Der Mann, der in den Klever Schwanenburg im Saal A1 10 auf der Anklagebank Platz nimmt, könnte ein netter Feuilletonredakteur sein, so wirkt er jedenfalls mit seinen feinen Gesichtszügen, dem graumelierten Vollbart und dem gestreiften Hemd, welches er ohne Krawatte trägt. Doch Ralf G. (45) war auf anderem Terrain unterwegs: Er wollte in der Finanzwelt das große Rad drehen…
G. handelte mit Aktien – und verletzte dabei nach Auffassung der Staatsanwaltschaft die strengen Regeln des Wertpapierhandelsgesetzes.
Ralf G., aus Neukirchen-Vluyn stammend und zuletzt in Dubai wohnhaft, sitzt im Klever Gefängnis in Untersuchungshaft. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als vor der Wirtschaftsstrafkammer unter Vorsitz von Richter Christian Henckel zu erscheinen. Anders der Mitangeklagte Hasan S. – der lebt auf freiem Fuß in der Schweiz und ließ über seinen Anwalt schriftlich mitteilen, dass er „leider“ nicht an der Verhandlung teilnehmen könne. Sein Verfahren wurde abgetrennt, so dass es in den kommenden Monaten allein um die Verantwortung von Ralf G. für die fragwürdigen Millionengeschäfte geht.
Ein gutes Dutzend Termine hat die Strafkammer angesetzt, und schon nach dem ersten Prozesstag am vergangenen Dienstag wurde klar, dass diese womöglich auch tatsächlich nötig werden, denn der Angeklagte ließ über seinen Strafverteidiger Dr. Backhaus verlauten, dass er von seinem Schweigerecht Gebrauch machen wolle. Nicht einmal zu seiner Person mochte er Angaben machen.
Um diesen Damm des Widerstands dann doch etwas aufzuweichen, erklärte die Kammer am ersten Prozesstag, dass Einlassungen des Angeklagten bis zum 3. September noch als „frühzeitig“ gewertet werden würden, was einen strafmildernden Einfluss hätte.
Sollte er verurteilt werden, drohen Ralf G. bis zu fünf Jahre Haft. Nach Ansicht von Staatsanwalt Jochen Götte war der Angeklagte mitverantwortlich für ein Betrugssystem, bei dem Aktienverkäufe Gelder in Höhe von zwanzig Millionen Euro in die Kassen der Verantwortlichen gespült hatten.
Im Zentrum der fragwürdigen Geschäfte standen Aktien von Firmen mit so wohlklingenden Namen wie MetrioPharm AG, Prime Beteiligungen AG oder Swiss FE Steel Group. Jedoch waren die Wertpapiere so genannte Penny Stocks, die Kurse dümpelten also im Bereich von einem Euro.
Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft platzierten die Angeklagten für diese Werte in seriös klingenden, wohl aber nicht seriös arbeitenden Börsenbriefen Kaufempfehlungen mit utopischen Kurszielen. Dann wurden Telefonverkäufer angeheuert, die ahnungslosen Anlegern die vermeintlichen heißen Tipps andrehten.Die Angeklagten selbst hielten über eigene Firmen diese Aktien und konnten sie dann gewinnbringend verkaufen – für Götte ein klarer Fall von Marktmanipulation.
Den Käufern erging es weniger gut: Die MetrioPharm AG wurde Anfang 2007 für 2,01 Euro je Aktie gehandelt. Ende 2007 lag der Kurs bei zehn Cent, Ende 2009 wurde der Handel eingestellt. Die Prime Beteiligungen AG wurde Mitte 2007 für 0,85 Euro gehandelt, der Kurs wurde dann auf bis zu 1,24 Euro hochgepeitscht. Ende 2008 lag er bei 0,15 Euro. Eine Aktie der Swiss FE Steel Group kostete am 1.12.2006 bei 1,31 Euro, bevor der Preis innerhalb von zwei Jahren auf einen Cent abstürzte. Anleger, die diese Aktien teuer kauften und hielten, erlitten also praktisch einen Totalverlust.
Doch die böse Absicht dahinter, wenn es sie denn gegeben hat, muss bewiesen werden. Deshalb hat das Gericht einen Sachverständigen eingeschaltet, der bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) arbeitet. Sein Gutachten wurde erst zwei Werktage vor Prozessbeginn fertig. Außerdem übergab die Kammer der Verteidigung vier weitere Aktenordner sowie eine DVD, die den Inhalt von zehn weiteren Aktenordnern abgespeichert hatte. Das alles lässt erahnen, wie komplex die Materie ist, die die Wirtschaftsstrafkammer in den kommenden Wochen und Monaten aufzuarbeiten hat. Mehr als 40 Zeugen sollen gehört werden.
Zunächst einmal aber wurde der Prozess für eine Woche unterbrochen, damit die Verteidigung Gelegenheit hat, das Experten-Gutachten eingehend zu studieren. Der Prozess wird also am 19. August um 9:30 Uhr fortgesetzt.
Nach aktuellem Urteil wurde R.G. verurteilt. Allerdings haben die geprellten Anleger nichts davon, denn ihre Schadenersatzansprüche wurden ja abgewiesen…
@Städter Danke, wird korrigiert
Guter Artikel, hoffe wir lesen in der Folge noch mehr darüber.
Ein kleiner Fehler hat sich eingeschlichen, BaFin = Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.
Oder war es etwa reine Absicht! 😉
Ich musste teuer erleben, dass die Börse erstrangig ein Platz für Gauner ist und nichts mit seriösem Investment zu tun hat. …wie hat ein Goldman und Sachs-banker gesagt….wir haben wertlose Papiere an Witwen und Waisen verkauft….der Mann war vor Gericht reuig ……schön, sogar sehr schön, nur wurde mitunter damit die Finanzkrise aufgebaut und ausgelöst!
Ich Idiot hatte auch 20000 Swiss-Fe gekauft und später an meine Depot-Bank für —000– abgetreten