Klever Darknet-König beschert Staatskasse 100 Mio. Euro

Pecunia non olet

Mit der von ihm programmierten Handelsplattform „Wall Street Market“ (WSM) war der Klever Tibo L. gemeinsam mit seinen Komplizen lange sehr erfolgreich in den düsteren Ecken des Internets erfolgreich, dort wo mit Drogen, Kreditkartendaten und anderen begehrten, nicht legal erhältlichen Gütern gehandelt wurde.

Plattform für Illegales

Im Frühjahr 2019 jedoch war das Treiben auf der Plattform im Darknet vorbei – die Polizei hatte den „Wall Street Market“ abschalten lassen, die drei Männer wurden verhaftet (siehe hier: T. L., der Darknet-König aus Kleve). In diesem Jahr machte die Justiz den drei Betreibern den Prozess, die Richter erkannten auf bandenmäßigen Handel mit Betäubungsmittel und verhängten Haftstrafen zwischen fünf und acht Jahren. Die Verurteilten legten Revision ein, darüber ist noch nicht entschieden (siehe hier: Lange Haftstrafen).

Im Zuge der Ermittlungen fanden die Polizeibeamten bei dem Klever Programmierer, der im Netz als „coder420“ firmierte, unterm Bett in einer Sporttasche eine halbe Million Euro Bargeld. Das mag einem viel erscheinen, es ist jedoch nur ein Kleckerbetrag im Vergleich zu dem, was die Betreiber der Plattform in Form von Kryptowährungen eingenommen hatten. Die drei Männer hatten, nachdem sie aufgeflogen waren, den Ermittlern bereitwillig alle Zugangsdaten überlassen. So war es den Behörden möglich, Beträge in zehn verschiedenen digitalen Währungen sicherzustellen.

Die Bild-Zeitung berichtete heute, dass Oberstaatsanwältin Jana Ringwald von der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) nun dafür gesorgt hat, dass die digitalen Geldberge in Euro umgewandelt werden konnten. Dazu wurde ein Frankfurter Bankhaus eingeschaltet, dessen Mitarbeiter die Kryptowährungen versilberten. Der unfassbare Erlös: 100 Millionen Euro.

Natürlich profitierten die Behörden auch davon, dass die Kryptowährungen in den vergangenen beiden Jahren enorm an Wert gewonnen haben. Ein Beispiel: Bitcoins wurden im Mai 2019, als der Wall Street Market aufflog, zu 4762 Euro gehandelt – heute, zwei Jahre und sieben Monate später, liegt der Kurs bei 52.468 Euro, er hat sich also mehr als verzehnfacht.

Das Geld kommt der hessischen Staatskasse zugute. Ob das strafmildernd bewertet wird? „Danke für die 100 Millionen, Ihr Gangster“, schrieb die Bild-Zeitung.

Deine Meinung zählt:

11 Kommentare

  1. 11

    @10 Stefan Schuster “ virtueller Reichtum“
    mit dem klitzekleinen Unterschied, dass die virtuellen Bitcoins gar nicht so virtuell sind,
    Die lassen sich an jedem Bitcoin-Automaten in Hartgeld tauschen. Sonst hätte sich unter dem Bett von T.L bei der Haussuchung auch kein Koffer mit ziemlich realen Geldscheinen gefunden.

     
  2. 10

    @Husky, #3:
    Zitat: „Ziemlich blöd den ermittlungsbehörden die Zugänge zu verraten“

    Nein, überhaupt nicht blöd. Ist nur die Erkenntnis, das virtueller Reichtum nichts anderes als eine virtuelle Zahl ist, so eine Art Highscore. Welchem Computer-Gamer ist nicht schon mal sein Highscore abhanden gekommen? Die innerliche Trennung davon ist leicht, nach dem Motto: Netter Versuch, war leider nicht von Dauer. Nur Suchtzocker haben damit ein Problem (für ein paar wenige Tage).

     
  3. 9

    @7 Zweilauscherhase „irgendwie blöd“
    Wenn man schon 2 Lauscher hat, sollte man die auch benutzen.
    Was schätzen Sie denn, haben alleine schon die ganzen jahrelangen Bemühungen des polizeilichen Ermittlungsapparats https://www.spiegel.de/netzwelt/web/darknet-an-der-mosel-wie-mutmasslich-kriminelle-eine-gesicherte-bunkeranlage-kaufen-konnten-a-1290210.html gekostet haben ?
    Ausserdem stehen da noch millionenschwere Forderungen der Energieversorger offen.
    Ich fürchte, wenn man alle zurechenbaren Kosten zu dem Fall zusammenrechnet, könnte das noch ein Minusgeschäft gewesen sein.
    Auch FBI, niederländisches CTI, Interpol … arbeiten ja nicht umsonst, und für die Programmierung des 18-jährigen klever IT-Genies wurden ja auch weder USt, noch Gewerbesteuer, noch Einkommenssteuer und Sozialabgaben abgeführt, so, alsob es gar nicht in NRW stattgefunden hätte.

     
  4. 7

    Irgendwie blöd:
    Die Programmierung erfolgte wahrscheinlich zu einem großen Teil in NRW (in Kleve).
    Zumindest ein Operator kam aus Baden-Württemberg.
    Der Bunker mit den Servern befand sich in Rheinland-Pfalz.(in Traben-Trarbach an der Mosel).
    Die Verfahrenszuständigkeit lag in Hessen (Frankfurt am Main).
    Warum erhält das Land Hessen jetzt die ganzen einhundert Millionen Euro?
    Entspricht das dem föderalen Verteilungsprinzip der Bundesrepublik Deutschland?
    Oder sollten mit dem Geld nicht zum Beispiel besser Hilfseinrichtungen für Drogensüchtige und zur Resozialisierung von Straftätern nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis in allen genannten Bundesländern (oder gar bundesweit) gefördert werden?

     
  5. 6

    Scheich versilbert vom Staat beschlagnahmte Kryptowährungen und erhält vermutlich eine goldige Provision. Wie hoch wird die wohl sein?

     
  6. 5

    @3 Husky “ Ziemlich blöd den ermittlungsbehörden die Zugänge zu verraten“
    Im Prinzip nicht, das hat ja mit Sicherheit ein paar Jahre Straferlass, und jetzt wegen „tätiger Reue“ auch erhebliche Hafterleichterung gegeben.
    Blöd für Ihn als vielbeschäftigten „Manager“ wäre allerdings, wenn er noch ein paar Konten vergessen hätte 🙂

     
  7. 4

    @2 Genervt „sonst niemanden, der Dir zuhört?“
    nein, nicht viele, ausser ein paar Schwachköppen.
    Du bist da doch hofftlich keiner von denen ?

     
  8. 1

    Ich habe letzter Tage irgendo gelesen, dass die hessischen Finanzbehörden sich von grossen Geldwerten in bitcoin trennen wollten, die aus Beschlagnahme im Zusammenhang mit Internetkriminalität stammen.
    Da habe ich gleich an Tibo et cs. gedacht, denn so oft wird das ja in den Summen nicht vorkommen.
    Interessant in dem Zusammenhang war, dass man die Bt. nicht einfach so auf den Markt werfen wollte, weil sich mit einer solchen Massnahme in dem Volumen automatisch der Kurs weit nach unten bewegen würde.
    Deshalb hat man das, in dem Zusammenhang ganz unüblichen Bieterverfahren erledigt.
    Das bedeutet, Interessenten konnten nicht einfach kaufen, sondern mussten bieten, was den Kurs unberührt liess, und Gebote sogar bis über 10% vom Marktkurs lagen.

    Wat et niet allens geft, doar kunt ge so aalt werde als wie ene koe en leert nog steeds wat daartoe, um es mal treffend in Platt zusammenzufassen..