Eine der Grundkonstanten eines Klever Lebens muss neu definiert werden. Und wir reden hier nicht davon, dass irgendeine Ampelschaltung geändert wird oder ein alteingesessenes, inhabergeführtes Einzelhandelsgeschäft für immer seine Pforten schließt. Nein, es geht hier um etwas Elementares, um eine Sache, die so grundlegend ist, dass einem fast die Vergleiche dafür ausgehen, aber stellen wir uns beispielsweise den Umstand vor, Physiker müssten ab sofort für das Plancksche Wirkungsquantum eine andere Größe einsetzen. Bei dieser Konstante, die ein Klever in seiner DNA hatte, handelte es sich um eine kleine Unwucht in den Öffnungszeiten der Stadtbücherei.
Die Einrichtung bot dem Nutzer in Sachen Öffnungszeiten ein Kontinuum, das einerseits etwas verwunderte, andererseits aber so verlässlich war wie samstags am Markt Linde um elf Uhr beim Stand von Kriemhilds Mühle keine Schokoladencroissants mehr zu bekommen. Die Stadtbücherei hatte freitags geschlossen. Montags bis donnerstags geöffnet, freitags geschlossen, samstags ein bisschen geöffnet, das war die wohlsortierte Welt der Stadtbücherei, und eher wäre in China kein Sack Reis umgefallen, als daran etwas geändert worden wäre.
Die Zeiten hatten schon in den jungen Jahren des Autors, als die Stadtbücherei noch unter der Leitung von Wilfried Hönes im Marstallgebäude an der Schwanenburg untergebracht war, Bestand, und schon waren sie wahrscheinlich von den Altvorderern überliefert worden, die die Zeiten, in denen der Lesehungrige sich neues Material aussuchen durfte, aus einem Heiligen Gral bezogen hatte, in dem ein langbärtiger Zauberer vor seinen in Ehrfurcht erstarrten Adepten aus einem siedenden Kessel einen dampfenden Zettel fischte, dessen darin eingeätzte Worte er sodann unter Begleitung von Donnergrollen verlas: „Ich aber sage euch, niemals entweiht euren Bücherschatz, in dem ihr freitags Unwissende einlasst. Freitags gehört der Schatz euch allein, so wahr euch Gutenberg helfe!“
Hönes hielt sich daran, in treuer Pflichterfüllung, und in Träumen sah der Autor ihn freitags einsam durch die Regalreihen streifen wie ein Löwe durch die Savanne, und so, wie die mächtigste aller Raubkatzen dann irgendwann gedacht haben mag: „Ach, heute gönne ich mir mal eine Gazelle!“, so sagte sich Hönes an solchen Freitagen vielleicht: „Hach, warum heute nicht mal Knaurs Buch der modernen Physik?“
Auch Hönes Nachfolgerin Leni Michels hielt sich an das ungeschriebene Gesetz der Stadtbüchereien in Klein- und Mittelstädten, und auch deren Nachfolger Jens Neumann änderte in den ersten zwölf Jahren seines Wirkens nichts an dieser wie in Stein gemeißelten Vorschrift. Doch die Zeiten änderten sich, und insbesondere infolge des segensreichen Wirkens der Gewerkschaften, die immer mehr Menschen zu immer mehr freier Zeit verhalfen, knallten an der Stadtbücherei das anschwellenden Zeitkontingent des modernen Arbeitnehmers mit der kontingenten Zeit, die einst die Druiden verfügt hatten, aufeinander wie Elementarpartikel im Kernforschungszentrum CERN.
Kawoooom!
Ab 1. Juni gelten in der Stadtbücherei folgende neue Öffnungszeiten:
Montags geschlossen
Dienstags 10-13, 14-18 Uhr
Mittwochs 14-18 Uhr
Donnerstags 14-18 Uhr
Freitags 14-18 Uhr
Samstags 10-13 Uhr
Wer den geschlossenen Freitag also noch einmal genießen möchte, hat heute zum letzten Mal die Gelegenheit an der verschlossenen Tür zu rütteln.
https://ub.uni-koeln.de/die-usb/oeffnungszeiten-adressen
@13
Tatsächlich habe ich mir jetzt mal die Mühe gemacht, die Stadtbücherei Kleve mit entsprechenden Bibliotheken zu vergleichen.
Es erschloss sich mir nicht ganz, warum Sie Bielefeld als Vergleich wählten, daher habe ich Kleve mit 11 weiteren Bibliotheken aus der Region verglichen (Einwohner zwischen 20.000und 100.000, öffentliche Trägerschaft).
Alle Zahlen entstammen der Bibliotheksstatistik für das Jahr 2023 und können unter bibliotheksstatistik.de aufgerufen werden. Die Zahlen wurden von den Bibliotheken selbst bereitgestellt und können auch für vergangene Jahre abgerufen werden. Ich würde gerne direkt auf die Auswertung verlinken, das macht die DBS allerdings nicht mit, da müsste man die Auswertung erneut starten.
Vergleichsbibliotheken: Bocholt, Emmerich, Goch, Kamp-Lintfort, Kleve, Kempen, Rheinberg, Viersen, Wesel, Willich, Xanten.
Öffnungszeiten: die Durchschnittsöffnungszeit pro Woche betrug 25,87h. Spitzenreiter sind Wesel und Willich mit 35h, Schlusslicht sind Emmerich und Xanten mit 20h. Goch hat 27h, Kleve sortiert sich weiter unten ein mit 22h (Platz 9 von 12).
Ausgaben pro Einwohner: im Schnitt 12,96€, Spitzenreiter ist Viersen mit 20,15€, Schlusslicht Willich mit 6,23€.
Kleve liegt bei 11,51€ pro Einwohner (7. Platz von 12, Platz 7-9 sind aber nur 0,2€ pro EW auseinander). Goch investierte übrigens nur 7,86€ und zieht mit Willich und Xanten (6,33 €) den Schnitt nach unten. Alle anderen investierten immerhin mehr als 11€ pro Einwohner.
Kleve liegt hier überall im unteren Mittelfeld. Gemessen an den zur Verfügung stehenden Stellen sind die Öffnungszeiten eher wenig, finde ich:
Jahresöffnungsstunden pro Pers. Vollzeitäquivalent:
Durchschnitt 263,08h. Die meisten Stunden pro Vollzeitstelle hat Xanten mit 504h. Die wenigsten Viersen mit 128,80h und Bocholt mit 131,16h. Kleve liegt bei 154,13h. Alle anderen liegen über 200h, Goch, Rheinberg und Willich sogar über 300h. Bocholt und Viersen haben aber auch mit deutlichem Abstand die meisten Stellen.
Bei den Jahresöffnungsstunden pro VZÄ ist ein höherer Wert natürlich nicht unbedingt gut, aber mein Eindruck, dass die Öffnungszeiten länger sein könnten, wird zumindest etwas bestätigt. Vergleichbare Bibliotheken bieten mit weniger Personal längere Öffnungszeiten an.
Wie man diese Zahlen allerdings letztlich interpretiert, bleibt natürlich jedem selbst überlassen.
Die Integration dieser Elemente in den Alltag kann helfen und Bewusstsein und die Verbindung zu sich selbst zu vertiefen. Es ist wie eine spirituelle Ausbildung. Ein erfüllteres und bewussteres Leben mit Büchern und Lernen kann den Weg und das Leben bereichern.
Während meines Studiums in Gummersbach zu Beginn der 90er lag die Bücherei bequemerweise auf meinem Fußweg vom Busbahnhof nach oben zur FH (Zum Sandberg, glaube ich). Die hatte außer Mittwoch jeden Tag durchgehend geöffnet, so dass Ausleihe und Rückgabe super einfach zu machen waren. Samstag war bestimmt auch auf, aber da waren keine Vorlesungen…
Da ja das Fernsehprogramm sehr schmal war (ich hatte nur 3 Sender), gab es glücklicherweise zum einen jede Menge Zeit zu lernen und zum anderen viel Zeit zum Lesen…
@13
Das Hallenbad wird für auch fürs Schulschwimmen genutzt. Ist für mich ein eher schwaches Argument.
@Pfalzdorferin: Kleve ist (für echte Klever) eine sich allen Vergleichen entziehende Weltmetropole, um nicht zu sagen der Mittelpunkt des Universums (Ironie Ende)
Arnhem 167tsd EW gleich Großstadt
Bielefeld 338tsd EW gleich noch größere Großstadt
Kleve 54tsd EW gleich allenfalls Mittelstadt, mal abgesehen vom oben beschriebenen „Gefühl echter Klever“
Soweit recherchierbar Stadtbibliothek (Nicht Uni!) Bielefeld 5,67 Mio Euro Jahresausgaben, Kleve 627tsd, wohl mit der Baumaßnahme als einmaligem „Kostentreiber“. Bielefeld 52 Stellen, Kleve 8. Und nun kann man mal ganz kurz die Mengenlehre aus der Grundschule bemühen und feststellen, dass es da einen erheblichen Mengenunterschied gibt. Selbst pro EW gibt Bielefeld noch 5 Euro mehr aus, ob Bielefeld da bei den Kommunen spitze ist, weiß ich nicht. (5 Euro mehr in Kleve wären p.a. 270tsd Euro mehr. )
Sofern ich den Aussagen meiner Nachbarn und deren Kindern glauben kann, finden außerhalb der allgmeinen Öffnungszeiten Büchereibesuche von Klassen statt, ich selbst habe schon mal außerhalb der Öffnungszeiten geklingelt und was zurückgegeben – vor der Automatenzeit – dann muss man wohl zwischen Öffnungszeiten und Aktivitätszeiten unterscheiden.
Da hier die Frage aufkam: Freitag ist kein typischer Schließtag für eine Bibliothek, das ist meist der Mittwoch oder auch Montag.
22 Öffnungsstunden pro Woche klingt erstmal nach eher wenig. Aber da müsste man in der Bibliotheksstatistik schauen, wie viele Stunden vergleichbare Bibliotheken am Niederrhein geöffnet haben und ob Kleve dann wirklich so schlecht da steht.
Und, wem fallen in Deutschland Stadtbüchereien mit Dachterrassen ein?
Die Dachterrassen werden weiterhin auf sich warten lassen. Aber im Kopf kann man schon mal anfangen: Stadtbibliothek, Mediothek, Kulturzentrum mit Bibliothek oder vielleicht am besten ein Name wie Rozet…
Rozet ist schon toll. Wenn ich mal in Arnhem bin, besuche ich immer gerne das dortige Cafe und gönne mit auch den Ausblick von der Dachterrasse.
Arnheim Rozet Bibliotheek
Maandag – Vrijdag 08.30 – 22.00 uur
Zaterdag 08.30 – 17.00 uur
(Zelfservice-uren 08:30 tot 11:00 en 19:00 tot 22:00)
Zondag Gesloten
Als ich 2018 von Bielefeld aus hierher zog, hielt ich die Öffis erst für einen Scherz. Noch kundenunfreundlicher gingen die Zeiten ja garnicht. Hauptsache, die Mitarbeiter hatten es schön gemütlich. Nicht falsch verstehen- Hilfsbereitere Mitarbeiter als hier habe ich nirgendwo kennengelernt- aber die Öffis waren eine Unverschämtheit.
Yippee!!! Endlich mal eine gute Nachricht.
I <3 Libraries!
Als ginge die Eiszeit frühzeitig zu ende … vielleicht kann man demnächst sogar auf einmal per IBAN aus dem Ausland offenstehendes begleichen 🤞🏼🍀
@4 Tja, wann nennt Düsseldorf seine Stadtbüchereien, Bibliothek des Jahres 2023, denn mal um? Oder Hamburg seine Bücher- und Lesehallen? Das Label ändert doch nix. Und wer außer Rentnern und Arbeitslosen soll denn morgens kommen? Kinder und Arbeitende sind in der Schule oder eben auf der Arbeit und haben jetzt nachmittags eine Stunde mehr Öffnungszeit. Hoffen wir doch mal ehrer, dass es überhaupt angenommen wird, ich meine mich schwach zu erinnern, dass ein Freitagnachmittagversuch so ca. 2007 nach einigen Monaten im Sand veraufen ist. Beim Thema Zugänglichkeit ist mir am Samstag als wieder auf war eher aufgefallen, dass sich die Türen immer noch nicht automatisch öffnen, die Zugänglichkeit also für Rollatoren, Rollstühle und Kinderwagen einfacher sein könnte.
@3 Da gibt es wohl einen Tarifvertrag, der eine 5-Tage-Woche vorschreibt und auch Zuschlagsregeln für Randzeiten enthält, womit man sofort beim leidigen Thema Geld ist. Im Umkreis kenne ich keine Bücherei, die 6 oder 7 Tage auf hätte, mal von der Bibliothek des Jahres 2023 abgesehen. Übrigens war ich am Samstag nicht alleine da, gibt also doch noch einige, die Bücher mitnehmen…
Stadtbibliotheken (wann nennt Kleve seine Stadtbücherei endlich Stadtbibliothek?) haben einen kommunalen Versorgungsauftrag. Man kann sie nicht mit Bibliotheken wie die International English Library in Düsseldorf vergleichen.
Die Öffnungszeiten der Stadtbücherei Goch:
Dienstag 10:00 Uhr – 17:00 Uhr
Mittwoch 10:00 Uhr – 17:00 Uhr
Donnerstag 15:00 Uhr – 19:00 Uhr
Freitag 10:00 Uhr – 17:00 Uhr
Samstag 10:00 Uhr – 12:00 Uhr
Stadtbibliotheken leben davon, dass sie öffentlich zugänglich sind.
Mh.
Bin kein Intensivnutzer der Bibliothek Kleve … aber von 14-18h sind ohnehin schon keine Knalleröffnungszeiten, – warum man da einen Montag oder Freitag frei haben muss verstehe ich nicht.
Das Hallenbad hat wesentlich kundenfreundlichere Öffnungszeiten.
4h am Tag Öffnungszeit, – war das auch unter Hönes schon so?
Da sind ja die Pfarrbüchereien teilweise länger geöffnet…. 🙂
Andererseits: Wer liest heutzutage noch Bücher? Nicht despektierlich gemeint, – ich muss sagen auch ich ziehe die Wikipedia jedem gedruckten Lexikon vor.
Winfried Hönes habe ich sehr geschätzt in meiner Jugend. Toller Mann. Viel zu früh von usn gegangen. Wie so viele.
Es hat sich mir nie erschlossen, warum am Freitagnachmittag nicht geöffnet war. Da haben viele Leute eher Zeit als z. B. am Dienstagmorgen.
Jetzt geht der Freitagnachmittag sogar zusätzlich.
Funfact:
Freitags geschlossen war kein Alleinstellungsmerkmal der Stadtbücherei Kleve.
Bin regelmäßig in der International English Library in Düsseldorf, die auch freitags geschlossen ist und von Montag bis Donnerstag und am Samstag geöffnet hat. Vielleicht ist der Freitag für Bibliothekare was der Montag für Friseure ist. 😉