Überraschender Kunstfund in Bäckereicafé

Vermeer im Bäckereicafé – da stimmt doch was nicht!

Wer, wie ich, einen Steinwurf von der Schwanenburg entfernt lebt und es gewohnt ist, viele der Verrichtungen des täglichen Lebens zu Fuß zu erledigen, kommt nicht umhin, über den Hasenberg in die Innenstadt zu laufen, und dann fällt, fast am Ende des Weges, der Blick in das Café der Bäckerei Heicks, und dort wiederum auf ein Gemälde, das man gemeinhin nicht in einer Bäckerei vermuten würde, so gut die Geschäfte des Unternehmens auch laufen mögen.

Es handelt sich um das Gemälde „Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“, vom Niederländer Jan Vermeer ca. 1665 geschaffen, eines der berühmtesten Bilder der Welt zweifelsohne, und meines Wissens im Mauritshuis in Den Haag ausgestellt – und ganz bestimmt nicht in einer Bäckerei in der Klever Innenstadt. Meine Neugierde war also geweckt, und die Recherche förderte Erstaunliches zutage.

Das Café präsentiert nicht nur den Vermeer (übrigens mit dem Vermerk: „Unverkäuflich“), sondern es hängt voller Ansichten von Kleve, die allesamt so aussehen, als seien sie von der Hand alter Meister geschaffen. Der Koekkoekplatz, die Lindenallee, der Fischmarkt, ein Landschaftsbild vom ehemaligen Truppenübungsplatz, Waldwege – und eben das bekannte Gemälde, das eigentlich nicht dort hängen dürfte.

Natürlich ist das „Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ eine Kopie, mit der der Urheber all dieser Bilder seine Könnerschaft unter Beweis stellen möchte. „Das war eine Herausforderung“, sagt der Künstler. Sogar der Glanz der Perle, bekanntlich nur aus einem Pinselstrich bestehend, ist gut getroffen. Verantwortlich dafür ist René Joosten, ein aus Venlo stammender und nun in Kleve wohnender Kunstmaler. Natürlich ist das, was der 49 Jahre alte Niederländer präsentiert, nicht das, was in den Kunsthochschulen hoch im Kurs steht – dafür ist es viel zu pittoresk. Doch darum geht es René Joosten auch nicht.

Forstgarten
Blick in die Ferne
Stiftskirche


„Solange ich mich erinnern kann, wollte ich schon immer malen“, sagt er. „Und vor allem die alten Meister haben mich inspiriert.“ Zuerst malte er mit Acrylfarben, dann nach einer dreijährigen Ausbildung zum Kunstmaler mit Ölfarben, ganz so wie die alten Meister. Bei seinen Gemälden arbeitet er wie seine Vorbilder, sie bestehen aus bis zu zehn Schichten, die übereinandergelegt werden, bis die gewünschte Stimmung erreicht ist. Diese Stimmung kann je nach Motiv, Tages- und Jahreszeit ganz unterschiedlich ausfallen, wie die vielen Beispiele in der Bäckerei zeigen. Besonders eindrucksvoll ist zum Beispiel die Darstellung der lichtdurchfluteten Stiftskirche. Joosten: „Die besondere Herausforderung für mich ist es immer, die Tiefe auf der Leinwand zu gestalten – durch Farben, Kontraste, Perspektiven und Komposition.“

„Die Resonanz auf die Ausstellung ist außerordentlich positiv“, berichtet Joosten. Einige Bilder habe er auch schon verkaufen können. Normalerweise bietet der Künstler in seinem „Atelier René“ auch Malkurse an, doch die Pandemie verhindert dies nun schon seit zwei Jahren. Die Ausstellung der Bäckerei läuft noch bis zum 30. April. Der Besuch ist derzeit nur für Personen möglich, die die 2G+-Regelungen erfüllen. Das Café der Bäckerei ist täglich geöffnet, wochentags von 9-17:30 Uhr, samstags von 7-17 Uhr, sonntags von 7-13 Uhr.

Freund der Klever Schule: René Joosten

Verantwortlich für die Ausstellungen in der Bäckerei ist Café-Leiterin Sigrun Heinzel, die auch stets auf der Suche nach neuen Künstlern ist, die ihre Werke in dem niedrigschwelligen Umfeld eines Gastraums präsentieren möchten. Weitere Informationen über René Joosten sind auf seiner Website zu finden: www.renejoosten.com. Der Künstler ist übrigens auf der Suche nach einem Atelierraum in Kleve, in dem er malen und unterrichten kann. Also wenn jemand eine Idee hat…

Deine Meinung zählt:

15 Kommentare

  1. 15

    Heute beim Besuch der Bäckerei um Augen und Gaumen zu stimulieren, hat das Sehzentrum in meinem Hirn quasi Purzelbäume geschlagen. Sorry, wenn ich jetzt sentimental werde und Blödsinn von mir gebe, aber wenn ich an die Fähigkeit der Menschheit genial Gutes zu erschaffen glaube, dann sind es Erlebnisse wie diese Bilder im Café zu betrachten die mich in diesem Glauben bestärken. Beweise für „genial“ oder vielleicht eher abgrundtief Böses, was Menschen zu erschaffen in der Lage sind, gibt es leider reichlich.

     
  2. 14

    Bei „Blick in die Ferne“ von René Joosten finde ich es beeindruckend, wie lebendig das Kind wirkt, als wenn es gleich anfangen würde, sich zu bewegen.

    Ich kann nicht mal ein Schaf zeichnen. Das letzte (vor ein paar Monaten) sah aus wie ein depressiver Hirtenhund.

     
  3. 13

    @10. rd
    Ich gehe seit vielen Jahren zu den Rundgängen der Kunstakademie Düsseldorf. 2021 fande ich sehr ernüchternd. 80% war einfach nur schlecht, sowohl von der Idee wie auch in der Ausführung. Zum Glück gab es hinterher beim Uerige zwei leckere Altbier frisch vom Fass.
    P.S. Danke für den informativen Bericht über René Joosten, war mir bisher unbekannt. Vielleicht ja auch bald hier zu sehen: https://www.museumkurhaus.de/de/13270.html

     
  4. 12

    @10. rd Zu dem Link zur Ausstellung der Kunstklasse von Professor Schneider: Es ist natürlich schwierig eine Performance, Klanginstalationen etc. in einem Foto wiederzugeben. Die Interviews mit den Kunststudentinnen und Studenten erklären einiges, was für Leute, die die Kunstwerke nicht in Natura betrachten und erleben, bei fast jedem Werk notwendig ist, da sich sonst nicht erschließt was das sein soll oder worum es geht. Was ich davon halten soll, weiß ich allerdings nicht.

     
  5. 11

    @8. detractor Asche auf mein Haupt, aber ich meinte mit den beiden mir unbekannten Künstlern René Joosten und das Kind, das im Gegensatz zu Franz Marc dem blauen Pferd sehr kurze Beine verpasst hat. Wäre die Mähne nicht gemalt worden, hätte es auch eine blaue Katze sein können 😺

     
  6. 9

    „Natürlich ist das, was der 49 Jahre alte Niederländer präsentiert, nicht das, was in den Kunsthochschulen hoch im Kurs steht – dafür ist es viel zu pittoresk.“

    Und was steht in den Kunsthochschulen hoch im Kurs?

     
  7. 8

    @4 Schwarzer Kater „Beide Künstler sind mir unbekannt“
    Johannes Vermeer und Franz Mark nicht zu kennen, ist eine Sache, das auch noch ohne Not ritterlich zuzugeben ist zeugt schon von erschreckender Naivität.
    Auch bei jungen Menschen sollte es nicht als Kultur gelten, exklusiv Sting, Beyoncé, die Lochis, die magersüchtige Thiel und wie sie alle heissen, zu kennen, sondern auch ältere und Alte Meister und Kulturträger zu kennen.

     
  8. 7

    Hallo Rene. Super schön . Hier sind die zwei canaletto’s aus Dresden. Es ist einfach schön anzusehen . Naja , vielleicht treten wir in Kontakt und tauschen uns aus . Liebe Grüße von canaletto aus striesen (roberto)und den Hochland canaletto (Roland)

     
  9. 6

    Beim „Blick in die Ferne“ erlaubt das Mädchen oder der Maler? den Betrachtern an ihr vorbei auf die Pallas Athene und den neuen Eisernen Mann zu sehen. Beide, sowohl Athene als auch der eiserne Mann sind bewaffnet. Hat das Mädchen gar nicht nötig, ihr gehört die Zukunft. Mit Blick nach Norden zum Rhein und dem gegenüberliegenden Elten.

     
  10. 5

    @3. Steve Bay Zugegeben, zuerst habe ich gedacht was schreibt den Steve Bay da für ein Statement und durch welche rosa rundumsorglos Brille hat er dabei geschaut? Aber irgendwie stimmt es, Sie beschreiben, was beim Betrachten der Landschaftsgemälde von Herrn Joosten passiert. Intensive Farbigkeit mit viel Licht und einer Lebendigkeit, die eine angenehme Wirkung hat: Stimulierend und beruhigend zugleich und sans souci. Sehr schön.

     
  11. 4

    Es gibt genau zwei Lichtblicke jetzt in diesem Augenblick und seit Wochen: Die Bilder in diesem Beitrag, die durch die Grauschleier zum Hirn vordringen und Erstaunliches zeigen und ein blaues Pferd oder Pony, das neben mir auf dem Tisch liegt und dessen papierener Körper türkisblau und mit zwei weinroten Schleifen verziert ist. Beide Künstler sind mir unbekannt. Von einem weiß ich nun dank des Berichts den Namen. Über die Künstlerin oder den Künstler des blauen Pferdes ist nur bekannt, dass sie oder er vermutlich gern mit Lego spielte, denn das Papierpferd steckte verknittert in einer Kiste mit Lego, die ich gebraucht gekauft hatte.
    Es ist ein Wunder, dass Menschen Gemälde erschaffen können. Noch größer ist dieses Wunder, wenn es Werke sind wie das Gemälde hinter dem sitzenden Künstler. Der Blick in die Kavarinerstrasse mit dem markanten Turmgebäude, dem Koekkoekhaus und dem Marktstand im Vordergrund und dem sanften Licht. Ein Besuch im Café verspricht eine ganze Ansammlung von Lichtblicken.

     
  12. 3

    Kunst ist immer schön! Kunst kennt keine Sorgen und Probleme, Kunst strahlt Ruhe aus, Kunst lässt uns nachdenken, und schickt uns gedanklich auf die Reise fuer das Schöne. Meine Ansichten und meine Meinung über die Kunst.

     
  13. 2

    Ein Beitrag ohne Mord und Totschlag, ohne sexuellen Missbrauch, ohne Corona und Spaziergänger und kein Nachbarschaftsstreit?

    Unglaublich, wie schön unsere Stadt Kleve aus künstlerischer Sicht ist.

    Die Kunst wartet also vor der eigenen Haustür auf uns, aber nur wenn wir unseren Blickwinkel ändern und diese Perspektiven endlich wieder zulassen. 

    Dem Künstler, Herrn Joosten, wünsche ich viel Erfolg und Glück. Die Kombination aus seinem Talent und seiner Perspektive sind inspirierend, besonders in diesen Zeiten. 

     
  14. 1

    Die Bilder von René Joosten sind absolut genial! Kenne seine Werke schon seit einigen Jahren! Kleve und seine Umgebung, waren und sind für Künstler eine sehr inspirierende Gegend!