Als die Adler-Apotheke 1797 eröffnete, waren Aspirin und Penicillin noch in weiter Ferne, stattdessen vertrieben Menschen, die Arzneimittel verkauften, beispielsweise Hechtknochen oder die Magensteine von Tieren, wenn sie nicht einfach die Leute aufschnitten und so viel Blut herausfließen ließen, bis es den Menschen entweder besser ging oder sie tot waren.
Es ist also ein weiter Weg, den die Adler-Apotheke in den 296 Jahren ihrer Geschäftstätigkeit zurückgelegt hat, denn die heutige Inhaberin Heidrun Feldbaum hat in ihrem Sortiment Medikamente gegen fast alles, und sie wirken so gut, dass die Menschen immer seltener sterben.
Auch die Schmerzen sind erträglicher geworden, Aspirin war erst der Anfang, mittlerweile gibt es auch Novalgin, Ibuprofen und die mit Vorsicht zu genießenden hochpotenten Opioidanalgetika. Früher mussten die Menschen auf ein Stück Süßholz beißen.
Doch so gut es den Menschen dank der Fortschritte der modernen Medizin auch gehen mag, den Stätten, in denen die erlesenen Produkte der pharmazeutischen Forschung vertrieben werden, geht es immer schlechter. Es ist noch nicht so lange her, da gab es in der Klever Innenstadt neun Apotheken: die Adler-Apotheke, die Lohengrin-Apotheke, die Marien-Apotheke, die Stechbahn-Apotheke, die Burg-Apotheke, die Linden-Apotheke, die Markt-Apotheke, die Rosen-Apotheke sowie die Elefanten-Apotheke. Übrig geblieben davon sind noch drei (plus zwei Neuzugänge im EOC und Brüggemeier). Und ab Samstag ist es noch eine weniger, denn dann ist die Adler-Apotheke Geschichte – nach knapp drei Jahrhunderten!
Die älteste Apotheke der Stadt geht in der Marien-Apotheke (Große Straße 33) von Henrik Scholten auf. „Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen“, sagt Heidrun Feldbaum. Genug zu tun ist eigentlich, gerade im Sommer kamen noch 50 neue Patienten aus dem Methadonprogramm hinzu. Doch das Personal fehlte, um den Bedarf verlässlich zu befriedigen. In den letzten Tagen kamen viele Kunden und ermöglichten dem Team um Feldbaum das, worum die Inhaberin gebeten hatte: „die Kunden noch einmal persönlich begrüßen zu dürfen, um sich persönlich für die vielen schönen Momente und manchmal auch die nicht so schönen, die netten Gespräche, das gemeinsame Lachen und das entgegengebrachte Vertrauen zu bedanken“.
Heidrun Feldbaum widmet nun ihre Energie ihrer zweiten Apotheke in Dinslaken, das Personal (vier Mitarbeiter sind es noch) kommt komplett in der Marien-Apotheke unter. Und in der Klever Innenstadt gibt es einen weiteren Leerstand.
@20 Spoy-Boy
§ 3 Arbeitszeigesetz – Arbeitszeit der Arbeitnehmer
Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.
6 Werktage * 8h = 48h/Woche
Aber keine Sorge, soviel ist es im Jahresdurchschnitt dann doch nicht. Und ich habe den Vorteil der sehr kurzen Wegstrecke zur Arbeit.
@18
Naja. Ok. Wenns stimmt. Und Sie glücklich sind.
40+ seit 30 Jahren verstösst aber (mit wenigen Ausnahmen) gegen das Arbeitszeitgesetz.
Als Masstab für andere würde ich es sowieso problematisch sehen.
Passender wäre wohl die Überschrift
Milfgash-Festival fand Ich sehr schön.
Aber was sagt es denen die da waren,
Was sagt es über die die da waren.
@17 Spoy-Boy
„Handwerk hat goldene Boden“
Dazu noch tolle Kollegen und einen guten Chef.
Leider gibt es viel zu wenig junge Menschen, die das verstehen wollen.
@15
Ich habe keine Kritik geübt, von daher ist es irrelevant ob ich 40+ arbeite.
40+ seit 30 Jahren ohne Unterbrechung. AhaL.
Was machen Sie denn beruflich?
Die Rettung der Innenstadt ist doch in Sicht. So ist es wohl in total lesenswerter ER-PE zu lesen.
Die hochgeschätzte Politik und die unfassbar erfolgreiche Circle-Wirtschaftsförderung waren auf eine Messe in München bereits in Kontakt mit, haltet euch fest, noch weitaus höher geschätzten Ministern. Ich meine, ich hätte auf einem Foto sogar Joe B. aus Waschichschon gesichtet. Da ging es nicht um die kleine Spoy-Kirmes. Die Damen und Herren haben am großen Riesenrad gedreht, bis das Glas leer war. Es ist nun höchstwahrscheinlich eine echte Lösung in den Expertenköpfen. Die muss jetzt natürlich noch mit Spoy-Uni und „inno-watt-ies-wer“ Zukunftswerkweltbank gecheckt werden. Nicht zu vergessen, die Hochrüstung am Flugdings. Man gibt sich kleinlaut. Ich schätze, da werden nicht 400, nicht 1500, sondern 15.000 neue Arbeitsplätze für Hochqualifizierte entstehen, die demnächst sicher alle Salben und Tabletten (in der wichtigsten Stadt am Lower Rhine) kaufen.
So, jetzt gebe ich mir eine Aspi 500. Ich habe Last mit dem Kopf.
@5 Spoy-Boy
Ja, 40h+ seit mehr als 30 Jahren ohne Unterbrechung. Und selbst?
Ab dem 13. Jahrhundert gab es die ersten Apotheken. Sie hatten aber kein Mittel gegen die Pest, die im 14. Jahrhundert ein Drittel der deutschen Bevölkerung dahin raffte und insgesamt mehr als die Hälfte der Einwohner Europas. Im Mittelalter zu überleben war eh schwierig. Die meisten starben schon im Säuglingsalter.
Die Pest bricht immer wieder mal aus, wie z. B. 2021 auf Madagaskar. Heute kann man sie mit einem Antibiotikum behandeln.
Für Kleve kann ich zwar nicht sprechen, aber in anderen „rural geprägten Regionen“ in NRW kann man die Beobachtung machen, dass Apotheker:innen zwar ihre eigene Beratungskompetenz hervorheben und laut gegen Online-Angebote von „Versandapotheken“ wettern, aber auch bei sieben ansässigen Apotheken am Wochenende keinen örtlichen Notdienst bereithalten wollen. Da kann man als Alleinstehender ohne Auto oder motorisierte Angehörige sehen, wie man in die vierzig km entfernte Kreisstadt gelangt … Und schlecht verdient haben Apotheker:innen in den letzten Jahrzehnten ja nun auch nicht, oder?
Thema ! Aspirin …uralt ! Acetylsalicylsäure . Niederrhein , Salis die Weide, im Land der Chamaven ,heute auch Kleve , reichlich vorhanden .?? Mit dem Sud der Rinde wurde der Schmerz des Met u.ä.
im ?? gelindert + an die sicher dankbaren Römer Legionäre weitergegeben. Wäre Tacitus vor Ort gewesen er hätte es erwähnt .?
„Aus den Anfängen dieses Jahrhunderts:“ …
Dem Bild nach wohl eher aus den Anfängen des letzten Jahrhunderts 😉
Trotzdem, ein sehr interessanter und wehmütiger Bericht.
@7 Starnberg ist nicht Durchschnitts-Deutschland
@6 Genau, alles relativ. 53000 nach etlichen Eingemeindungen. Sprung in 1969 von 22000 auf 45000. Meine Zahl (4 bis 5, geschätzt) bezog sich auf die Kernstadt. Man ging damals davon aus, dass eine Apotheke für die Versorgung von 6000 Menschen ausreiche. Wie man das heute sieht, ist mir nicht bekannt. Mitentscheidend ist wohl die Frage der Erreichbarkeit. Gibt es in einem vom Zentrum entfernteren Stadtteil keine Apotheke, ist es dem/der dort wohnendem Patienten/-in herzlich egal, ob es in der Innenstadt „an jeder Ecke eine Apotheke“ gibt, was vor gar nicht langer Zeit fast schon ein geflügeltes Wort war.
Nun auch in der Rheinischen Post, aber kurioserweise hinter einer Bezahlschranke verborgen:
https://rp-online.de/nrw/staedte/kleve/adler-apotheke-in-kleve-ab-samstag-geschlossen_aid-98948159
@4 Nebenwirkungen
„Der allgemeine ‚Verfall‘ macht sich augenscheinlich breit.“
Im Landkreis Starnberg gab es allerdings schon vor 10 Jahren einen Versorgungsgrad mit Fachärzten von 148,4 Prozent.
siehe :
https://www.aerztezeitung.de/Politik/Aerzte-ziehts-zu-den-Privatpatienten-240817.html
https://www.merkur.de/leben/gesundheit/hier-leben-deutschen-laengsten-zr-2663606.html
@3 Andreas Seipelt
Kleve – Einwohner/innen
1958: 20500
2023: 53000
@2
Tun Sie’s ?
Früher sagte man immer, „Preise wie in einer Apotheke“….
Also mir kam es immer so vor, als gäbe es genügend Apotheken,Bäcker, Handyläden und Optiker.
Der allgemeine „Verfall“ macht sich augenscheinlich breit. Krankenhäuser, Praxen und Ärztemangel hier am Niederrhein.
Insgesamt werden/breiten sich einige „Große“ Monopole aus und die „kleinen Tante-Emma Läden“ gehen vor die Hunde.
Das Internet ist das alles beherrschende, bis der Strom irgendwann ausfällt.
Wir bekommen die „Nebenwirkungen“ des Allgemeinzustands unserer Zukunft immer mehr zu spüren
Damit haben wir wieder die Verhältnisse wie vor dem Apothekenurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1958, mit dem die sog. Niederlassungsfreiheit rechtlich verankert wurde. Bis dahin gab es in Kleve auch nur 4 oder 5 Apotheken. Von einer Mangelversorgung war damals keine Rede. Es ging in dem Rechtsstreit vorrangig um die freie Berufsausübung approbierter Apotheker. Die Frage ist also: Reicht die Anzahl der verbliebenen Apotheken aus, um die Bevölkerung in Kleve mit Medikamenten zu versorgen? Im übrigen werden deren Inhaber aus wirtschaftlichen Gründen über die Schließung nicht gerade unglücklich sein.
Teilzeitanspruch, 4-Tage-Woche, Brückenteilzeitanspruch, 3 Jahre Elternzeitanspruch, Schulabbrecher, flexible Arbeitszeit, Frühverrentung, etc. Es wird immer schwieriger Kollegen zu finden, die Vollzeit und auch mal nach 16.00 Uhr und am Samstag arbeiten. Dazu fehlen noch die fähigen Auszubildenden.
Die Konsequenz ist, dass man die Öffnungszeiten reduziert (siehe Einzelhandel, vermutlich bei Apotheken garnicht erlaubt) oder ganz schließt. Ich verstehe Frau Feldbaum und wünsche ihr weiterhin viel Erfolg mit der Apotheke in Dinslaken.
@rd Die Einhorn-Apotheke auf der Tiergartenstr ist ja auch nicht soweit weg
Gerade in der abgelaufenen Krise wußte man zu schätzen, wenn man einen Menschen vor sich hat und keinen Computer. Nun geht das Apothekensterben auch in Kleve weiter. Gründe dafür gibt es viele: von mangelnder Unterstützung aus der Politik über ausufernde Bürokratie, hohe bauliche Auflagen bis hin zu verschärfter Konkurrenz aus dem Netz. Für mich sind unterm Strich die Senioren mit eingeschränkter Mobilität und chronisch Kranke die Leidtragenden. Die Versorgung mit dringend benötigten Arzneimitteln oder individuellen Rezepturen sehe ich gefährdet, wenn das Apothekensterben weitergeht. Ebenso wie die Arzneimittelsicherheit und individuelle Beratung vor Ort. Geiz ist halt nicht immer geil, Qualität hat ihren Preis. Und sei es auch nur in Form eines Fachgesprächs mit einem Experten.