Mit Bischof und roten Katjes: Wie die SPD Barbara Hendricks verabschiedete

Gut gelaunt leiß sie die eigene Karriere Revue passieren: Barbara Hendricks (mit Valérie Vauzanges)

Zweimal hatte Corona den Planern einen Strich durch die Rechnung gemacht, beim dritten Mal gab es dann gleich doppelt Grund zu feiern: Als die SPD am vergangenen Wochenende Barbara Hendricks nach einer ebenso langen wie erfolgreichen Politkarriere verabschiedete, feierte die ehemalige Bundesumweltministerin zugleich ihren 70. Geburtstag, sodass die rund hundert Gäste im Kevelaerer Bühnenhaus (unter ihnen übrigens auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Stephan Rouenhoff, eine respektable Geste) zu Beginn des Festes erst einmal ein Geburtstagsständchen anstimmten.

Gut hundert Gäste kamen zur Verabschiedung
Tschüss, Barbara (links die Band tr’Endless Vibes, rechts Throsten Rupp)

„Tschüss, Barbara! Danke für 27 erfolgreiche Jahre“ war die Veranstaltung getauft worden, was natürlich etwas Understatement war, denn die Kleverin ist schon seit exakt einem halben Jahrhundert (seit 1972) in der SPD, und die Genossin dürfte ihr Wirken in der Partei vermutlich über den größten Teil der Strecke als erfolgreich ansehen. Die 27 Jahre aber bezogen sich auf die Zeit, die Barbara Hendricks ein Bundestagsmandat innehatte, von 1994 bis 2021, über sieben Legislaturperioden hinweg. 2021 trat sie nicht mehr an.

In Kevelaer kamen nun, von Norbert Killewald und Thorsten Rupp befragt, einige zu Wort, mit denen Barbara Hendricks beruflich zu tun hatte – angefangen mit dem Xantener Weihbischof Rolf Lohmann, der ihr Geradlinigkeit, Hartnäckigkeit und „einen starken Charakter“ bescheinigte. Lohmann war geladen, weil Barbara Hendricks Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken ist, wo sie seit 2017 als Sprecherin des Sachbereichs „Nachhaltige Entwicklung und globale Verantwortung“ fungiert.

Der zweite Botschafter für das segensreiche Wirken von Barbara Hendricks kam aus der Wirtschaft; es handelte sich um Tobias Bachmüller, den Chef des Emmericher Süßwarenherstellers Katjes. Als er befragt wurde, was die „Marke Barbara Hendricks“ auszeichne, antwortete er: „Erstens: klug. Zweitens: vertrauenswürdig. Und drittens auf eine angenehme Weise unaufgeregt. Das finde ich beispielgebend.“ Für die Sozialdemokratin hatte er in seiner Firma als Geschenk ein eigenes Produkt kreieren lassen – rote Katjes-Lakritze. Schwarz hätte ja nicht gepasst. Allerdings bekannte Hendricks, „eher so der Schokoladentyp“ zu sein.

Die ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durften teils live auf der Bühne und teils in einem eingespielten Videofilm über ihre Erfahrungen mit der Chefin Barbara Hendricks berichten, wobei klar wurde, dass sie sich sehr um ihre Mitarbeiter kümmerte – mit Ratschlägen, die mitunter auch die Bereiche Kleidung, Ernährung und Liebesleben abdeckten. Ihre ehemalige Sekretärin berichtete, dass sie morgens schon an den Schritten, mit denen Hendricks ins Büro rauschte, erkannt habe, ob es ein guter oder schlechter Tag war. „Aber die schlechten Tage waren selten.“

Es handelte sich zwar um eine Feierstunde, doch mittendrin gab es auch bemerkenswerte Einblicke in den Politikbetrieb. Beispielsweise, wie sie jenen Tag im März 1999 verbrachte, als Oskar Lafontaine völlig überraschend als Finanzminister und SPD-Vorsitzender zurücktrat. Mitarbeiter berichteten, dass Barbara Hendricks, die damals Staatssekretärin im Finanzministerium war, sich mit den Kollegen in einem Büro versammelt hätte. In dem überfüllten Raum habe man, teils auf dem Boden sitzend, Schnaps getrunken, um den Abgang des ungeliebten Chefs zu verarbeiten.

Die Videofilme, von Anna-Lena Kamps präsentiert, endeten mit einem Clip, in dem Valérie Vauzanges, Hendricks‘ Ehefrau, ihre Wünsche für die gemeinsame Zukunft äußern durfte: „Vielleicht lernst du jetzt stricken und ich kriege von dir handgestrickte Socken…“ Diese Hoffnung musste Barbara Hendricks jedoch dämpfen, fürs Stricken sei in ihrer Familie ihre Schwester zuständig.

Für alle Gäste gab es als Geschenk die Ausgabe des Magazins Der KLEVER, die Hendricks‘ zu Ehren in Die KLEVERIN umbenannt worden war. Das Titelfoto zeigt Barbara Hendricks an Bord ihres Motorbootes, mit dem das Ehepaar in seiner freien Zeit in und um Berlin herumschippert. Möge dem Paar fortan immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel vergönnt sein!

Deine Meinung zählt:

10 Kommentare

  1. 9

    Wurde Frau Hendricks eigentlich bei irgendeiner Wahl auch schonmal direkt vom Wahlvolk gewählt?

     
  2. 8

    @SPD Was nicht ist, kann ja noch werden.

    P.S. Mangels einer Alternative habe ich Euch heute wieder gewählt.

     
  3. 7

    Stoppt den Verkauf städtischer Grundstücke und Immobilien! Ausnahme: Verkauf an dem Gemeinwohl verpflichteten Organisationen denen gewinnorientiertes Handeln untersagt ist.

     
  4. 6

    Das Leben ist kein Ponyhof! Wo kämen wir denn hin, wenn sich die Sozialdemokraten der „kleinen“ Leute annehmen würden? Wer auch immer sich berufen fühlt die „kleinen“ Leute und deren Kinder zu unterstützen, kann sich in Kleve ganz praktisch dafür einsetzen. Wer im Bilde ist, weiß wie das zu tun ist.

     
  5. 5

    So in der Nachschau würd Ich sagen die Sache mit dem Oskar war die erste große Manipulation
    der Massen in der Politik und Medien gemeinsam das Wahlvolk indoktrinierten um dem Allgemeinwohl zu schaden.Das die Sache glatt über die Bühne ging war nur Möglich weil man wie ich vermute Lafontaine parallel erpresste denn er ließ das alles schweigend über sich ergehn.
    Die Bomben platzten dann später (Finanzkrise etc.)

    Mich beschleicht das Gefühl in Augenblick passiert ähnliches.
    Andererseits im Krieg ist alles Anders.
    Und vielleicht sind die Intressen weniger ja auch wichtiger als sowas wie Allgemeinwohl.

     
  6. 4

    @1 Sie finden also gut, wenn jemand, sobald er Verantwortung als Bundesminister trägt, den Abgang macht, um sich dann hinter runtergezogenen Rolläden in seinem Haus zu verschanzen? ?

     
  7. 3

    Eigentlich ein schönes Wort Sozialdemokratie. Sozial und demokratisch. Christdemokratie hört sich auch nicht schlecht an. Christlich und demokratisch. Freidemokraten, frei von Demokratie? Grün. Grüne Basisdemokratie. Echte Demokraten sind echt selten. Für sie ist der Politikbetrieb zum Weglaufen, denn die Profis kleben an ihren Mandaten und Pöstchen wie Sekundenkleber an den Fingern.

     
  8. 2

    Herr Habedank

    Einer der besten und wahrhaftigsten Kommentare seit langem hier wie ich meine.

    Ich musste auch sonn bisschen in mich reinkichern als ich gelesen habe das die Schleusenbefürworterin ihre Freizeit auf dem Boot verbringt

    Zum in sich reinkichern gab sie oft Anlass, Die Babsi.

     
  9. 1

    Zitat aus dem Bericht:
    “ Beispielsweise, wie sie jenen Tag im März 1999 verbrachte, als Oskar Lafontaine völlig überraschend als Finanzminister und SPD-Vorsitzender zurücktrat. Mitarbeiter berichteten, dass Barbara Hendricks, die damals Staatssekretärin im Finanzministerium war, sich mit den Kollegen in einem Büro versammelt hätte. In dem überfüllten Raum habe man, teils auf dem Boden sitzend, Schnaps getrunken, um den Abgang des ungeliebten Chefs zu verarbeiten.“

    Hm – für mich war Oskar L. der beste ( und leider auch gescheiterte) Finanzminister seit 1949 – endlich mal eine Steuerreform, die vielen ( besonders Kleinverdienern und Mittelständischen) mehr gibt als Ihnen bisher zu stand.
    Steuergerechtigkeit und Prosperierung des Allgemeinwesen für die Allgemeinheit stand hier mit der geplanten Reform auf der Agenda…
    Wohl, eben auch für B. Hendricks, zu viel des „Guten“ – zu viele Steuer-Privilegierte, eben auch um Cliviae herum ( Könnte das Frau B. Hendricks sein…?) verlören Einiges ( nicht Alles) an ihren Pfründen….?

    Mit Verlaub – Die Spezialdemokraten, manche nennen sie SPD, bekämpften wohl nie so richtig den Kapitalismus und seine Auswirkungen?
    Scheint eher – für mich – so zu sein, dass sie einfach nur einen, ihren, Platz am Trog haben und sichern wollten..?
    Es fing ja schon damit an, dass der SPD-Mehrheitsführer ( noch damals kein Kanzler oder eher „Quasi““ die Reichswehr gegen Protestierende einsetzte und Schiessbefehl ( war Noske) gabe…
    Und heute – mindestens von 2002 bis mindestens 2021…immer wieder Spezialdemokraten dabei Geld vor Verantwortung zu stellen; siehe Gazprom, Schröder ( Angie war auch heftig beteiligt, somit auch die CDU)…
    Oder -Schwesig…..nur noch höchstpeinlich!!!