NABU klagt gegen Windrad am Klärwerk

Windrad in der Sichtachse: So sähe es aus (Visualisierung: Stadt Kleve)

Die Umweltbetriebe der Stadt Kleve (USK) sehen das Projekt als einen Baustein, mit dem die Klimaziele der Stadt Kleve erreicht werden, die Umweltschützer vom NABU hingegen befürchten einen 150 Meter hohen Vogelschredder – und beide Standpunkte stehen sich so unversöhnlich gegenüber, dass der Landesverband des NABU nun vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster eine Klage gegen die geplante Windenergieanlage in Salmorth eingereicht hat. Damit entscheiden nun Juristen über den Fortgang des Projekts, das die Umweltbetriebe in Kürze mit ersten Vorarbeiten einleiten wollten.

Die Windenergieanlage am Klärwerk hat eine lange Geschichte und wird schon seit zehn Jahren geplant. Dass es nicht richtig voranging, lag zunächst daran, weil insbesondere die Freunde der historischen Gartenanlagen in Kleve und Umgebung befürchteten, dass der Riesenmast in der Niederung die Sichtachse zwischen dem Kupfernen Knopf am Sternberg und der Pfarrkirche auf dem Eltenberg beeinträchtigt. Die Bezirksregierung in Düsseldorf fand die Belange des Denkmalschutzes so wichtig, dass sie der Anlage die Genehmigung verweigerte. Dies geschah 2017.

Gegen diesen Bescheid klagte die Stadt Kleve vor dem Verwaltungsgericht in Düsseldorf, welches daraufhin die Ablehnung kassierte und den Fall zur erneuten Entscheidung an die Bezirksregierung verwies – versehen mit dem freundlichen Hinweis, doch bitte auch die Rechtsauffassung des Gerichts bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Das Verfahren wurde 2021 entschieden, also noch einmal vier Jahre nach der Ablehnung. Insbesondere der Aspekt des Denkmalschutzes erschien den Juristen in Düsseldorf herzlich egal. Es komme weder zu einer Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes noch zu einer Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswerts.

Wenig überraschend entschied die Bezirksregierung am 4. Dezember 2023, nochmals zwei Jahre nach dem Urteil, die Windenergieanlage in Salmorth zu genehmigen. Nachdem der Denkmalschutz als potenzieller Grund, die Genehmigung zu verweigern, wegfiel, rückten die Prüfer die naturschutzrechtlichen Belange in den Vordergrund – und fanden im Grunde nichts auszusetzen. Entweder seien die Vögel gar nicht geschützt (wie beispielsweise die arktischen Wildgänse) und es sei davon auszugehen, dass sie im Falle einer Störung durch die Anlage einfach auf benachbarte Flächen ausweichen. Oder aber sie seien einmal gar nicht dort angetroffen worden, wie beispielsweise der seltene Rotschenkel.

Doch dagegen klagt nun der NABU, der sich als Vertreter all jener Lebewesen versteht, die selbst nicht ihre Stimme erheben können. Der Landesverband sieht den Artenschutz und den Habitatschutz nicht ausreichend beachtet. „Jeder, der den Standort kennt, weiß, dass er nicht optimal ist“, so Dr. Heide Naderer, die Landesvorsitzende des NABU.

Dass dort überhaupt ein Bau in Betracht gezogen werden kann, mag auf den ersten Blick verwundern, denn der gesamte Landstrich entlang des Rheins ist ein Vogelschutzgebiet. Doch das gilt nicht für den Bereich der Kläranlage. Das Areal wurde herausgelöst, um die Kläranlage entwickeln zu können. Jedoch ist nahezu überall der Pufferabstand von 300 m zum Vogelschutzgebiet unterschritten. Die Untere Naturschutzbehörde des Kreises Kleve lässt denn auch in einer zwölfseitigen Stellungnahme kein gutes Haar an den Plänen der USK. In dem Schreiben heißt es: „[…] gegen die vorgelegte Planung der Umweltbetriebe der Stadt Kleve werden von Seiten der unteren Naturschutzbehörde erhebliche Bedenken erhoben. Die Planung, inmitten des Vogelschutzgebietes Unterer Niederrhein eine Windenergieanlage (WEA) zu errichten und zu betreiben, wird vollumfänglich abgelehnt. Die vorgelegten Unterlagen sind unvollständig, teilweise veraltet und entsprechen nicht den in NRW vorgegeben Standards. Eine Summationsprüfung wurde nicht durchgeführt, obwohl für mehrere Arten im Fachbeitrag eine nicht erhebliche Beeinträchtigung festgestellt wurde.“

Womöglich kommt den Umweltschützern aus Nordrhein-Westfalen sogar ein niederländischer Greifvogel zu Hilfe. Denn es gibt Berichte, nach denen im vergangenen Jahr in der Millingerward ein Seeadler gesichtet wurde. Diese imposanten und selten gewordenen Greifvögel reagieren sehr empfindlich auf Störungen. Sie sind geschützt und haben einen Aktionsradius, der sich nicht an Landesgrenzen orientiert.

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25 Kommentare

  1. 25

    Warum gibt es soviel Widerstand gegen Windräder in Kleve? Wir alle wollen weg von der klimaschädlichen Energieerzeugung. Dazu bereit ist keiner! Keine Windräder im Reichswald, kein Windrad in Salmorth am Klärwerksbetrieb der USK, kein Windrad vor der eigenen Haustür! Warum sieht der Konsens keine Windräder am Waldrand des Reichswaldes vor? Klima- Umwelt- u. Naturschutz müssen endlich in Einklang gebracht und nicht gegeneinander ausgespielt werden!
    Kein Windrad am Klärwerk? Zur Info hierzu:
    Das EU Parlament hat am 10. April die neue Kommunalabwasserrichtlinie KARL verabschiedet. Diese besagt, das Abwässer zukünftig besser gereinigt werden müssen. Mikroplastik und Arzneimittelrückstände bedürfen besonderer Filterung! Um diese Auflage zu erfüllen, müssen deutschlandweit alle Klärwerke über eine 4.Reinigungsstufe verfügen. Dies ist nur mit erheblichen finanziellen Aufwand möglich. Jedes Klärwerk verbraucht zum Betrieb Unmengen an klimafeindlichen Strom! Ein Windrad reduziert den Strombedarf, ist klimaneutral und kommt letzten Endes uns allen zugute, was die Abwassergebühren anbelangt! Hier in Griethausen äsen die Wildgänse sogar unterhalb der Windräder!! Man muß verstehen um was es geht und nicht immer jammern und gegen alles sein! Die unendlichen Diskussionen müssen ein Ende haben. Es geht um Klimaschutz!! Es geht um uns und unsere zukünftigen Generationen! Versteht es endlich!
    Andreas Ritter

     
  2. 24

    @23. Naturfreund: „Die Stadt Kleve bzw. die Umweltbetriebe wissen seit über 10 Jahren, dass ein WEA auf Salmorth im Bereich des Natur- und Vogelschutzgebietes höchst problematisch ist….“

    Das ist richtig. Aber warum beschäftigt man sich seit 10 Jahren mit diesem Projekt? Die Abwägung zwischen ölologischen und ökonomischen Belangen musste sehr sorgfältig vorgenommen werden, um hier eine rechtssichere Genehmigung der Anlage zu erhalten. Nach meinem Wissen hat es in diesem Zusammenhang zahlreiche Umweltgutachten gegeben, die detailliert Art und Anzahl der Vogelarten in diesem Gebiet geprüft haben. Hierzu wurde über mehrere Vegatationsperioden hinweg ornothologische Prüfungen durchgeführt.

    Nachdem die Ergebnisse nun vorliegen, hat die Genehmigungsbehörde den Bauantrag -mit Auflagen- positiv beschieden. Ein Vorwurf gegenüber Stadt und Umweltbetriebe ist in diesem Zusammenhang unangebracht.

     
  3. 23

    Es geht um eine naturverträgliche Energiewende. Umweltverbände wie der NABU unterstützen diese. Das heißt aber nicht, dass Windräder oder Photovoltaik-Anlagen an jeder Stelle sinnvoll sind. Bei kluger Steuerung kriegt man das problemlos hin. Ein Windrad im Natur- und Vogelschutzgebiet ist nicht sinnvoll. Warum nicht ein paar Kilometer weiter? Strom-Leitungen liegen überall.

    @13 Thomas Beler: Diese Behauptung ist falsch. Der Nicht-Bau der B220n hängt allein damit zusammen, dass dieses Vorhaben im Bundesverkehrswegeplan keine so hohe Priorität hatte. Umweltverbände nehmen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens Stellung (Frist 4 Wochen) und können gegen den Planfeststellungsbeschluss klagen, wenn gegen Gesetze verstoßen wurde (Frist 4 Wochen). Die Erfassung der Tier- und Pflanzenwelt im Planungsraum wird in der Regel von Planungsbüro nach systematischen wissenschaftlichen Methoden durchgeführt. Die Behauptung, eine einmalige Beobachtung von einer seltenen Art würde irgendetwas blockieren ist Unsinn.

    @14 Andre: Das Klärwerk Kalkar/Rees liegt weder im Natur- noch im Vogelschutzgebiet. Daher war der Bau der Windenergieanlage dort problemlos möglich – sowie an rund 300 anderen Standorten im Kreis Kleve auch, ohne dass es da zu Klagen gekommen wäre.

    @20 Thomas Beler: Die Stadt Kleve bzw. die Umweltbetriebe wissen seit über 10 Jahren, dass ein WEA auf Salmorth im Bereich des Natur- und Vogelschutzgebietes höchst problematisch ist. Trotzdem bemühte man sich nicht um einen Alternativstandort und wundert sich jetzt über die Klage.

     
  4. 21

    Wie läuft eigentlich die Bunte Drachen, leuchtende Tiere Sensation, die China Lights im Klever Tiergarten?
    Gibt es dazu schon eine Resonanz, einen Bericht?

     
  5. 20

    USK schafft Fakten

    Dem USK flatterte 2017 der Ablehnungsbescheid zu den geplanten Windkraftanlagen ins Haus. Aber Geschäftsführer Koppetsch gab nicht auf, eine Klage der USK gegen den Ablehnungsbescheid von 2017 war erfolgreich, die Planungen wurden angepasst, seit Ende 2023 liegt somit eine Genehmigung für die beiden neuen Windkraftanlagen vor.
    Zitat Geschäftsführer Koppetsch: „Und nun wollen wir auch loslegen, wir wollen keine weitere Zeit verlieren“.
    Doch der Nabu hatte wiederum Gegenklage vor dem Oberverwaltungsgericht eingereicht.
    „Wir respektieren das Handeln des Nabu. Aber an dieser Stelle sind die Bedenken einfach fehl am Platz. Wir ziehen das Projekt Windrad jetzt durch“, so Koppetsch.

     
  6. 18

    Allgemein: Gegen ein Windrad an einer bestimmten Stelle zu sein, bedeutet nicht, generell gegen Windräder zu sein. (Windrad ist übrigens ein beschönigendes Wort für manche Windkraftanlage.)

    Btw: Warum stehen in MeckPomm und Niedersachsen so viele Windräder? Weil da viel Platz ist…

     
  7. 17

    Man sollte m. E. erst mal die genauen Hintergründe der Klage kennen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Nabu aus einer Kaffeelaune heraus, mal einfach so zu Gericht zieht.

     
  8. 16

    Würde uns allen glaube ich ganz gut tun, wenn man von der ewigen Bürokratie- und Verbotsschiene abkommen würde! Lächerlich ist das, nichts weiter.

     
  9. 15

    Ja ich stimme zu, das sieht sicherlich nicht ästhetisch aus so ein Windrad, es kann auch vorkommen das ein paar Vögel es nicht überleben, was ist also alternativ möglich?
    Jedes Jahr fliegen während der Paarungs- und Brutzeit Vögel gegen unsere Fensterscheiben und leider überleben es nicht alle, das ist traurig aber deshalb hatte ich noch nicht das Bedürfnis mein Haus abzureißen.Alle wollen umweltfreundliche Energie nur nicht gerade da oder dort und hier geht es gar nicht. Diese wasch mich-aber mach mich nicht nass-Mentalität hilft nicht weiter, und auf Energie zu verzichten will ja anscheinend auch keiner, wir brauchen sie nun mal. Mir sind Windkraftanlagen lieber als Kohlekraftwerke oder Atommeiler, denn keins von beiden schützt verlässlich die Natur.Und wenn wir nicht langsam die Kurve kriegen sterben nicht nur ein paar Vögel sondern der Rest gleich mit. Es gibt kein Allheilmittel-leider-man muss sich immer um den kleinstmöglichen Schaden bemühen.

     
  10. 14

    Interessant, dass eine solche Planung UND Umsetzung am Klärwerk Kalkar scheinbar ohne jegliche „Störung“ mir nichts dir nichts umgesetzt werden konnte.

     
  11. 13

    @8 Georg
    Da gibt es eine geplante Entlastungsstraße in Kleve, die B220 Neu, die seit 40 Jahren in der Planung ist. Wegen einer seinerzeit von einem beauftragten Ornithologen gesichteten seltenen Art im geplanten Trassenverlauf der „B220N“ wurde das Vorhaben, angeführt von der NABU, seit 40 Jahren verschleppt.
    Übrigens wurde diese Vogelart danach nie wieder in der Gegend des geplanten Trassenverlaufes gesichtet, die Entlastungsstraße gibt es aber bis heute nicht und der Verkehr quält sich noch immer über die Emmericher Strraße.
    Umwelt- und Naturschutz ist etwas Gutes und man sollte immer abwägen was mehr wiegt, nur darf das dann nicht 40 Lahre dauern.

     
  12. 11

    Nirgendwo wo haben wir mehr Fisch- und Seeadler gesehen als in der Region Mecklenburgische Seenplatte. Insbesondere rundum Mirow und Malchow. Dort schlägt das Land Mecklenburg Vorpommern Windkraftanlagen vor.
    Der Millinger Seeadler verirrt sich übrigens auch schon mal an die Rinderner Kolke und stört sich nicht an den WKA’s nördlich des Gewerbegebietes. Er kreist für mich aus meinem Büro sichtbar auch über dem See an der Straße Landwehr…
    Den Klever Windkraftgegnern empfehle ich eine Reise nach Meck Pom.
    https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Potenzielle-Windkraftflaechen-im-Landkreis-MSE-bekanntgegeben,windkraft1416.html

     
  13. 10

    Wenn jetzt noch das extrem seltene Silbergoldeichhörnchen gesichtet wird, ist Schluss mit Grün wählen und nehmen das AKW in Kalkar in Betrieb.

     
  14. 9

    Das Argument mit der Sichtachse finde ich schon etwas überspannt. Natürlich sieht es schöner ohne die Windräder aus. Das Argument dass die Windräder unmittelbar am Vogelschutzgebiet stehen bzw. vom Vogelschutzgebiet umgeben sind, hat ein anderes Gewicht. Grundsätzlich ist es eine gute Sache, dass die USK Windräder errichten will, um die Stadt auf dem Weg zur Klimaneutralität voranzubringen, aber muss es unbedingt dort sein? Kann die Stadt Kleve nicht noch andere weniger sensible Standorte für die Windräder finden?

     
  15. 8

    Dieses Land ist wirklich einmalig.
    Vor ein paar Tagen habe ich die Tagesschau gesehen, und dachte wirklich, die machen jetzt schon Satire in den Nachrichten. Da ist so eine wichtige Eisenbahntrasse, dessen Genehmigungsverfahren jetzt schon 30 Jahre dauert.
    Da ist man doch sprachlos…ooderr..?

     
  16. 6

    Wir werden die Stromversorgung in Deutschland nicht mit Windrädern retten können. So gerne das auch manche glauben wollen.

    Angesichts des allgemeinen Verschwindens von Vögeln ist das ein oder andere Windrad weniger schon ok, wenn sich dadurch Vögel retten lassen.

    https://www.ardmediathek.de/video/expeditionen-ins-tierreich/stilles-land-vom-verschwinden-der-voegel/ndr/Y3JpZDovL25kci5kZS9wcm9wbGFuXzE5NjMxNzA3M19nYW56ZVNlbmR1bmc

     
  17. 5

    Stimmt. War aus irgendeiner alten Ratsvorlage, der ganze Vorgang dauert nun ja auch schon zehn Jahre.

     
  18. 4

    Leute, geht’s noch ? Als wenn es bald keine Vögel mehr gäbe…Eine Posse ..Wo soll der Strom denn herkommen ?

     
  19. 2

    Mmuuuh, rd, das (nachbearbeitete) Foto mit dem Cupido auf dem Kanonenrohr im Vordergrund ist veraltet! Aktuell ist der sogenannte NEMO (= Neuer Eiserner Mann-Obelisk) eingerüstet, mmuuuh, vermmuuuhtlich für verbotene Klettertouren im Scheine der China Lights (bis zum 31.03.24).

     
  20. 1

    Gut bauen wir da ein fettes Kohlekraftwerk hin, ohne Filter.. oder einen Atommeiler

    Klagt der Nabu dann auch?