Klevischer Verein und Stadt sichern sich Getlinger-Archiv: „Blick in eine unvorstellbare Zeit“

Die aus Kleve stammenden und in Paris lebenden Geschwister Helene Maywald (1903–1983) und Wilhelm „Willy“ Maywald (1907–1985) vor den Überresten des Hotel Maywald in Kleve (Foto: Fritz Getlinger, 1952)

Dieses Archiv ist ein Schatz! 260.000 Negative von Fritz Getlinger, zwei Schränke mit zahlreichen gefüllten Schubladen – das hinterlassene Werk eines Fotografen, der das Leben am Niederrhein und in Kleve wie kein zweiter festhielt. Diese Sammlung ist nun aus dem Privatbesitz der Familie in die Obhut der Stadt Kleve (Stadtarchiv) und des Klevischen Vereins übergegangen und soll in den kommenden Jahren digitalisiert werden.

Fritz Getlinger, wie der Fotograf Stefan Möller ihn sah

Der Name Fritz Getlinger (1911-1998) ruft bei vielen Kleverinnen und Klevern Erinnerungen hervor. Der bedeutende Klever Fotograf der Nachkriegszeit Fritz Getlinger kam 1949 nach Kleve, wo seine Frau, die Schauspielerin Josefa Ortmann ein Engagement am Theater am Niederrhein erhalten hatte. Getlinger war als Pressefotograf für die Rheinische Post und die NRZ tätig, fotografierte darüber hinaus die Landschaften und Arbeitswelten am Niederrhein und „alles, was ihn interessierte“, so seine Tochter Katharina Getlinger-Wessing. Bekannt sind nicht nur seine Fotos zum Wiederaufbau der Stadt, sondern auch zahlreiche Porträts von Künstlern, insbesondere die Fotos von Joseph Beuys. Viele dieser Fotos werden im Museum Kurhaus Kleve verwahrt und sind bereits in der Digitalen Sammlung öffentlich zugänglich. Mehrere von Guido de Werd realisierte Ausstellungen im städtischen Museum sowie einige Bildbände machten die Arbeiten Getlingers der Öffentlichkeit bekannt. 1996 wurde der Fotograf mit dem Johann-Moritz-Kulturpreis der Stadt Kleve ausgezeichnet.

Auf Initiative des Klevischen Vereins konnte nun der letzte Teil seines umfangreichen Nachlasses – geschätzt ca. 260.000 Negative – gesichert werden. Die Familie hat zwei Schränke mit zahlreichen gefüllten Schubladen dem Klevischen Verein und dieser der Stadt Kleve übergeben.

Die Negative, die den Zeitraum 1950-1983 umfassen, sollen in den kommenden Jahren vom Stadtarchiv gesichtet, digitalisiert, archivgerecht verpackt und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Strahlende Gesichter: Katrin Bürgel, Katharina Getlinger-Wessing, Rainer Hoymann, Wolfgang Gebing und Wiltrud Schnütgen nach der Unterzeichnung des Vertrags

Die Familie hatte sich zuvor von den Aufgaben des Stadtarchivs ein persönliches Bild gemacht und ist froh, den Nachlass in professioneller Hand zu wissen. Bürgermeister Wolfgang Gebing bedankte sich bei Katharina Getlinger-Wessing anlässlich der Vertragsunterzeichnung zwischen dem Klevischen Verein und der Stadt Kleve für die Übergabe und bei Rainer Hoymann für das Engagement des Klevischen Vereins. „Das kulturelle Erbe Fritz Getlingers kann somit bewahrt werden.“ Durch die aufwändige archivarische Bearbeitung werden die Fotonegative für die Öffentlichkeit nutzbar sein. Dieses Mammutprojekt wird einige Jahre in Anspruch nehmen, da sind sich die Beteiligten sicher. Stadtarchivarin Katrin Bürgel freut sich über den Nachlass. „Bei dieser Menge sind bestimmt noch einige unbekannte Motive zu finden. Die Bearbeitung wird ein spannendes Projekt.“ Wiltrud Schnütgen und Rainer Hoymann vom Klevischen Verein sind Frau Getlinger-Wessing dankbar: „Die Fotos von Fritz Getlinger erlauben einen Blick in eine Zeit, die heute – gerade für junge Menschen – nicht mehr vorstellbar ist.“

Deine Meinung zählt:

10 Kommentare

  1. 10

    Das Foto ist sehr ausstrahlungsstark und sagt auch vielleicht viel. Im Mittelpunkt steht nicht der Mensch sondern die Natur, zu ihr führt ein offener Weg, während der Mensch am Rande steht. Die Natur ist also stärker, mächtiger, wichtiger und der Mensch ist oder fühlt sich klein. Auch reizt das Foto, gerade weil es alt ist (aus heutiger Sicht). Dies deutet an, dass der Mensch sich als zeitloses Wesen sieht, Die äußere Welt ist grau, einsam, nicht städtisch und verfallen, die Seele ruht in der Zeitlosigkeit!

     
  2. 9

    Das ist wirklich spannend. Ich hab ihn einige Male in seinem Haus in der Weberstraße besucht. Das Haus war voll von wirklich großartigen Fotos, die oft von einer unglaublichen Geduld für den richtigen Moment zeugten. Ich halte ihn auch für überregional relevant.

     
  3. 8

    Katharina Wessing war meine Klassenlehrerin an der Christus-König-Schule. Eine sehr liebe und warmherzige Frau, tolle Lehrerin, der ich sehr viel verdanke.

     
  4. 7

    ) ZEITZEUGE ? Da darf ich das „Photoalbum des gewöhnlichen Faschismus“ „TAUSEND GANZ NORMALE JAHRE“ des OTTO WEBER dem geneigten Kleve Blog Fan empfehlen. 👍🏽 Beim Erscheinen 1987 hat sicher so manch älterer Klever nicht nur leichte Schweißausbrüche bekommen. 😎

     
  5. 5

    Errinnere noch an Herrn Getlinger als Sportreporter beim SC 1863 auf dem Fußballplatz an der Königsallee. Damals sah man sich am Sonntag als blau/weiß Fan noch Fußball live an. Freue mich schon auf die Zeitdokumente.

     
  6. 4

    Hoffentlich finden sich noch genügend Zeitzeugen oder Ortsbezüge, damit man die Bilder auch verorten kann. Ein unschätzbarer Schatz, erst recht wenn öffentlich zugänglich. Daumen hoch.

     
  7. 3

    Das ist wunderbar und nicht hoch genug zu sdchätzen. Freitz Getlinger war ein überrasgender Mesiter der Photographie. Er gehört untrennbar zu meinen Erinnerungen an meine alte Heimat.

     
  8. 1

    Wunderbar! Ein Kulturgut wird demnächst verfügbar! Bin gespannt auf die Fotografien. Tolles Projekt!