Manfred Palmen, 1945-2022

Manfred Palmen (Foto: CDU)

Am Vormittag des 7. August erhielt der Verfasser dieser Zeilen eine Kurzmitteilung von Manfred Palmen, in der dieser den SPD-Kandidaten für die Landratswahl attackierte, und zwar, wie gewohnt, kampfeslustig und wortgewaltig. Dass Palmen so dachte, überraschte indes nicht. Wohl aber, dass er sich überhaupt noch zu Wort meldete und ins politische Tagesgeschäft einmischte, denn zu diesem Zeitpunkt wusste er schon lange, dass seine Tage gezählt sind.

Doch aus dem Streit, aus der Auseinandersetzung, insbesondere aus der Lust am Rechthaben bezog der CDU-Politiker, der am Freitag im Gocher Krankenhaus starb, vermutlich einen beträchtlichen Teil seiner Lebensenergie. Und so schien er auch im Kampf mit seinem Leiden den pessimistischen Prognosen der Ärzte, die bei ihm im Frühjahr 2021 einen Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostizierten und ihm nur wenige Monate gaben, Hohn zu sprechen.

Immer wieder hieß es, nun gehe es zu Ende, und dann sah man Manfred Palmen im Aldi-Markt am EOC, in der Sparkasse an der Materborner Allee oder aber, nahe seiner Wohnung an der Kermisdahlstraße, im Zeitschriftenladen neben dem ehemaligen Café Lust. Und immer fand er noch die Zeit, ein oder zwei Sätze abzufeuern, wie sich seiner Meinung nach die Dinge auf der Welt so verhalten oder zumindest verhalten sollten.

Da war er schon längst im politischen Ruhestand, aber so etwas gab es für ihn natürlich nicht. Manfred Palmen wollte immer mitmischen. Zuletzt allerdings nicht mehr mit dem taktischen Geschick früherer Tage. Beispielsweise favorisierte er 2020 Dominik Feyen als Landratskandidat, doch der Beamte konnte sich nicht gegen Silke Gorißen durchsetzen. Einem langjährigen Weggefährten, der die Rechtsanwältin unterstützte und nicht den von ihm favorisierten Kandidaten, strafte er danach mit Missachtung, die er nun mit ins Grab nimmt.

Aber so war Manfred Palmen, immer klare Kante, immer rauflustig. Das hatte zumindest den Vorteil, dass man bei ihm stets wusste, woran man war. Nebulöses und Unklares, das gab es bei ihm nicht. Recht und Ordnung, das war die Mission, mit der Palmen Zeit seines beruflichen Lebens unterwegs war. In Bonn hatte er Jura studiert, danach war er kurz bei der Bezirksregierung in Düsseldorf tätig, bevor er 1990 Stadtdirektor in Kleve wurde.

Die Geschichten aus seiner Amtszeit sind Legende. Wie er persönlich vermessen hat, ob die Maße für die Außenbestuhlung in der Gastronomie eingehalten werden. Wie er eigenhändig am Wochenende Verwarnungen wegen Falschparkens verteilte. Oder wie er einmal an der Realschule einen Haufen Sand ausschütten ließ, damit die Lehrer dort nicht mehr an einer Stelle, die ihm nicht gefiel, ihre Autos parken konnten.

Nachdem in den nordrhein-westfälischen Kommunen die Doppelspitze in der Verwaltung abgeschafft wurde, fiel der Posten des Stadtdirektors weg. Palmen arbeitete kurzzeitig als Rechtsanwalt, bevor er in den Landtag gewählt wurde und in den beiden darauffolgenden Wahlen ebenfalls das Direktmandat erringen konnte. Fünf Jahre war er parlamentarischer Staatssekretär unter Innenminister Ingo Wolf im Kabinett Rüttgers, zweifelsohne die Krönung der politischen Laufbahn von Manfred Palmen.

Ministerpräsident Hendrik Wüst postete auf Twitter: „Ehrlich, konsequent, zielstrebig – dafür stand Manfred Palmen zeitlebens. Wir trauern um einen Politiker, der die Debatte nie gescheut hat und mit seiner Gradlinigkeit die Politik unseres Landes über Jahrzehnte geprägt hat. Mein Beileid gilt seiner Familie & Angehörigen.“

Die meiste Zeit deines Lebens hatte sich Palmen auch dem Sport verschrieben. Er war immer in Bewegung. Als Gymnasiast errang der gebürtige Neusser die nordrhein-westfälische Schulmeisterschaft im Handball, ein bulliger Spieler, der mit Wucht aus der zweiten Reihe nach vorne drängte. Als Zeitsoldat diente er im Fallschirmjägerbataillon 261 in Lebach. Als Landtagsabgeordneter war er Mitglied im FC Landtag, einer Hobbymannschaft des Gremiums. Dass er als Staatssekretär für den Sport in Nordrhein-Westfalen zuständig war, erschien da folgerichtig.

Im Alter machte ihm die Hüfte zu schaffen, und wenn er mit schwerem Gang seinen Lottoschein abgab, merkte man ihm an, dass ihm das nicht passte. Als ein Bürger ihn fotografierte, wie er mit dem Auto in die Fußgängerzone fuhr, erweckte das den Eindruck, als ob dem energischen Verfechter von Recht und Ordnung die Regeln in eigener Sache egal wären. Und so legte er Wert auf die Feststellung, dass er eine Ausnahmegenehmigung habe. Lieber aber hätte er keine Schwäche gezeigt.

So war es auch, als die Krebserkrankung schon weit fortgeschritten war. Als die CDU-Fraktion des Stadtrats sich zu einem Rundgang auf der Klever Kirmes verabredete, wollte Palmen unbedingt mit dabei sein, nicht unbedingt zu den Schieß- und Losbuden, wohl aber ins Gasthaus Früh, wo sich die Mitglieder der Fraktion danach immer treffen. Den Hinweis, dass er überhaupt nicht zur Fraktion gehöre, ignorierte Palmen mit der ihm eigenen Chuzpe: Das sei egal, es sei sein letzter Kirmesbesuch.

Manfred Palmen wurde 77 Jahre alt. Er hinterlässt einen Bruder und eine Schwester sowie einen Sohn. Die Beisetzung soll in Neuss im engsten Familienkreis stattfinden.

Deine Meinung zählt:

32 Kommentare

  1. 31

    Stellt euch vor, heute wäre Landratswahl und keiner geht hin, oder spricht drüber.
    Das könnte Manfred Palmen bestimmt nicht behagen.
    Huch … heute ist ja die Wahl, und KleBlog berichtet nicht drüber ?

     
  2. 30

    ? Bin ich froh nicht i.d. Politik gegangen zu sein um mir ☝? „some where along the Line“ an meinem Grab evtl. so eine ? anhören zu müssen. ?

     
  3. 29

    @26

    Gerade wurde die massive Erhöhung der Parkgebühren verkündet.

    Die Bahnstrecke Kleve-Nijmegen ist seit über 30 Jahren stillgelegt.
    Betrifft die Struktur der ganze Region.

    Einziger Troste: Die Gegenrichtung wirkt auch noch wie stillgelegt …. 😀

    Wäre wahrscheinlich ganz im Sinne des Verstorbenen …..:-)

     
  4. 27

    ☝? Arroganz mit porte – épée ? ? ..and the Winner is …Jean-Baptiste de la Dingsbums ! ???? ?

     
  5. 26

    @25 Plaudertäschchen „mit einem Sie …. “
    Dass das Du dem Inhalt der Diskussion geschuldet war, und als Replik für das Hallo an Herrn Palmen dienen sollte, sind Sie wohl nicht gekomen.
    Ich denke, „Hallo Herr Palmen“ wäre dort völlig anders herübergekommen, dashalb meine Referenz zu Knigge
    Das nennt man Satire, ist aber wohl nicht bei .jedem so angekommen, wie auch sonst das Empfindlichkeitslevel sich selbst gegenüber extrem hoch zu sein scheint.

    @24 rd „gut gegeben“
    Ist das so? Können auch Sie schon nicht mehr zwischen Satire und beleidigendem Spruch mehr unterscheiden ?
    Der Blog finde ich, ist wirklich ziemlich heruntergekommen, da posten sogar Leute aus völliger Langeweile # 11 „Ich kannte diesen Manfred zwar nicht …“ , nur um mal was zu posten, und Sie lassen`s auch noch durch.
    Und was ist mit dem Kleve-Bezug des Blogs? Gerade wurde die massive Erhöhung der Parkgebühren verkündet. Das betrifft die Käuferschaft des Handels, damit den Handel selbst, und eigentlich die ganze Struktur der Innenstadt.
    Und dann sind 25 oft Nichtsagende Kommentare zu einem Todesfall wichtig?
    Es gibt, meine ich, wichtigeres für unsere Stadt, als ausführlichere sinnleere Posts zum Versterben eines sehr umstrittenen Verwaltungschefs.

     
  6. 25

    @22 J.B.
    Zitat aus dem Knigge:
    DUZE niemanden den Du einmal DUZEN willst.
    Mit einem SIE zum Einstieg machen Sie wenig falsch.
    Vielleicht dieses Kapitel noch einmal lesen.

     
  7. 23

    @22 Jean-Baptiste le Romd D´Allembert

    Also, wenn sie das Knigge-Buch gelesen haben sollten, wundert es mich ein wenig, dass das nach meiner Ansicht, keine nennenswerte Umsetzung gezeichnet haben könnte, wenn man manche Kommentare von ihnen hier lesen muss. Meine Meinung, meine persönliche Ansicht.

     
  8. 22

    @18 Steve Bay “ Naja, das hat mich ein bisschen geärgert. “
    Sorry, aber was hätte Sie da denn ärgern können?
    Es gab da mal einen Adolf Freiherr Knigge, der ein langezeit brachtetes Buch (über den Umgang mit Menschen) geschrieben hat.
    Ich spare es mir, daraus zu zitieren, aber so ein klei bisschen ist auch heute noch davon gültig.
    Also Ey Alter, blame your parents, wenn davon total gar nichts bei Dir angekommen ist.

     
  9. 21

    18.) Wir kommen und haben das Kleingedruckte im Lebensvertrag übersehen ,nicht gelesen und wundern uns dann plötzlich …? ????

     
  10. 20

    Er war sich nie zu schade dafür im Wahlkampf auf der Straße mit den Bürgern zu sprechen und in der Weihnachtszeit Glühwein und Waffeln in der Fußgängerzone für einen guten Zweck zu verkaufen. Ich werde ihn in guter Erinnerung behalten. Ruhe in Frieden und lass es da oben lockerer angehen.

     
  11. 19

    @18 Steve Bay

    „Wir kommen alle laut auf die Welt, und gehen dann still und leise, auf die nächste Reise.“

    Schöner Satz.

     
  12. 18

    Hr. Palmen hatte ich mal bei Aldi getroffen (vor lange Jahre zurück), und ich sprach ihn an, mit der Begrüssung: „Hallo“. Ich kannte ihn ja. War ja auch, eine gewisse Politgrösse in Kleve. Er drehte sich nur wortlos zu mir, und musterte mich von oben nach unten. Das war’s. Kein Hallo, oder eventuell, ob wir uns vielleicht kennen könnten. Naja, das hat mich ein bisschen geärgert. Aber, was soll’s! Ruhen Sie trotzdem in Frieden, Herr Palmen. Wir kommen alle laut auf die Welt, und gehen dann still und leise, auf die nächste Reise. Freuen wir uns auf den Weihnachtsmarkt, und was sonst noch schönes kommen mag.

     
  13. 17

    @15 Steez

    Die meisten Bundesminister/-innen treten kaum in Erscheinung.

    Ist das der Kamala-Harris-Effekt? Kaum im Amt, schon von der Bildfläche verschwunden…

    Nicht mal mehr bei Menschenrechten können wir Zeichen setzen.

    Guckt ihr WM? Nicht gucken hilft auch niemandem, finde ich. Aber ich hab keine richtige Lust.

    Gerade spricht Habeck bei „Lanz“, beklagt Bürokratie in der Energiekrise. Wir müssen uns „robust aufstellen“, sagt er. Ja, möchte ich vom Sofa aus rufen, dann mach es doch. Subventionen für Elektroautos werden wohl eher nicht langfristig fortgesetzt, holt Lanz aus ihm raus und konfrontiert ihn: Deutschland wird bald Importeur von Elektroautos aus China werden. Ob Habeck sich das vorstellen könne? Kann er, es müsse aber so weit nicht kommen. Aha.

     
  14. 16

    Etwas, das hier vielleicht auch noch erwähnt werden sollte:
    Mit Herrn Palmen geht einer derjenigen, die in der Tat einen gewissen Anteil an der Ansiedlung der Hochschule Rhein-Waal in Kleve hatten/haben. Als Mitglied der NRW-Regierung im Entscheidungsjahr 2008 hat er in Düsseldorf – nicht zuletzt auf frühzeitiges Geheiß aus dem Machtzentrum der Bundes-CDU – viel Basisarbeit zugunsten ebendieser Ansiedlung geleistet – offensichtlich zusammen mit seinem ebenfalls aus dem Kreisgebiet stammenden Kabinettskollegen Linssen und dem – anfangs doch noch sehr von vergeblichen Bemühungen überzeugten – FDP-Bundestagsabgeodneten Friedhoff. Letzteres hat Herr Palmen sogar selbst hier und da mal zum besten gegeben. Siehe zum Beispiel hier:

    https://rp-online.de/nrw/staedte/kleve/palmen-baudezernent-uebersah-tanklager_aid-9450887

    Nicht zuletzt wegen seinem Anteil an der Ansiedlung der Hochschule Rhein-Waal in Kleve gebührt Herrn Palmen auch von dem/der ein oder anderen Mitarbeitenden Dank, die dort inzwischen trotz des übersehenen Tanklagers ein – zumindest einigermaßen – auskömmliches Dasein gefunden haben. Auch in diesem Sinne: RIP

     
  15. 15

    @7: Welche Persönlichkeiten brauchen wir denn in der Politik?

    Cannabis Özdemir, Schutzhelm Lambrecht, oder einen Kanzler mit Erinnerungslücken zu Millionengeschäften?

     
  16. 14

    Ein Mann, ein Prinzip! Man war nicht immer einer Meinung, aber es ging ihm um die Sache! Er fehlt in der Politik von Kleve und im Kreis! Mit seinem Ausscheiden aus dem Landtag ging es für den Wahlkreis abwärts. Vom nicht immer symphytischen Prinzipienreiter, den man nicht unbedingt als Feind haben wollte, aber selbst dann auf ihn vertrauen konnte, ging es zum geborenen Unsympath. Es war ein Abstieg für die CDU. Im Kreistag hat er „genervt“, aber nur so hat er etwas bewegt und damit Herrn Spreen und seinen Marionettenführer Suerick mächtig auf den Palmen gebracht. Ich vermisse ihn sehr.

     
  17. 13

    @12 Ich liebe charakterliche Wesenszüge. Folge ich der Berichterstattung, hatte er den Nervenkitzel am rechten Fleck

     
  18. 12

    @11

    Nein.
    Im Interesse der Pietät will ich das jetzt nicht weiter detailliert ausführen.
    Aber solche Begriffe wie ‚Godlike‘ sind schlicht Quatsch.

     
  19. 11

    Ich kannte diesen Manfred nicht. Wenn aber jemand Dinge nicht nur lebendig und direkt ansprechen kann, der ist nicht nur authentisch, sondern Godlike.

     
  20. 10

    @Es sind die lebenden die nachtreten.

    Es sind auch RP und NRZ.
    Wenn man das wie Sie so brüsk ‚Nachtreten‘ nennen will.
    Ich sehe das nicht so.

     
  21. 9

    @7

    Bei allem Respekt: Der Aussage ’solche(n) Persönlichkeiten, brauchen wir viele mehr in der Poltik‘ widerspreche ich hiermit öffentlich und vehement.

    Sorry.

     
  22. 8

    Es sind die lebenden die nachtreten.
    Auch ne Möglichkeit das letzte Wort zu haben.
    Sowas kann man toll finden, sogar bewundern, muss man aber nich. .

    Mein Beileid den Angehörigen und Freunden.

     
  23. 7

    Manfred Palmen habe ich stets als Vollblutpolitiker erlebt. Immer hellwach, immer zur Stelle, mit dem Mut seine Ansichten offen und ehrlich zu vertreten. Man muss das nicht gemocht haben, doch von solchen Persönlichkeiten, brauchen wir viele mehr in der Poltik.

    Mein Beileid seiner Familie und Angehörigen.

     
  24. 6

    Bislang der einzige mir bekannte ‚Klever‘, bei dem selbst die Nachrufe durch die Bank weg (RP, NRZ, KB) launisch ausfallen.

    Wenn man das mit den Reden auf Heinrich Martens, Paul Friedhoff oder Hiltrud Leenders vergleicht….

    Trotzdem: So ein Schicksal wünscht man keinem.

     
  25. 4

    Ich habe Manfred Palmen 1998 bei meinem Vorstellungsgespräch bei der Stadt Kleve kennengelernt. Ich fand es immer bewundernswert, dass sich unser Stadtdirektor Palmen Namen merken konnte wie kein zweiter. Vom Amtsleiter bis zum Arbeiter konnte er jeden mit Namen begrüßen.

     
  26. 3

    Immer wieder schön + fürs Herz, schöne Worte für POLIT Verblichene. Für Menschen die ihre Angehörigen über Jahre ,unter Aufgabe ALLER Lebensqualität, leider nie zu finden .? Mein?? Erlebnis mit MP, massiver Anschiss wegen „falschen Parken“ vor dem Rathaus. Bin nicht nachtragend…RIP

     
  27. 1

    Manfred Palmen wurde Stadtdirektor, kurz nachdem ich bei der RP angefangen habe. Ich schrieb über ein total musslungenes Open-Air-Konzert am Altrhein, er beschwerte sich bei Alois Puyn, wie ich es wagen könne, eine derart jungendfreundliche Aktion der Stadt zu kritisieren.
    Das war ein dümmlicher Versuch, Pressefreiheit einzuschränken – auf Provinzniveau.
    Später musste ich ihm Respekt zollen, auch für seine Loyalität gegenüber unserer Region, die seine Heimat wurde.
    Er war ein enger politischer Freund meiner Eltern.
    Aber unsere erste Begegnung – per Fax – kann ich eben auch nicht vergessen. Der erste echt linke Versuch eines Politikers, sich in meine Berichterstattung einzumischen.
    First cut is the deepest.