Wir sehen das Werk eines unbekannten Fotografen, das der Auftraggeber anlässlich der Einstellung von sieben Auszubildenden mit einigen Zeilen zur erwünschten Deutung an die lokale Presse überreichte: „Hier im Stadion wie auch in der Volksbank Kleverland weiß man: Mannschaftsgeist ist wichtig“, sagt eine Frau, die der Öffentlichkeit als „Ausbildungsleiterin Tanja Gubbels“ vorgestellt wird.
Wie es um den Mannschaftsgeist der Volksbank Kleverland bestellt ist, erschließt sich dem Betrachter erst durch die Analyse der Aufstellung, die im Sport auch als „System“ bezeichnet wird. Das Geldhaus spielt ein lupenreines 4-1-2-1-2-System, wobei der Lichtkünstler den beiden Stürmern, die als „Personalmanager Joachim Beisel“ und „Vorstandssprecher Frank Ruffing“ bezeichnet werden, durch die Wahl der Perspektive eine offenbar überragende Bedeutung zumisst. Zum restlichen Ensemble halten die beiden Stürmer etwa zwei Meter Abstand, und – wenn die Figur an der Spitze der dahinter liegenden, leicht verschobenen Raute als Tanja Gubbels identifiziert werden kann – wird die Entrückheit der beiden Herren noch offensichtlicher. Denn nur scheinbar flankieren die beiden Offensivspieler die mit Businesskostüm verfremdete Mittelfeldspielerin im Zentrum des Bildes, so wie in einschlägigen Videos meist mehrere Frauen sich um einen Herrn in der Mitte bemühen.
Die Distanz zwischen den beiden ersten Bildebenen, die Position des Balles bei den beiden Offensivspielern sowie die rautenhafte Verbindung mit drei der sieben Azubis verweist die Frau ins Glied. Ihre Aufgabe in diesem Ensemble scheint es zu sein, Abstand zu halten zwischen „denen da oben“ und den jungen Menschen, die sich vielleicht noch Illusionen über Aufstiegsmöglichkeiten im Berufsleben hingeben. Für die sieben Berufsanfänger sind die dritte, vierte und fünfte Bildebene reserviert worden, und die Mimik des linken Angreifers macht ersichtlich, dass – gäbe es auch noch eine sechste, siebte und achte Bildebene – er sie gerne noch weiter in Richtung Dienstboteneingang platzieren würde.
„Der Star ist die Mannschaft“, sagte einst Berti Vogts, und diese Fotoarbeit macht auch an kleinen requisitorischen Details deutlich, dass dies in der Volksbank Kleverland offenbar eine andere Bedeutung hat als im Rest der Welt: Das subalterne Personal ist auf einer Werbeplane postiert, die leicht als Logo des Geldhauses zu identifizieren ist, womit offenbar ausgdrückt werden soll, dass sie auf den sicheren Untergrund eines Unternehmens angewiesen sind, um in der harten Welt des Kapitalismus bestehen zu können. Nur die beiden Alphatiere Ruffing und Beisel dürfen vorrücken auf den Rasen, der die Welt bedeutet.
Insgesamt also vermutlich eine stimmige Darstellung der real existierenden Machtverhältnisse in einem kleinen Geldinstitut am Rande der Republik, wenn nicht ein monströs aberwitziges Detail das sorgfältig konstruierte Hierarchieidyll konterkarieren würde: Es sind keine Zuschauer zu sehen. Die Tribüne – so leergefegt, wie wir das sonst nur aus internationalen Begegnungen kennen, die nach Zuschauerkrawallen auf Geheiß der UEFA unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragen werden mussten.
Doch hier liegen die Dinge offensichtlich anders: Vermutlich haben die beiden Frontmänner durchaus ein Sensorium für die Fragilität ihrer Situation, die allerdings im Kleingehege einer regionalen Bank gut zu kontrollieren ist. Doch im Fußballstadion herrscht auf den Rängen eine massive Konzentration von Fachwissen und Umsturzbereitschaft – und von beiden Seiten attackiert, dürften die Alphatiere vor einer Situation stehen, die nicht mehr zu beherrschen ist: Aus der Sicht des Experten entlarvt sich die scheinbar sinnvolle Aufstellung als absurde Konstruktion – welcher Trainer würde seine ältesten Kräfte in die Sturmspitze beordern und eine Abwehr aus Jungspunden zusammenstellen? Noch größer indes dürfte die Angst vor einer pöbelnden Menge sein: Zwar trägt die Bank den Namen des Volkes, aber womöglich ist die gähnende Leere Ausdruck der Befürchtung, dass grölende Chöre proletarischer Fans („Ausziehen! Ausziehen!“) die Würde des ständekapitalistischen Idylls unterminieren.
So übermittelt uns diese Komposition so eindringlich wie nur wenige andere eine Vorstellung von der Vergeblichkeit aller kapitalistischen Anstrengungen, eine Fassade der Bedeutung zu errichten („Weg frei zur Karriere“, ist die dazu gehörige Pressemitteilung betitelt). Sobald man etwas genauer hinschaut, sieht man nur – nackte Angst.
Bravo Herr Daute.
Herr Ruffing ist in meinen Augen ein Blender der hervorragend zum „Aufseher“ der Volksbank, Hans Geurts, passt. Es ist schon abstoßend, wie häufig der Vorstandschef der VB, selbst bei Lappalien, sich in der hiesigen scharzen Presse präsentiert. Bei allem Vorbehalt, da lobe ich mir den Chef der Sparkasse R.v.Z., der immerhin einem wesentlich größerem und bedeutenderem Unternehmen vorseht. Er erscheint wesentlich dezenter in der hiesigen Presse.
@Willi Heuvens
wer hatte denn die Oberaufsicht bei der verfehlten Geschäftspolitik der VB, die eigentlich zum Konkurs geführt hätte, wenn da nicht die anderen VB eingesprungen und die VB Kleve gestützt hätten?? Kam da nicht der Ruffing ins Spiel und hat verdiente und gute Mitarbeiter (natürlich, weil schon lange dabei, teuer) rausgeworfen!! Das hat es bei der Sparkasse n o c h nicht gegeben.
Schande über ihn und das VB-Aufsichtgremium – aber die kassieren ja auch nur – wie der Verwaltungsrat bei der SK.
PS: auf dem Bild fehlt nur noch der rundliche DS.
Vor einiger Zeit wurde auch verdiente, ältere Mitarbeiter entlassen…….mußten büßen für die verfehlte Geschäftspolitik des Altvorstandes, tolle Menschlichkeit in dieser Genossenschaftsbank …..
Frage: Haften die Verursacher auch mit ihrem Privatvermögen und mit ihrer Altersversorgung, oder trifft dies wieder nur auf den „kleinen Mann“ zu?
…ebenfalls bemerkenswert:
Die Alphatiere rühren sich wirklich um die Integration der Silberfüchse (siehe RP-Volkbank-Zukunftswerkstatt). Schade nur, dass bei der Berichterstattung der RP laufend der Hinweis fehlt, dass die Alphatiere der Volksbank zuvor einige davon „entsorgt“ haben. Ein Schelm, der…
Bravo Herr Daute!
Schön, dass manches nicht immer unter den Teppich gekehrt wird, sondern auch mal das Licht der Öffentlichkeit erblicken darf.
Besonders freut mich, dass selbst „unkundigen“ (ohne Insiderwissen) Personen auffallen wird, dass etwas faul ist im Staate Dänemark.
[…] Kürzlich wurde an dieser Stelle schon in einer messerscharfen Analyse dargelegt, dass Teamgeist bei der Volksbank Kleverland nicht unbedingt die Bedeutung hat, die unsereins aus dem Sport kennt. Noch düsterer sieht es allerdings aus, wenn man ausgewechselt wurde – so wie der frühere Vorstandsvorsitzende Josef Tunnissen. […]