Sportzentrum Bresserberg: Vereine gehen Stadt an

Klever Vision der Sportvereine VfL Merkur, 1. FC und Rot-Weiß Kleve (Grafik: Der KLEVER)

(Aktualisiert) „Sehr geehrtes Ratsmitglied der Stadt Kleve, bezüglich des Sportzentrums Bresserberg nehmen wir aktuell wahr, dass das öffentliche Wohl scheinbar aus dem Mittelpunkt der getroffenen und noch zu treffenden Entscheidungen gerückt ist.“ So beginnt ein – kleveblog vorliegender – offener Brief der Vorsitzenden der drei Klever Sportvereine 1. FC Kleve, VfL Merkur Kleve und Rot-Weiß Kleve, Christoph Thyssen, Helmut Tripp und Manfred Starlinger, gerichtet an die Ratsmitglieder der Stadt Kleve. Das Wort „scheinbar“ müsste zwar korrekterweise durch „anscheinend“ ersetzt werden, denn das siebenseitige Schreiben zeigt deutlich, dass es hier um tatsächliche Vorgänge geht, die diese Deutung zulassen – es handelt sich um eine Abrechnung mit der Arbeit der Verwaltung, die in der jüngeren Geschichte der Stadt ihresgleichen sucht.

Die Vereine weisen zunächst einmal in aller Förmlichkeit auf die Bedeutung des Sports für die Stadt hin und zählen auf, dass von den Vereinsmitgliedern 1635 in Sportverbänden organisiert sind. Dann heißt es in aller Deutlichkeit: „Aktuell hören wir oft, dass die Vereine, insbesondere der VfL Merkur, nicht länger warten wollen und endlich die bestehenden Beschlüsse umgesetzt werden müssen. Seitens der Vereine besteht aber kein Zeitdruck, der so groß wäre, dass man lieber schnell eine nicht durchdachte Lösung umsetzt, als auf eine schlüssige konzeptionelle Umsetzung zu warten.

Der Pachtvertrag des TC RW Kleve laufe bis Ende 2025. Der Nutzungsvertrag des VfL Merkur Kleve ende 2029. Der Nutzungsvertrag des 1. FC Kleve sei befristet bis 2031. Der Antrag des 1. FC auf eine vorzeitige Verlängerung sei vor wenigen Wochen von der Verwaltung abgelehnt worden. Die Tennisplätze am Bresserberg sollen für weitere zehn Jahre gepachtet werden – Planungssicherheit werde dem Verein damit nicht geboten, die Investitionen seien auf einen weitaus längeren Zeitraum angelegt.

Das von der Stadt für die Planungen angeführte Stellplatzgutachten „ist aber leider nicht vollständig und arbeitet mit unrealistischen Annahmen“, heißt es in dem Schreiben und wird mit einigen Beispielen belegt (so wird davon ausgegangen, dass im Gustav-Hoffmann-Stadion nur Schulsport stattfindet und kein American Football).

Natürlich sind die Vereine auch am Gedeihen des Schulsports interessiert (daraus rekrutieren sich viele Neuzugänge), insofern ist die Nutzung des Areals durch die Schulen auch für sie von sehr großer Bedeutung. Aber: „Ein echter Bedarf der Schulen bezüglich der Nutzung der Sportanlagen wurde unseres Wissens bisher aber noch nie abgefragt. Uns konnte bisher weder aus der Verwaltung noch aus der Politik jemand sagen, welcher Bedarf der Schulen heute und zukünftig an der Nutzung des Gustav-Hoffmann-Stadions und der Turnhalle besteht.“

Gleiches gilt für den Hallenbedarf. Die Vorsitzenden schreiben: „Es gibt für die Sporthallenbelegung keinen Masterplan in Kleve. Uns ist nicht bekannt, dass erhoben wurde, welche Belegung wo sinnvoll wäre. Der Frage, welche Hallengröße man benötigt, damit der VfL Merkur alle seine Abteilungen an einem Standort zusammenführen kann, wurde bisher nicht nachgegangen. Für den größten Breitensportverein in Kleve würde eine Zentralisierung ein nachhaltiger Mehrwert sein. Auch der 1. FC Kleve würde seine Hallensportler gerne eine Heimat im neuen Sportzentrum geben.“

Ähnlich diffus ist die Lage bei der oder den geplanten Sporthallen. Die Politik lehnte den Standort an der Welbershöhe ab, es fielen Aussagen wie: „Eine hohe Sporthalle oben an der Welbershöhe wäre von weitem zu sehen und würde das Bild der Stadt negativ beeinflussen.“

Was die Merkur-Halle angeht, herrscht offenbar auch Verwirrung: „Im Unklaren ist der VfL Merkur weiterhin darüber, was die aktuelle Planung der Sporthalle angeht. Ob die Planung der Stadt Kleve aus dem Jahr 2016 mit den vom VfL Merkur benötigten Funktionsräumen noch aktuell ist, wissen wir nicht. Im Rahmen des Vor-Ort-Termins mit den Mitgliedern des Ausschusses für Kultur und Stadtgestaltung stellte Herr Rauer fest, dass die bisher kommunizierte Variante einer Zugänglichkeit des neuen Gebäudes von der Ebene Stadionstraße und gleichzeitig von der Ebene Kunstrasenplatz topographisch gar nicht möglich sei.“ Gut, dass die Damen und Herren wenigstens einmal vor Ort waren!

Am 8. Februar gab es dem offenen Brief zufolge ein Gespräch mit den Vereinen, in dem Bürgermeister Wolfgang Gebing und Kämmerer Willibrord Haas mitteilten, dass es „aktuell kein schlüssiges Konzept zur Entwicklung des Sportzentrums Bresserberg gebe“. Statt dessen hätten die Beiden signalisiert, dass die Konzeption des Sportzentrums perspektivisch ausgeschrieben werde. Dabei sollten die Vereine „eingebunden“ werden.

Aus Sicht der Verein der komplett falsche Weg: „Aus unserer Sicht kann es nicht im Sinne des öffentlichen Wohls sein, zunächst Millionen für Turnhalle, Tribüne und Laufbahn auszugeben und dann ein Konzept für das Sportzentrum zu entwickeln. Die Reihenfolge ist aus unserer Sicht hier falsch gewählt.“

Die Vereine wollen den Sport an einem Ort konzentriert wissen, und dazu gehört auch die Einbindung der Tennisplätze. Aber, so heißt es in dem Brief, „Bürgermeister Gebing sieht bereits die Zukunft des Tennissports weiter auf der Anlage der TV Rot-Weiß verortet, ohne in einen vernünftigen Diskurs mit den Vereinen getreten zu sein. Das überrascht doch sehr.“

kleveblog meint: Eine gut dokumentierte Darstellung, die zeigt, woran es in Kleve krankt – am Mut, einmal in großen Lösungen zu denken.


kleveblog dokumentiert: Chronologie der Ereignisse (auch dem offenen Brief entnommen)

Am 13. November 2019 hat Marco Oversteegen in einem Gespräch mit Herrn Haas die Idee zur Entwicklung des Sportzentrums vorgestellt. Herr Haas war durchaus angetan von dem Konzept und bat ihn darum, dieses in den kommenden zwei Wochen weiter auszuführen. Die Stadt Kleve wiederum wollte prüfen, inwieweit das Konzept in die bisherige Planung der Oberstand hineinpasst. Unter anderem wollte Herr Haas zur Prüfung der Idee die Sporthochschule Köln beauftragen.

Am 18. Dezember hat Marco Oversteegen die Unterlagen mit den damals aktuellen Planungsunterlagen bei Herrn Haas eingereicht.

Am 12. Februar 2020 hat Herr Oversteegen nach mehrmaligem Nachfragen eine Rückmeldung erhalten, dass es zur Findung einer abschließenden Stellungnahme einer weiteren Abstimmung zwischen den beteiligten Fachbereichen bedarf und er informiert wird, sobald diese vorliegt.

Am 2. März 2020 hat Herr Haas zu einem Termin am 22. April 2020 eingeladen. Aufgrund der Corona-Pandemie fand der Termin schließlich am 8. Juni 2020 statt. In diesem Termin wurde uns dann kommuniziert, dass unser Plan in vielen Punkten gar keine Relevanz mehr hätte, da ja bereits gegenläufige Beschlüsse (Turnhallenbau, Hellingsbüschchen) gefasst worden seien. Wir haben allen Fraktionen Gespräche zum Austausch über die Planungen angeboten. Außer von der CDU wurden diese auch von allen Parteien in Anspruch genommen. Unser Angebot, einen Vor-Ort-Termin mit dem Sportausschuss zu machen, wurde leider bis heute von dem Vorsitzenden des Sportausschusses nicht aufgegriffen. (Dazu hat die CDU soeben Stellung genommen: Es habe sehr wohl Kontakte gegeben, z. B. mit Lukas Verlage und Joris Ernst, oder bezüglich der Anforderungen für die Boule-Anlage. „Es ist unfair, das nur auf die CDU abzustellen“, so Fraktionssprecher Gerd Driever.)

Am 10. September 2020 erhielten wir die Rückmeldung aus der Verwaltung, dass ein weiterer Termin mit der Projektgruppe vereinbart werden soll.

Am 08. Februar 2021 fand der Termin in der Verwaltung statt. Ein avisierter weiterer Termin wurde bisher nicht angeboten. Ebenso gab es keine Informationen aus der Verwaltung zum aktuellen Sachstand der Thematik Sportzentrum.

Von den Ergebnissen des Haupt- und Finanzausschusses vom 17./18.03.2021 haben wir aus der Presse und von einzelnen Fraktionsmitgliedern erfahren.

Früherer Bericht zum Sportzentrum Bresserberg:

Sportzentrum Bresserberg: Jetzt redet auch die SPD ein Wörtchen mit (bzw. 23 Absätze)

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4 Kommentare

  1. 4

    Ob es „Antisportler“ im Rat gibt, weiß ich nicht, mein Eindruck aber ist, dass die Mehrheit keine Sportler sind. Aber das gilt auch für andere Dinge/Aspekte/Projekte
    Die Mehrheit geht sicherlich auch nicht regelmäßig ins Museum
    Die Mehrheit fährt sicherlich auch nicht regelmäßig Bahn d.h. RE 10
    Die Mehrheit leiht sicherlich auch nicht in der Bücherei
    Die Mehrheit geht nicht mehr zur Schule
    Die Mehrheit ist sicherlich kein Alltagsradfahrer/in
    Die Mehrheit besucht sicher keine VHS-Kurse
    usw.
    Eine Minderheit immer, aber Minderheiten können nichts durchsetzen. Das ist das Problem der destruktiven Mehrheiten. Sich durch Beschluss oder Nicht-Beschluss oder wiederholten Verweis in irgendwelche Arbeitskreise NICHT auf etwas zu einigen, das dann eben nicht kommt und geldlich, personell und materiell nicht umgesetzt werden muss, das ist immer einfacher. Ãœbrigens kann man sich im Wahlkampf und auch sonst bei nicht umgesetzten Dingen dann hervorragend über die vermeintliche Schuld, das vermeintliche Versagen, den vermeintlichen Unwillen anderer aufregen und politische Spiegelfechterei betreiben. Letztere ist auch viel einfacher und bequemer als die Energie für konstruktive Lösungen aufzuweden. (Bei manchen Parteien ist die reine Aufregung frei von allem Konstruktivem sogar maßgebliches Strukturelement.) Und auf einmal sind 5 Jahre ins Land gegangen und es hat sich wenig bis nichts getan, außer der politischen Spiegelfechterei und Versagensvorwürfen. Der Ansatz „Wir wollen parteiübergreifend für die Menschen in Kleve die anstehenden Probleme lösen“ dürfte ein illusionärer Traum bleiben, denn wenn gerade keine Kommunalwahl ist, dann ist eben Landtags oder Bundestagswahl und man ist nicht Problemlöser/in für die Bürger/innen, sondern Parteisoldat/in, der/die um jeden Preis den andern Parteien Kontra geben muss….

     
  2. 3

    Ah, Hintergrund dieser Ãœberschrift ist offenbar die Tatsache, dass gestern im Haupt- und Finanzausschuss die Angelegenheit zurück in den Fachausschuss verwiesen worden ist. Damit war der Brief offenbar ein Wirkungstreffer. 1:0 für die Vereine könnte man sagen. Aber ein Fußballspiel dauert 90 Minuten. Und nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Das kleveblog-Trainerteam epfiehlt: Weiter Ganzfeldpressing!

     
  3. 2

    Nun ist der offene Brief auch in der Rheinischen Post zum Thema geworden, allerdings kurioserweise hinter der Bezahlschranke und mit einer weitgehend sinnfreien Ãœberschrift: „Kritik der Vereine in offenem Brief: Politik fordert Gesamtplan fürs Klever Stadion“

     
  4. 1

    Da kann die Stadt Kleve froh sein, nicht im Ruhrgebiet zu liegen. Siehe RW Essen, dort wurde ein tolles Stadion gebaut.
    In Kleve sitzen wohl Antisportler im Stadtrat. Eine Turnhalle wäre auch sehr wichtig. besonders wenn man die Schulsporthallen in Kleve sieht (Baujahr zumeist in den 1950er/1960er Jahren..
    Die Ratsherren sollen sich mal auf die Haupttribüne der Getec-Arena bei einem Heimspiel des 1. FC Kleve setzen und dann
    den einmaligen Ausblick auf Keve genießen sowie die einmalige Atmosphäre.