Diejenigen, die Hiltrud Leenders näher kannten, wussten, dass das Buch „Pfaffs Hof“ ihr Vermächtnis werden würde. Der Krebs, der sich in ihrem Körper festgesetzt hatte, war nicht aufzuhalten. Als das Buch am 26. Juni erschien, war sie bereits zu sehr von der Krankheit gezeichnet, als dass sie es noch hätte persönlich vorstellen können. Am vergangenen Wochenende ist die Autorin ihrem Leiden erlegen, und der Niederrhein ist um eine starke Persönlichkeit ärmer, die mit wachem Verstand und voller Feingefühl auf das Geschehen um sie herum zu blicken vermochte und die richtigen Worte dafür fand.
Hiltrud Leenders wurde 1955 geboren und arbeitete zunächst als Übersetzerin und Lyrikerin. Dieses literarische Schaffen fand zunächst unter geringer öffentlicher Anteilnahme statt. Doch das änderte sich, als sie das Genre wechselte und gemeinsam mit ihrem Mann, dem Chirurgen Dr. Artur Leenders und dem Psychologen Michael Bay als Trio Kriminalromane, die in Kleve und im Umland spielten, veröffentlichte.
1992 erschien der erste der Leenders/Bay/Leenders-Krimis, danach ging es beinahe im Jahrestakt weiter. Bücher wie „Königsschießen“, „Feine Milde“ oder „Jenseits von Uedem“ gehörten bald zur Standardausstattung eines niederrheinischen Bücherregals, und der literarisch gebildete Klever wusste stets um den Beziehungsstatus der beiden Hauptfiguren Helmut Toppe und Astrid Steendijk. Insgesamt 17 Bücher erschienen in der Reihe, die ersten noch beim Grafit-Verlag, alle anderen bei Rowohlt; der Verlag aus Reinbek bei Hamburg verhalf dem Autorentrio zu noch größerer Berühmtheit.
Geschrieben wurden die Romane von Hiltrud Leenders, die „vom Fach“ war, die Handlung dachten sich die zwei Männer und die Frau im abendlichen Runden bei dem einen oder anderen Glas Rotwein und der einen oder anderen Zigarette aus. Durch alle Bücher zog sich reichlich Lokalkolorit, sei es durch die Beschreibung von Orten oder durch das Platt, das einer der Protagonisten – Kommissar van Appeldorn – beharrlich spricht. Aber natürlich waren diese Romane allesamt Pageturner, bei denen die Handlung vorangetrieben wird und der Leser am Ende einen Täter präsentiert bekommt.
Das ist bei „Pfaffs Hof“ ganz anders. Das Buch beschreibt in sanften Sätzen eine Nachkriegskindheit in einem Dorf am Niederrhein. Ein junges Mädchen zieht mit seinen Eltern nach einer verunglückten Lebens-/Familienplanung nicht wie geplant ins Bergische Land, sondern in eine Baracke nach Nierswalde.
Die Geschichte, die unschwer zumindest in Teilen als Leenders‘ eigene Lebensgeschichte zu erkennen ist, zeichnet ein liebevolles, melancholisches Sittengemälde eines Dorfes, in dem an der Oberfläche zwar alles in Ordnung zu sein scheint, wo es jedoch bei näherem Hinsehen eine Vielzahl von kleinen und größeren Dramen gibt – von Ehebruch und Prostitution bis hin zur unbewältigten Nazivergangenheit. Das Buch endet, als die Erzählerin von der Grundschule zum Gymnasium überwechselt, also vom Dorf in die Stadt kommt.
Mal abgesehen davon, dass ein Niederrheiner, der heute 50 Jahre alt oder älter ist, eine Fülle von verloren gegangenen Alltagshandlungen wiederfindet, beispielsweise den Brauch, gekaufte Eier in Zeitungspapier einzuschlagen, rettet Hiltrud Leenders mit ihrem Buch auch zahlreiche Wörter vor dem Vergessen. So ist das Knie des jungen Mädchens nach einem Sturz zum Beispiel nicht blutig oder wund, sondern „aufgeschrappt“.
Hiltrud Leenders wurde nur 63 Jahre alt. Sie hinterlässt ihren Mann und zwei Kinder. Vielleicht wird es ihnen und den anderen Menschen, die ihr nahe standen, ein wenig Trost geben, dass sie in diesem anrührenden Buch weiterlebt. Der Niederrhein aber muss von nun an auf eine Stimme verzichten, von der man gerne noch sehr viel mehr gehört hätte.
Nicht van Appeldorn sondern Ackermann spricht beharrlich Niederrheinplatt. MfG
Ich hatte vergessen, dass ich auch „Ströppken“ genannt wurde und vieles andere mehr wurde wieder an die Oberfläche geholt. Hoffentlich lesen die Angehörigen von Hiltrud Leenders welche Bereicherung ihr letztes Buch für so viele Leser ist: ach, es wird mir wehe ums Herz, wenn ich bedenke, dass sie nicht mehr lebt.
Hiltrud Leenders,
war eine starke Persönlichkeit, ein lebensfroher Mensch, ein Vorbild und ist
eine bleibende Erinnerung durch Ihre wunderbaren Bücher.
Ein „Danke“ für ihr letztes Buch, das die damalige Zeit authentisch darstellt.
Fühle mich mit ihr verbunden als Kind dieser Zeit.
Einen lieben Gruß an ihre Familie !
Was für ein Bild das berührt und in Erinnerung bleibt.
Es ist sehr traurig das Hiltrud verstorben ist. Hätte gerne mit ihr über das Buch gesprochen, da ich ganz viele Geschichten und Menschen von Pfaffs Hof (Puffs Hof) kenne. Hätte sie gerne so viel gefragt.SCHADE
Der Familie meine AUFRICHTIGE TEILNAHME
Auch ich bin dankbar für den Nachruf auf Hiltrud Leenders. Da nicht mehr in Kleve wohnend wusste ich nicht von ihrer Krankheit. Habe gerade das Buch gelesen, das mich sehr berührt hat und das ich wärmstens empfehlen kann.
Vielen herzlichen Dank für den gefühlvollen Nachruf.