Unabhängig davon, ob man Karneval eher für ein heidnisches Spektakel, für katholisches Brauchtum oder sogar für einen Akt politischer Insubordination hält, unabhängig davon, ob man den Exzess eher im Alkohol sucht oder im Aufbau flüchtiger zwischenmenschlicher Beziehungen, und auch unabhängig davon, ob man das rituelle Vergnügen in durchchoreographierten Prunksitzungen genießt oder eher spontan in Gaststätten oder auf Umzügen, die Tage des institutionalisierten Frohsinns gehören zum Rheinland und eben auch zu Kleve, und wer sich dem Treiben vom Altweiber-Donnerstag bis zum Veilchendienstag entziehen möchte, dem sei angeraten, beispielsweise nach Antwerpen oder Den Haag zu fahren, und dort zu bemerken, dass auch ein Leben ohne Karneval vorstell- und durchführbar ist.
Aber wollen wir das?
Zwei Jahren schon hat die Seuche dem Brauchtum einen Strich durch die Rechnung gemacht. Es wachsen junge Menschen heran, die noch nie kostümiert waren, die noch nie eine Karnevalssitzung besucht haben, und die am Dienstag nach Rosenmontag noch nie Kopfschmerzen haben.
Zwar sieht es im Augenblick so aus, als ob einer planmäßigen Wiederaufnahme der Narretei ab dem 11. November 2022 nichts im Wege steht und sich damit auch Prinz Jürgen (Kalkes) nach einer zweijährigen Wartezeit seinen Lebenstraum doch noch wird erfüllen können, doch das Klever Rosenmontags-Komitee hat schon jetzt einige Hebel in Bewegung gesetzt, um die Menschen daran zu erinnern, dass der Karneval hier überhaupt noch existiert.
Seit gestern stehen an strategisch günstigen Stellen in der Stadt Großplakate, auf denen aktive Karnevalisten bekunden, was der Karneval ihnen bedeutet. An der Ringstraße beispielsweise erklärt sich Walter Heicks (Ex-Prinz Walter der Herzliche): „Der Klever Karneval gehört schon immer zu meinem Leben. Besonders liegt mir die vielfältige Vereinsarbeit am Herzen.“
Weitere Fragen, die auf den Plakaten gestellt werden, lauten: Welche schönen Erinnerungen hast du an den Klever Karneval? Und: Was wünschst du dir in Zukunft für den Karneval? Bis Rosenmontag werden die verschiedenen Antworten in den sozialen Medien veröffentlicht. „Wir sind froh, dass der Klever Karneval auch in der Pandemie so präsent sein kann. In diesem Jahr haben wir die Aktion mit den ersten neun Karnevalisten gestartet. Diese möchten auch in der Zukunft gerne weiterführen, um den Karneval einer noch breiteren Masse zu präsentieren“, so Tim Tripp, Marketingleiter des Klever Rosenmontags-Komitees.
Zusätzlich zu der Kampagne in den sozialen Netzwerken haben die Karnevalisten auch im zweiten Jahr der Pandemie eine Sessionsbroschüre mit Geschichten rund um den Klever Karneval herausgegeben. Diese Broschüre ist kostenlos erhältlich ab Mittwoch, 9. Februar, bei Curry Q (Hoffmannallee), beim Werkzeughandel van Beusekom (Gertrud-Boss-Straße) sowie bei Clivia (Tichelstraße). Der KRK-Vorsitzende Frank Kronen sagt dazu: „Wir sind froh, dass wir uns auch im zweiten Jahr auf unsere starken Partner aus der Klever Wirtschaft verlassen können. Ohne die vielen Unterstützer sind diese und weitere geplante Aktionen nicht durchführbar.“
Für den ein oder anderen wird es natürlich ein herber Verlust sein, sich ohne jeglichen Grund die Birne bereits vormittags zuzuziehen. Der Karnevalszug galt ja als eine solche Rechtfertigung/Entschuldigung. Schade für diese Leute. Aber kein Rosenmontagszug hat auch sicherlich einen unschätzbaren Vorteil!!!
An diesem Tag fällt dann nicht wieder die gelbe Gefahr über Kleve herein und lässt die Inzidenzien sprunghaft einsteigen. 😉
@2 Stefan Schuster „dass ich als Heranwachsender immer nach Kranenburg oder Goch fahren musste, um einen Rosenmontagszug zu erleben“
Also, Herr Schuster, ich bin sogar noch ein paar Jahre länger in Rente, als Sie, aber ich kann mich gut erinnern, dass Kranenburg für Montags auf dem Zettel stand, und Kleve Dienstags fester Termin war.
Da Rentnergehirne sich schon einmal Sachen erinnern, die es so nicht gegeben hat, bin ich im Netz auf Suche gegangen, um meinen eigenen Grad von Alz zu erforschen.
Und siehe da, ich bin leider fündig geworden. Zwischen 1955 und 1973 gab es in Kleve https://www.lokalkompass.de/kleve/c-lk-gemeinschaft/wieviel-rosenmontagszuege-hat-es-in-kleve-gegeben_a260914 keine Karnevalszüge.
Aber jetzt kann ich mich auch wieder erinnern, wir sind in den 80ern zusammen mit Freunden oft mit den Kindern beim Klever Karnevalszug gewesen.
Rudolf ? ? ist aber spät dran. Oder früh wie man‘s nimmt.
@jb Als ich da war, war da nichts. Definitiv.
@ Artikel rd :“wer sich dem Treiben … entziehen möchte, dem sei angeraten, beispielsweise nach Antwerpen oder Den Haag zu fahren, und dort zu bemerken, dass auch ein Leben ohne Karneval vorstell- und durchführbar ist.“
Mit Ihren Erklärungen zu Holland und den Beispielen greifen Sie aber voll ins Klo.
Lange vor dem katholischen Karnaval gab es bei den Juden schon das Fest Purim, wird zwar ein paar Wochen später gefeiert, sieht mir aber wie die Blaupausenmutter des Karnevals aus.
Und auch Ihre Empfehlung von Antwerpen und Den Haag gibt keinen Sinn, dort feiert man auch schon mehr als 50 Jahre den Carneval mit Strassenfest. https://nl-nl.facebook.com/groups/1550803548470796/
Und auch in das dröge Groningen verschont verstockte Carnavalsflüchtlinge nicht, https://www.facebook.com/cvoldeclooster/ .
Brauchtum ??
Ich kann mich gut daran erinnern, dass ich als Heranwachsender immer nach Kranenburg oder Goch fahren musste, um einen Rosenmontagszug zu erleben. Meist habe ich mich für Goch entschieden wegen der schottischen Dudelsackgruppe des Flugplatzes Laarbruch. Später haben mich die in Goch anwesenden alkoholisierten niederländischen Hausfrauen noch mehr interessiert. Dass dann auch Kleve auf den Narrenzug aufgesprungen ist, habe ich erst als Erwachsener während eines Urlaubs nach mehreren Jahren Abwesenheit mitbekommen.
Man könnte „rnevalisten“ durch „tholiken“ ersetzen.
ggg
😀