(Aktualisierte Fassung, jetzt mit Mönchsgrasmücke) Kürzlich meldete die linientreue Presse mit dem säuselnden Tremolo des Untergangs, der Kuckuck sei vom schleichenden Tod bedroht. Aber ist das wirklich so schlimm? Wer, zum Kuckuck!, glaubt der Kuckuck zu sein, dass solch ein Aufhebens um sein Ableben gemacht wird?
Bei näherer Betrachtung fällt zwar auf, dass der Kuckuck scheinbar unentbehrlicher Bestandteil deutschen Volksliedgutes und zudem das Alleinstellungsmerkmal einer Zeiterfassungsindustrie im Südwesten Deutschlands ist. Im Klassiker „Die Vogelhochzeit“ hat der Singvogel sogar eine tragende Rolle: „Der Kuckuck schreit, der Kuckuck schreit, er bringt der Braut das Hochzeitskleid.“ Reicht das?
Denn auf der anderen Seite muss man ohne viel Federlesens leider konstatieren: Der Kuckuck ist charakterschwach. Was in der Menschenwelt der miese Hartz-IV-Betrüger ist, der sich ungerechtfertigt Leistungen der Gesellschaft erschleicht, ist in der Welt unserer gefiederten Freunde niemand anderes als – der Kuckuck. Er vögelt wild herum, aber seine Kinder interessieren ihn nicht die Bohne. Stattdessen müssen andere Vögel die sprichwörtliche Natter an ihrer Brust nähren und tränenden Auges mitansehen, wie der eigene Nachwuchs von den immer fetter werdenden Kuckuckskindern aus dem Nest gedrängt wird.
Einige 100.000 Jahre kam der Kuckuck mit dieser Ellbogenmentalität gut zurecht. Eine Sauerei bleibt das Verhalten dennoch, und zuletzt mussten nun die Tierschützer feststellen, dass andere Vögel offenbar die Konsequenzen gezogen und den Nestbau schlichtweg verweigert haben. Das ist Ihr gutes Recht! Auch in Deutschland wird niemand gezwungen, ein Einfamilienhaus mit Garten zu bauen, um dann darin den geizigen Nachbarn einziehen zu lassen.
Der Kuckuck aber staunte. Hektisch versuchten einige Vertreter der Art noch schnell den Bau von Kuckucksnestern. Aber wie das so ist, wenn man sich äonenlang behaglich in der sozialen Hängematte gefläzt hat, wird es schwer, eine andere Mentalität zu entwickeln.
Bei einem Waldspaziergang im Tiergartenwald konnte ich kürzlich einige klägliche Versuche von Kuckucksnestern entdecken – wer, um alles in der Welt, soll sich in so lustlos zusammengetackerten Unterkünften wohl fühlen?
Nicht einmal erschallte der Ruf des Kuckucks, stattdessen stolzierte der schwerkraftaufhebende Kleiber fröhlich die Stämme hinunter, Schwarzkopffinken, die in Wahrheit Mönchsgrasmücken heißen, was aber keinen Leser zu interessieren scheint, was mich an der grundsätzlichen Relevanz dieses Artikels zweifeln lässt, jubilierten, und an einigen Stellen hackten Spechte das geheime Zeichen für „kuckuckfreier Forst“ in die zentralen Signaleichen. Auch wenn der Wald insgesamt sehr unaufgeräumt schien, so machten die Vögel doch grundsätzlich einen entspannteren Eindruck als noch Im Krisenjahr 2008. Und die Nachtigall, 1995 Vogel des Jahres, hat noch keine einzige ihrer 260 Strophen gesungen!
Und, Vögel, Darwin wäre stolz auf euch! Tja, Kuckuck, da kuckst du!
„Grasmücke solange den Kuckuck speist, bis sein Junges ihr endlich den Kopf abbeißt“
(William Shakespeare)