Da steh‘ ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor! So klagte schon der Dr. Faust bei Goethe, und so ähnlich dürfte es aber auch jedem einzelnen der Besucher der Jobbörse ergangen sein, die am vergangenen Mittwoch in der Klever Stadthalle abgehalten wurde. Es gibt die Veranstaltung schon seit Jahren, und sie ermöglicht somit insgesamt immerhin einen Einblick in die Realitäten der spätkapitalistischen Arbeitswelt – und die ist zurzeit praktisch nicht mehr zu durchschauen.
Eine grundlegende Entscheidung, die der junge Mensch von heute treffen muss, ist, ob er in einem warmen Büro sitzen oder in einer Werkstatt oder einer Industriehalle seiner Tätigkeit nachgehen möchte. Und dann gibt es natürlich noch Berufe, in denen man etwas verkauft oder kauft und solche, in denen man sich um alte, kranke oder behinderte Menschen kümmert. Oder man kümmert sich um Recht und Gesetz und trägt eine schicke Uniform. Wer es noch nicht genau weiß, kann auch erst einmal ein freiwilliges soziales Jahr absolvieren. Oder natürlich zur Bundeswehr gehen. Da gibt es auch eine Uniform.
Sicher ist, alle Branchen brauchen Leute. Zeiten wie früher, als man mit Abitur noch nicht einmal eine Ausbildungsstelle als Krankenpfleger bekam, sind längst vorbei. Aus dem Arbeitgebermarkt ist ein Arbeitnehmermarkt geworden, so sagen das die Fachleute. Aber was wollen die (zukünftigen) Arbeitnehmer? Der Andrang an den Ständen liefert erste Erkenntnisse. Gut zu tun ist an den Ständen von Unternehmen oder Institutionen, in denen der zukünftige Mitarbeiter an einem Schreibtisch sitzt und in einen Bildschirm guckt, wahrscheinlich um dort Lücken in Excel-Tabellen auszufüllen. Wo es darum geht, Menschen in schwierigen Lebenslagen beizustehen, in der Krankenpflege beispielsweise, sind die Reihen deutlich lichter. Körperlich oder psychisch belastende Tätigkeiten scheinen offenbar auch weniger gefragt zu sein. Wenn überhaupt, dann offenbar lieber ambulante Pflege als solche in einem Krankenhaus, so der Eindruck auf der Jobbörse.
Verständlicherweise auf wenig Gegenliebe stößt auch der Schichtdienst – auch wenn der unablässige Produktionsdruck in unserem Wirtschaftssystem eine Fertigung rund um die Uhr verlangt, so sind offenbar doch immer weniger Bewerber dafür zu begeistern, mal morgens, mal nachmittags und mal nachts zu arbeiten – und das, bis man 70 ist, oder wie lange man dann arbeiten muss. Doch lieber erst einmal studieren? Für Berufe in der gleichen Branche existieren sowohl Ausbildungen als auch Studiengänge. Von denen gibt es wiederum verschiedene Arten, dazu gibt es Formen der Weiterbildung. Für einige werden bestimmte Qualifikationen, Kenntnisse oder eine vorherige Ausbildung in einem Bereich erwartet, andere haben wiederum keine speziellen Anforderungen. Der Beruf des Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste, in den Fachrichtungen Bibliothek und Archiv, ist einer von ihnen. Die Ausbildung existiert erst seit den späten Neunzigern, davor war ein Studium nötig, um in einer Bibliothek oder einem Archiv arbeiten zu dürfen. Dadurch fällt es Interessenten selbstverständlich schwer zu wissen, was für ihren Traumjob im Lebenslauf stehen sollte. Genau das ist jedoch nötig, damit sich mehr Menschen für die Berufe bewerben können.
Oft wissen die Menschen gar nicht, was im Beruf tatsächlich auf sie zukommt. Sehr früh aufstehen, lange arbeiten, Stress, Anstrengung – wer nicht erwartet, mit solchen Umständen konfrontiert zu werden, wirft schnell die Flinte ins Korn. Umgekehrt kann es natürlich auch sein, dass eine unter Umständen falsche negative Einschätzung dazu führt, dass mögliche Arbeitskräfte sich gar nicht erst für eine Stelle bewerben wollen.
Wer mit dem Blick eines Therapeuten durch die Klever Stadthalle gegangen ist, muss zu der Erkenntnis gelangen, dass Arbeitgeber und Bewerber mehr und mehr einem alten Ehepaar ähneln, das sich auseinandergelebt hat. Die große Liebe wird es nicht mehr, aber es wird schon irgendwie weitergehen. Muss ja schließlich.
Das war versehentlich in einem anderen Thread gelandet, deshalb hier nochmal.
Die Ausbildungsordnung für Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste (FaMIs) wurde modernisiert und stärker auf digitale Anforderungen ausgerichtet, z. B. Datenbanken, digitale Recherchesysteme, Metadatenstandards.
Es wird für berschiedene Fachrichtungen ausgebildet: Bibliothek, Archiv, Information und Dokumentation, Medizinische Dokumentation.
IT-Anwendungen sind besonders relevant für Information und Dokumentation sowie Medizinische Dokumentation, aber auch in Bibliotheken und Archiven sind digitale Prozesse wichtiger als früher. Wer es auch haptisch mag, ist aber oft in Bibliothek oder Archiv besser aufgehoben. In Bibliotheken ist der Kundenkontakt am größten.
Öffentliche Bibliotheken beschäftigen meist angestellte FaMIs (in der Regel TVöD E5 oder E6 oder vergleichbare Tarife). Höhere Eingruppierungen sind ggf. mit mehr Erfahrung, Fortbildung und mehr Verantwortung möglich.
Wissenschaftliche Bibliotheken, z. B. Staats- und Universitätsbibliotheken, haben ggf. verbeamtete FaMIs (mittlere Beamtenlaufbahn, A6-A8)
Bibliothekar/innen (mit Bachelor-Abschluss) fangen ohne Leitungsfunktion in der Regel mit TVöD E9 an. Die gehobene Beamtenlaufbahn (A9–A11) ist bei wissenschaftliche Bibliotheken möglich. Dann gibt es noch den höheren Bibliotheksdienst (ab A13).
Zitat: „dass Arbeitgeber und Bewerber mehr und mehr einem alten Ehepaar ähneln, das sich auseinandergelebt hat.“
Das ist richtig, lag aber mM vor allem an den Arbeitgebern. Da war Jahrzehntelang kaum entgegenkommen – frei nach dem Motto „Haben wir gar nicht nötig.“
Schon zu sehen das die meisten Bewerbungsschreiben nicht Mal beantwortet oder zurückgeschickt wurden. Keine Reaktion war oft die einzige Reaktion.
Jetzt ändert sich das Blatt – in den Zeitungen bedankt man sich bei Mitarbeitern und wirbt in den schönsten Tönen für das Unternehmen. Auf jedem 2ten Lieferwagen steht „Kollege gesucht!“.
Schade das es immer erst ernste Situationen oder Zahlen geben muss bis sich Dinge ändern.
@1 u 4 Danke für die Richtigstellungen! Ich hatte mich schon gefragt, ob ich als Ass. den Berufsschulunterricht damals nur geträumt habe und ob ich vielleicht viele Jahre gar nicht in meiner Bücherei hätte arbeiten dürfen, weil nicht studiert…. Soll auch in unseren Betrieben Quereinsteigerinnen geben z.B. aus dem Buchhandel, andere Ausbildung, ja, aber auch eine. Leider ist das Ganze häufig eine Frage des politischen Willens, ausgedrückt in Geld für Personalstellen z.B. in kommunalen Stellenplänen und deren tatsächlicher Umsetzung, wen und wie viele von uns Bibs, Ass., FAMIs, Medienpäds. in einem Betrieb arbeiten und was sie bewegen können/dürfen, das gleiche Spielchen wie in Kitas, Schulen, med. Versorgung usw.
Die Aussage zum Beruf des Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste, in den Fachrichtungen Bibliothek und Archiv stimmt so NICHT. Die Ausbildung hieß früher lediglich anders, nämlich „Assistent/in an Bibliotheken und dauerte 2 Jahre. Der Studienberuf heißt – und hieß auch damals schon – Bibliothekar/in. Die Ausblidung zum Ass. an Bibliotheken gabs schon in der 80ern 🙂
Sorry, Person-Job-Fit ist das, worauf es ankommt, bei Ausbildung und Stellenbesetzungen, die Passung zwischen Person und Arbeitsplatz.
Den Job des/der Krankenpfleger/in mit „Kranken beistehen“ zu beschreiben trifft nicht ansatzweise das, was diese Leute alles können und lernen müssen in ihrer Ausbildung und die Verantwortung, die sie tragen.
Überhaupt kommt der Aspekt Verantwortung viel zu kurz, den fast jeder Beruf mit sich bringt. Die schicke Uniform z.B. ist es eben nicht allein.
Der Beruf kann auch Identität schaffen. Gestern noch zufällig einen Drogenfahnder in der NDR Talkshow gehört, der „keinen Tag bereut hat, Polizist geworden zu sein.“ Und aus seinem Berufsalltag noch Stoff für Krimis schöpft, die er aber aus Sicherheitsgründen nur unter Pseudonym (Ben Westphal) veröffentlichen darf.
Viele Menschen sind stolz auf ihren Job, auf das, was sie können uns leisten, viele wollen etwas lernen. Die Veranstaltung in der Stadthalle ist einer der Bausteine, die wichtig sind für die Berufsfindung. Damals hatten wir viel zu wenig Beratung und Informationen. Es ist wichtig, dass Job und Mensch zusammenpassen (Jobfit). Und dass junge Menschen so viele Infos wie möglich bekommen. Am besten an verschiedenen Stellen hospitieren. Mehr Interesse entwickelt sich oft beim Machen.
Ich koordiniere Ausbildung und bilde teilweise auch selber aus. Junge Menschen brauchen Ermutigung und konstruktives Feedback, vielleicht mehr als früher noch. Ich kann mich selber an kein strukturiertes Feedbackgespräch erinnern. Es gab in den Praxisphasen meiner Berufsausbildung im Rahmen eines gehobenen Dienstes damals am Ende jeweils eine Note, die kaum begründet wurde und das wars.
„Für einige werden bestimmte Qualifikationen, Kenntnisse oder eine vorherige Ausbildung in einem Bereich erwartet, andere haben wiederum keine speziellen Anforderungen. Der Beruf des Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste, in den Fachrichtungen Bibliothek und Archiv, ist einer von ihnen. Die Ausbildung existiert erst seit den späten Neunzigern, davor war ein Studium nötig, um in einer Bibliothek oder einem Archiv arbeiten zu dürfen.“
Klar gibt es Anforderungen an den Beruf von FaMIs. Es hängt auch davon ab, wo sie nachher genau arbeiten wollen. Früher gab es Ausbildungsberuf Bibliotheksassistent/innen, jetzt sind ist es der weiter gefasste FaMI. Ohne Affinität zum Digitalen, eine genaue Arbeitsweise und Interesse an vielen Themen sollte man diesen Beruf nicht wählen.
Natürlich kann man auch weiterhin Bibliotheks- und Informationswesen studieren, mit Bachelor- und/oder Master-Abschluss. Zum Beispiel gibt es an der TH Köln den Studiengang. Damit hat man nachher ganz andere Möglichkeiten.
Zum Beispiel gibt es an der TH Köln den Bachelor-Studiengang „Bibliothek und digitale Kommunikation“.
https://www.th-koeln.de/studium/bibliothek-und-digitale-kommunikation-bachelor_52771.php
Andere Bachelor-Studiengänge: https://www.studieren-studium.com/studium/bibliothekswesen/deutschland
Es gibt auch z. B. an der TH Köln den Weiterbildungsstudiengang Bibliotheks- und Informationswissenschaft / MALIS (Master in Library and Information Science): https://www.th-koeln.de/studium/bibliotheks–und-informationswissenschaft-master_3202.php
Und was es auch gibt im Bereich Dokumentationswesen für Leute mit abgeschlossenem Studium (und was viele nicht kennen): https://www1.wdr.de/unternehmen/der-wdr/karriere/volontariat-information-dokumentation-100.html
Das Volontariat zum Information Specialist ist ein Sprungbrett für verschiedenste Tätigkeiten im Informationsmanagement einer Rundfunkanstalt. Damit ist man auch prädestiniert für Projektleitungen und Führungspositionen.
Die theoretische Ausbildung findet an der Hochschule Darmstadt statt: https://h-da.de/studium/weiterbildungsangebote/zertifikate-und-zusatzangebote/berufsbegleitende-angebote/volontariat-zur-wissenschaftlichen-dokumentation