Es handelt sich um einen 52 Jahre alten niederländischen Staatsbürger – und über dessen Haft musste nun als zuständiges Grenzgericht das Amtsgericht Kleve entscheiden. Die Amtsrichterin verhängte einen Haftbefehl, und der Mann wurde in die JVA Düsseldorf überstellt.
Der Niederländer soll nach Überzeugung der Kölner Staatsanwaltschaft bei dem Überfall am Flughafen Köln/Bonn am 6. März 2019 unmittelbar beteiligt gewesen sein. Beim Überfall in Frankfurt am 9. November 2019 soll er Beihilfe geleistet haben.