Es kann sein, dass ich so um 1978 Mitglied der Stadtbücherei Kleve geworden bin. Damals residierte sie noch im Marstall (heute: Grundbuchamt), geleitet vom schielenden Herrn Hönes, der gerne den lieben langen Tag an Haikus herumfeilte. Ich interessierte mich für Fotozeitschriften (warum wohl?), für die dort ebenfalls abonnierte Ausgabe des Schweizer Satiremagazins „Nebenspalter“ und später für verrückte russische Schriftsteller (Tolstoi, Dostojewski, Grass). Dostojewski litt 1985 auf Elba darunter, dass ich fälschlicherweise annahm, Butter würde im Kofferraum eines Ford Ecort etwas länger kühl bleiben. Die verrückten Russen schrieben immer dicke Bücher („Der Idiot“, „Die Brüder Kawasaki“), sodass ich die Leihfristen dramatisch überschritt, woraufhin ich mit großzügigen Kuchenspenden das Personal um Gnade bitten musste. Die Öffnungszeiten kannte ich im Schlaf: montags 14-17, dienstags 11-17, mittwochs 14-17, donnerstags 14-19, freitags geschlossen, samstags 10-13 Uhr.
Diese Dinge gingen mir durch den Kopf, als ich folgende Pressemitteilung der Stadt Kleve erhielt:
Die Stadtbücherei Kleve ist bis einschließlich 23.12.2013 zu den gewohnten Zeiten geöffnet. Vom 24.12.2013 bis 29.12.2013 und vom 31.01.2013 bis 01.01.2014 ist die Bücherei geschlossen. Am Montag, 30.12.2013 und ab dem 02.01.2014 können Sie die Bücherei zu den gewohnten Öffnungszeiten besuchen. Verlängerungen und Vormerkungen können im Onlinekatalog bequem aus dem Web vorgenommen werden, Rückgaben sind an den Schließtagen nicht erforderlich. Für Urlauber, Kurzentschlossene oder Vielleser steht die Onleihe – www.onleihe-niederrhein.de – auch während der Feiertage zur Verfügung, dort können eBooks, Zeitungen, Hörbücher aus einem Angebot von fast 9000 Medien rund um die Uhr heruntergeladen werden.
Jetzt zur Pointe: Die Öffnungszeiten oben entstammen meinem Gedächtnis — und sie sind, wie eine kurze Prüfung beweist, tatsächlich noch dieselben wie vor mehr als 30 Jahren. Wo im Leben gibt es noch eine solche Konstanz?
Gut zu wissen. Die Lampen fand ich damals richtig gut, muss ich mir nochmal angucken.
Die Zeitschrift aus der Schweiz hiess „Nebelspalter“ – nicht NEBENspalter…!
Einige der Lampen aus der Marstall-Bücherei hängen heute im Museum Kurhaus im Friedrich-Wilhelm-Bad im Obergeschoss oberhalb der Wendeltreppe.
Der Marstall hatte eine ganz besondere Atmosphäre. Das jetzige Gebäude sollte eigentlich nur vorübergehend bezogen werden, bis ein Neubau fertig ist. Die Öffnungszeiten kommen mir auch noch sehr bekannt vor. Mir hat sich nie erschlossen, warum gerade am Freitag geschlossen ist.
Bücherschlucker Nr. 1 im Waggonformat ins. aus der naturwissenschaftlichen Abteilung war in meiner Erinnerung J. R., das Chemie-As. Ãœber sein weiteres Schicksal ist mir wegen Abwesenheit auf Klassentreffen nichts bekannt
@Wolfgang Look Man sollte bei dieser Gelegenheit auch an Franz-Josef Hendricks erinnern, der mehrere Jahre verlässlich im Zeitschriftenkabuff anzutreffen war und dort den Folianten „Zettels Traum“ las (der nicht mit nach Hause genommen werden durfte). Damals großes Kino!
Für mich war die Stadtbibliothek immer eine Art „ewiger Raum“. Aus den Wirren und Langweiligkeiten des Alltags konnte in eine geliebte stabile Traumwelt reisen, die mich durch diese und jene Welt führte. Ich fand den Marstall fast noch spannender, mit den kleinen Eckräumen und Winkeln, wo man geheime und gute Bücher fand. Auch an Hr. Hönes habe ich immer noch noch oft gedacht. Neben den Haikus hat er auch Meinungen von Schriftstellern über Schriftstellern gesammelt. Und die fehlende Digitalisierung mit Anwesenheit eines Bibliothekars fand ich in ihrer äußeren Einfachkeit immer sehr faszinierend und lehrsam