Dass der Januar mehr kann als der November, wissen Monatsforscher seit vielen Äonen. Gestern Abend hat der Monat, benannt nach dem römischen Gott Ianus, sich wieder mal von seiner besten Seite gezeigt und alles in Weiß gedämpft. Ianus übrigens, weil der Monat zur einen Seite hin zum Ende des alten Jahres zeigt und mit der anderen zum neuen Jahr. Es ist der Monat der Ein- und Ausgänge und der Türen und Tore, oftmals mit Wollschlangen davor, damit es nicht so zieht. Ein alter deutscher Name für den Monat lautet Hartung, und ein deutscheres Wort als Hartung lässt sich kaum vorstellen. Es klingt kalt und herzlos, etwa so wie ein Bahnsteig entlang der Strecke des RE 10 in diesen Tagen auf den Reisenden wirkt: Komm hierher zum Sterben, mein Sohn! Dagegen bietet uns die aus dem Latein stammende Benennung genau jenen Zwiespalt, den das Leben doch immer für uns bereithält: Ist es noch Lust? Oder schon Schmerz?
Nördlich des nördlichen Wendekreises ist der Januar der kälteste Monat, und die Bauern, die mittlerweile mit viel Motorisierung, Technik und Chemie in der Lage sind, jahrhundertealte Regeln außer Kraft zu setzen, hätten in früheren Jahren nach draußen und dann auf den Heiligenkalender geguckt, um zu wissen, dass am heutigen 16. Januar, an dem Theobald und Marzellus verehrt werden, folgende Voraussagen möglich sind: „Der Theobald, der Theobald, der macht unsere Häuser kalt.“ (Stimmt.) Und: „Wie das Wetter an Marzellus war, wird’s im September: trüb oder klar.“ (Schaun wir mal.)
Nur wenige wissen, dass der Januar auch noch viele andere Namen hatte, unter anderem Eismond oder Wolfsmond. Vollends bekloppt aber war der römischer Kaiser Commodus (161-192), der in seinen letzten Lebensmonaten auf die Idee kam, alle Monate umzubenennen, und zwar nach seinen Ehrennamen. Aus Januar wurde Amazonius. Die Bedeutung des Namens Amazonius ist in dem Zusammenhang unklar. Wie der Name Exsuperatorius für Dezember („der alles Überragende“) ist er nur literarisch, nicht inschriftlich überliefert. Commodus starb bezeichnenderweise am 31. Dezember, seine Nachfolger reparierten die Namensgebung und sorgten für die Rückkehr des Januars.
Am schönsten klingt Januar auf Französisch: janvier.
https://www.youtube.com/watch?v=gOG9Vg2UOnw
Interessant ist hier vielleicht die Ergänzung, dass es slavische Sprachen gibt (z.B. Ukrainisch( wo sich die Monatsbezeichnungen am sog. „natürlichen Kalender“ orientieret und nicht an römischen. Der Januar ist somit der „Сичень“ (abgeleitet ggf. vom altslavisch Wort „peitschen, Buße tun“ für die harte Kälte). Andere Monate, der April etwa heisst die Blume (квита), der November der Blätterfall (листопа) der Mai das Gras (Трава) usw. Das ganze Jahr ist somit eng mit der Natur verbunden, also ein hochökologisches und damit modernes Denken!