Wie dreist kann man sein? Antwort der Telefonbetrüger: Ja.
Regelmäßig erreichen die Redaktionen Mitteilungen der Polizei über alte Menschen, die Opfer von Telefonbetrügern geworden sind. Durch geschickte Manipulation wurden sie dazu gebracht, ihre Ersparnisse unbekannten Menschen anzuvertrauen. Jeder dieser Fälle für sich ist schon niederträchtig, aber es gibt immer noch Steigerungsmöglichkeiten.
So erhielt eine Kleverin Ende Februar einen Anruf, in dem ein unbekannter Mensch sich als Staatsanwalt ausgab und der Frau mitteilte, ihre Tochter sei in einen Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang verwickelt worden. Wenn sie verhindern wolle, dass ihre Tochter in Haft genommen wird, müsse sie eine Kaution hinterlegen. Oftmals ist es bei solchen Schockanrufen sogar so, dass im Hintergrund eine jammernde Stimme zu hören ist, die „Mama! Mama!“ ruft, um die avisierten Opfer weiter unter Druck zu setzen.
Die Frau jedenfalls wollte ihrer Tochter helfen und reagierte sofort. Um die Sache möglichst glaubwürdig erscheinen zu lassen, teilten die Täter der Frau einen besonderen Übergabeort mit – Bargeld und Wertgegenstände sollten im Innenhof der Schwanenburg ausgehändigt werden! Die Täter fühlten sich also so sicher, dass sie ihr Verbrechen gewissermaßen unter den Augen der Justiz abwickelten – am Sitz von Land- und Amtsgericht, an einem Ort, wo Justizbeamte, Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte in großer Zahl umherlaufen. Manchmal steht sogar ein Streifenwagen im Innenhof.
Und so kam es am Donnerstag, 24. Februar (Altweiber!), gegen 14 Uhr in der Schwanenburg zu der verhängnisvollen Begegnung zwischen den Betrügern und der betagten Kleverin (Zeugen werden gesucht!). Die Frau händigte den Männern Bargeld und Wertgegenstände, zusammengenommen in beträchtlicher Größenordnung, aus. Die Männer verschwanden und ließen eine Frau zurück, die dachte, alles zum Wohle ihrer Tochter gemacht zu haben – bis der Schwindel kurze Zeit später aufflog.
„Es ist perfide“, sagt Polizeisprecherin Christina Pitz. „Die alten Menschen verlieren nicht nur den Glauben an die Polizei, sondern an die Menschheit an sich.“ Die Polizei klärt seit langem darüber auf, wie sich diese Verbrechen verhindern lassen – leider, wie der aktuelle Fall zeigt, nicht mit durchschlagendem Erfolg.
Dabei lassen sich diese Betrugsdelikte mit einigen Maßnahmen gut verhindern. Pitz kennt den Fall einer Seniorin, die mit ihrer Tochter ein geheimes Kennwort vereinbart hatte – das konnten die Betrüger natürlich nicht kennen. Es gibt auch ein System, das bei Anrufen von unbekannten Nummern vorgeschaltet werden kann und den Anrufer um sein Einverständnis bittet, dass das Gespräch aufgezeichnet werden kann. Diese Ansage beendet in der Regel jeden Betrugsversuch sofort, da die Gangster nur ungern ihre Gespräche aufgezeichnet wissen wollen (ein Anbieter: Rufus-Filter).
Hier als Service noch einmal, was die Polizei zur Prävention rät:
Schockanrufe, Enkeltrick, falsche Polizisten, angebliche Microsoft-Mitarbeiter – regelmäßig erreichen die Polizei im Kreis Kleve Anzeigen zu Betrugsversuchen am Telefon. In manchen Fällen kombinieren die Täter sogar verschiedene Maschen um Druck auszuüben und ihr Opfer zu überzeugen. So übergibt zum Beispiel ein angeblicher Verwandter, der sich in einer Notlage befindet, ein Gespräch auch an einen vermeintlichen Polizisten oder Staatsanwalt, der die angebliche Notlage bestätigt.
Die Polizei warnt: Geben Sie keine persönlichen Informationen wie Bankdaten am Telefon preis! Seien Sie misstrauisch, wenn Sie jemand am Telefon oder per WhatsApp um Geld bittet! Übergeben Sie kein Geld oder Wertgegenstände an Ihnen unbekannte Personen! Kommt Ihnen ein Anruf verdächtig vor, dann informieren Sie sofort die Polizei unter 110 oder, wenn möglich, Verwandte.
Ein Apell der Polizei richtet sich auch an jüngerer Angehörige: Klären Sie Ihre lebensälteren Eltern/Großeltern/Verwandte über die Maschen der Betrüger auf.
Hier noch einmal ein Überblick der gängigen Maschen:
· Schockanrufe: Die Anrufer schildern, dass ein Verwandter (häufig Sohn/Tochter) einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht hat. Um lange Haftstrafen zu verhindern, soll sofort Geld an einen Geldboten der Staatsanwaltschaft gezahlt werden. In abgewandelten Szenarien wird von einer Corona-Infektion gesprochen und die Anrufer erzählen, sie bräuchten Geld für eine Behandlung oder Medikamente
· Enkeltrick: Die Täter erwecken den Eindruck, ein naher Verwandter (meistens Enkel/ Enkelin/ Neffe/ Nichte) oder guter Bekannter zu sein. Sie täuschen eine finanzielle Notlage vor und bitten Sie kurzfristig um Geld. Sie sollen mit niemandem über den Anruf sprechen.
· Falsche Polizisten: Die Anrufer geben sich als Polizisten aus und warnen Sie vor einem geplanten Einbruch. Geld und Schmuck wären Zuhause nicht mehr sicher. Bei Ihrer Bank würden Mittäter der Einbrecher arbeiten und auch dort sei Ihr Vermögen in Gefahr.
· Gewinnversprechen: Die Betrüger versprechen am Telefon hohe Gewinne. Vor einer Gewinnübergabe werden Betroffene aufgefordert, „Bearbeitungsgebühren“ zu zahlen oder Prepaid-Karten für Online-Käufe zu kaufen.
· Microsoft-Mitarbeiter: Das Telefon klingelt und jemand bietet Ihnen ungefragt technische Unterstützung für Ihren Laptop, Computer oder Ihr Tablet an. So wollen sich die Täter Zugriff auf Ihren PC, Ihr Online-Banking oder PayPal-Konto verschaffen.
· Betrug per WhatsApp: Ein angeblicher Angehöriger (Sohn/Tochter) meldet sich über eine unbekannte Nummer über den Messenger-Dienst und gibt an, das Handy sei defekt. Dann werden Sie gebeten, eine Überweisung an Dritte zu tätigen, da der Angehörige aktuell angeblich kein Zugriff auf das Online-Banking habe.
In der Vergangenheit gab es schon mehrere spektakuläre Betrugsfälle, die bisher noch nicht aufgeklärt worden sind:
2017: Halbe Million in bar erbeutet! Dreistester Betrug seit langem, Polizei fahndet
2020: Opfer eines falschen Polizisten wurde am Dienstag, 26.05.2020, ein 95jähriger Mann aus Kleve. Der Rentner war demzufolge einen Tag zuvor von mehreren angeblichen Polizeibeamten angerufen worden. Unter dem Vorwand, sein Vermögen schützen zu wollen, brachten die Tatverdächtigen ihr Opfer dazu, u.a. Schmuck von erheblichem Wert aus seinem Bankschließfach zu holen. Den Bankangestellten solle er nichts davon erzählen, da diese sich immer „etwas einstecken“ würden.
Als der Anrufer jedoch verlangte, die Tasche mit den Wertgegenständen an der Kolpingstraße abzulegen, wurde er misstrauisch und verlangte eine persönliche Übergabe. Um 14.00 Uhr traf er sich schließlich auf dem Parkplatz am Kolpinghaus mit einem Unbekannten, mit dem er ein längeres Gespräch führte. Als er auf die Frage, wo denn jetzt der Streifenwagen bleibe, immer wieder vertröstet wurde, wandte sich der Mann schließlich zum Gehen. In diesem Moment wurde ihm von hinten die Tasche entrissen. Der Täter flüchtete in unbekannte Richtung.
Er wird wie folgt beschrieben: ca. 170 cm groß, 25-30 Jahr alt, drahtige Figur, Dreitagebart, ganz in schwarz gekleidet, schwarze Basecap. Die Kripo Kalkar, Telefon 02824-880, geht nun auch der Frage nach, ob Unbeteiligte das Treffen zwischen Täter und Opfer oder den Tatverdächtigen auf seiner Flucht beobachtet haben, und sucht jetzt dringend Zeugen des Vorfalls.
@Spoyboy, was soll man denn machen, 24 Std. Vollbetreuung?
@8
Unglücklich und schwer verständlich. Dann greift die Betreuung wohl in den wirklich wichtigen Fällen nicht.
@Spoyboy Mir hat man vor langer Zeit in Istanbul auf der Straße ein Fake-Parfum angedreht. Hatte ich vorher nicht gedacht, dass mir das passieren könnte. Ich mag Parfum noch nicht mal besonders.
@6 Steez Genau so ist es. Hinzu kommt, dass die alten Leute von heute unter ganz anderen Bedingungen aufgewachsen. Es ist für viele sehr schwierig, die sehr komplex gewordene Welt immer genau zu verstehen. Die Polizei hat auch für viele noch einen anderen Stellenwert. Und dann wird anders reagiert als es rational richtig erscheint.
Steez, auch danke für Ihre Posts in der letzten Zeit zu dem sehr unerfreulichen Thema.
@SpoyBoy Der zweite geschilderte Fall (2020) fand im „Betreuten Wohnen“ statt.
@6
Gerade in Altenheimen finden diese Betrügereien ja nicht statt.
Natürlich werden gerade ältere Leute Opfer. das ist aber kein indikator dafür dass das Alter die entscheidende Rolle spielt. Denn die übergrosse Mehrheit der älteren Menschen wird offensichtlich kein Opfer.
@Spoybay: Was soll das?
„Sorry, allein mit dem Alter hat das nix zu tun.
So dumm wäre mein Opa mit 95 nicht gewesen“
Dann warten Sie mal ab, ob Sie mit 95 noch genauso klug sind wir Ihr Großvater.
Wenn Sie tatsächlich glauben, dass die schon so oft erfolgten Betrügereien nix mit dem Alter der Opfer und dessen Begleiterscheinungen zu tun hat, dann fragen Sie sich bitte, weshalb immer wieder ältere Menschen diesem Pack auf dem Leim gehen. Besuchen Sie ein Altenheim, dann erleben Sie was ich meine.
Nebenbei, dass man im Alter irrational total durchdrehen kann, belegt gerade ein Mann im Kreml.
@4 Wenn ich alt wäre ständ meine Nummer nicht im Telefonbuch und ich würde nicht an die Tür gehen wenn ich keinen erwarte. Und wieso sollte mich die Polizei anrufen? Das hat sie bisher mein ganzes (noch jüngeres) Leben nicht getan und ich würde erstmal fragen wo sie denn meine Nummer her haben.
Und ansonsten würd ich nach so einem Anruf wo angeblich die 110 im Display steht erstmal selber die 110 anrufen und fragen ob sie gerade angerufen haben.
einsam leb ich auch schon mein ganzes Leben….. 😀
@SpoyBoy Du unterschätzt den psychologischen Druck, den die Täter aufzubauen in der Lage sind, die technische Raffinesse (teilweise gelingt es Ihnen, dass 110 im Display steht), die Vorarbeit (ausbaldowern) und die Vereinsamung vieler alter Menschen.
@2
Sorry, allein mit dem Alter hat das nix zu tun.
So dumm wäre mein Opa mit 95 nicht gewesen.
ich will Kriminelle auch nicht in Schutz nehmen. Aber ich bin jedesmal überrascht wie dieser inzwischen so bekannte Trick immer noch funktioniert. Das animiert ja inzwischen auch bisher nichtkriminelle zum Nachahmen, das ist gefährlich.
Aber inzwischen werden ja auch die gleichen Geldautomaten zum 3. Mal gesprengt und die Polizei ist nach wie vor erst 15 min. später am Tatort, – wenn’s gut läuft. Geschweige denn dass man mal vorbereitet wäre dass da was kommen könnte. Ich glaub, da könnte der Geldautomat an der gleichen Stelle zum 10. Mal gesprengt werden, die Polizei hätte den Schuss immer noch nicht gehört…Radfahrer in der Fussgängerzone aufschreiben ist ja auch wesentlich ungefährlicher, einfacher und erfolgversprechender….
*Mega-Buh-Mode = ON *
Wie alt sind sie „Spoy Boy „????
Zerrissen wird hier niemand ( leider ) !!! So wirklich ….
Aber das ist respektlos gegenüber den betagten Menschen
Diese umtriebigen Straftaten gibt es seit Jahren !!!
Ich war selbst 5 mal bei der Polizei um Anzeige zu erstatten
Meine Mutter ist mehrmals massiv Tele belästigt worden
Auch nachts mit versuchen ….!sie einzuschüchtern
…. ect.
Vor 6 Wochen wurde mir von einem Fall aus Kellen berichtet
An der Haustüre wurde erspartes einkassiert !!!
Nach telefonischen Horror Märchen !!!
Viele ältere Menschen schämen sich
Auch auf die Gefahr hier zerissen zu werden: Müsste der Artikel nicht den Titel haben „Dümmer gehts nicht “ ?