Zum Tage*

Ein Kaffee, auch wenn einem die vertraute Welt entgleitet

Es kommt einem absurd vor, die Sonne scheint Anfang März in bester Frühjahrslaune, und die Menschen genießen es, sitzen schon, wenn auch gut verpackt, draußen, trinken Kaffee und führen Gespräche über das schöne Wetter, und natürlich reden sie auch über den Krieg im Osten Europas, der soweit gar nicht weg ist, und dennoch scheint er am Fischmarkt nicht existent zu sein, eher ein Phänomen aus den Fernsehnachrichten, wie die sonst tobenden Kriege in Afrika oder anderswo auf der Weltkugel. Carpe diem, sagten die alten Römer, nutze den Tag, wer weiß, es könnte dein letzter sein. Ist das die Stimmung unter den Kaffeetrinkern?

Am Brunnen spielen Kinder, die wahrscheinlich nicht einmal wissen, wo die Ukraine liegt, geschweige denn, dass es sie überhaupt gibt, und, wenn es denn Kinder aus verschiedenen Ländern sind – die Wahrscheinlichkeit ist hoch –, die nicht einmal verstehen können, warum Menschen aus verschiedenen Ländern aufeinander schießen und sich umbringen, eben weil sie aus verschiedenen Ländern kommen.

Auf den Frühling wird der Sommer folgen, die Menschen hier werden sich vielleicht an die schlechten Nachrichten gewöhnen, sie halten womöglich steigende Preise für Brot, Bier und Benzin für die größten aller Probleme, sie möchten nach zwei Jahren Corona wieder auf Volksfesten feiern, sie möchten das Leben genießen, und es ist nur zu verständlich, und zugleich bedeutet dies allerdings, zumindest für ein paar Stunden oder einen Abend auszublenden, dass nicht weit von unseren Grenzen entfernt Menschen für die Freiheiten, die wir als alltäglich hinzunehmen gelernt haben, mit ihrem Leben kämpfen und viele von ihnen sterben.

Wie aber will man damit umgehen? Sind wir alle überhaupt noch imstande und gewillt, über Fragen von Leben und Tod nachzudenken, oder haben wir es uns in unserer Welt schon viel zu behaglich eingerichtet, mit E-Bike, Weber-Grill und Smartphone-Spielen? Es wird keine einfachen Antworten geben, und dennoch es wird Rattenfänger geben, die mit einfachen Antworten locken. Wie lange werden wir aushalten können, dass vieles nicht mehr gewiss und sicher ist?

Zeichen der Solidarität: Fahnen an Fassade (Grüner Heideberg), Ballons an der Haustür (Hasenberg), Bücher in Landesfarben (Hintzen)

* 11. März: Gedenktag für die Opfer terroristischer Gewalt, deshalb auch die Halbmastbeflaggung an den öffentlichen Gebäuden

Deine Meinung zählt:

11 Kommentare

  1. 11

    Es ist doch wichtig, das wir unser Leben nicht aufgeben, positiv denken, Solidarisieren und helfen. Wir sind alle betroffen, Ohnmacht, doch der Glaube zählt, die Hoffnung stirbt zuletzt. Und schon für unsere Kinder. Ach für alle, Und ja, Sonne genießen, spielen, lachen. Das ist auch Schutz, wir können nicht alle in Dpressionen verfallen. Erst die Pandemie, dann Putin Krieg, dann der Krieg da und hier.. die Welt steht auf dem Kopf. Unser Planet schmiilzt. Ich habe manchmal das Gefühl, der Mensch ist sein größter Gegener, Feind. Und die Natur zeigt auch Ihre Antwort. Flutkatastrophen… Energien bündeln. Positiv sein und bleiben. Zum Beispiel: Jetzt Urkaine. Viele Kirchen rufen zum Gebet und und in Kleve, so eine große Solidarisierung. Clubs Vereine, Initiatitiven. Ukraine und auch die anderen Initiatoren, die sich für Menschen einsetzen, die bei uns in der Gesellschaft am Rande stehen, die ganzen Ehrenamtler, und und. In diesem Sinne, Dorothea Heeks Wertemarketing.

     
  2. 10

    Eigentlich spielt das alles überhaupt keine Rolle.
    Es war immer und wird immer ein kommen und gehn sein.
    Ein auf und ein absteigen.
    Es ist doch durchaus Vorstellbar das die Kämpfer für Demokratie und Freiheit vor dem Auge der Geschichte genauso dastehn werden wie die die einst für den Erhalt der Mornachien kämpften. (Zumindest zeitweise)
    Sicher scheint mir nur das es dem Menschen nicht gelingen wird alles Leben zu vernichten.

    Insofern bleibt die Hoffnung auf was Besseres
    z.B. Eine Fischotterzivilisation.
    Is allerdings aus Sicht der Lachse und Forellen auch wieder Scheisse.

     
  3. 9

    @8 GH „Man muss erst einige Male sterben, um wirklich leben zu können.“ (von wem wohl?)

     
  4. 8

    ☝🏽 Trauer + Tod steht im Kleingedruckten des Lebensvertrag ,wird mal gerne übersehen,🙄 ist im Preis für´s
    Leben immer inbegriffen .🤔 Aber „don´t worry be happy “ ☝🏽….solange es geht. 😁 🍻

     
  5. 7

    E-Bike wäre schlicht oberpeinlich, wenn man Eltern Anfang/Mitte 80 hat, die noch mit normalen Räder fahren. Wäre aber auch nicht mein Ding, wenn es ohne geht. Es geht nichts über das Gefühl, nach einer längeren Radtour ein bisschen geschafft zurückzukommen.

    Und ich liebe diese Grills für 15 Euro aus dem Supermarkt. Da kommt das Camping-Gefühl auf, das glücklich macht.

     
  6. 4

    Ein Bad in der Menge ist jetzt genau das richtige. Köln geht auf die 3000 zu.

    P.S.: Habe mir eine Tonne Sand bestellt (für das Bad in der Menge 😹)

     
  7. 3

    @1 SpoyBoy – Wieso, verstehe ich nicht…

    Sarkasmus Modus an…

    Der Kanzler hat doch öffentlich das Ende der Pandemie ab dem 20. März erklärt … Ich weiß zwar nicht ob er das auch der Pandemie gesagt hat… Zweifele angesichts der aktuellen Inzidenzen allerdings daran.

    Sarkasmus Modus aus…

    Ich werde vorerst weiter Maske tragen und versuchen Abstand zu halten… Nicht alles was die Politik entscheidet ist medizinisch sinnvoll.

     
  8. 2

    Der Übergang vom thozentrischen Weltbild des Mittelalters zum anthrpozentrischen der Renaissanche war auch charakterisiert durch den Wechsel des Leitslogans: Nicht „mementum mori“, sondern „Carpe diem“. Denke also nicht mehr jeden Tag daran, dass du vergänglich bist, bald stirbst und das Leben auf Erden so oder so keinen eigentlichen Wert hat,sondern nur das im Himmel, sondern mache was aus deinem Leben,Hüte den Tag: reisen, forschen, gestalten, Städte bauen, Handel treiben. Es lohnt sich zu leben, der Mensch kann etwas. Welches Motto heute gilt weiss ich nicht.

     
  9. 1

    Was die meisten neben dem Krieg auch vergessen: Corona ist noch nicht vorbei. So nervtötend diese Erkenntnis auch ist.