History Channel: Der 1. FC Kleve und die 400-Euro-Jobs

Es wird ja wieder Fußball gespielt, auch in der NRW-Liga, und der 1. FC Kleve ist einfach weg, so, als hätte es ihn nie gegeben. Dafür dringt aber nach und nach das eine oder andere Detail ans Licht der Öffentlichkeit, das zeigt, wie sorglos der Klub und sein ehrgeiziges Führungspersonal agierten, als in den Jahren 2005 bis 2008 das ganz große Rad gedreht wurde. Zum Beispiel die Sache mit den 400-Euro-Jobs…

Bekannt war bis jetzt, dass Spieler irgendwelche 400-Euro-Jobs erhielten. Nur: Ein 400-Euro-Job heißt deshalb 400-Euro-Job, weil monatlich nicht mehr als dieser Betrag verdient werden darf. Wenn jetzt aber einem Spieler 3000 Euro im Monat »brutto für netto« zugesagt werden, steht man vor einem Problem. Doch die Verantwortlichen fanden offenbar eine kreative Lösung, die allerdings nicht auf die Gnade der Finanzbehörden stieß: Es gab (wie gehabt) einen 400-Euro-Job für den Spieler – und sieben weitere für Omis und Opis, Väter und Mütter, Nichten und Neffen. Bis halt die 3000 Euro erreicht waren.

Dass die Geldflüsse jeweils einer Person zugeordnet werden können, ist nun keine herausragende Detektivarbeit. Und weitere finanzamtsferne Leistungen (z.B. »Mallorca-Reise im Wert von 1500 Euro«) waren wohl im selben Ordner abgeheftet wie die ordentlichen Zahlungen. Die Steuerfahnder mussten einfach nur weiterblättern, um zum ebenfalls ordentlich dokumentierten Bereich »Schwarze Kasse« vorzudringen.

Das wiederum führt geradewegs zu den dramatischen Geschehnissen Ende des vergangenen Jahres, an deren Ende der sofortige Rückzug der Mannschaft aus der NRW-Liga stand. Die Interimsvereinsführung hatte gehofft, die Nachzahlungen beim Finanzamt »irgendwie« drücken zu können. Ein Besuch bei der Finanzverwaltung in Düsseldorf belehrte Lukas Verlage allerdings eines Besseren: Die Beamten mussten nicht einfach nur schätzen, sie konnten nahezu alles belegen.

Die in der Presse als »Helden« titulierten Spender, die urplötzlich ca. 1,2 Millionen Euro zur Rettung des Klubs beisteuern wollten, handelten übrigens zum Teil auch nicht ganz so uneigennützig. Zentrales Motiv einiger der »19 renommierten Persönlichkeiten« war es offenbar, eine Insolvenz mit all ihren unschönen Konsequenzen (Rückgriff aufs Privatvermögen) zu vermeiden.

In der Erklärung des Vereins zum Rückzug der 1. Mannschaft hieß es:

Mit dem »Stopp – nicht weiter so wie bisher« setzt der Verein heute ein deutliches Ausrufezeichen und unterstreicht seine Absicht, die inneren Strukturen verändern zu wollen. (…) mit einem wesentlichen Unterschied zur Vergangenheit: Wir geben nur noch maximal das Geld aus, was uns durch die gültigen Sponsorenzusagen unter einem Höchstmaß an Wahrscheinlichkeit im Laufe der Saison auch zufließt und nach Förderung der Jugendabteilung übrig bleibt. Darüber hinaus müssen wir Rückstellungen zur Sicherung des Vereinsbetriebes bilden.

Die Frage ist: Was bleibt eigentlich übrig, wenn die »Rückstellungen« beiseite gelegt werden? Wenn der Verein – nur mal geschätzt – 500.000 Euro Schulden hat, die zu 5% verzinst und auf zehn Jahre geliehen sind, kostet das allein 63.318 Euro pro Jahr. Das allein übersteigt die Mitgliedseinnahmen schon bei weitem.

Frage also: Könnte eine Insolvenz nicht am Ende für den Klub (allerdings nicht für die Bank) die bessere Lösung sein?

Deine Meinung zählt:

22 Kommentare

  1. 22

    Was wird denn jetzt wieder hintenherum für ein Schmuh gedreht. Vielleicht will man das Finanzamt jetzt mit Steuerzahlungen umgehen. Peter Zwegat würde nur mit dem kopf schütteln.

     
  2. 21

    Was soll man dazu noch sagen?

    Aufgepasst, hier kommts:

    „Auch mit der Stadt Kleve seien über das Thema „Rückzahlung des Stadionzuschusses“ gute Gespräche geführt worden, hieß es seitens des 1. FC. Der eine Antrag ist bei der Stadt gerade abgelehnt worden, da liegt ein neuer schon auf dem Tisch. Der 1. FC Kleve hat in der vergangenen Woche die Gaststätte und die Keller „kernsaniert“ und gemerkt, dass man eine neue Heizungsanlage braucht. Für diese und weitere Verschönerungsarbeiten hat der FC >b>jetzt einen Förderantrag nach den Sportförderrichtlinien gestellt.“

    http://www.rp-online.de/niederrheinnord/kleve/sport/1-FC-Das-grosse-Schweigen_aid_958392.html

     
  3. 19

    hallo, schon irgendwie erschreckend dieses situative rechtsbewusstsein. wenn oma 400€ verdient hat, hat oma 400€ verdient. ende

     
  4. 18

    Ich bin so gespannt. Ein echter Niederrheinkrimi.

    Da wird doch wieder in den Hinterzimmern an einer Klever Lösung gebastelt.

    Man kann noch ewig warten, aber an einem Sachverhalt kommt man nicht vorbei:

    Baukosten 3 – 3,5 Mio. EURO, eingeplanter Zuschuss Stadt 1,4 Mio. EURO – nun: EURO NULL.

    Nachzahlung Lohnsteuer und Krankenkassen: WEIT über den bereits von den Haftenden eingesammelten EUR 250.000,-

    Fortführungsprognose: Zukünftige Einnahmen auf dem Niveau eines……

    Zeit heilt nicht alle Wunden.

    Aber was heilt dann? – Ein neuer Sachverhalt!!!

    – oder wie Lukas Verlage in der Pressekonferenz so schön sagte:

    „Wenn sich clevere Leute zusammen setzen, dann findet man auch Klevere Lösungen…“

    Bin ich gespannt.

     
  5. 17

    Ich stelle mir gerade vor wie der 1. FC Kleve Peter Zwegat für diese Situation engagiert. 😀

     
  6. 16

    @Messerjocke

    Ich überlege, Herrn Professor Pinkwart eine Mail zu schreiben. Sein Fachgebiet ist die Forschung über chaotische Systeme.. Vielleicht hat der ja eine Erklärung für die hiesigen Vereins-, Polit- und Planungszustände.

     
  7. 14

    Aus der RP vom 07.04.2009 folgender Text zum Genießen:

    „Denn jahrelang war er an der Sparkassenakademie Dozent für Bürgerliches-, Handels- und auch Insolvenzrecht. ‚Ich will mit diesem Recht nicht in Konflikt kommen‘, sagt Theissen, der seit November bei keinem Spiel des 1. FC Kleve mehr war. Der 71-Jährige sagt dazu: ‚Ich kann das nervlich nicht. Immer nur so tun, als wenn nichts wäre.‘ Die Entscheidung beim 1. FC aufgrund einer drohenden Insolvenz aufzuhören, ist für ihn durch das Fax des Vorstandes an die Stadt Kleve, bestätigt worden. ‚Bis zum 31. Dezember kenne ich alle Zahlen beim 1. FC Kleve. Und das sind nicht die erfreulichsten‘, sagt Theissen, der einräumt, dass die Entwicklung der allgemeinen Wirtschaftslage zu der Situation beim 1. FC beigteragen habe.“

    Na, bei der Buchhaltung – sofern es stimmt – würde wahrscheinlich jedem die Düse gehen. Aber warum damals keine Selbstanzeige? Wer alle Zahlen des FC kannte, der muss doch gewusst haben…, oder nicht?

    Die allgemeine Wirtschaftslage? Hatte der Mann davon je Ahnung?

     
  8. 13

    So ganz verstehe ich zumindest die unbescholtenen Vereinsmitglieder nicht. Ich würde ein Ultimatum stellen:

    Entweder Insolvenzanmeldung bis morgen um viertel nach Zehn oder wir treten alle aus und gründen einen neuen Verein.

    Wer will sich später den Vorwurf unter schieben lassen wollen, diese unerschöpfliche Räuberpistole gestützt zu haben?

     
  9. 12

    DesWeiteren konnten viele Spieler sehr günstig ein Eigenheim erwerben !!

    Da kann man schon einige Monate Spielergehalt „verrechnen“ . 😉

    Bis neulich .

     
  10. 11

    Für dieses hier:
    >Dass die Geldflüsse jeweils einer Person zugeordnet werden können, ist nun keine herausragende Detektivarbeit. Und weitere finanzamtsferne Leistungen (z.B. »Mallorca-Reise im Wert von 1500 Euro«) waren wohl im selben Ordner abgeheftet wie die ordentlichen Zahlungen. Die Steuerfahnder mussten einfach nur weiterblättern, um zum ebenfalls ordentlich dokumentierten Bereich »Schwarze Kasse« vorzudringen.<
    gibt es bestimmt Rabatt vom Gericht!

     
  11. 10

    Die Lage WÄRE ja auskömmlich gewesen bis zum Ende der Saison.
    ABER wenn die Forderungen seitens der Stadt und des Finanzamtes nun rechtskräftig werden und beide dann in den nächsten Wochen zur Zahlung auffordern,dann erst ist man zahlungsunfähig und folglich kann auch erst dann bzw MUSS der Insolvenzantrag gestellt werden.

    Als FC Fan hoffe ich, daß es endlich in die Insolvenz geht
    Denn ein Großteil der aktiven Fanszene, wird das Schmierentheater beim „Neustart“ in der Niederrheinliga nicht mitmachen,wenn finanziell keine neuen Wege eingeschlagen werden und der Verein dauerhaft solide wirtschaften kann

    Das Sterben auf Raten mus ein Ende haben und es wird eh schon Jahre dauern bis das Vertrauen bei vielen Klever Fußball Fans wiederkommt

    Aber mit Millionen Schulden gibt es auch keinen richtigen Neuanfang…daher hoffe ich auf eine rasche Insolvenz

     
  12. 8

    @Obi

    > Warum hat die Stadt den Zuschuss nicht schon längst zurückgefordert?

    In diesem Zusammenhang trifft sich gut, dass Herr Nitsch heute als Ratsmitglied für die Sozis ernannt wurde. Es geht eben nichts über einen kurzen Draht zur Verwaltung. 😉

     
  13. 7

    Oh Mann, da bekommem aber ganz sicher einige Herren und eine Dame Schweissausbrüche.
    War zu dieser Zeit nicht auch der Herr Notar W. Mitglied des Vorstandes? und solche renomierten, studierten akademisierten Herren geben für solche Machenschaften ihr ok? Kann ich beinahe nicht glauben.
    Ein Finanzgenie wie Udo Kempkes, linke tasche-rechte tasche eins-zwei-drei, ok aber Herr Dr. W., Herr J., Herr H.
    Herr D-S. und auch der Ober Volksbänker, alle keine Ahnung gehabt?
    Hoffentlich könnt ihr das beweisen!!

     
  14. 5

    Sind wir nicht eigentlich schon längst beim Thema Insolvenzverschleppung?

    Warum hat die Stadt den Zuschuss nicht schon längst zurückgefordert?

    Zur Erinnerung: Die Ratsentscheidung ist vom 10. November 2010.

    Hat die Verwaltungsspitze etwas zu verbergen, dass in einem Insolvenzverfahren evtl. ans Tageslicht kommen würde, z.B. mündliche Zusagen von Brauer und Haas?

    Wird hier etwas verschleppt und ist dafür nicht die Verwaltung haftbar zu machen?

    Wo ist die Opposition?

    Ist Kleve einen Bananenrepublik?

     
  15. 4

    @Messerjocke

    Das ist nicht nur in der ehrenwerten Klever Gesellschaft das Unwort des Jahres!

    Ich tippe auf eine stillschweigende Beerdigung der Forderungen, welche durh Bürgschaften abgesichert sind. Nicht nur die Bürgen, auch die Bank hat einiges zu verlieren (gute wohlhabende Kunden mit hohen Einlagen, gute Geschäftsbeziehungen zu Firmen usw.) Man trifft sich mehrmals im Leben. Da wird man wegen der paar Mäuse bestimmt keinen Krach und wohlmöglich ein jahrelanges juristisches Scharmützel riskieren. Die Euronen sind ohnehin schon ausgebucht. Für den Rest gibt es halt die Insolvenz.

     
  16. 2

    Bis auf wertlose Namensrechte und geplatzte Sponsorenverträge mit dem Hauch von Negativwerbung wird die Bankenwelt keinen großen Schaden nehmen.
    Für die richtigen Darlehen, dürfte es Forderungsabtretungen oder Bürgschaften einzelner Mitglieder des Vorstands geben, wenn nicht,
    dürften einige Finanzfachwirte in Erklärungsnöte kommen.
    Der Elan der 19 renommierten Persönlichkeiten, dürfte nach Zustellung der Steuernachforderungen und Begleichung der Strafbefehle den Gefrierpunkt erreicht haben.
    Nur unerschütterliche Optimisten oder besser, ewige Tagträumer, glauben an einem verbleibenden Sponsorenpool zur Finanzierung einer Mannschaft in der Niederrheinliga.
    Das die 19 Phantom Persönlichkeiten auch weiterhin nebulös agieren möchten, ist nur zu verständlich, wirken sich doch negative Schlagzeilen auf den eigentlichen Geschäftsumsatz direkt aus.

    Ohne das wahre Ausmaß der Verbindlichkeiten zu kennen, tippe ich darauf, dass die beteiligten Akteure schon aus Selbstschutz eine Insolvenz verhindern werden und parallel dazu mindestes für einige Jahre auf jedes Sponsering verzichten werden.

     
  17. 1

    Das haben alle im fanbereich involvierten Leute, nach der unsäglichen Entscheidung der Stadt im November letzten Jahres, schon lange gesagt. Insolvenz und von vorne anfangen, in welcher Liga auch immer. Schade für die Gläubiger, aber wenn die Gesetze solche Möglichkeiten eröffnen, sollte man zuschlagen.