(Aktualisiert, zusätzliche Termine neu erklärt) Wer beim Amtsgericht seinen Austritt aus der Kirche erklären musste, war bisher einem außerordentlichen Geduldsspiel ausgesetzt. Da wegen Corona der Publikumsverkehr an der Schwanenburg begrenzt worden ist, gab es in den vergangenen Monaten gerade einmal drei Termine pro Werktag – viel zu wenig, um dem Andrang Herr zu werden.
Die Termine werden online vergeben; jeweils am ersten Tag des aktuellen Monats (also morgen) sind Slots für in zwei Monaten (also Mai) erhältlich. Nimmt man den Andrang auf das Online-Formular zum Maßstab, könnte es offenbar locker die zwanzigfache Menge sein.
Doch nun hat das Amtsgericht einige organisatorische Änderungen vollzogen, um noch mehr Menschen die Gelegenheit zu geben, der Kirche den Rücken zu kehren. Insbesondere Katholiken artikulieren ihr Missfallen gegenüber ihrer durch Missbrauchsskandale, deren Vertuschung und deren mangelhafte Aufklärung erschütterten Kirche derzeit durch einen Austritt. Ab sofort sind sieben Austritte pro Tag möglich – das entspricht einer Erhöhung der Kapazität um 130 Prozent. Weil die Umstellung ab sofort greift, gibt es in den Monaten März und April an jedem Werktag zusätzlich weitere vier Termine, die heute für die Buchung freigeschaltet wurden. Die Aufstockung fällt aber möglicherweise immer noch zu gering aus, um zeitnah alle Austrittswünsche realisieren zu können. Aktuell (Stand: 13:15 Uhr) finden sich auf der Internetseite des Amtsgerichts (Terminbuchung) aber noch freie Termine.
Im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Kleve traten im vergangenen Jahr 896 Menschen römisch-katholischen oder evangelischen Glaubens aus der Kirche aus. Im Vergleich zum Vorjahr (605) bedeutete dies schon einen Anstieg um knapp 50 %. Im Kreis Kleve leben rund 180.000 Katholiken (57 Prozent der Gesamtbevölkerung).
Wofür wurde uns allen denn der schöne elektronische Personalausweis vor Jahren aufs Auge gedrückt?
(Jetzt seit August letzten Jahres ja sogar mit Fingerabdruckpflicht bei Neubeantragung!)
So was wie einen Kirchenaustritt sollte doch wohl als Service damit machbar sein wenn man die Onlinefunktionen freigeschaltet hat!
Persönlich auf ein Amt(sgericht) gehen, um einen Zettel auszufüllen ist jawohl sowas von letztes Jahrhundert!
@4. Oliver Storz
Danke für den Link und Hinweis auf den Notar.
@1. Pit
Bevor man meckert, sollte man sich schlau machen. Diese Notar-Austritte muss das Amtsgericht nämlich auch noch bearbeiten, neben den von @2.rd erwähnten Aufgaben.
Meine Empfehlung: Kirchenaustritts-Formular ausfüllen, siehe http://www.wonder.legal/de/modele/kirchenaustritt
Dann Termin bei irgendeinem Notar für Unterschriftenbeglaubigung. Den erhält man fast immer für sowas innerhalb weniger Tage. Dann dort Unterschrift beglaubigen lassen (ca. 30 €) und alles ans Amtsgericht schicken.
@Pit Im Mai sind definitiv noch Termine frei.
@Pit Kirchenaustritte zu bearbeiten ist nur eine von vielen Aufgaben des Amtsgerichts (Prozesse, Insolvenzen, Grundbuch z. B.).
So langsam aber sicher ist das am Amtsgericht Verarsche.
Gestern, nachdem ich den Beitrag gelesen habe, war schon kein Termin mehr frei.
Laut Amtsgericht (Webseite) sollten heute um 07:00 Uhr neue Termine freigeschaltet werden.
06:45, es sind schon keine Termine mehr frei und es wird darauf verwiesen, dass die nächsten Termine am 01.04. freigeschaltet werden.
Hurra, die Kapazität um 130% von 3 auf 7 Fälle pro Tag erhöht.
Kann mir mal jemand erklären, was die Damen und Herren den Rest vom Tag machen?
Ausgehend von 8 Arbeitsstunden pro Tag waren es vorher 2,6h pro Fall, nun immerhin noch 1,14h.
Wenn ich so etwas lese kommt verstärkt der Wunsch auf so Urlaub zu machen wie die Herrschaften ihrem täglichen Geschäft nachgehen. Das Wort „Arbeiten“ habe ich bewusst nicht benutzt…