Die Erdatmosphäre, aktuell präsentiert sie sich in Kleve als ein laues Lüftchen. Mit entsetzlich antriebsarmen sieben Stundenkilometern schwappen die 78 Stickstoff- und 21 Sauerstoffmoleküle, aus denen die schützende Hülle um unseren blauen Planeten im wesentlichen besteht aus, derzeit in Richtung Emmerich. Die meisten fliegen an den Windrädern vorbei, die in der flachen Landschaft aufragen wie eine ganze Armee erhobener Zeigefinger, und nur manchmal klatscht eines der winzigen Kügelchen träge gegen eines der regungslos verharrenden Rotorblätter, um anschließend mit einer schweren Elektronenverstimmung bewusstlos zu Boden zu sinken (diese ausgeknockten Moleküle bilden bekanntlich den Nebel).
Ende des kleinen physikalischen Privatissimes (Herzlichen Dank, Marion Gowitzke!), welches eindrucksvoll beweist, welch Glücksspiel die Windenergie ist. Doch in unserer Stadt gibt es eine jetzt eine (noch) kleine Gruppe von Leuten, die es sich mit geradezu stürmischen Eifer zum Ziel gesetzt hat, systematisch den Wind zu ernten -Â und dafür einen Beifallsorkan erwartet.
Hier der Überblick über die Pläne, die Bürgermeister Theo Brauer, Kämmerer Willibrord Haas, Beigeordneter Jürgen Rauer, Stadtwerke-Chef Rolf Hoffmann und Volksbank-Chef Frank Ruffing heute in einer Pressekonferenz im Klever Rathaus vorstellten:
- Gemeinsam wollen die Stadtwerke Kleve, die Stadt Kleve und die Volksbank Kleverland eine Genossenschaft Neue Energien Kleve eG gründen.
- Hauptziel ist ein ganz konkreter Beitrag zur Energiewende: die Errichtung einer sehr großen Windkraftanlage (»Volkswindrad«).
- Die Fakten: Investitionsvolumen ca. 5 Mio. Euro, 200 Meter Höhe, Standort noch unklar (Griethausen?)
- Leistung 3,5 Megawatt. Das ist (mindestens) das 3,5-Fache eines »normalen« heutigen Windrads und ein Hundertstel der Leistung des Schnellen Brüters, wenn der denn je ans Netz gegangen wäre (siehe auch hier).
- Zeitrahmen: Die Genossenschaft selbst könnte schnell an den Start gehen, das Genehmigungsverfahren dürfte sich über Jahre erstrecken, der Bau dauert wenige Monate.
- Warum das Genossenschaftsmodell? Den Bürgern Kleves soll die Gelegenheit geboten werden, sich »aktiv für eine nachhaltige Energieversorgung einzusetzen«, so die Presseerklärung. Außerdem wird ein Konsens gesucht: »Es ist davon auszugehen, dass es Widerstände geben wird. Wir wollen aber die Mehrheit der Bevölkerung mit ins Boot holen«, so Stadtwerke-Chef Hoffmann.
- Interessanterweise ist das Genossenschaftsmodell sehr demokratisch: Unabhängig von der Höhe seiner Einlage hat jedes Genossenschaftsmitglied eine Stimme. Das heißt, wenn, wie gewünscht, die Klever Bürger sich daran beteiligen, sind sie auch diejenigen, die das Sagen haben. Es gibt keine Sperrmehrheit der Initiatoren -Â allerdings entscheidet der Genossenschaftsvorstand, wer Anteile erhält. Deren breite Streuung ist aber ausdrücklich erwünscht. Derzeit erwogener Preis eines Anteils: 500 Euro.
- Ist das Modell nicht nur fürs grüne Gewissen, sondern auch als Geldanlage interessant? Voba-Chef Frank Ruffing sprach davon, dass sich damit Renditen von 5 Prozent und mehr erzielen lassen, was aber natürlich erst einmal nur eine vage Schätzung ist. »Wir sehen das als unternehmerisches Handeln«, ergänzte Rolf Hoffmann. Unternehmerisch heißt: Gewinne sind möglich – aber auch Verluste.
- Die Initiatoren hoben den regionalen Aspekt besonders hervor – womöglich auch in Abgrenzung zum Flughafen Niederrhein, der ja ebenfalls auf erneuerbare Energien setzt (siehe hier): Aufträge für die hiesige Wirtschaft (allerdings kann keiner hier das Windrad bauen), und auch Gewinne, die in der Region verbleiben.
- Wie geht es weiter? Die Genossenschaftsurkunde ist unterschriftsreif, allerdings möchte Theo Brauer noch, dass »der Rat, der Souverän«, für die Stadt Kleve das Plazet gibt. Fünf Genossen sind zum Start nötig (natürliche und/oder juristische Personen). Dann beginnt die schwierige Suche nach einem geeigneten Areal.
Hallo – bin heute über diesen Artikel zufällig gestossen ( auf der Suche nach Marion Gowitzke)…
Und – überlege ob ich jemals was, irgendwas oder überhaupt nur was in dieser Richtung – Stichwort „Genossenschaft Neue Energien Kleve eG “ verpasst habe ( könnte mir ja entgangen sein) ???
Wer was weiß – bitte an JUHabedank@online.de
Merci!
Für die E 126 spricht auch, das das Rad 10% vom Klever Strombedarf erzeugen soll, das wären dann rund 22.000 MWh, die die E 126 leisten kann. Allerdings kostet die 11 Mio. €, nicht 5 Mio.
Die 3,5 MW-Anlage schafft etwa 10.000 MWh.
Was stimmt denn nun?
Also bei 200m wären 3,5 MW ein bischen mickrig. Da sollte schon das Doppelte drin sein.
http://de.wikipedia.org/wiki/Enercon#E-126
Man könnte die Anlage ja an die Hochspannungüberleitung an die Emmericher Rheinbrücke stellen. Deren Masten sind ja schon ähnlich hoch.
Das einzige was ich in den Begriff „Volkswindrad“ hereininterpretieren kann ist, das es wohl vom „Volk“ bezahlt werden soll.
@Der Laie:
Anteile an Offshore-Anlagen im Wattenmeer bedeutet, das man neue Höchstspannungsleitungen baut, was auch nicht bei allen Anliegern für Begeisterungsstürme sorgen dürfte, außerdem viel Geld kosten wird.
Grob kann man rechnen, das 25% des Strompreises für Transport draufgehen, warum also nicht Strom hier erzeugen.
Wichtig ist für Kleve die wirtschaftliche Dimension: 100 Mio. € werden für Energie (Stro,. Wärme, Kraftstoff) in der Stadt ausgegeben, dieses Geld fliesst heute in alle Richtungen ab.
Einen Teil davon hierzuhalten, ist eine strukturpolitische Aufgabe für alle…
Der Gewinner steht ebenfalls schon fest:
http://www.einspeiseverguetung.net/windkraft.php
Obligatorisch werden die Stadtwerke als Netzbetreiber auftreten und per Vertrag einziger Abnehmer sein. Einkaufspreis ~ 5 ct/Kwh Verkaufspreis an die
netten Bürger der Stadt 19 ct/Kwh + 4 ct/Kwh da 100 % Öko
somit Brutto Deckungsbeitrag von 460%.
Da liegt es natürlich nahe, zur Gewinnabschöpfung noch einige Einrichtungen in Form von Entwicklungs- und Projektsteuerungsfirmen ala Draisinen GmbH einzurichten, um
verdienten Genossenschaftsmitgliedern der Volksbank und Parteifreuden eine auskömmliche Zusatz Pension zu sichern.
Oder habe ich in den Hinweis des unternehmerischen Risikos der Anleger, gegenüber einem Festgeldkonto, etwas falsches interpretiert?
Auch interessant:
http://www.derwesten.de/staedte/nachrichten-aus-kleve-und-der-region/frischer-wind-fuer-neue-energien-id6101709.html
Geld für die Anleger nicht so wichtig, was zählt sind die Gewerbesteuern.
Wo die Windmühle aufgestellt werden soll, zunächst geheim um keinen zu verschrecken.
Die jetzt demontierte Anlage von Specto war für die Nachbarn
bei tiefem Sonnenstand ein „Segen“, bei der geplanten Höhe von 200 m wird schon reichlich Abstand zum Nachbarn benötigt,damit dieser sich nicht über wechselnde Lichtverhältnisse am Tag und Dauergeräusche in der Nacht ärgern muß.
Der Wert des eigenen Hauses/ Grundstückes steigt mit so einem Blickfang in der Nachbarschaft natürlich auch um Faktor 10 hoch minus 3.
Da bleibt als Standort nur noch der westliche Zipfel von
Schenkenschanz, oh ob da aber die gefiederten Gäste aus der kalten Heimat mitspielen, dürfte fraglich sein.
Da die Gewerbesteuern ja in Kleve bleiben sollen wird wohl keine Nachbargemeinde ein schönes Plätzchen zur Verfügung stellen.
Man könnte natürlich auch Aktien von Offshore Anlagen im
Wattenmeer erwerben,aber dazu braucht man natürlich weder
Volksbank noch Stadtwerke.