AOKalypse now

Trümmergrundstück

Seit Wochen nun sind die Mitarbeiter der Firma Loock damit beschäftigt, die nicht mehr benötigte und keiner neuen Nutzung mehr zuzuführende Zentrale der AOK in Kleve zurückzubauen, und allein der zeitliche Aufwand mag ermessen lassen, dass damals, als in den 80-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Planung für den Verwaltungssitz begann, es schlichtweg unvorstellbar erschien, dass ein solcher Bau einmal nicht mehr benötigt werden würde. Die AOK baute im (scheinbaren) Selbstgewissheit der eigenen Unersetzlichkeit für die Ewigkeit. Das Kundencenter im Erdgeschoss war so groß wie das Foyer einer Gesamtschule, und der jeweilige Leiter eines solchen AOK-Beritts verdiente mehr als der Bundeskanzler. Die Aufgaben der AOK sind seitdem nicht weniger geworden, der Platzbedarf aber schon. Die Krankenkasse hat im Kreis Kleve rund 90.000 Versicherte, was einem Marktanteil von 30 Prozent entspricht. Versorgt werden diese Versicherten von einem Kundencenter aus, für das die Klever Bahnhofshalle okkupiert wurde. Im – aufgestockten – benachbarten Gebäude wurde die restliche Verwaltung untergebracht.

Zweckdienliche Wohnarchitektur: Hoffmann Carree

Was aber wird aus dem ehemaligen Sitz der Krankenkasse in bester Lage in der Klever Oberstadt? Dort plant der Emmericher Investor Florian Heuvelmann mit seiner Alpha Gruppe einen Wohnkomplex namens Hoffmann Carree, der insgesamt 81 Wohnungen umfassen soll – womöglich ein Hoffnungsschimmer für den zurzeit schwierigen Klever Wohnungsmarkt. Die Wohneinheiten werden auf drei Häuser mit einer Gesamtgrundfläche von 6000 Quadratmeter verteilt. Baubeginn soll noch im zweiten Quartal sein, im vierten Quartal 2026 sollen die Wohnungen bezugsfertig sein. Geplante Investitionen: 30 Millionen Euro!

Als der Investor seine Pläne der Stadtverwaltung vorstellte, war zunächst das Erstaunen groß, dass ein gerade einmal 31 Jahre altes Gebäude (Altersangabe korrigiert, Fertigstellung war 1994) nicht mehr zu nutzen ist – und nur noch den Gegenwert von 2500 Kubikmetern Bauschutt hat. Doch die Ansprüche an Immobilien, insbesondere an deren Raumaufteilung und energetischen Standard, sind heute ganz andere. „Der Investor möchte es abreißen“, hieß es damals in der Stadtverwaltung, „und wir haben keine Mittel, ihm das zu verwehren.“ 

Allerdings ist der Abriss auch ein Zeichen dafür, wie vergänglich vieles geworden ist – zumindest für Clemens Giesen (Offene Klever). Der Restaurator, qua Beruf schon am Erhalt alter Dinge interessiert, sagte damals in der politischen Diskussion: „Es ist erschreckend zu sehen, wie schnelllebig unsere Zeit ist. Ich erinnere mich daran, dass dort einmal zwei Villen standen.“

Deine Meinung zählt:

8 Kommentare

  1. 8

    Für Alle die trotzdem der Meinung sind dass das Gebäude noch einer anderen Nutzung zuzuführen gewesen wäre.
    Dieses Gebäude wurde seinerzeit als reines Verwaltungsgebäude mit einem niedrigeren zweigeschossigem Gebäudekern zwischen dem dreigeschossigem Vordergebäude und dem Hintergebäude in der Mitte geplant und errichtet, was von der Hoffmannallee so für Außenstehende nicht zu erkennen war.
    Mit dem Glaspavilion in der Mitte gab es immer wieder Probleme. Auch waren die Aufteilungen rein auf Büros zugeschnitten und wäre einfach nicht zur Nutzung für Wohnungen geeignet gewesen.
    Der Abriss und das Recyling des Baukörpers war die einzig vernünftige Lösung, so ist Platz für über 80 neue moderene Wohnungen!

     
  2. 6

    @2

    Meines Wissens werden ein Teil der Wohnungen sozial gefördert. Deshalb war ja auch die Ministerin des Landes, Frau Schnarrenberg gekommen zum symbolischen ersten Spatenstich.

    Welcher Investor hat denn keine Gewinnerzielungsabsichten? Ist doch nichts Unlauteres.

    Abriss muss natürlich nicht immer sein. Das Objekt in Materborn, in dem in den 60er-Jahren die Kreissparkasse tätig war, wird derzeit einer weiteren Nutzung zugeführt, nachdem schon mehrere Nutzungen das Gebäude belebt haben.

     
  3. 5

    Hier liegen wohl einige Fehler in den Zeitangaben seitens der Rechere vor.
    Der Baubeginn des Gebäude fand 1992 statt, nach Abriss von 2 Einfamilienhäusern mit ihren großen Gärten.
    DIe Übergabe an die AOK fand Mitte 1994 statt, jedenfalls wurden zu diesem Zeitpunkt die letzten Arbeiten (kleiner Mängel die immer bei Neubauten vorkommen) abgeschlossen, an denen ich noch selbst beteiligt war.
    Die Architektur und Planung mag aus den 1980er herrühren, der Bau selbst war definitiv Anfang der 1990er und Mitte der 1990er abgeschlossen.

     
  4. 4

    Wenn nun, aus welchen Gründen auch immer, abgerissen wird, kann man davon ausgehen, dass aus Umwelt- und Ressourcenschutzgründen, der anfallende Bauschutt durch Recycling (Wiedergewinnung) bis zu 94 Prozent des Ausgangsstoffes, wiederverwendbar gemacht wird?

     
  5. 2

    Könnte es sein, dass der Investor gewinnorientiert arbeitet und möglicherweise als Zielgruppe Käufer/Mieter ansprechen möchte, die ansprechende Einkommen und Vermögen mitbringen?