Unsereins, der mit unerschütterlicher Zuversicht das weltverbessernde Tagesschriftstellergewerbe ausübt, hat sich in der Regel ein Leseverhalten angeeignet, das Texten mit der Anmut einer Kartoffelerntemaschine zu Leibe rückt. Natürlich nahezu alles, von einer mittäglichen Kaffeepause mit Print mal abgesehen, elektronisch. Google Reader usw.
Nun ist es aber aktuell so, das mich der Auftrag, einen langwierigen, und, was den Fall angeht, sehr hässlichen Mordprozess berichterstattend zu begleiten, zu einem regelmäßigen Besucher der Schwanenburg gemacht hat. In den nicht seltenen Prozesspausen streune ich gerne – mit dem einen oder anderen guten Hinweis versorgt (mit Dank an die Tippgeberin) – durch die Gänge und schaue, was es sonst noch so gibt.
Eine sehr schöne Entdeckung machte ich im dritten Obergeschoss: Es gibt eine Gerichtsbücherei! Der Lesesaal mit hochlehnigen Stühlen auf blankpoliertem Holzboden sowie mit einigen heimeligen Separees verströmt eine geradezu harrypottereske Atmosphäre. Passend dazu gemahnt den Besucher die zur Auswahl stehende Lektüre – z. B. „Entscheidungen des Reichsgerichts – Strafsachen – Bd. 28“ oder Halbjahresbände der Neuen Juristischen Wochenschrift aus den 50-er Jahren -, seine Worte sorgfältig abzuwägen und lässt eine gesunde Demut, laut Dirk Nowitzki die wichtigste Komponente der Mut, in das eigene Schaffen einkehren.
So soll es denn sein!
Noch mehr unterschätzte Orte:
Ach, die gute, alte Schwanenburg. Als ich noch im Klever Texterstellungsbusiness war, galten die Schnitzel-Variationen in der Kantine als absolutement überlegenes Mittagsmahl für Grenzlandpostreporter und Grenzlandpostredakteure. Die einen gingen anschließend zurück an die Arbeit, die anderen in die Burgklause, um mit NRZLokalteilredakteuren zu verhandeln, welche Geschichten man für die nächste Ausgabe auf gar keinen Fall „noch aktuell“ mitnehmen würde. Ist das wohl imme rnoch so? Also, das Schnitzel?
Wirklich ein Ort mit sehr viel Charme. Der Vergleich mit Harry Potter triffts.
Ich durfte dort wärend eines Schulparktikums mal einen ganzen Vormittag über Kommentaren zum StGB meinen post-karnevalistischen Kater genießen – mit Blick aus den alten Fenstern auf Kleve. Was will man mehr?