Wenn der Mensch am Niederrhein eines kann, dann verweigern. Wehrdienst, Nachtisch, Freundlichkeit – Hauptsache, verweigern. In der Gastronomie hat es in dieser Hinsicht – trotz des großartigen Erfolgsbeispiels Whisky-Saloon, über das sogar Bücher geschrieben wurden – in jüngster Zeit einige bemerkenswerte Schwächeanfälle gegeben. Ja, ich spreche von den schicken Cafés mit dunkelbraunen Sitzmöbeln, viel Glas und Stahl und einer Auswahl aus Kaffeesorten, die entscheidungsschwache Menschen wie zum Beispiel Kranenburger Ratsmitglieder zurück in die Sitzungssäle oder an die heimische Thermoskanne treibt.
Doch wer des ganzen Lattelamettas überdrüssig ist – und vermutlich rudert nicht ohne Grund das Central Café schon wieder zurück und stellt Blümchen auf die Designertischchen -, auch für den gibt es in Kleve noch ein Keinod, das so vollendet destylished ist, dass dieses Interiordesignensemble aus Kaffeeautomat, Sitzbank, Gemüsezwiebelkörben und Flaschenrückgabeautomat eigentlich in einem Coffeetablebook von Beate Wedekind verewigt gehört – vielleicht als trendsetzende Hartz-IV-Lounge. Die Frage, warum die beiden Herren im Bild statt der Sitzbank die frugalen Plätze vor dem Flaschenrückgabeautomat gewählt haben, muss indes unbeantwortet bleiben. Das Leben verträgt solche Rätsel.
Zu finden ist das Café der guten Hoffnung im Edeka-Markt Drunkemühle, Herzogstraße. (Hinweis der Redaktion: Die Reihe wird fortgesetzt mit dem bezaubernden Kaufland-Café, Flutstraße, das diesem hier nahezu ebenbürtig ist.)
[…] Doch der Reihe nach: Der Klever Wirtschaftsförderer Rudolf Röhrl, der bei einer ersten Besichtigung des TZK sofort an ein Sozialamt und seinen charming Loserflair erinnert fühlte, hat zur allgemeinen Verbesserung des Ambientes Kunst aufhängen lassen. Nun sieht die Sitzgruppe im Eingangsbereich immer noch so destylish aus, dass sie problemlos in eine Hartz-IV-Lounge implantiert werden könnte (zum Beispiel (hier), aber die Wände sind frisch gestrichen und die übliche Hydokulturbüroflora sorgt für mehr Businessfeeling. Doch – und das ist “eine Premiere in der 20-jährigen Geschichte des TZK” - außerdem blickt der wartende Technologiezentrumsbeschicker, solange sein Gründerkopf nicht depressiv zwischen den Schultern hängt, ab sofort auf Kunst. Echte Kunst! Unsereins denkt natürlich sofort, das passt, schließlich hat der Ackermann bestimmt auch einen echten deutschen Expressionisten in seinem Vorstandssaal, und wahrscheinlich hängt über der schwarzledernen Sitzgruppe für die eher informellen Besprechungen noch ein bisschen Pop-art, oder zumindest was neueres Deutsches (Immendorf o. Ä.), aber zurück zum TZ in K, wo 15 Siebdrucke des in Kranenburg (!) geborenen und in Kleve aufgewachsenen Grafikers, Gerichtszeichners, Gestalters und Buchautors Robert Nippoldt gezeigt werden. Das Thema der Werke: Jazz. Die Meinung des Experten: “Die Bilder rufen eine Stadt im Rausch der Musik hervor, sie evozieren eine Rastlosigkeit, Lebensfreude und Eleganz, um die wir heute diese Zeit beneiden” (Drs. Guido de Werd, Museum Kurhaus). Die Stimme der Wirtschaft: “Ich kenne mich zwar mit Kunst nicht aus, aber das, was hier zu sehen ist, ist einfach toll” (Mario Goedhart, IHK Kleve). Den nächsten Satz denken wir uns dann mal einfach dazu: “Das Büffet ist eröffnet!” (Und wenn nicht allzu viele Besucher kommen, können wir sogar Alles alleine auftrinken.) […]