Vor 60 Jahren fuhr in Kleve die letzte Straßenbahn – heute wäre sie eine Attraktion
Es gehört nicht viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, welche Attraktion heute eine Straßenbahn in Kleve wäre. Der Erfolg der innerstädtischen Buslinie 48 zeigt, dass auch die Nachfrage vorhanden wäre. Doch seit auf den Tag genau 60 Jahren gibt es in Kleve keinen Straßenbahn-Verkehr mehr.
Am Sonntag, 31. März 1962, um 21 Uhr setzte sich unter Führung von Johann Janssen an der Querallee in Materborn die letzte Tram in Bewegung, fuhr Richtung Kellen zur Endstation und dann ins Depot, wo der damalige Bürgermeister Richard van de Loo mit ein paar launigen Worten und zwei gefüllten Briefumschlägen das Kapitel Straßenbahn in Kleve beendete. Damit war die „Elektrische“ in der Stadt nach 51 Jahren Geschichte.
Das Ende selbst war vom Betreiber der Linie, den Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerken (RWE), schon sieben Jahre vorher beschlossen worden. Das Unternehmen hätte den veralteten Fuhrpark erneuern müssen, und das wäre zu teuer geworden. Der Klever Handel tat sein übriges dazu, denn seine Vertreter beschwerten sich dauerhaft über das „Verkehrschaos“ in der Innenstadt – das aber nicht von der Straßenbahn verursacht wurde, sondern von der Zunahme des Autoverkehrs.
Gleichwohl war auch in den Zeiten, als das Auto Symbol des Fortschritts schlechthin wurde, die Straßenbahn in Kleve eine Erfolgsgeschichte. 1959, also drei Jahre vor der Einstellung, verzeichnete die Betreibergesellschaft ein Rekordjahr mit 1,85 Millionen Passagieren. Das entspricht 5000 Passagieren pro Tag, die das Liniennetz nutzten, das sich in seinen Glanzzeiten (1927) über 31 km erstreckte.
Auf der letzten Fahrt war der Triebwagen mit Girlanden geschmückt, und an vielen Haltestellen bekam Fahrer Johann Janssen zum Abschied eine Flasche Schnaps zugesteckt. Bürgermeister Richard van de Loo fuhr im überfüllten Wagen mit, ein Fahrgeld wurde natürlich für keinen Passagier mehr erhoben. Die Klever Verkehrswacht begleitete die Straßenbahn mit einigen Autos, eine, wie es damals in der Presse hieß „nette Geste“ gegenüber dem „auf der Strecke gebliebenen Verkehrsgegner“.
Da die RWE die Konzession noch bis zum Jahre 1971 hielten, führte das Unternehmen die Strecken ab dem 1. April mit Omnibussen weiter. Doch schon im Frühjahr 1962 übernahm die Niederrheinische Automobilgesellschaft (NIAG, später Niederrheinische Verkehrsbetriebe AG) die Konzession, mietete die Wagenhalle der Straßenbahn an und baute sie zur Busgarage um. Die Gleise der Straßenbahn waren noch viele Jahre in den Straßen sichtbar.
Gehört: Die Straßenbahn soll in der Oberstadt auf die andere Straßenseite gewechselt sein unter Beibehaltung der Fahrtrichtung…
@21: AAT
@20 SpoyBoy
deswegeg habe ich ja auch den offizellen Namen Beek/Berg en Dal benutzt, sonst kommt wieder
ein Schlaumeier,der meldet, dass Beek der Grenzübergang Emmerich ist …. oder in Limburg liegt, es gibt halt so viele Bäche.
Nur der Klarheit wegen:Bis Ende des 2. Weltkrieges fuhr die Strassenbahn bis zur van Randwijkweg /E-Werk wobei das Gelände bergauf (Grebbeberg)deutsch war. Die Nazis haben dann sogar auf der Rijksstraatweg einen Zaun errichtet.
Können wir uns alles gar nicht richtig realisieren, und ich kenne das alles auch nur aus Erzählungen von alten Zeitzeugen und bin froh dass ich das nicht selbst miterleben musste.
Mmuuuh, ob das Überholverbotsschild rechts auf der Großen Straße auch für die bergab (nach Emmerich) fahrende Straßenbahn auf dem oberen Bild gilt, mmuuuh wo kein Bulle im Bild ist gibt es vermmuuuhtlich auch kein Ticket? Oder gilt das Schild ohnehin nur für Autos, Motorräder und Fahrräder, mmuuuh Vorrang für die Straßenbahn? Und ob alle bergan fahrenden Autos und Transporter der Straßenbahn auch artig Platz machen, mmuuuh frühe Geisterfahrten auf der Großen Straße (oder heftige Verspätungen der Straßenbahn)?
Mmuuuh, in dem unteren Bild sind unter der Tschö-Straßenbahn im Übrigen auch die niveaugleiche Schienenkreuzung zwischen der heutigen Bahnhofs- und van-den-Bergh-Straße (mit der Strecke Kleve-Nijmegen) zu sehen sowie links das kombinierte Stellwers- und Schrankenwärterhäuschen Kleve-Westseite (des Bahnhofs), mmuuuh die Rampenbrücke, die alte Fußgängerbrücke und das Union-Verwaltungsgebäude wurden da erst später erbaut.
@15
Ein Exemplar des von Ihnen genannten Buchs hatte seinerzeit auch der Bauer erstanden, mmuuuh, da kann ich ab und zu auch hineinstieren. Aber wenn ich das richtig habe, ist die 1. Auflage dieses Buches längst vergriffen und die vorhandenen Exemplare werden zur Zeit vermmuuuhtlich zu einem Mehrfachen des Emissionspreises gehandelt, mmuuuh Neuauflage erforderlich!
Opa Niederrheinstier mmuuuht noch, dass Uroma Niederrheinstier beim Straßenbahnfahren mitunter die Angst beschlich und sie sich daher unwohl fühlte, mmuuuh und zwar, wenn die Straßenbahn mit Schwung durch enge 90° Grad-Kurven wie an den Ecken Kaiser-Wilhelm-Allee/Antoniterstraße oder Antoniterstraße/Alte Landstraße auf dem Weg zu oder von dem südlichen Gutshof der Anstalt fuhr.
@18
Berg en Dal wird doch von der Bahn gar nicht erreicht. Das ist eine ganz andere Route.
Was für eine großartiges Bild ? Befreit von erbärmlicher NS Zeit die meine junge Generation nicht betraf sehe ich eine Klever Welt die da sowas von beneidenswert war die dem, wie ich, Betrachter dieTränen i.d. Augen treibt.? Das aktuelle junge Volk hat 0 Ahnung was sie da leider verpasst hat + ich ihr gerne gewünscht + gezeigt hätte. ???
Beek/Berg en Dal war natürlich doppelt gemoppelt, solange auch die Bahn Nijmegen-Groesbeek-Kranenburg-Kleve bestand. Dass nun aber die Direktstrecke Kleve- Ventimiglia wegen fehlener Elektrifizierung bis Duisburg eingestellt wurde, und auch die Aufgabe der Strassenbahn nach Beek haben wir natürlich der Politik zu verdanken.
@13 Stefan Schuster „Der bisherige Stand jedoch ist: Induktionsschleifen in der Fahrbahn sind geeignet zur Signalübertragung (z.B. zur Übermittlung von Sensordaten), aber nicht zur Übertragung nennenswerter Leistungen.“
Da bin ich ganz Ihrer Meinung, aber ich habe mir längst abgewöhnt, auf solche lässig dahingeworfenen Einwürfe von Leuten, die meist nich einmal in der Lage sind, einen abgegabgen en Stecker wieder anzulöten, einzugehen.
Techniken , über die es nachzudenken lohnte, wären, obwohl längst veraltet, und bei Neuerrichtung viel zu aufwendig, der Trolleybus, heutzutage aber eher E-Omnibus auf Batterietechnik mit Ladestation am Pausenpunkt, H2 Fahrzeugtechnik, o.ä..
Induktionsübertragung verbietet sich bei den erforderlichen Feldstärken nicht nur wegen des fehlenden Wirkungsgrads, sondern auch aus Umweltgründen (Elektrosmog) un vor Allem aus Personenschutz (Herzschittmacher u.a.) .
@15 Mitleser Danke für die Info!
@10 und 11 Niederrheinerin
Hallo Niederrheinerin und Interessierte,
die Linie nach „Emmerich“ endete am linken Rheinufer am Fähranleger. Die Brücke gab es noch nicht. Die Zufahrt zum Anleger ist auf beiden Rheinseiten noch erkennbar (Rheinaufwärts von der Brücke aus gesehen.
Auf der Emmericher Seite gab es auch eine Überlandstraßenbahn, die Kleinbahn Emmerich – Rees.
Es gab in Kleve 3 Straßenbahnlinien:
Emmerich – Kleve (Bahnhof) bis Okt. 1960 – Bedburg-Hau (bis zum Bahnübergang am Bahnhof) bis 1962
Kellen – Kleve (Bahnhof) – Materborn Querallee bis 1962
Kleve (Bahnhof) – Kranenburg – Wyler bis 1960 – Beek bis 1949 (auch interessant, wenn man an manche heute diskutierten Alternativen zur Bahn Kleve-Nimwegen denkt – alles war schon da und wurde gedankenlos zerstört)
Im Verlag Kenning, Nordhorn, ist im Jahre 2012 ein herrliches Buch (96 Seiten, viele Farbfotos) über die Klever Straßenbahn erschienen, welches ich immer wieder durchblättere. ISBN 978-3-933613-97-4. Autoren: Evert Heusinkveld und Ludger Kenning
Eine fantastische Reise in die Zeit meiner Kindheit (ich kann mich noch schemenhaft an Fahrten mit der Tram erinnern). Es gibt Fotos von vielen Punkten entlang der Strecken, die in z.T. erschreckender Weise deutlich machen, wie sehr unsere schöne, beschauliche Stadt und Umgebung durch den Krieg und die nachfolgende „Auto-Verkehrspolitik“ mit skrupellosen Neubauten verschandelt wurde.
Gruß Mitleser
Da oben auf der Bahn steht
Zum gelben Bier DOORNKAART
Das erinnert mich an meinen Opa, der hat öfter gesagt „Doornkaart hilft dem Vater auf´s Fahrrad…“ 😉
#4 und #9:
Ich bin insofern bei Ihnen, wenn Sie sagen, dass unterschiedliche und viele Anstregungen ineinander greifen müssen, um die schädlichen Folgen des Individualverkehrs und des Transportwesens einzudämmen. Ich bleibe auf Ihrer Seite, wenn Sie sagen, dass weiterhin Forschungs- und Evaluierungsbedarf besteht. Der bisherige Stand jedoch ist: Induktionsschleifen in der Fahrbahn sind geeignet zur Signalübertragung (z.B. zur Übermittlung von Sensordaten), aber nicht zur Übertragung nennenswerter Leistungen.
Die Wirtschaftlichkeit ist nicht gegeben, und ich sehe keine einzige technische Entwicklung am Horizont, die daran je etwas ändern könnte. Jeder Euro der in F&E zur kontaktlosen Energieübertragung über mehr als nur wenige Millimeter gesteckt wird, ist verloren. Wir reden hier schliesslich nicht über die Aufladung von Handyakkus!
Und wenn es nicht billiger ist, wer will sich dann den zornigbesorgten Montagsspaziergängern in Weg stellen, die mit Sicherheit den elektromagnetischen Smog als Kernthema entdecken werden?
Aus dem Strassenbahnmagazin:
https://strassenbahn-magazin.de/leseprobe/verschwunden-bis-auf-%C2%ADeinen-kleinen-rest-…
Es lebe der motorisierte Individualverkehr!!! ?
??????????????????????????
Was steht vorne auf der Bahn im Foto oben: Emmerich … Kleve? Sie fuhr bis nach Emmerich?
Ich bin begeistert von den Fotos! Da ist sie wieder, die alte vergangene Zeit, die durch nichts zurückholbar ist… aber einem so nah kommt auf den Bildern
@4 SteveBay,
ich bin aus beruflichen Gründen ziemlich nah an der Thematik Laden während der Fahrt dran.
Was sich sagen lässt, das berührungslose Laden während der Fahrt wird im Moment in verschiedenen Konzepten getestet und validiert. Es gibt den Versuch, Schleifen im Beton/ Asphalt zu integrieren, die über einen Frequenzumrichter die nötige Leistung mit der richtigen Frequenz zur Verfügung stellen. Das Konzept zielt vor allem darauf ab, Autos an Ampeln oder ähnliches zu laden und die Reichweite zu erhöhen. Ein anderes Konzept sieht mit ferritischen Materialien versetzten Asphalt vor und das Magnetfeld wird vom Fahrzeug erzeugt und dann dauerhaft beim Fahren geladen.
Aber wie SpoyBoy schon sagt, es hat alles einen sehr schlechten Wirkungsgrad, kann jedoch helfen, bei Konzept 1 die Netzlast besser zu verteilen und bei Konzept 2 das Netz komplett zu entlasten und die Reichweite der einzelnen Fahrzeuge zu erhöhen.
@4 Steve Bay
Zumindest eine ähnliche Idee ist schon länger in der Welt, ich meine Skandinavien war es, das zu diesem Thema forscht und wenn ich mich jetzt nicht total verhaue auch schon eine Teststrecke im Betrieb hat.
@4 Achso, habe Dich vielleicht falsch verstanden: Berührungslose Aufladung im Stillstand gibt es ja schon, z.B. bei elektrischen Zahnbürsten/Rasierapparaten.
Vermutlich ist es aber einfacher, ein Auto dass sich eh nicht bewegt, per Steckdose aufzuladen. Ansonsten müsste das Fahrzug ja auch immer die eigene Induktionsspule mitschleppen, das ist für die Fortbewegung überflüssiges Gewicht.
@4
Weil der viel zu breite/hohe Luftspalt zwischen Asphalt und Fahrzeug-Unterboden die Energieübertragung verlustreich und die ganze Sache damit verdammt ineffizient macht.
@2. Messerjocke
In der BRD war ein solcher Skandal gar nicht nötig, denn besonders die „wirtschaftsfreundliche“ FDP und CDU/CSU haben im vorauseilendem Gehorsam dafür gesorgt, dass der öffentliche Personennahverkehr kaputt gespart und teilweise rückgebaut (diverse Straßenbahnen in diversen Städten) wurde.
Ich hätte da, eine Idee: Warum konstruiert man nicht Autos, oder allgemeine Fortbewegungsmittel, wo eventuell ein Akku, durch Induktionsschleifen, die in dem Strassenbelag verbaut werden könnten, und dann dadurch aufgeladen werden, und nicht an die Steckdosen bräuchten.
Genau diese Beiträge machen Kleveblog noch immer unglaublich lesenswert. Super!
Das erinnert mich immer an den Straßenbahn-Skandal in den USA, obwohl ich damit nicht unterstellen möchte, dass in unserem Fall auch so gehandelt wurde. Es zeigt aber wieder deutlich, wie kurzsichtig und oberflächlich die Politik in unserem Land schon damals handelte.
Als Großer Amerikanischer Straßenbahnskandal wird die systematische Zerstörung des auf der Straßenbahn basierenden öffentlichen Personennahverkehrs in 45 Städten der Vereinigten Staaten unter Führung des größten Automobilherstellers der USA, General Motors (GM), ab den 1930er bis in die 1960er Jahre bezeichnet. Die Verkehrsunternehmen wurden aufgekauft, um anschließend eine Stilllegung der Straßenbahnstrecken zugunsten des Automobilverkehrs zu erreichen, damit Fahrzeuge und Betriebsstoffe aus eigener Produktion abgesetzt werden konnten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fer_Amerikanischer_Stra%C3%9Fenbahnskandal
Habe ich das richtig in Erinnerung dass Ende der 60er an der Bahnhofsstrasse, ca. dort wo später mal die Fußgängerbrücke über die Gleise ging, eine Weile noch eine alte Strassenbahn (ausser Betrieb) stand?