kleveblog steht ja zurecht in dem Ruf, in allem, was die Fortbewegung angeht, das Fahrrad zu bevorzugen und dem motorisierten Straßenverkehr kritisch gegenüberzustehen, und eine kleine Morgenrunde durch die Innenstadt lieferte der Redaktion erneut Munition dafür, die Auswüchse des Kraftfahrzeugwesens zu beklagen, zunächst auf der Römerstraße, deren Fahrradstreifen verlässlich blockiert wird, dann aber vor allem in Form eines Autos, welches vielleicht wie kein zweites deutlich macht, welchen Irrweg die (von männlichen Ingenieuren dominierte) Branche seit vielen Jahren mit Vollgas befährt: Vor der Hauptstelle der Sparkasse Rhein-Maas an der Hagschen Straße parkte ein dunkelblauer Kleinwagen, den das H-Kennzeichen als Oldtimer auswies und die Plakette auf der Heckklappe als Renault 4 GTL.
Nun gut, dem Wagen dürften einige Features neuerer Fahrzeuge fehlen, beispielsweise Airbags und eine Vielzahl von Tüfteleien, die durch den Wortzusatz „…assistent“ den Eindruck erwecken, dass zusätzlich zum Fahrer noch ein Hofstaat von Helfern unterwegs ist. Doch ein Renault 4 reicht vermutlich auch heute noch perfekt aus, 98 Prozent der täglich anfallenden Fahrten – zum Arbeitsplatz im Industriegebiet, zum Supermarkt, zum Kindergarten – zu bewältigen, und dies mit einer Motorisierung, die laut Wikipedia in den 31 Jahren, in denen das Fahrzeug insgesamt mehr als acht Millionen Mal gebaut wurde, die 34 PS nie überschritt.
Die Masse, die von dem Motor bewegt werden musste, hielt sich ebenfalls in bescheidenen Grenzen – der Renault 4 wog zwischen 600 und 720 Kilogramm. Das heißt, nur mal so zum Vergleich, ein BMW X5, eines der heute gern genutzten Fahrzeuge aus der Klasse der SUVs, wiegt das das 3,6-fache des französischen Kleinwagens. Da kann die gesammelte Ingenieurskunst natürlich noch so viel am Motor (und am Antrieb an sich, siehe Elektrifizierung) herumfeilen, es bleibt erst einmal der tendenziell nicht aufzuholende Umstand, dass ein Vielfaches an Masse bewegt werden muss. Und natürlich müssen für einen R4 nicht eigens Parkbuchten vergrößert werden, so wie es mittlerweile schon Standard ist, um den heutigen Dickschiffen das Einparken überhaupt erst zu ermöglichen.
Abgesehen vom ökologischen Aspekt aber fällt natürlich auch auf, dass Wagen wie dieser Renault 4 (aber auch andere in diesen Jahren gebaute Autos) noch eine Ästhetik ausstrahlen, die Offenheit, Unbefangenheit und auch etwas Lust in sich trägt, und nicht wie die neueren Fahrzeuge mit einer panzerähnlichen Appeal daherkommt, die alle niedermotorisierten Verkehrsteilnehmer optisch niederzuwalzen verspricht.
Fun fact 1: Der letzte nach Deutschland importierte R4 wurde 1988 von Günther Jauch neu gekauft und befindet sich heute im Besitz von Renault.
Fun fact 2 (eigentlich traurig): Nach dem Abschlussbericht des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle wurden 54 Renault 4 zugunsten der Umweltprämie zwischen dem 27. Januar 2009 und dem 31. Juli 2010 verschrottet.
Fun fact 3: In dem Film Trafic des französischen Komikers Jacques Tati aus dem Jahr 1971 bereitet er als Monsieur Hulot auf dem heruntergeklappten Kühlergrill eines Renault 4 im Stau eine warme Mahlzeit.
Disclaimer: Der Autor ist ca. 1984 einmal in einem R 4 mitgenommen worden.
„Nettes“ Auto mit viel Stauraum.
Leider rostanfällig so das man den R4 so gut wie gar nicht mehr sieht.
Das Problem der „Brot & Butter“ Autos. An denen wird wenig verdient.
Deswegen gibt es kaum welche in den „besseren“ Ländern.
Der Mini Tata (Indien) fiel durch, wurde doch „viel“ teurer als angekündigt.
„Abwrackprämie“…..
Wählerkauf, bezahlt mit den Steuern der Wähler.
Meine Großmutter wurde mit Anfang 40 Witwe und hat dann den Führerschein gemacht. Ihr erstes Auto war ein roter R4 damals in den 1960er Jahren. Sie fuhr das Auto länger und ich mochte die Schiebefenster und habe mich über die so genannte Revolverschaltung gewundert, meine Eltern hatten ein „normales“ Auto…
Mir fallen zwei R4 ein.
Mein Onkel fuhr einen (gelben?), mit denen in den 70ern die 4-köpfige Familie von Meerbusch nach Kleve bzw. Emmerich kutschiert wurde (abgelöst durch einen Strich-8..).
Dann mein Geigen-bzw. Bratschenlehrer, der einen roten R4 mit Gasanlage fuhr, der dann auch eine Fahrt nach Dubrovnik 1988 erfolgreich mitmachte (während der Rest des Orchesters von Düsseldorf aus flog, was meine persönlich erste Flugreise war).
… nicht zu vergessen – so gut wie jede Reparatur war ohne Dialogstecker-Laptop-Schnickschnack mit Standard-Maulschlüssel und -Schraubendreher sowie „Jetzt-helfe-ich-mir-selbst“-Handbuch (für die jüngeren Leser: Vorläufer von Youtube 😁) erfolgreich und TÜV-sicher durchführbar!
Genau, die Pistolenschaltung, Vergasermotor mit 34 PS. Unter dem Kotflügel Fahrerseite den Auspufftopf, Innen-Türverkleidung aus Presspappe, aber sehr bequeme Sitze. Die kleinen Fenster zum Schieben…. Ein Fahrzeug, was zum gemütlichen Fahren einlädt.
Benno
Top Kult !👍🏼 Unkippbar 🙄 (fast ) ,erwähnenswert ☝🏼 Krückstock oder Revolver Schaltung […] 🤫 😎
Schöner Artikel, der sich wunderbar andockt an das, was ich am vergangenen Sonntag erleben durfte. Denn es Stand ein Besuch des Louwman-Museums im niederländischen Den Haag an, in dem die ganze Welt der motorisierten Fortbewegung geschichtlich aufbereitet wurde. Zahlreiche Fahrzeuge aus längst vergangenen Zeiten ebenso wenige Vehikel, die noch mit Pferden vorneweg fortbewegt wurden, gab es dort zu sehen. Ein modernes Museum, dessen Bauwerk aus der Feder des amerikanischen Architekten Michael Graves stammt und mit gekonnt geplanten und baulich umgesetzten Details nicht spart.
Dort gibt es auch die Karosse des Kaisers Wilhelm II zu betrachten. 3 Tonnen wiegt dieser Daimler Benz, der schon damals über zahlreiche technische Finessen verfügte, die heute in moderner Form mit touchscreens angeboten werden.
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Damit nicht genug: Plötzlich steht man dort vor einem Auto, das den Eindruck hinterlässt, als würde es erst vor wenigen Tagen aus dem Spoykanal gezogen wurde: Ein Toyoda (richtig, mit „d“ geschrieben, heute mit „t“) AA. Eine absolute Rarität. Gefunden irgendwo in Russland, schrottreif, aufgekauft und nun ausgestellt. Das letzte Original auf dieser Erde. Im Toyota-Museum steht lediglich ein Replikat.
Viele Raritäten und Kurositäten gibt es dort zu sehen, da ist der R4 vor der Sparkasse eher unauffällig.
Ach ja, ein Fahrzeug, das eher anmutete, aus der Serie „Die Waltons“ entsprungen zu sein, war der Beginn der elektischen Motorisierung. Diverse Batterien, fein in Reihe aufgestellt und miteinander verdrahtet, die Gehäude noch aus Holz, so fing alles an.
Ein Besuch – empfehlenswert.
Und Fahrzeuge, die „eine Ästhetik ausstrahlen, die Offenheit, Unbefangenheit und auch etwas Lust in sich trägt“ gibt es dort ebenfalls zu bewundern. Der Austin Martin, in dem John Connery alias Bond, James Bond mit der Nummer 007 über die Leinwände heizte, gibt es dort auch ganz nah zu betrachten – das Original, so richtig mit Pistole hinter dem Blinker und der am Heck ausfahrbaren Metallscheibe usw.
Da lässt mich der R4 vor der Sparkasse in der Hagschen Straße tatsächlich ein wenig kalt.
Ich hatte zwar nie einen R4, würde mir aber heute sofort noch solch einen als Neuwagen zulegen….wenn es ihn gäbe. Ohne ABS, Spurhalteassistent, Einparkhilfe etc…(hat ja mein Pedelec ja auch nicht)…Und dann in diesem wunderschönen Blau….macht einfach gute Laune.