Öffnet die Gerichtskantine bald wieder?

Ein Bild aus der Zeit, als die Gerichtskantine noch das schönste Testzentrum Deutschlands war

„Staunten-nicht-schlecht“-Artikelanfänge sind eigentlich verboten, aber viele Besucher der Corona-Testzentrums in der Schwanenburg staunten nicht schlecht, als sie in den Hallen der Gerichtskantine von Rainer Vogt persönlich empfangen wurden und sich vom Kranenburger Gastronom im blauen Kittel am hinteren Gaumenraum kitzeln ließen. Personalmangel hatte es erforderlich gemacht, dass Vogt, normalerweise auf Gaumenfreuden anderer Art spezialisiert, einspringen musste. Während seiner Schicht aber bemerkte Vogt offenbar auch, dass viele Besucher des Gerichts offenbar Lust auf einen Kaffee oder einen Imbiss verspürten. Doch die Gerichtskantine hat bekanntlich geschlossen, seit die Krankenhaus-Küche die Bewirtschaftung des Etablissements drangegeben hatte. Das ist nun über ein Jahr her.

Schwer verdaulich

In den Vitrinen, in denen sich sonst Salate und andere Beilagen drängeln, stehen nun Exemplare des Bürgerlichen Gesetzbuches oder der Zivilprozessordnung, und, wer auf Stärkung nicht verzichten kann, ist auf einen Kaffeeautomaten im ersten Obergeschoss angewiesen, wo der – immerhin akzeptable – Cappuccino aus einem Plastikbecher jahrelang für 45 Cent zu haben war. Mittlerweile ist der Preis auf 70 Cent angehoben worden.

Auch die neue Chefin des Landgerichts, Katrin Jungclaus, hatte das Versorgungsmanko der Justiz schnell ausgemacht und per Fragebogen erkunden lassen, welche Art von Versorgung die Bediensteten sich wünschen. So vielfältig die Antworten waren, so eindeutig allerdings das Ergebnis: Die Richter, Verwaltungsbeamten und Justizangestellten wünschten sich die Kantine zurück.

Dann kam Rainer Vogt, der zu Beginn der Corona-Testwelle sein Restaurant Casa Cleve zu einem Testzentrum umfunktioniert hatte und dann auch in der Schwanenburg eine Filiale für Nasenabstriche betrieb. Nun aber ist die Gastronomie an der Tichelstraße wieder in Betrieb, und dem Gastronomen, der unten in der Stadt ohnehin einen recht beliebten Mittagstisch anbietet, stellte sich die Frage, wieso nicht auch die Gerichtskantine gleich mit bewirtschaften. „Wir haben uns um einen Pachtvertrag beworben“, so Vogt. Geplant sei, den Mittagstisch aus dem Casa Cleve auch in der Gerichtskantine anzubieten – Synergieeffekte nennt der Fachmann das.

Was gäbe es dann in der Schwanenburg zu essen? Heute wäre Schnitzeltag, morgen gäbe es Rindergeschnetzeltes „Stroganoff“ oder gefüllte Zucchini, am Freitag Backfisch in Bierteig oder Reibekuchen mit geräuchertem Lachs. Alles in allem also eine Palette, die wie maßgeschneidert für den Justizbetrieb erscheint.

Außerdem: Rainer Vogt wäre auch der ideale Mann, die Tradition des Altweiberkarnevals in der Justizkantine, für viele Klever in den Zeiten vor Corona das karnevalistische Ereignis schlechthin, fortzuführen.

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6 Kommentare

  1. 2

    Klasse, da freuen wir uns, ist doch eigentlich lächerlich, dass das Gerichtsgebäude einer Kreisstadt keine Kantine hat.
    Allerdings vermute ich zu wissen, woran es bisher immer wieder, trotz bestem Willen der Pächter, gemangelt hat.
    Der Menschen im Gerichtsapparat, wie wir ja alle wissen total unterbezahlt, hat sich bisher immer darauf besonnen, dass sowohl die Mitglieder und ihre Angestellten, wie auch die Besucher, Staatsanwälte und Anwälte, zu Tarifen bedient werden, die auch ein HarzIV-Empfänger aus der Portokasse bezahlen kann.
    Wenn ich das schon höre, Kaffee war bisher 40ct und ist jetzt auf 70ct erhöht worden. Wer sich keinen vernünftigen Kaffee leisten kann, sei doch auf den öffentlichen Wasserspender am Fischmarkt verwiesen, im Winter ist das erfrischende Nass sogar moderat gekühlt, aber im Sommer eventuell termperiert, und das ist immer für Lau.

    Der Kaffe muss ja keine 2,20 die Tasse kosten, aber 1,00 müsste doch wohl ok sein und befriedigt die Interessen von Wirt und Gast gleichermassen.