Restaurant am Schlosstor schließt nach 41 Jahren – das Ende der gutbürgerlichen Küche in Kleve

Annegret und Michael Artz mit Mitarbeiterin Saskia Ververs, die nun auch schon achteinhalb Jahre dabei ist – aber die zehn Jahre, wie viele andere Mitarbeiter, wird sie nicht mehr schaffen
Fraktur, eigentlich nur noch bekannt vom Seitenkopf der FAZ und vom Restaurant am Schlosstor

Wer in der Stadt verortet ist und öfter am Gericht zu tun hat, wie der Autor dieser Zeilen, kommt nicht umhin, über die Schlossstraße zu laufen und dort auf der linken Seite die Schilder und die Menütafel des Restaurants am Schlosstor zu sehen. An der Fassade hängt in Frakturschrift der Schriftzug „Gutbürgerliche Küche“, und am heutigen Freitag beispielsweise gab es mittags entweder Paprikagulasch oder Muscheln. Wer Paprikagulasch bestellte, bekam eine Schale mit Salzkartoffeln, eine mit Fleisch und eine dritte mit einem Berg von Salat, alles perfekt zubereitet und in einer Menge, die die großstadtküchengestählte Menschen als Familienmenü durchgehen lassen würden.

Lecker!

Das Restaurant am Schlosstor, am 11. November 1981, also auf den Tag genau vor 41 Jahren von Michael Artz und seiner Frau Annegret gegründet, war die Instanz der gutbürgerlichen Küche in der Stadt. Doch als das Ehepaar im Alter von 22 und 21 Jahren anfing, war diese Art zu kochen noch der Standard in der Stadt. Neben dem Schlosstor gab es noch die Alte Wache, Wicküler (Große Straße), die DAB-Quelle (Kloppberg, heute Mountain Bar), die Nassauer Stuben (heute Due Terre) und den Schwarzen Ritter (heute Saray Garden).

Mittlerweile ist Michael Artz inmitten aller neuen gastronomischen Angebote selbst der Exot mit seiner Küche, in der es noch den guten alten Braten gibt. Doch seine Gäste wissen genau das aus der Zeit gefallene Menüangebot (so scheint es zumindest) zu schätzen. Viele Gäste kommen seit Jahrzehnten, und manche Gäste haben Artz und seine Frau kennengelernt, als die Eltern sie noch im Maxi Cosi mitbrachten – dann waren sie selbst da, und mittlerweile kommen auch schon deren Kinder.

Es gibt Gäste, die kommen aus Holland, und es gibt sogar ein Ehepaar aus den Niederlanden, das mittlerweile in Neuseeland lebt, und das bei jedem Heimatbesuch im Restaurant Am Schlosstor vorbeischaut. „Wir sind eine große Familie geworden“, sagt Artz mit Blick auf sich und seine zahlreichen Gäste.

Doch all das ist zum Jahresende vorbei. Kleves letztes gutbürgerliches Restaurant schließt am 31. Dezember. Eine traurige Nachricht für alle Freunde der gepflegten Salzkartoffel, doch für Michael und Annegret Artz der Abschluss eines erfüllten Berufslebens, den sie eigentlich schon ein Jahr früher hätten begehen wollen, dann aber wegen Corona noch ein Jahr hinausgezögert hatten. Betroffen sind natürlich auch die langjährigen Mitarbeiterinnen Saskia Ververs und Dorothee Brinkmann.

Artz, wenn diese Metapher an dieser Stelle erlaubt sei, ist der fleischgewordene Beweis, dass Gastronomie im Grunde ein Ort ist, in dem das Beharren zelebriert wird. Artz: „Viele in der Branche versuchen immer das Neueste vom Neuesten zu machen. Aber man muss das Kochen nicht jedes Mal neu erfinden.“ Er weiß, dass viele junge Leute die niederrheinische Art zu kochen gar nicht mehr selbst gelernt haben – und dann sehr erstaunt waren, wie gut das alles mundete.

Michael Artz selbst hat das Kochen Spaß gemacht, seit er sich erinnern kann. Schon für die Messdiener, schon bei den Pfadfindern. „Das war immer schon mein Ding.“ Die Lehre absolvierte er im Haus Kup an der Gocher Landstraße, danach arbeitete er unter anderem im legendären Stiefel an der Ecke Hoffmannallee/Thaerstraße. „Ich bin mit Leib und Seele Koch“, sagt Artz. „Wenn die Gäste zufrieden mein Restaurant verlassen, ist es für mich ein echtes Glücksgefühl.“

Doch seine Bestimmung wurde das Restaurant am Schlosstor. Seine Eltern hatten 1974 das – damals noch – Trümmergrundstück gekauft, dann dauerte es vier Jahre, bis die Baugenehmigung für ein Wohn- und Geschäftshaus endlich vorlag, und dann konnte nach dreijähriger Bauzeit am 11. November 1981 um 11:11 Uhr die Eröffnung gefeiert werden, und Artz kennt sogar noch die ersten Gäste, zwei Karnevalisten (Herbert Kok und Jan Jansen) im Ritterkostüm.

Nun schlagen Annegret und Michael Artz ein neues Kapitel auf, eines, das zum Teil in dem Restbauernhof in Goch-Pfalzdorf spielt, den das Paar seit 25 Jahren wohnt. Dort gibt es eine für Gesellschaften umgebaute Scheune, die bewirtschaftet wird, und außerdem wird es auch weiterhin Catering geben.

Vor allen Dingen aber wird das Paar mehr Zeit für sich selbst haben, und dafür gibt es ein Wohnmobil, mit dem im kommenden Jahr der Bodensee angesteuert werden soll. kleveblog wünscht allzeit gute Fahrt!

Deine Meinung zählt:

19 Kommentare

  1. 19

    Wenn man eine Restaurantvielfalt erhalten möchte, muss man innem Restaurants mehr trinken. An en paar Weinchen, Bierchen oder ein paar Schnäppschen zum Abschluss verdienen die mehr als an irgends so ne Leut die den ganzen Abend an nem Salatblatt mitm Glas Wasser rumnuckeln. Ansonsten nehme ich Lieferdienste oder Diensteanbieter ODER selbst hingehen mit Wartezeit (Meditation im Horneckgrill oder Frieden oder Lin’s Wok, wie in so nem Edward Hopper Gemälde) gerne wahr

     
  2. 17

    @16

    Aber es soll ja Klever geben, die ab und zu in Köln sind…

    Wahrscheinlich muss man wirklich demnächst von Kleve nach Köln fahren um mal lecker zu essen.
    Schade nur für die Bahnfahrer…. 🙂

    Mir fiel noch das Restaurant Rilano ein, das ist zwar nicht gutbürgerlich sondern eher gehobene Kategorie, – hat aber interessanterweise nicht mal nen BibGourmand.

    In Xanten gibts dafür aber ein Restaurant mit 1 Stern! Kann sich Kleve mal ne Scheibe von abschneiden. 🙂

     
  3. 16

    @15 Hilft nix, wenn man in Kleve ist. War mal kurz geträumt… Aber es soll ja Klever geben, die ab und zu in Köln sind…

    Ansonsten würde mich interessieren, wo es am 1. oder 2. Weihnachtstag einen W-Brunch oder Ähnliches gibt und noch ca. 10 Plätze frei sind. In Kleve.

     
  4. 15

    @14
    Am Bahnhof in Köln kann man super essen!
    Brauhaus Gaffel am Dom direkt gegenüber, zwar riesig und laut und voll, aber momentan meiner Meinung nach das beste der Brauhäuser. Essen schnell auf dem Tisch, immer frisches Kölsch, Qualität wirklich richtig gut. (Hätte nicht gdacht dass mich ne simple Rinderkraftbrühe so wegflasht.)

    Malzmühle natürlich altehrwürdig und lecker, leider war der schöne Beichtstühl – heute wohl nicht mehr in Benutzung- mit Putzgerät vollgestellt…. mitten in der Stube. 🙁

    Brauhaus Sünner in Kalk sehr urig im ehemaligen Bierkeller.

    Aber was hilft das den Klevern? 🙂

     
  5. 14

    Vermisse jedenfalls die vielfältigen Möglichkeiten in Köln. Wer für dort mal Tipps braucht, ich hätte welche.

    Zum Beispiel ist im Bacchus am Rathenauplatz die hausgemachte gefüllte Rinderroulade auf Wirsing-Möhrengemüse und Kartoffelstampf ein Traum, gekocht vom marokkanischen Koch Abi… ein Standardgericht seit Längerem, aktuell für 19,70 Euro … es sind 2 Rouladen…

    https://weinstubebacchus.de/

     
  6. 13

    In der Tat…wo geht man denn jetzt in Kleve gutbürgerlich essen? Gibt irgendwo noch was von Keeken bis Reichswalde?

    Baccodue wär noch ne Option, war immer lecker.

    Gibts eigentlich das Bacco noch? Weil sonst macht ‚due‘ ja keinen Sinn mehr.

    Gabs früher nicht mal die Schwanenstuben in der Nassauertrasse?

    Elefantenstübchen passt ja wohl vom Namen nicht mehr, da wird man ja nur schweren Herzens hingehen können. 🙂

    Zum Sebus-Denkmal fällt mir noch ein, ist auch gutbürgerlich.

     
  7. 12

    Hinweise auf das Elend dieser Welt werden ja öfter mal eingestreut. @4 von Look war natürlich eine Steilvorlage.

     
  8. 11

    Noch ein Restaurant weniger. Eh schon ziemlich mau in Kleve und Umgebung.

    Btw: Es soll ja zur Zeit eine Grünkohlwoche laufen lauf WfG. Fragt sich nur wo.

     
  9. 10

    7 war ja eine Replik auf 4. Eine unerwartet pointierte. Chapeau.

    Mit dem Restaurant am Schlosstor hat es natürlich nichts zu tun. Ist ja immer so hier, man kommt von A auf B auf C.

     
  10. 9

    @8. Was soll das?

    Es war nur eine Frage zu Kommentar 4. „Der Mensch ist, was er ißt“

    Wenn man nichts zu essen hat, was oder wer ist man dann?

    Für Frau und Herrn Artz kann man, nach so vielen Jahre Arbeit, nur eine gute Zukunft wünschen!

     
  11. 8

    @7. Mensch Die Verhungernden interessieren in der „ersten“ Welt nicht besonders. Aber was hat das mit einem Restaurant mit 41-jähriger Betriebsgeschichte zu tun? Genauso wenig wie die Steinmännchen denen zu wenig Anerkennung zu Teil wird.

     
  12. 6

    @3. Der Emmericher

    „… baut jemand im Wald Steinhaufen auf freuen sich alle, werden sie zerstört gilt es erstmal zu klären ob sie denn da rechtens standen und wer dem Erbauer überhaupt erlaubt hat, all die Steine da hinzuschleppen… kann man Leistung und „Lebenswerk“ nicht mal einfach mal als solche anerkennen?“

    Leistung und Lebenswerk anerkennen? Wo bleibt dann die mediale Aufmerksamkeit für 41 Jahre Leistung und Lebenswerk? Die RP hat einen Artikel gebracht. Sonst nichts.

    Aber für Steinhaufen, die gefälligst alle als Lebenswerk anzuerkennen haben, ist die volle mediale Aufmerksamkeit da.

    Wenn in Deutschland Denkmäler und Kunstwerke beschädigt, verschandelt oder zerstört werden, hat das kaum einen medialen Nachhall. Ist ja auch vollkommen normal, kommt x-mal im Jahr irgendwo in der Bundesrepublik vor. Die lebenden Künstler erfahren keine medienwirksame Anerkennung für ihr Kunstwerk. Wozu auch, der Steuerzahler hat ja schließlich für das Kunstwerk bezahlt. Die Urheber von Denkmälern und kunstvollen Bauwerken, die schon lange nicht mehr unter uns weilen und oftmals auch gar nicht bekannt sind, bekommen sowieso keine Anerkennung. Aber wenn jemand im Wald ungefragt seinem Hobby nachgeht, dann sollen alle tief erschüttert sein und vor einer Lebensleistung strammstehen? Kein Problem, dass jemand sein persönliches Hobby Steinmännchen zu bauen im Wald auslebt. Aber was als Lebenswerk anzuerkennen ist, entscheidet bitte jeder für sich selbst.

     
  13. 3

    Es ist faszinierend hier… Ist der Teller zu groß wird gemeckert, weil wahrscheinlich unwirtschaftlich (wobei das nach 41 Betriebsjahren eher nicht der Fall gewesen sein kann), wär er zu klein, wahrscheinlich auch (wer soll davon satt werden und der Koch will ja nur seine Marge optimieren?!) … baut jemand im Wald Steinhaufen auf freuen sich alle, werden sie zerstört gilt es erstmal zu klären ob sie denn da rechtens standen und wer dem Erbauer überhaupt erlaubt hat, all die Steine da hinzuschleppen… kann man Leistung und „Lebenswerk“ nicht mal einfach mal als solche anerkennen? Ich persönlich finde es schade, dass Schluss ist,wünsche den Betreibern aber allzeit gute Fahrt und viele schöne Touren im Wohnmobil.. das ist verdient.

     
  14. 1

    Sieht man diese Mengen, gehört zur Wahrheit womöglich auch: Die Hälfte der servierten Ware wird regelmäßig weggeworfen, weil eine Person allein das gar nicht verzehren kann. Das ist nicht bloß kaufmännisch Verschwendung – und zehrt am Gewinn.