Starten wir das neue Jahr nach dem hochfliegenden philosophischen Grundsatzbeitrag nun inhaltlich erdverbunden mit Nachrichten aus der Klever Gastronomie, die zum Jahreswechsel in so rascher Folge kamen, dass man Mühe hatte, sich alles zu notieren. So postete Karin Mergens, Betreiberin der „Nachtschicht“ an der Marktstraße, noch am 19. Dezember, dass in dem für seine ausgedehnten Öffnungszeiten bekannten Lokal am 31. Dezember Schluss sei. Silvester durften für eine Flatrate von 40 Euro die Vorräte dezimiert werden. Ein Kommentator schrieb: „Ich wünsche dir für deine Zukunft das Allerbeste, ich habe viele Morgen bei dir verbracht, um abzuschalten, viele nette Menschen kennengelernt. Schade, dass wieder eine Kultkneipe schließt. Leider stirbt Kleve immer mehr aus.“
Die Befürchtung bewahrheitete sich im Fall der „Nachtschicht“ allerdings nicht, denn schon am Morgen des Silvestertages um 6:25 Uhr, also vermutlich unmittelbar nach Vertragsabschluss, gab es eine neue Mitteilung von Karin Mergens: „Und es geht doch weiter in der Nachtschicht-Kleve. Für Renovierungsarbeiten kurzfristig geschlossen. Neuer Pächter!!!“ Wer das ist, konnte noch nicht in Erfahrung gebracht werden, allerdings waren im neuen Jahr schon Handwerker zugange in dem Lokal, das unter den Namen „Regenbogen“ und „Route 66“ schon auf lange und wechselvolle Geschichte zurückblicken kann.
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Pächterwechsel ist auch das Gebot der Stunde in der Schlossstraße, wo Berti Vettorel vor zweieinhalb Jahren im Alter von 73 Jahren das 1983 von Bernhard Fluck gegründete „Marställchen“ neueröffnete und mit dem Namenszusatz „Bersatho’s“ (nach den Vornamen der Beteiligten) weiterführte. Zum Jahresende hat der Senior sich entschieden, das Lokal in neue Hände zu geben.
Auf Facebook hieß es dazu: „Das Bersatho’s Marställchen sieht dem Sonnenuntergang entgegen. Es ist Zeit für Neues! Wir bedanken uns bei all jenen Gästen und Mitarbeitern, die das Bersatho’s Marställchen zu etwas besonderem gemacht haben. Insbesondere gilt unser Dank den Gästen, die seit der Eröffnung bis heute dem Bersatho’s Marställchen treu geblieben sind! Es sind z.T. tiefe Freundschaften entstanden, wofür sich alles gelohnt hat. Für die Lokalität wird es ab 01.01.2025 Nachfolger geben, Jenny und Jürgen. Wir wünschen ihnen viel Erfolg und dass unsere Stammgäste ebenfalls den neuen Wirten ihr Vertrauen schenken!“ Berti versprach, als Gast ab und an vorbeizuschauen – ein Übergang im Guten also.
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Schluss, so richtig Schluss hingegen ist nach zehn Jahren für das Casa Cleve, geschätzt insbesondere für größere Runden aus traurigen und freudigen Anlässen. Versuche des Immobilienbesitzers, der Zevens Grundbesitz GmbH, einen Nachfolger zu finden, fruchteten nicht. Inhaber Rainer Vogt sah für sich mit 60 die Altersgrenze erreicht. Noch einmal fünf Jahre verlängern, das wollte Vogt nicht: „Dieser Beruf ist einfach zu kräftezehrend.“
Zum Abschied gab er RP-Mitarbeiter Helmut Vehreschild ein Interview, in dem er das Unvermeidliche in Worte fasste: „Viele Menschen müssen sich jetzt einen neuen Platz suchen.“ Das gilt übrigens nicht für die ebenfalls vom Casa Cleve geführte Gerichtskantine, die von der Clivia-Gruppe weitergeführt wird (übrigens inkl. Altweiberparty). Nach der Augenblick Skylounge, der Schute Marina und der Stadthalle das vierte gastronomische Objekt von Clivia, weiteres Wachstum nicht ausgeschlossen.
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Der siebte Döner-Betrieb in der Oberstadt (ehemals Pizzeria Dolce Vita aka Pizza Stüppken) hat schon zum Jahresende unter der Leitung von Sebaz Malak seinen Betrieb aufgenommen. Der Name Ufo-Döner weist darauf hin, dass es an der Hagschen Straße Döner in Form einer fliegenden Untertasse gibt. Die besondere Form der Brottasche soll verhindern, dass der oder die Verspeisende sich mit Zazikisauce einsaut – es gibt keine offene Laderampe mehr, das Gerät ist sicher verschlossen. Und da sage noch einer, in Deutschland gebe es keine Innovationen mehr! (In diesem besonderen Fall aber dann auch eine, die aus Korea importiert wurde.)
Der Döner – eine Symphonie der Aromen, eingewickelt in warmes Fladenbrot, ein Mahl, das zugleich einfach und doch ein Spiegel globaler Verflechtungen ist. Wie ein Mosaik aus Kulturen, dessen bunte Steinchen zufällig, beinahe spielerisch, zusammenfinden und doch eine stille Ordnung offenbaren. Fleisch, das langsam am Spieß kreist, sich dem Feuer hingibt, um in goldbrauner Knusprigkeit zu enden – ist das nicht ein Sinnbild für die geduldige Verwandlung, die auch uns Menschen formt?
Zwischen den Lagen von Salat, Tomaten, Gurken und der cremigen Sauce verbirgt sich mehr als nur Geschmack; es ist ein Dialog, eine wortlose Verhandlung zwischen Tradition und Moderne. Ein Bissen, und man schmeckt die belebten Straßen Istanbuls, das geschäftige Treiben Berlins, das leise Murmeln von Geschichten. Die Schärfe der Zwiebeln, das sanfte Kitzeln von Minze – sie erinnern an die Widersprüche des Lebens, an Begegnungen, die brennen und zugleich kühlen.
Wie oft eilen wir achtlos an den Imbissbuden vorbei, deren Leuchtreklamen in der Dunkelheit flimmern, als wären sie Leuchtfeuer für die Hungrigen, für die Rastlosen? Und doch bergen sie in ihrem Inneren kleine Altarstätten der Geselligkeit, Orte, an denen das Anonyme für einen Moment zum Vertrauten wird. Der Döner, er wird zur Brücke zwischen Fremden, geteilt in der Stille einer durchzechten Nacht oder im hektischen Mittagstrubel.
Ist er nicht auch Sinnbild für Anpassungsfähigkeit, für die leise Kunst des Sich-Einfügens, ohne sich selbst zu verlieren? Einst ein Mahl für die Wandernden, nun Ikone urbaner Esskultur. Vielleicht flüstert uns der Döner zu, dass in der Vielfalt, im scheinbaren Chaos, eine verborgene Ordnung liegt, die uns alle verbindet.
So beißen wir hinein, spüren das Knuspern, das weiche Brot, die Frische der Zutaten – und vielleicht, nur vielleicht, schmecken wir für einen Augenblick die Welt in ihrer ganzen widersprüchlichen Schönheit.
Was ist eigentlich aus den Plänen geworden, dass sich die niederländische Restaurantkette ‚t Zusje in Kleve mit einer Dependence niederlassen will und nach einer ansprechenden Immobilie sucht?
@4 Einige haben diesen Weg gewählt. Ist wie Alkohol keine Lösung.
Die 1970er und 1980er Jahre, in denen die Kinder der Kriegskinder aufgewachsen sind, bedeuteten die für die meisten einen gewissen Wohlstand und eine Freiheit, die die Eltern oft nicht hatten. Das vor dem Hintergrund der eher verdrängten NS-Zeit.
Damit muss man erstmal umgehen können. Wenn man sich selber und damit die eigenen Grenzen nicht kennt, ist das schwierig. Außerdem fühlte sich die Sprachlosigkeit der Eltern ja an wie zu wenig Liebe.
Stattdessen vermehrt stiller, heimlicher Konsum illegaler Drogen?
@2 Günther Hoffmann
Die Generation, die Sie meinen, hat viel gearbeitet und zu wenig über Gefühle gesprochen. Weil sie es nicht gelernt hatte und dazu oft autoritär behandelt worden war.
Die Kinder dieser Generation sind dann oft beim Therapeuten gelandet. Das hat vielen geholfen.
Meine Version Klever Kneipen Kultur.. 😁🤔 Top soziale Welt der nach ☝🏽 WK II AUFBAUER 👍🏽 die ihren „daily“ Stress nicht wie heute von 00 Psycho Experten behandeln ließen 🙄 😂 ,sondern das mit „IHRESGLEICHEN“ im „Blaumann“ bei Bier+ Korn an den Theken der bekannten Klever Kneipen 😢 regelten. 👍🏽 😎 ..🥳 🍻
Es ist bekanntlich im Januar nach Silvester, etwas ruhiger. Einige machen auch den „Dry January“ (ein sogenannter, selbst auferlegter, alkoholfreier Monat. So haben die neuen Pächter v. Marställchen & Nachtschicht, etwas Zeit sich einzuleben in ihrer neuen Rolle als Wirte. Bald ist auch schon Ende Februar, bereits wieder Karneval.