„Das hieß doch früher mal Maizena Organchemie.“ Das ist der Standardreflex bei Klevern, die auf den Abgang von National Starch angesprochen werden. Stimmt, und unter diesem Namen gehörte das im Klever Osten gelegene Werk zur Herstellung von Maisstärkeprodukten seit 1958 zur Maizena GmbH mit Sitz in Hamburg. Am Ende seiner Geschichte, die vergangenen Donnerstag besiegelt wurde (mehr hier), hieß der Mutterkonzern Henkel. Zwischen dem ersten Hauptsitz und dem letzten Hauptsitz liegen 400 Kilometer.
Doch bekanntlich geht Big Business selten den direkten Weg, und so habe ich mir mal die googleunterstützte Mühe gemacht, herauszufinden, was zwischen Hamburg und Düsseldorf so passiert ist. Hier der Überblick:
- Im März 1987 verlegt Maizena seinen Firmensitz von Hamburg nach Krefeld, wo ebenfalls ein Werk betrieben wird (412 km).
- Noch im gleichen Jahr erwirbt der italienische Lebensmittelkonzern Gruppo Ferruzzi den Maizena-Industriebereich, der fortan unter Cerestar firmiert. Das Kunstwort setzt sich zusammen aus Ceres, der Göttin für Getreide, und den ersten Buchstaben des englischen Wortes für Stärke, starch. Ferruzzi hat seinen Sitz in Ravenna, 1182 Kilometer von Krefeld entfernt.
- Aus Gründen, die nicht zu ermitteln sind, wird Cerestar ebenfalls noch 1987 an den französisch-italienischen Konzern Eridania Béghin-Say S.A. weiterverkauft – allerdings offenbar ohne die Klebstoffproduktionsstätten, zu denen auch das Werk Kleve gehört.
- 1990 kauft nämlich das in Manchester ansässige Chemieunternehmen BTP, 1900 km von Ravenna entfernt, von Ferruzzi „das kontinentale Klebstoffgeschäft der Cerestar Deutschland GmbH„. Kaufpreis (umgerechnet): 23 Millionen Euro.
- Es erfolgt offenbar eine Umbennung in Mydrin GmbH, die jedoch auch nur acht Jahre hält, weil 1998 BTP sein deutsches Mydrin-Geschäft an National Starch weiterreicht. Zu diesem Zeitpunkt hat National Starch bereits zweimal den Besitzer gewechselt: 1978 akquiriert Unilever das Unternehmen, 1997 legt der Chemiekonzern ICI (Sitz in London, 336 km bis Manchester) 8 Milliarden Dollar auf den Tisch, um National Starch zu schlucken.
- Der letzte Akt ist dann ein Doppelschlag: Akzo Nobel (Amsterdam, 538 km bis London) erlegt im vergangenen Jahr ICI, und als Teil dieses Deals erhält der Klebstoffgigant Henkel (Düsseldorf, 238 km bis Amsterdam) das National-Starch-Paket für 2,6 Milliarden Euro (laut Manager Magazin).
Und so ist der Eigner des Klever Werks nach einer 21-jährigen ökonomischen Odyssee von 4606 Kilometern durch halb Europa und nach fünf Besitzerwechseln plötzlich wieder nur einen Steinwurf von Kleve entfernt – und Kleve acht Monate später weg vom Fenster.
Kleiner persönlicher Kommentar: Bürgermeister Theo Brauer hätte vermutlich auch Handstand vor dem Werkstor machen können – hätte er eine Chance gehabt?
Nachbemerkung: Möglicherweise ergibt sich da noch die eine oder andere Änderung, in manchen Jahren verliert sich die Spur etwas…
Ja, so ist das heutzutage, die saugen sich alle die Millionen in den Pansen und der kleine Malocher bleibt auf der Strecke, es ist zum erbrechen!!!