Gedanken zu Heino (Tony Marshall spielt auch eine Rolle)

Durchhaltevermögen: Heino (Fotos: Michael Peterson)

Angesichts der Tatsache, dass derzeit noch eine laue Sommerstimmung herrscht, mögen wir unsere Aufmerksamkeit dem Gast einer Veranstaltung zuwenden, zu der das Wunderland Kalkar am 4. und 5. September einlädt, der „TikTok Convention Tiny Tales Con 2021“, zu deren Auftakt am Samstag um zwölf Uhr ein „Superstar“ angekündigt wird. Es handelt sich um – Trommelwirbel – niemand anderen als Heino, der, der Pressemitteilung zufolge, mit über 80 Jahren noch topfit sei, Energie und Elan versprühe sowie für die Bühne und sein Publikum brenne.

Die Ankündigung gibt mir die Gelegenheit zu bekennen, dass die erste Platte, die ich in meinem Leben besessen habe, die Single „Blau blüht der Enzian“ eben dieses schon zu den Tagen meiner Kindheit bekannten Schlagersängers aus Düsseldorf gewesen ist. Meine Eltern wollten meinem Bruder und mir zum Nikolausfest eine kleine Freude bereiten, und da es zu den Ritualen der noch jungen Familie gehörte, am Samstagabend dem Sängerreigen in der ZDF-Hitparade zuzuschauen und mitzufiebern, dachten sie, Produkte der dort auftretenden Interpreten könnten uns eine Freude bereiten.

Das stimmte im Prinzip auch, allerdings war mein absoluter Lieblingssänger Tony Marshall, der zu dieser Zeit mit dem heute schon als Klassiker zu bezeichnenden Lied „Schöne Maid“ damals ebenfalls in der Hitparade vertreten war – genau diese Single aber war meinem Bruder zugedacht worden, während ich mit dem (damals aus meiner Sicht) zweitklassigen Heino abgespeist wurde. Die Dramen, die sich in den folgenden Stunden und Tagen abspielten, sind aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbar, ich erinnere mich aber gut, dass ich in einer Ansammlung von Trotz ebenfalls diese Tony-Marshall-Single einforderte, was natürlich ein ausgemachter Quatsch war. Die Erfüllung dieses Wunsches blieb mir dann auch bis heute versagt.

Tony Marshall ist heute 83 Jahre alt, hat im vergangenen Jahr noch Werbung für die ägyptische Kaffeemarke Mom’s Choco Café gemacht und sang damals, im Jahre 1972, folgende Verse: „Schöne Maid, hast du heut für mich Zeit? Ho-ja, ho-ja, ho. Sag bitte ja, dann bin ich nur für dich da. Oh bitte, ho-ja, ho-ja, ho. Schöne Maid, glaub mir, so jung wie heut. Ho-ja, ho-ja, ho. Kommen wir nicht mehr zusammen vielleicht / Ist es schon morgen viel zu spät. Wir singen tra-la-la und tanzen hopsa-sa. Wir wollen fröhlich sein und uns des Lebens freuen. Wer weiß wie lange das noch geht? Wer weiß wie lang die Welt sich dreht (hey)?“

Das Ende passt eigentlich ganz gut in die heutige Zeit.

Heino ist ein Jahr jünger, man wusste immer, dass er Bäcker gelernt und irgendwas mit den Augen hatte. Er sang damals: „Ja, so blau, blau, blau blüht der Enzian. Wenn beim Alpenglühn wir uns wiedersehn. Mit ihren ro-ro-ro-roten Lippen fing es an / Die ich nie vergessen kann. […] In der ersten Hütte, da haben wir zusammen gesessen. In der zweiten Hütte, da haben wir zusammen gegessen. In der dritten Hütte hab ich sie geküsst / Keiner weiß, was dann geschehen ist. Holla hia, hia, holla di holla di ho. Holla hia, hia, holla di holla di ho.“

Wie mag es unserer Mutter ergangen sein, die den ganzen Tag diese Lieder hören musste (Vater war arbeiten), die die damals sieben und fünf Jahre alten Kinder abnudelten, auf einem krächzenden Plattenspieler, in denen von kaum verhüllten sexuellen Avancen oder Abenteuern die Rede war, von denen sie nichts kapierten? Aber so ähnlich stelle ich mir die Hölle vor, sollte dort dereinst ein Platz für mich bereitstehen.

Vanitas der Schlagerkultur: Heino. Weiht und breit blüht kein Enzian, nirgends

Deine Meinung zählt:

23 Kommentare

  1. 23

    @ 22 & Co. (Steez & Co.)
    Handelshof!? Steez, haben Sie (oder jemand anderes) auch noch einen Link zu dem Artikel in der BILD-Zeitung aus den früheren achtziger Jahren, bei dem jemand eine H-Spritze vor einem Grabstein ins (große) Bild hielt und hinter dem Grabstein eine Dorfkulisse mit Kirche sichtbar war? Direkt darunter die große BILD-Ãœberschrift, die in dem von Ihnen unter #16 verlinkten Bericht auch erwähnt wird: „Das ist nicht Berlin. Das sind nicht die Kinder vom Bahnhof Zoo. Das ist Uedem!“ Falls ja, könnten Sie den hier auch noch verlinken?

     
  2. 22

    Ich schau mal ob ich das in Erfahrung bringen kann.

    Jürgen Rattay, DJ im Schuppen, der damals in Berlin auf tragische Weise von einem Bus überollt wurde, habe ich persönlich gekannt. Und ich kenne, bzw. kannte auch andere, welche die Zeit damals nicht überlebt haben.

    Wenn es das Dreckszeug nicht geben würde … wir hätten eine viel, viel bessere Welt.

     
  3. 21

    @Steez Vielleicht können Sie das noch rauskriegen, ob es da eine Verbindung gab. Gefühlt würde ich sagen, nicht, aber wer weiß.

    Der Bericht über den Schuppen damals ist sehr interessant. Da hat jemand gut recherchiert.

     
  4. 19

    Zitat: Meinen Sie den Handelshof?

    Ja den meinte ich; klar ist der in Uedem geblieben. War es nicht s, das einer der DJ´s aus dem „Schuppen“ in Uedem, die Mucke mit Fridaysound nach Keeken gebracht hat?

    Mann ich glaub´s fast nicht, das alles ist schon fast 40 Jahre her…

     
  5. 18

    schoen wenn die herrendas noch können und versuchen noch auf der Bühne zu stehen. s er sollen sich nich nich zu viel zu uten. dsmit die noch lsnge wad von ihrem ruhestand hsben. unten. Gesundheit noch fit dann ok. LG unbekannterweise. . lg szs dem Brome Land an Toby und Heino.

     
  6. 13

    Friday Sound war vorher im Uedemer Schuppen, das war eine echte Pressluftbude. Die Location wurde aus Gründen verlegt, welche dem einen der anderen hier vielleicht noch bekannt ist.

    Das Arata in Rheinberg vor auch klasse. Dort lief Heino (blau blüht der Enzian) meist nach 0.00 Uhr – und die Punks haben fast die Bude abgebrochen. Ich glaub, ich war auch dabei 😉

     
  7. 8

    ☝🏽…mein Lieblingslied 😀i.d. Militärzeit von Heino „🎶Oh ,du schöner Westerwald“ (u.a. mit div. anzüglichen Zwischentönen 🙄🤫 ) wurde von der bekannten 🐮 Dung Partei leider zu „NAZI“ erklärt. 😳😢😁 ( In der Légion étrangère heute allerdings noch Standart ) 👍🏽 Zu seiner Version 🎶 „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ werde ich wohl besser….🤐 😎

     
  8. 7

    Zitat Alles neu.

    „Dann kam meine Jugend – vom Limit/Granny zum Swing (Nimwegen)-Allegro Geldern – Radhaus Kleve – und schließlich Daddy Duisburg. So wurde (bei mir) aus dem Schlagerbarden ein Punk/Rock/Gruftie Opa – der heute alle Musikrichtungen hört von Bowie bis Zappa und Metalllica bis Kraftwerk – von Nirvana bis Chili Peppers und Sisters plus Cure und Bauhaus (Band)! Man entwickelt Sich halt 🙂

    Die schönste (meine Zeit) war von ca. 1986- Ende 90 (Limit und Bierkeller Ära/Radhaus/Whisky).
    @R.D, deine arme Mutter…:-)“

    Dann werden wir uns wohl kennen. Bei mir kam noch das Extase in Nijmegen dazu 😉

     
  9. 4

    Heino … Bin mal bei einem Sonntagsausflug nach Bad Münstereifel vor vielen Jahren in seinem Café gelandet. Dass seine Musik dort nicht lief, fand ich nicht sooo schade. Aber der Mann ist flexibel.

     
  10. 3

    Hab ich ein Glück gehabt 🙂 mein Vater war Fan von Udo Jürgens, Maffay, Johnny Cash und Neil Diamond…die beiden letzteren finde ich heute noch gut. Und Udo…der hat seine Klassiker.
    Dann kam meine Jugend – vom Limit/Granny zum Swing (Nimwegen)-Allegro Geldern – Radhaus Kleve – und schließlich Daddy Duisburg. So wurde (bei mir) aus dem Schlagerbarden ein Punk/Rock/Gruftie Opa – der heute alle Musikrichtungen hört von Bowie bis Zappa und Metalllica bis Kraftwerk – von Nirvana bis Chili Peppers und Sisters plus Cure und Bauhaus (Band)! Man entwickelt Sich halt 🙂

    Die schönste (meine Zeit) war von ca. 1986- Ende 90 (Limit und Bierkeller Ära/Radhaus/Whisky).
    @R.D, deine arme Mutter…:-)

     
  11. 2

    Heino liebt es ja, seine Fangemeinde zu überraschen – spätestens seit seinem legendären Auftritt 2013 in Wacken mit Rammstein als Begleitband.

    Ein normalerweise sehr gut informierter Mensch hat mir nun gezwitschert, dass er am 04.09. in Hönnepel/Niedermörmter von „Metallica“ unterstützt wird.

     
  12. 1

    Mein Lieblings Song von Tony Marshall damals:

    Heute hau’n wir auf die Pauke,
    Ja, wir machen durch bis morgen früh!
    So ein Tag, so schön wie heute,
    Ist für uns die beste Medizin!
    Komm, gib mir deine Hand, denn heute feiern wir!
    Wir sind so froh gelaunt und haben allen Grund dafür.
    Es wird Rabatz gemacht, so lange bis dass die ganze Bude kracht, (schnebbedibäng, schnebbedibäng).
    Und wenn die Anderen zur Arbeit gehen,
    Sagen wir „Gut‘ Nacht“ !
    🤣🤣