So wählte der Kreis Kleve: Rouenhoff gewinnt Direktmandat, SPD immerhin hier noch zweistärkste Kraft

Scharf!

Als um 18 Uhr bei Jörg Schönenborn in der ARD die bunten Balken aufpoppten und der fünfte sich in blauer Farbe in Richtung Bildschirmrand reckte, war klar, dass dieses Land ein anderes geworden ist. Selbst wenn es für die CDU und die SPD für eine Große Koalition reichen würde – ist das Adjektiv überhaupt noch angemessen? Auf Bundesebene sieht es zurzeit so aus, als ob die Frage, ob diese Konstellation (mehr oder minder gezwungenermaßen, eine echte Liebe ist es mit Sicherheit nicht) die nächsten vier Jahre (?) das Land führen wird, davon abhängt, ob die FDP („Der Staat ist nicht dein Erziehungsberechtiger“) und das Bündnis Sahra Wagenknecht in den Bundestag einziehen werden. Beide großen Sender sehen in ihren Hochfrechnungen zurzeit (Stand 20:39 Uhr) die Freidemokraten unter der Hürde von fünf Prozent. Um 23 Uhr hatte Christian Lindner dann seinen Rückzug aus der Politik angekündigt – die jüngsten Hochrechnungen sehen die FDP nur noch bei 4,5 bzw. 4,4 Prozent, also ziemlich sicher nicht mehr im Bundestag.

Das BSW liegt genau bei fünf Prozent (ZDF) bzw. 4,9 Prozent (ARD). Kommt das BSW in den Bundestag, wäre die einzige mögliche rechnerische Mehrheit einer Dreierkoalition mit CDU, SPD und Grünen (da alle Parteien eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen haben).

Größte Überraschung ist sicherlich das gute Abschneiden der Partei Die Linke, die in den Hochrechnungen derzeit bei 8,9 Prozent liegt. Die AfD kämpfte sich im Laufe des Abends von unter 20 Prozent auf jetzt 20,4 Prozent – und ist klar die zweitstärkste Kraft im Parlament, eine Realität, die viele Menschen erst einmal verdauen müssen. Die SPD wurde auf 16,4 Prozent zurechtgestutzt (minus 9,3 Prozentpunkte), die Grünen auf 12,2 (minus 2,5), die FDP-Verluste von minus 6,6 Prozentpunkte machen dann das Bild einer Ampel-Koalition komplett, die von den Wählern abgestraft wurde wie schon lange keine Regierung mehr.

Aber wie sieht es im Kreis Kleve und in den wichtigsten Kommunen aus. Hier der Überblick:

Im Kreis Kleve gewinnt wie erwartet Stefan Rouenhoff (CDU) das Direktmandat. Die größte Gefährdung dieses Sieges ging nicht vom Wähler aus, sondern von der Linie 49, die den Wahlkämpfer Rouenhoff am Samstag Nachmittag in der Klever Fußgängerzone fast noch umgefahren hätte. Aktuell sind 243 von 265 Wahlbezirken ausgezählt, Rouenhoff hat 40,7 Prozent der Erststimmen auf sich vereinigen können, Bodo Wißen (SPD) landete mit 21,7 Prozent abgeschlagen auf dem zweiten Platz.

Interessant die Verteilung der Zweitstimmen: 36,1 Prozent CDU, 18,7 Prozent SPD, 16,5 Prozent AfD, 10,3 Prozent Grüne, 4,4 Prozent FDP, 6,5 Prozent Die Linke. Das heißt: Im Kreis Kleve hat sich die SPD immerhin noch vor der AfD halten können. So etwas nennt man Achtungserfolg.

Die Wahlbeteiligung liegt im Augenblick bei 76 Prozent – die Wahl hat also tatsächlich im Kreis Kleve wie in Deutschland insgesamt die Wähler mobilisieren können. Dass es um etwas geht, scheint den Menschen klar zu sein.

So wählte die Stadt Kleve

In der Stadt Kleve schnitt die CDU etwas schwächer und die SPD noch etwas stärker ab als kreisweit. Die CDU holte 32,5 Prozent der Zweitstimmen (alles Bezirke ausgezählt), die SPD 19,31. Auch hier liegt die AfD auf dem dritten Rang (16,9 Prozent), dahinter die Grünen (11,9 Prozent), die Linke (8,1 Prozent) und die FDP (4,0 Prozent). 76,5 Prozent der Wähler beteiligten sich an der Wahl.

So wählte Bedburg-Hau

In Bedburg-Hau holte die CDU 38,9 Prozent, die SPD gewann 18,6 Prozent der Stimmen, die AfD errang 15,3 Prozent, die Grünen landeten bei 9,9 Prozent, die Linke sicherte sich 5,4 Prozent, die FDP bekam 4,4 Prozent. Die Wahlbeteiligung beträgt 82,9 Prozent.

So wählte Uedem

Uedem hätte interessant sein können, weil der Direktkandidat der Grünen, Olaf Plotke in Uedem beheimatet ist. Die Realität allerdings zeigte, dass dieser Faktor keinen Einfluss auf das Ergebnis hatte. Stärkste Partei ist mit Abstand die CDU (41 Prozent), gefolgt von SPD (15,8 Prozent), AfD (15,6 Prozent), Grünen (9,8 Prozent, also noch unter dem Kreisdurchschnitt), Linken (5,1 Prozent) und FDP (5,0). Wahlbeteiligung 84 Prozent!

So wählte Emmerich

In Emmerich kam die CDU auf 33,8 Prozent, die SPD auf (in dieser Wahl) rechte starke 23,3 Prozent. AfD vergleichsweise schwach (14,9 Prozent), Grüne (9,5 Prozent), Linke (6,9 Prozent) im allgemeinen Trend, FDP mit 3,6 Prozent richtig schwach.

So wählte Rees

In der Heimatstadt des SPD-Kandidaten Bode Wißen holte dieser immerhin 27,8 Prozent der Erststimmen (Achtungserfolg), bei den Zweitstimmen aber landete die SPD im allgemeinen Tief von 22,0 Prozent. Die CDU ist die stärkste Partei (35,1 Prozent), die AfD landet bei 16,4 Prozent.

So wählte Goch

In seiner Heimatstadt kam der CDU-Kandidat Stefan Rouenhoff auf 42,9 Prozent der Erststimmen – und nur 36,5 Prozent der Zweistimmen. Der Kandidat ist also beliebter als die Partei selbst. SPD: 17,4 Prozent; AfD 18,4 Prozent – und damit unter den hier aufgezählten Kommunen einmal die zweitstärkste politische Kraft. Grüne 9,4 Prozent; Linke 6,6 Prozent, FDP 4,3 Prozent.

So wählte Kranenburg

Letzte Kommune in unserer kleinen Auflistung ist Kranenburg, wo die CDU mit 42,0 Prozent der Zweitstimmen stärkste Partei geblieben ist. SPD 17 Prozent, AfD 13,8 Prozent, Grüne 11,0, Die Linke 5,7 Prozent, FDP 4,2 Prozent.

So weit der kleine kleveblog-Überblick über die Bundestagswahlen 2025 – die Diskussion ist eröffnet!

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22 Kommentare

  1. 22

    Warum wählen so viele Leute in Ostdeutschland die AfD?

    Eine Studie der Uni Leipzig kam 2023 zu dem Schluss: „Unsere Untersuchung zeigt, dass sich derzeit viele Menschen in den ostdeutschen Bundesländern nicht mehr demokratische Teilhabe und Sicherung der demokratischen Grundrechte wünschen, sondern die scheinbare Sicherheit einer autoritären Staatlichkeit.“

    Die Gründe dafür hier:
    https://www.uni-leipzig.de/newsdetail/artikel/befragung-viele-ostdeutsche-fuehlen-sich-von-politischer-teilhabe-ausgeschlossen-2023-06-28

     
  2. 21

    @20 Schwer vorstellbar, dass die SPD das mitmachen würde, da sie in der Ampel die Wahlrechtsreform 2023 mitbeschlossen hat.

    Das ist wieder so ein Merz-Satz, der schon vor Beginn der Koalitionsverhandlungen provoziert. Völlig unnötig und unklug an dieser Stelle.

     
  3. 20

    was soll der aufgeblähte Bundestag für uns Bürger bewirken? Wenn die Wahlbezirke neu zugeschnitten worden wären, gäbe es diese Problematik nicht. Es sind 630 festgeschrieben.

    Der letzte Bundestag fasste 733 Mandate, die damals weltgrößte Parlamentskammer.
    Die Politik spricht davon, dass kaum Geld da sei. Warum dann die Wahlrechtsreform wieder ändern wollen, die vom Verfassungsgericht in Bezug auf die Größe für rechtens empfunden wird?
    Warum also Steuergeld in die Hand nehmen, (nicht zu vergessen, dass jeder Abgeordnete 11.227,20 € pro Monat erhält, dazu 2,5% pro Jahr davon als Pensionsanspruch).

    Es ist ja nicht so, dass unser Bundestag bei 630 Plätze nicht handlungs- und beschlussfähig ist.
    Also warum dann weiteres Geld in die Hand? Welchen Nutzen hat der Bürger davon?

    Vielleicht können Sie mir es ja erklären?

    Zur Info:
    https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw31-bundesverfassungsgericht-wahlrecht-1013532

    Benno

     
  4. 19

    @18 Benno

    Das haben Sie vergessen zu zitieren: „Ob das gut ist oder nicht, was dabei rauskommt, werden wir sehen.“

     
  5. 17

    Tja, mit Pistorius als Kandidat hätte die SPD wohl eine 2 vorne gehabt…

    Derselbe Fehler, den die CDU 2021 gemacht hat. Aber damit war uns wenigstens Söder erspart geblieben.

     
  6. 16

    @13 „Und jetzt hat man sich mal wieder für Stillstand entschieden, weil 16 Jahre Merkel anscheinend nicht gereicht haben.“

    Ich glaube ja eher, dass jetzt einiges in Angriff genommen wird. Ob das gut ist oder nicht, was dabei rauskommt, werden wir sehen. Aber Merz ist vom Naturell keiner, der abwartet, aussitzt oder taktiert. Es ist aber gut, dass die SPD dabei ist.

     
  7. 15

    @14 Husky
    Bekannter ist in die Staaten abkommandiert, Wahlunterlagen rechtzeitig per E-Mail in Kleve beantragt, kamen am Dienstag per Post an, das war zu spät, diese Unterlagen waren zwar auf dem Rückweg dürften aber bis Samstag nicht wieder zurück gewesen sein.
    Was ich nicht verstehe warum es für Deutsche nicht möglich war zumindestens ihre Zweitstimme in den deutschen Konsulaten abzugeben.
    Da sind uns andere Länder voraus!

     
  8. 14

    Wer im Ausland lebt hätte ja auch einfach zur Wahl rüber kommen können. Man darf ja wählen, von bequem zuhause hat keiner geredet

     
  9. 13

    @10 welches Feindbild? Das, was im Interesse von uns allen ist (AgD)? Oder das ich nicht verstehe, wie man die letzten Aktionen der Union einfach so hingenommen hat?

    Oder die Arroganz aus Reihen eben dieser, auch hier in Kleve?

    Und jetzt hat man sich mal wieder für Stillstand entschieden, weil 16 Jahre Merkel anscheinend nicht gereicht haben. Oder weil man vergessen hat, wer uns diese ganzen Probleme erst eingebrockt hat (Vielleicht ist es manchen ja einfach egal)?

    Tut mir wirklich leid, das ich hier nicht sitze und mich „freue“. Denn in meinen Augen gibt es nichts worüber man sich nach diesen Wahlergebnissen freuen kann.

     
  10. 11

    Übrigens wurden die Unterlagen zur Briefwahl erst am 10.Februar rausgeschickt. Ich habe sie dann 10 Tage später im Ausland erhalten, und wahrscheinlich sind sie immer noch auf dem Rückweg. Da werden noch Berge von rosa Briefen zerstört werden müssen, die sehr wahrscheinlich wesentlich gemässigter gewählt hätten.

     
  11. 9

    Bei den Ergebnissen im Osten braucht man ja bald wieder einen „antifaschistischen Schutzvorhang“. Nur diesmal von der anderen Seite..
    Traurig, dass von meinen jahrelangen Soli-Zahlungen scheinbar nix in die Bildung dort geflossen ist..

     
  12. 7

    @Husky Die Renten sind im Osten nicht niedrig, und die Flüchtlingswelle hat ja interessanterweise im Osten so gut wie gar nicht stattgefunden.

     
  13. 6

    Das macht mir Angst ! Jahrgang 1956. Angst hatte Ich in der Kubakrise. Koffer wurden gepackt und angezogen ging man ins Bett. Meine Eltern Jahrgang 1922/1928 von dem Krieg erzählten, schrecklich! Aufgewachsen mit der Sicherheit, sowas passiert in diesem Land nicht mehr. Mit den Ängsten der Menschen zu spielen …. das ist einfach nur scheisse !!!

     
  14. 5

    @4

    der Wahlerfolg der AfD dort ist eigentlich ganz einfach zu erklären

    Seit der Wende wird der Osten ausgebeutet von westlichen Firmen, da wurde alles an Firmen aufgekauft und dann dicht gemacht, Arbeitslosigkeit schnellte hoch. Armut stieg, Löhne sind niedriger als hier (also für die die Arbeit haben schlecht) Renten niedrig (also die die gearbeitet hatten..)

    und das war seit 25 quasi abwechselnd CDU/SPD, niemand dachte mal dran die Löhne anzugleichen, die Renten anzugleichen, was dagegen zu tun das Firmen auch noch das letzte bisschen dort rausquetschen usw. Dazu hohe Jugendarbeitslosigkeit, perspektivlosigkeit und dann kommt noch so eine Flüchtlingswelle, wo dann Bauernfänger (die nicht CDU/SPD Lügner sind) so tun als nehme der „Ausländer“ denen dann noch das letzte bisschen weg.

    Klar glaubt man das irgendwann. Den Wahlerfolg der AfD haben ganz alleine CDU/CSU, SPD und FDP zu verantworten, keine ansteckende Krankheit oder so…

     
  15. 4

    Ist der Osten, als Hochburg der AfD, eigentlich so leichtgläubig und glaubt den AfD Versprechungen?
    Gerade diese Menschen müssten es doch am besten besser wissen, nach einer jahrzehntenlangen DDR Diktatur.
    Das die FDP, als die Wendepartei im politischen Wind im Bundestag, raus ist ist wie es ist. Vielleicht stellt man sich jetzt neu auf, ohne einen alles blockierenden Lindner und Kubicki.
    Das das BSW es über die 5% Hürde nicht hereingeschafft hat (war knapp es fehlte nur 14.000 Stimmen) ist als positiv zu bewerten, dann fällt dieses Putin-Sprachrohr im Bundestag wenigstens weg und in 4 Jahren hoffentlich Geschichte!

     
  16. 2

    Der Kreis Kleve hat nicht dazu gelernt. Tja…

    Die Frage ist nun doch eher: jetzt schwarz blau oder 2029? Je eher der Zahn gezogen ist, desto besser, oder?

     
  17. 1

    STADT Kleve :
    Schlag nach bei
    https://wahl.krzn.de/bw2025/wep540/navi/540-305-BW-STMM-1.html ,
    denn da steht was drin.

    Im GESAMTergebnis sieht es noch relativ harmlos aus :
    Sowohl an ERST- wie an ZWEITstimmen
    hat die CDU rund doppelt so viele bekommen wie die AfD.
    allerdings :
    Nur auf den 1. Blick kann es als „harmlos“ erscheinen !

    auf den 2. Blick :
    Die AfD schnellt von rund 6% hinauf auf fast 17%.
    um fast 11% !
    StimmenAnteil beinah verDREIfacht !

    Doch wehe, wehe, wenn ich in die WahlBezirke sehe :

    War die CDU gewöhnt,
    sämtliche RatsWahlBezirke zu gewinnen
    und damit das gesamte StadtGebiet schwarz zu färben,
    gibt es jetzt viele blaue Flächen.

    Bei der Karte der ERSTstimmen
    sind es
    ( neben einer einzigen roten )
    5 blaue.

    Bei den ZWEITstimmen
    kommen sogar noch 3 weitere blaue hinzu !

    Dazu jeweils noch ein paar,
    in denen die AfD nur knapp hinter der CDU liegt.

    Rekord :   WahlBezirk 117 !
    Dort bekam die CDU nur noch gut 20%
    und wird sogar von der SPD um 2 %Punkte übertroffen,
    doch die AfD liegt mit fast 30% weit über den beiden.
    Fast das AndertHalbFache der CDU !

    Es fällt auf, daß bei der BRIEFwahl
    sowohl die Erst- wie auch die ZweitStimmen
    noch nach heiler CDU-Welt aussehen.

    Auf welche recht aktuelle Entwicklung
    hatten die meisten BriefWähler noch nicht reagieren können ?

    Wie war das noch mit KleinFritzchen
    und dem Spielen mit einer BrandMauer als LEGO,
    Herr Merz ?