kleveblog-Leser fragen – Guido Winkmann antwortet

Warum möchten Sie Landrat werden?

Ich habe sehr viel gemeckert – über ganz viele Dinge im Kreis. Bis ein Freund sagte: „Sei nicht so destruktiv, sei konstruktiv – und mache es selbst.“ Als Schiedsrichter der Fußballbundesliga bringe ich Führungskompetenz, Entscheidungsfähigkeit und den Teamgedanken mit. Ich habe in den letzten Jahren alles mitgemacht – von (richtigen) Shitstorms im Netz bis hin zu heftiger Berichterstattung im Boulevard. Als Polizist mit Führungsfunktion im LKA und als jemand, der in den letzten 3 Jahren Kommunen (Schulamt, Jugendamt, Jobcenter, etc.) und deren Prozesse fachlich und rechtlich analysiert hat, bringe ich darüber hinaus eine Fähigkeit mit, über die ein Landrat ebenfalls verfügen muss: Nicht lamentieren – anpacken !

Wie bewerten Sie die gegenwärtigen Gestaltung der direkten Bürgerbeteiligung, welche Möglichkeiten einer Verbesserung sehen, und was halten Sie in diesem Zusammenhang von sogenannten Bürgerräten (ein Gremium, das aus zufällig ausgelosten Bürgern besteht)?­

Ich halte das für eine gute Idee, das ist eine Form der direkteren Demokratie. Politiker handeln oft kurzentschlossen, um wiedergewählt zu werden – langfristige Ziele wie z. B. Klimaschutz kommen da häufig zu kurz.

Welche konkreten Maßnahmen zum Klimaschutz könnten Sie sich vorstellen?

Mit der Unterzeichnung des Letter of intent für eine interkommunale Zusammenarbeit in diesem Bereich haben die verantwortlichen Bürgermeister der Kommunen bereits ein starkes Zeichen gesetzt. Als Landrat setze ich mich dafür ein, diesen Dialog weiter zu stärken und zu fördern, um gemeinsam an die Voraussetzungen der jeweiligen Regionen angepasste Konzepte zu entwickeln und im Sinne des Best-practice-Ansatzes voneinander zu lernen. Die Ausstattung aller kreiseigenen Gebäude mit Solar halte ich für eine gute Idee. Wir müssen verfügbare Gelder bei Land, Bund oder im Rahmen von EU-Projekten abschöpfen, um Schwächen in der Infrastruktur (z.B. Ladesäulen) zu beheben und Natur zu schützen.

Busse und Bahnen – was geht da noch besser? Glauben Sie insbesondere an eine Wiederbelebung der Bahnlinie nach Nimwegen? Und wann sind Sie zuletzt in einem Linienbus gefahren?

Ich bin vor einigen Wochen in Düsseldorf Linienbus gefahren, weil die Straßenbahn ausgefallen ist. Ich fahre auch sehr häufig mit dem RE 10. Es bringt nichts, eine Bahnlinie wiederbeleben zu wollen, wenn die Grundvoraussetzungen in Nimwegen und Umgebung nicht gegeben sind. Die Niederländer haben meinen Informationen zufolge keinen Platz für eine Anbindung. Sollte das nicht der Fall sein, wäre der Ausgangssachverhalt neu zu überdenken. Wir müssen künftig mit einem Kompetenzteam ÖPNV variabler werden. Für alle 16 und mit allen 16 (Kommunen)! Meine Idee ist, dass jede Kommune, die für sie bedeutsamsten Verbindungen benennt – Issum hat nun einmal andere Prioritäten wie Rees, Kranenburg oder die Wallfahrtsstadt Kevelaer. Und Kleve erst recht.

Was würden Sie unternehmen, um den Kreis Kleve wirtschaftlich weiterzuentwickeln?

Im Kleinen erst einmal die Beschleunigung der Bearbeitung von Bauanträgen- auch die Bearbeitung aller anderen Anliegen kann zu einer hohen Zufriedenheit der Bürger führen und im weiteren zu vermehrtem Zuzug. Die Beschleunigung von Verwaltungsakten wird der Wirtschaft unheimlich viel bringen. Der Kreiswirtschaftsförderung kommt in diesem Zusammenhang ebenfalls eine große Bedeutung zu – gibt es gegebenenfalls Möglichkeiten, Ideen aus anderen Städten zu übernehmen (best practice) und die Kreiswirtschaftsförderung weiterzuentwickeln ??

Wie stehen Sie zu den wiederholten Zuschüssen in Millionenhöhe vom Kreis Kleve für den Flughafen Weeze?

Ich wundere mich, dass der jahrelange Konsens der Parteien pro Flughafen scheinbar vom Tisch ist – oder ist es, weil wir Wahlkampf haben ? Der Flughafen Weeze ist eine nahezu autarke Stadt mit einer Infrastruktur (Breitband, Solar etc.) , die seinesgleichen sucht. Die Zuschüsse sind mit einer Mehrheitsentscheidung vom Kreistag bewilligt worden. Ich habe gelernt, Mehrheiten in einer Demokratie zu akzeptieren. Natürlich ist die Abhängigkeit von nur einer Fluggesellschaft unglücklich. Ich werde das Gespräch mit dem niederländischen Investor und dem neuen Geschäftsführer suchen.

Der von der Gemeinde Bedburg-Hau vorgelegte Bebauungsplan für das nördliche Gelände der LVR-Klinik lässt eine Rodung der Bäume zu. Würden Sie als Landrat im Rahmen der Befugnisse des Kreises der Gemeinde vorschreiben, dass bestehender Wald nur bei sehr guten Gründen (ökonomische Gründe sind damit ausgeschlossen) abgeholzt werden darf? Und welche Meinung haben Sie grundsätzlich zum LVR-Klinikwald in Bedburg-Hau?

Die Menschen in Bedburg- Hau haben den Politikern schon vor Jahren beim Hallenbad gezeigt, wie richtig sie gelegen haben. Ich habe meine Informationen nur aus der Presse, von daher bitte ich um Verständnis, dass ich hier keine Aussage treffen möchte.

Hat der Kreis Kleve die Möglichkeit, die medizinische Versorgung zu verbessern? Und falls ja, wie würden Sie das tun?

Es gibt immer Möglichkeiten, die medizinische Versorgung zu verbessern. Das ist aber in jedem Bereich so. Ich werde mich beim Fachbereichsleiter 7 informieren, wie der IST-Stand im Rettungswesen ist. Darüber hinaus werde ich die bestehenden Stipendien und Programme des Kreises auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen – der Kreis hat schon mehrfach über dieses Programm Ärzte in den Kreis geholt. Das darf nicht verschwiegen werden. Auch hier werde zusätzlich sehen, was z.B. über den Marburger Bund möglich ist.

Welches allgemeinere Erfahrungswissen aus Ihrem Berufsleben können Sie aus Ihrer Sicht als Landrat besonders gut gebrauchen?

Ich hatte das bei der Eingangsfrage bereits erläutert. Dazu, das habe ich in den Gesprächen auf der Straße festgestellt, ist den Menschen eines wichtig: dass ein Landrat frei seine Meinung äußern kann. Es ist die jahrelange Unparteilichkeit und Unabhängigkeit, die mich geprägt hat. Mit Sachargumenten zu überzeugen oder Sachargumente von anderen anzunehmen, ohne beleidigt zu sein.- das habe ich gelernt.

Kleve ist für mich ein Kreis,

… der nicht in Kleve, Goch oder Emmerich am Rhein endet, sondern rechts- wie linksrheinisch wunderschöne Ecken hat und den Menschen viele Vorzüge bietet! Einfach ein attraktiver Kreis!

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4 Kommentare

  1. 4

    Auch der Flughafen scheint kein echter Fokus für den Kerkener mit Herkunft aus Nütterden zu sein. Sonst wüsste er mehr über die aktuellen Probleme und dass diese nicht mit einem Gespräch mit Investor und Geschäftsführer zu lösen sind.

    Fazit: Mit Winkmann gäbe es also ein Weiter-so in Sachen Flughafen.

     
  2. 3

    Bzgl. Kleve-Nijmegen ziemliche Ahnungslosigkeit: In Nijmegen kein Platz für Anbindung? Wie bitte? Wo kommt diese Info denn angeblich her?

    Kleve-Nijmegen liegt allerdings natürlich auch nicht im Fokus eines Kerkeners.

     
  3. 2

    Nachtrag

    Allgemeineres Erfahrungswissen aus dem Berufsleben: Den Punkt hätte er doppelt und dreifach machen müssen. Die Frage war eine Steilvorlage. Da wird die Schiedsrichtertätigkeit in den Vordergrund geschoben, obwohl doch sein Hauptjob als Führungskraft im LKA noch viel ergiebiger sein dürfte.

    „Ich habe in den letzten Jahren alles mitgemacht – von (richtigen) Shitstorms im Netz bis hin zu heftiger Berichterstattung im Boulevard.“ – Was bedeutet das bezüglich Kompetenz?

    Busse und Bahnen: Winkmann fährt häufig mit dem R10 – und kein Wort zu den Problemen dort und wie er deren Behebung vorantreiben würde?

    Die Beschleunigung von Verwaltungsakten wird der Wirtschaft unheimlich viel bringen. – ???

    Flughafen Weeze: Dünn.

    „dass ein Landrat frei seine Meinung äußern kann“ – hhm, ja sicher.