Eine Orgie des Wohlgefallens

Großes Theater. Unter den 200 Zuschauern auch Ex-Bürgermeister Theo Brauer, der sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollte
Großes Theater. Unter den 200 Zuschauern auch Ex-Bürgermeister Theo Brauer, der sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollte

Es war eine dieser Ratssitzungen, die eine dampfig-wohlige Wärme ausstrahlten. Der WDR war vor Ort, geschätzte 200 Zuschauer, und unter der Decke hing noch Karnevalsdekoration. Am Ende, nach nicht einmal einer Stunde, fällten die Stadtverordneten einstimmig den Beschluss, dem Konrad-Adenauer-Gymnasium zu Beginn des neuen Schuljahres ausnahmsweise einen vierten Klassenzug zu ermöglichen, so dass jedes Kind aus Kleve, Kranenburg und Bedburg-Hau, dass im Sommer auf eine weiterführende Schule wechselt, exakt jene Schulform besuchen kann, die seine Eltern für richtig erachten. Im Großen und Ganzen also eine Orgie des Wohlgefallens, an deren Ende sich alle, die daran beteiligt waren, zufrieden auf die Schulter klopfen konnten.

Wolfgang Gebing, Fraktionsvorsitzender der CDU, sagte zu Beginn der Sondersitzung in der Mehrzweckhalle Materborn: „Wir wollen mit dieser Ratssitzung versuchen, eine Lösung zu finden, mit der der Elternwille umgesetzt werden kann.“ Petra Tekath (SPD) krittelte ein wenig an den Eltern herum, die ihren Kindern zu ehrgeizige Bildungsgänge verordneten, was aber nicht hundertprozentig verständlich war. Hedwig Meyer-Wilmes (Grüne) bemängelte, dass aufgrund einer städtischen Pressemitteilung der Eindruck erweckt wurde, dass das Anmeldeverfahren ein Lotteriespiel sei. Es gab noch drei, vier weitere Wortmeldungen, wobei Daniel Rütter (FDP) die Lacher auf seiner Seite hatte: „Schulwechsel hat es immer gegeben, das ist mir auch passiert, und aus mir ist auch etwas geworden, ich bin in der FDP gelandet.“

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10 Kommentare

  1. 10

    Korrektur:
    Die Stadt Kleve hat das Alltours-Gebäude, das Interimsrathaus, für 2,9 Millionen gekauft.
    Damit wird das Klever Gebäudechaos vollends sichtbar.
    Wieso hat man dann das alte Rathaus überhaupt abgerissen und für mehr als 12 Millionen neu gebaut?
    Für ein Viertel der Summe und ohne jährliche 300.000,00 Miete kann man jetzt die gleichen Funktionen unterbringen.
    Dann hätte die ganze Arbeitszeit-, Energie- und das Kapital von mehreren Jahren in die Schulen gesteckt werden können.
    Was für eine Verschwendung!
    Und was Herr Bay so alles am Ende des Artikels sagt spricht auch Bände.
    http://www.rp-online.de/nrw/staedte/kleve/stadt-kleve-hat-alltours-gebaeude-gekauft-aid-1.6615878

     
  2. 9

    @8Nasenbär
    Das Gebäude an der Landwehr, ehemals Alltours, ist nicht gekauft sondern gemietet.
    Jeder Monat durch Missmanagement verursachte Bauverzögerung bei der sogenannten Rathaussanierung -in Wahrheit wurde es dann doch ein Neubau- kostet die Klever Bürger eine fünfstellige Summe, man munkelt 25.000,00 im Monat.
    Und ein Umzugstermin steht bis heute nicht fest.

     
  3. 8

    Also Museen gibt es auch in anderen Kommunen, nur dass Bedburg-Hau Moyland nicht zahlt und Xanten den APIX nicht. Es liegt nicht am Museum, es liegt nicht daran, dass ein Museum teuer ist, sondern an der Aufgaben- und Lastenverteilung und ja, das ist eine politische Entscheidung.
    Ãœbrigens sind auch die Gebäude und Ausstattung von VHS und Bücherei nicht mehr taufrisch, ich war heute noch mal wieder in der Bücherei, manches kommt mir aus dem Marstall noch bekannt vor. Ich meine aber mal gehört zu haben, dass Schulen Pflichtaufgabe und der Rest halt Rest ist.
    Da ich nicht über „Interna“ verfüge, mal in die Runde gefragt, woher denn das Geld für den Kauf des derzeitigen Verwaltungsgebäudes an der Landwehr kommt? Wobei ich keine Ahnung habe, was so ein Gebäude kostet (oder Umgekehrt Mondernisierungen von Schulen oder anderen Einrichtungen).
    So als einfacher Bürger wären ein paar erläuternde Sätze der Stadt da mal schön, einfach um es zu verstehen, vermutlich gibt es gute Gründe.

     
  4. 6

    Habe(n Sie)dank!
    Nett formuliert!
    Jetzt mal die Ärmel hochgekrempelt und Kleve auch für geeignete Lehrkräfte attraktiv machen!

     
  5. 5

    Vor ca. 10 Jahren machten ca. 25 % eines Klever Schuljahrganges Abitur.
    Im Ruhrgebiet waren es ca. 50 Prozent.
    Kleve befand sich in dem Bundesbericht über Bildungschancen für Kinder auf einer der letzten Stellen von über 400 Kreisen und Gemeinden.
    Ursache war ganz gewiss nicht, dass die Klever Schüler dümmer sind.
    Es gab in Kleve schlichtweg zu wenig Schulen, die den Weg zum Abitur geboten haben.
    Und dies war von Verwaltung und Politik jahrzehntelang so gewollt. Genau von denen, die jetzt meinen in den Diskussionen die Anführer spielen zu müssen.
    Umfragen unter Eltern die ergaben, dass man wesentlich mehr Schulen braucht, die zum Abitur führen, wurden unter Verschluss gehalten. Die Verwaltung und Ratsmehrheit musste auf dem Klageweg gezwungen werden die Ergebnisse zu veröffentlichen.
    Anschließend gab es eine weitere Elternbefragung mit einem ebenso eindeutigen Ergebnis.
    Hierzu gab es dann eine Empfehlung des Fachmannes Garbe.
    Aber selbst diese Empfehlung schoben Verwaltung und Rat zur Seite und schufen weniger Schulen met weniger Zügen und gymnasialer Oberstufe als empfohlen

    Heute gibt es immer noch Politiker und Außenstehende, die meinen lauthals den Elternwillen als überehrgeizig und fehlgeleitet diskriminieren zu dürfen. Dabei kamen sie selbst nicht ihrer Verantwortung nach, die richtigen Schulen in Kleve zu etablieren. Die Fehlen bis heute.
    Sie versuchen nun einer Bürgermeisterin die Verantwortung für etwas in die Schuhe zu schieben, was sie selbst seit Jahren nach eigen Gutdünken falsch gemanagt haben.

    Natürlich wird es immer Schüler geben, die es nicht packen.
    Aber in Kleve gab es traditionell schon seit langer Zeit zu wenig Schulen mit gymnasialer Oberstufe.
    Dies stellte jahrzehntelang eine bewusste Benachteiligung der Klever Schüler dar.
    Zukunftschancen für Kinder werden hier mit Füßen getreten.

    Dazu gehört auch die Unterhaltung der Schulgebäude.
    Während in Kleve die Bausubstanz der Schulen jahrzehntelang vernachlässigt wurde, hatte man Millionen für Museen über.
    Auch hier laufen jetzt die gleichen politisch Verantwortlichen lauthals vorneweg und werfen der Verwaltung Unvermögen vor.
    Wenn man vor Jahrzehnten ein kontinuierliches Programm zur Unterhaltung und Modernisierung gestartet hätte, gäbe es die heutigen Probleme beim Schulbau nicht.
    Liebe Ratsrädelsführer, an eurer Stelle wäre ich an dieser Stelle besser ganz ganz leise.
    Ihr schiebt die Entscheidungen seit Jahrzehnten um km von rechts nach links und zurück, aber nur wenige mm vorwärts.

    Und wenn euch der Elternwille um die Ohren fliegt, tut ihr auch noch so, als sei das neue Konzept eure Erfindung.
    Nein liebe Wolfgangs, Hedwigs, Daniels, Petras und Michaels.
    Die Schüler, die schon in den 80ern an maroden Schulen unterrichtet wurden, sind heute erwachsen und lassen sich dieses Politikgehabe nicht mehr gefallen.

     
  6. 4

    Die Qualität des Elternwillen ist nicht zu unterschätzen! Auch der Einwand von „???“ ist sicherlich nicht vom Tisch zu wischen, aber m.E. nicht wesentlich.

    Aus eigener Erfahrung und Entscheidungsprozessen anderer Eltern, die wir begleitet haben, sind die Kriterien für die Schulwahl wesentlich komplexer, als so manch Außenstehender zu glauben meint.

    Die Vielzahl von Nachhilfestunden ist m.E. eher dem völlig überalterten, reformbedürftigen Schulsystem und fehlorientierter Ausbildung der Lehrer geschuldet, als einer falschen Wahl von Schulformen.

    Eltern sind unbequem. Sie richten sich nicht nach Ideologien, sie scheren sich nicht um Standorte, Immobilien, Platzmangel, Kassenlage oder Lehrermangel. Sie sind unbequem, weil sie als Souverän Politik und Verwaltung indirekt vorgeben, was wann und wo gebaut, umgebaut, ausgebildet und verändert werden muss und nicht umgekehrt. Das ist gut so und es freut mich!

     
  7. 3

    Ich hatte zu Grundschulzeiten eine Hauptschulempfehlung.

    Heute stehe ich mit Abitur und Hochschulabschluss da.

    Dies verdanke ich meinen Eltern, die mein Potential erkannt und gefördert haben. Ganz ohne Blessuren und persönlichkeitsbrechenden Druck.

    Die Lehrer der Grundschule haben weder dieses Potential erkannt, noch meine Fähigkeiten ausreichend gefördert.

    Sich bietende Chancen muss man nutzen und sich nicht gleich ergeben. Und die Gesellschaft muss diese Chancen mit allen Schulformen ermöglichen

     
  8. 2

    Zusätzliche Nachhilfeangebote können nun schon beginnen zu planen………..die armen Kinder, die ohne Eigeninitiative, in eine elterngewünschte Schulform gepresst werden!

     
  9. 1

    Viel Glück den Kindern!
    Zum Glück gibt es ja das Netz in Form von Real- und Gesamtschulen, welche dann die gebrochenen Seelen auffangen, welche dem Ehrgeiz ihrer wohlwollenden Eltern nicht in dem geforderten Maße gerecht werden konnten.
    Der Entschluss seitens des Rates war richtig, die Eltern werden nicht bevormundet und können nun das tun was Eltern tun: Das aus ihrer Sicht Beste für ihr Kind/ihre Kinder.
    So sehr ich auch allen Kindern wünsche, den eingeschlagenen Bildungsweg erfolgreich und ohne seelische Blessuren abzuschließen, so sehr habe ich Angst um jene Kinder die es nicht schaffen werden.