Trauriger Höhepunkt: Sex-Shop an der Heldstraße geschlossen

Hier kommt niemand mehr

Die Kunden kamen und gingen. Jetzt kommen sie nicht mehr. Ist es die Krise im Einzelhandel? Jahrzehntelang war es doch so, dass in den Geschäftsräumen (meist) der Einzelne handelte. Mit sich, an sich. Doch das ist vorbei.

Es geht um den Sex-Shop an der Ecke Heldstraße/Kavarinerstraße, der gefühlt eigentlich immer schon da war und die meiste Zeit davon irgendwie aus selbiger gefallen. Eine schwache Erinnerung aus meiner Kindheit sagt mir, dass anlässlich einer Feier im Kreise der Nachbarschaft die Eltern tuschelten, der Sohn von gegenüber arbeite nun in diesem Geschäft, was wohl als anstößig galt, aber natürlich stellt sich die Frage, woher diese Information überhaupt gekommen ist. Eine weitere, ebenfalls schon sehr verblasste Erinnerung führt in mein Jungerwachsenenleben, in dem es wohl einen Besuch dieses Etablissements gab, in dessen Rahmen der in jeder Hinsicht ebenso unerfahrene wie erhitzte Besucher der Hilfestellung bedurfte, wie die Bezahlung mit Münzen in den Kabinen funktionierte. Kleenex-Tücher lagen bereit.

Der ganze Laden hatte etwas Verruchtes und Sündiges, ihn zu betreten war wie der Besuch in einer Verbotszone, deren Warenbestand daran erinnerte, dass Sexualität auch etwas mit Spielen und Experimentieren zu tun hat, was am katholisch geprägten Niederrhein nicht unbedingt als erwünscht galt. 

Wer in heutiger Zeit durch die Kastanienallee in Berlin läuft und dort ein Geschäft für die Bedarfe dieser Art betritt, erlebt, wie die Artikel mit der Selbstverständlichkeit von Pfeffermühlen, Stabmixern und Teigrollen vertrieben werden, die Zeiten haben sich also glücklicherweise geändert. (Andererseits schafft natürlich das Anything Goes der Gegenwart auch eine Art von Druck, aber das ist ein anderes Thema.)

Schlafzimmerbedarfshandlung in Berlin: Darf’s ein bisschen mehr sein?

Wen es wiederum nach audiovisueller Assistenz dürstet, der nimmt sich seinen Laptop mit ins Bett und hat nach ein paar Tastendrücken eine solche Masse an Angeboten zur Auswahl, dass selbst der merkwürdigste Spleen noch bedient werden kann.

So gesehen, lag der Klever Sex-Shop schon lange etwas neben der Spur. Irgendwann, das mag aber auch schon ein Jahrzehnt her sein, erhielt die Fassade ein Facelift. An zwei Schaufenstern, komplett verklebt, prangte seitdem die – mittlerweile verblichene – Kehrseite einer nackten Frau, die wie Aphrodite den Fluten zu entsteigen schien. Dazu die Botschaft: „Show-Center Life Erotica Shops & Kinos“. An einem weiteren Schaufenster klebt ein großer Kussmund, daneben der Hinweis auf „DVD-Kabinen“ und „Glory Holes“. Der Eingang führte über die Heldstraße durch eine braune Metalltür, die offenstand, und dann durch einen Windfang aus Rosshaar. Doch die Metalltür ist seit einiger Zeit verschlossen.

Erotische Verheißungen hinter brauner Metalltür

Sucht man im Internet nach Hinweisen zu dem Geschäft, erhält man auf den einschlägigen Seiten interessante Rezensionen: „GH nicht direkt im Shop, im Gang gleich rechts zwischen letzte[r] u. vorletzter Kabine. In der ersten Kabine nur ein Guckloch. Sehr sauber!“ Oder: „Netter Sexshop mit Videokabinen teilweise mit Gloryhole, im Shop Spielzeug für sie, ihn und Paare, bei den Kabinen Het[e]ro, Gays, TS, TV und auch ab und zu Solofrauen und Paare“.

Die Telefonnummer, die als Kontakt genannt wird, ist nicht mehr vergeben. Eine E-Mail-Adresse verweist auf ein Geschäft in Bochum gleichen Namens, das mittlerweile ebenfalls geschlossen hat, und der Leiter der verbliebenen Niederlassung in Essen sagt: „Die Filiale ist zurzeit geschlossen.“ Es sei aber angeblich eine Wiedereröffnung geplant. Das ist natürlich eine Information, an der der eine oder andere sich aufrichten kann, allerdings sollte man nie vergessen, dass es beim Sex immer auch um Illusion geht…

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17 Kommentare

  1. 16

    An 14: Korrespondiert vielleicht mit dem „Hymer Wohnmobil“ mit niederländischen Kennzeichen. Daneben ein Mitsubishi mit handgemaltem Nummernschild. LIDL-Parkplatz. Seit Wochen.

    Skandal im Sperrbezirk ?

     
  2. 15

    @ 14

    Nein?! Echt? – Ja! Doch! – Oh! Nein! Echt?! – Doch! – Ooooooooo……. Jaaaaa…..

    PS.: Für solche Fragen ist doch Dr. Sommer zuständig! Bestimmt gibt es auch Foren auf Facebook?
    Früher, ja früher, gab es in christlichen Parteien sehr nützliche Expertise!

     
  3. 14

    Weiß eigentlich jemand, ob etwas an dem Gerücht dran ist, dass sich rund um das Spielcasino bei Burger King am Klever Ring am Wochenende in den Nachtstunden ein part-time Straßenstrich etabliert zu haben scheint? Inzwischen haben mir gegenüber verschiedene Personen Andeutungen gemacht, dass sie dort aufreizend bekleidete Frauen auf langsam vorbeifahrende Autos reagieren und anhaltende Fahrer durch heruntergelassene Seitenfenster angesprochen hätten. Einige einschlägige, gebrauchte Hygieneartikel hätten sie im Umfeld auch schon herumliegen sehen.

     
  4. 13

    @12.
    Vielleicht sollte man auch Ehefrauen befragen, ob diese mit einem, zumindest nach außen hin treuen Ehemann, glücklich waren oder sind?
    Mancher Schein trügt ………

     
  5. 12

    Oh ja, nicht weit weg wohnend sah ich viele, viele bekannte Leute, die in ihrem Leben mit erhobenem Zeigefinger Moral predigten, die treu und brav neben bzw. hinter ihren Ehefrauen hertrotteten, bei diesen ab und zu zu Wort kamen, gingen voller Vorfreude in dieses wunderschöne Etablissement und …?????? Glücklich waren sie, wenn sie herauskamen, aber wie lange nur? Es gab bestimmt einen Moment der Wiederholung (nur nicht zu Hause). SCHADE!

     
  6. 11

    Wo sich die ganzen Klever Wixxer wohl jetzt treffen. Die Schaufenstergestaltung war allerdings absolut zeitlos.
    Wann immer ich das Etabliesemant als Landmarke bei Wegbeschreibungen verwendete kam Instantan die Frage, Kleve hat nen Sexshop?

     
  7. 10

    @ 8

    „Satis eloquentiae, sapientiae parum!“ (Sallust)
    Nein, nein: „pecunia non olet“ begründete, dass der römische Staat/ Kaiser mit öffentlichen Latrinen (!) Geld einnehmen wollte!
    Die Damen, die man im antiken Rom als Hetären (meretrices) kannte, übten ein eher angesehenes Gewerbe aus. Erst durch das irgendwie triumphierende Christentum verloren sie diese Achtung, und mussten sie sich nach Hinterzimmern hin orientieren. Und das war wohl auch die Geburtsstunde gewisser Doppelmoral….. 😉
    Non, cher Jean Baptiste, je ne regrette rien!

     
  8. 9

    Der für mich zum Stadtbild gehörende Laden wird mir persönlich nicht fehlen, aber: Da schwelgst Du mal wieder in wunderbaren Formulierungen! Herrlich und unterhaltsam zu lesen.

     
  9. 8

    von wegen, der Job war verpönt, schon die hurenlopers im alten Rom wussten das, pecunia non olet, Geld stinkt nicht.
    @ 4 DM „kamen und gingen“ (S. Gainsburg) viens, entre mes reins….

     
  10. 7

    „So beliebt sind unsere Waren, schon der zweite Einbruch in vier Tagen…“

    Das muss in den 80ern gewesen sein, wo dieses Schild dort im Schaufenster hin.

     
  11. 6

    Hätte ja nie gedacht, dass ich mal einem Sexshop, den ich nie betreten habe, hinterher trauere. Aber er gehörte für mich seit meiner Schulzeit (die wichtigen Buslinien fuhren an dem Laden vorbei) zum Stadtbild.

     
  12. 5

    Es gab den Laden schon in den 1970er Jahren. Wenn der Schulbus die Heldstraße runter fuhr und unten an der Ampel warten musste, hatten Schüler/innen regelmäßig Gelegenheit, die „Schaufenster“ anzusehen. So richtig drang der Laden nicht zu mir durch, habe ihn eher unterschwellig wahrgenommen. Da ich aktuell regelmäßig dran vorbei komme, kann ich nur sagen: die Ecke wird nun hoffentlich ansehnlicher. (Das ist keine Aussage gegen Sex-Shops.)

    Btw: Vor Jahren in Köln kam ich mal just in dem Moment an einem Sex-Shop vorbei, als einer meiner ehemaligen Lehrer dort rauskam. Seinen Gesichtsausdruck habe ich noch in guter Erinnerung. Es gibt schon komische Zufälle.

     
  13. 3

    Einen Sex-Shop gab es schon zum Anfang der 80er Jahren auf dieser Ecke.
    Wir Schüler wurde immer raus gejagd, wenn wir damals noch durch die Vordertüre reingingen.
    Lang lang ist es her.

     
  14. 2

    erst Hoffmann, dann das Sebus, dann van den Bergh, dann Bause….

    jetzt der Sexshop…

    von Kleve bleibt nur noch eine traurige Hülle.

    Lichtblick: Christus-König wurde doch nicht geschlosssen….dem Himmel sei Dank.

    😀

     
  15. 1

    schade. Ich kannte den damaligen Verkäufer gut, der bis ca. Anfang 2000, ein etwas älterer Mann mit Hund unter Theke. Happy Weekend war der Verkaufsrenne. Alles schön in neutralen Butterbrottüten verpackt. Damals noch mit Videobändern und Auswahl aus ca. 30 versch. Filmen. Da der Verkäufer techn. versiert war, hat er immer die Videoköpfe ausgewechselt. Man muss wissen: hoher Verschleiß, da meistens bis ca. 22.00 Uhr geöffnet war.

    Er hat die benutzten Utensilien, aufgesammelt und entsorgt.

    Der Verkäufer war mein guter Kumpel. Netter Kerl gewesen. Leider 2009 verstorben. R.I.P. nachtraglich.

    Aus meinem Gedächtnisprotokoll und Meinung.