Noch eine Kneipe hat geschlossen, diesmal das Le Journal

Geschichte: Le Journal

Es gilt Abschied zu nehmen von einem Fels in der Brandung der Klever Gastronomie, einem Fels, an dem schon so manche zerschellt sind und der auch manche zerschellt hat.

Am Dienstag Abend der vergangenen Woche traf sich Wirtin Nuna Tiggelbeck mit dem Vermieter des Gebäudes, in dessen Erdgeschoss das Lokal Le Journal bis zur vorvergangenen Woche noch Gäste empfangen hatte. Die Räume waren bereits geputzt, der Geldspielautomat ausgebaut, ein in der Nähe tätiger Gastronom hatte zuvor schon die letzten zehn Kästen Cola zum Schnäppchenpreis abgekauft. Es war still in den Räumen, die sonst für ohrenbetäubende Musik und exzessive Feiern bekannt waren.

Nach der Abnahme der Räume wechselten die Schlüssel den Besitzer, das war’s, ein schnödes Ende nach 30 Jahren Extremgastronomie mit vielen Höhen und einigen Tiefen, zuletzt im vergangenen Jahr, als binnen kurzer Zeit zwei Messerangriffe für Schlagzeilen sorgten – einmal vor dem Lokal selbst, einer an der nächsten Straßenecke vor dem Imbiss, an der ein junger Mann aus Xanten versuchte einen Streit zu schlichten und deshalb von einem Gast des Le Journal niedergestochen wurde. Beide Fälle endeten glücklicherweise glimpflich, allerdings war danach die Straße bundesweit in den Schlagzeilen, und Ludger Tiggelbeck, der Gründer der Gaststätte, forderte im Fernsehen eine Waffenverbotszone, ganz so, als spiele Kleve in einer Liga mit dem Frankfurter Bahnhofsviertel. Dabei waren gewalttätige Übergriffe längst alltäglich geworden – allerdings nicht in der ganzen Straße, sondern eben genau im Le Journal, wo die Emotionen oft hochkochten.

Ein Tresen, der viel zu erzählen hätte

Dass es so kommen würde, war dem Lokal nicht in die Wiege gelegt worden, schon die Namensgebung erinnerte an das intellektuelle Flair eines Pariser Straßencafés. Es gab in den ersten Jahren dort Speisen, und zu Zeiten, als der Fußball gerade ins Bezahlfernsehen wanderte, aber noch nicht jeder sich einen Zugang geholt hatte, war das Le Journal einer der wenigen Anlaufpunkte für Fußballfans in der Stadt, und zwar jeglicher Couleur und jegliches Herkommens – Hauptsache, man verstand etwas von der Sportart. Legendär waren die Anstrengungen, die Ludger Tiggelbeck zu den Weltmeisterschaften unternahm, mit Biergarten und Holzkohlegrill. Und einem aus der Karibik stammenden Kellner, der mit nichts außer einer Deutschlandfahne um den Lenden bekleidet war. So kamen auch Frauen, die sich sonst nicht so für Fußball interessierten.

Doch Ludger Tiggelbeck entdeckte vor Jahren die Düsseldorfer Altstadt als Bestätigungsfeld für sich, sein erstes Lokal fiel einem Großbrand zum Opfer, danach eröffnete er direkt an Eingang der Altstadt das Bistro Kostbar (übrigens mit Möbeln aus dem ehemaligen Klever Café Lust bestückt), das sehr gut läuft. Doch geriet das Le Journal aus dem Fokus, und ein schleichender Niedergang setzte ein. Anfangs kamen mittwochs noch die Studenten der Hochschule, mit großen Rabatten angelockt, doch die blieben irgendwann auch weg, sodass durch die Woche nicht mehr regelmäßig geöffnet war. Möglicherweise waren die Wochenenden ein Trost, an denen Umsatz und Randale in einem steten Wettstreit miteinander waren. Die Polizei musste an den Wochenenden regelmäßig kommen, es gab allein im vergangenen Jahr Dutzende Einsätze in der Straße, wovon die meisten dem LeJo, wie die Kunden den Namen abkürzten, zuzurechnen waren.

Das alles ist nun vorbei. Es gibt Gerüchte, dass Ludger Tiggelbeck dort etwas Neues plant, doch dafür gibt es bisher keine Bestätigung. Auf jeden Fall mahnte der Vermieter bei der Übergabe ausstehende Mietzahlungen an.

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12 Kommentare

  1. 12

    Möglicherweise liegt es an den fehlende „Boomern“, Fernsehprogramm war scheiße, Kinoangebot ebenfalls. Aber ewig hält man das auch nicht durch, Aus lauter Angebotsverzweiflung in der Früh nochmal im Boncardo, Caliente usw. zu enden, würde ich niemandem Empfehle, war aber eine Erfahrung. Es roch. Verbrauchte Luft, Schwitzende in Kunststofffasern, gemischt mit Haarspray, Rasierwasser, Männer- und Frauen-Parfüms, Cremes, Schminke und alle hatten Dauerwelle oder Minipli. Das Schönheitsideal mancher Männer schien „Aussehen wie ein Zuhälter“ zu sein. Und irgendwann, viel später kamen zu allem Überfluss auch noch diese ganzen Comedyluschen. Hier in NRW mit Vorliebe für „Ruhrpottakzent“, °Mein Omma hat…..mein Omma war eine tolle Frau…….damals als Vatta Untertage war….. usw usw

     
  2. 11

    2 Sterne bei Google Maps sagt doch schon viel aus über den Laden und dann noch die vielen Polizei Einsatze dort.

     
  3. 10

    Der stille Tod der Klever Kneipen Kultur .? Highlight 60/70 ziger Jahre in der Klever MÄNNER im *“BLAUMANN“ ( *TEXIL in dem gearbeitet wurde ? ) an bekannten großartigen Theken ,im Dunstkreis der Klever Industrie, ?+ nicht nur nach dem „Lohntüten Ball“ ?? unter „EINFLUSS“ ?die Probleme der damaligen Welt + – geregelt wurden . ? ?

     
  4. 9

    @6. Le Journal war doch genauso wenig dörflich wie das Caliente damals, oder?

    Bei dôrflicher Kneipenkultur denke ich z. B. an ehemals Marzian in Kranenburg-Mehr…

     
  5. 8

    Für einen ehemaligen Urklever:

    Bin schon seit über 30 Jahren aus Kleve weg, kannte das Lokal also nicht. Was war dem vor dem Journal an dem Ort?

     
  6. 7

    Ich glaub der Niedergang der Gastronomie ist teilweise selbstverschuldet, dieses anhängen an einer dörflichen Kneipenkultur geht anscheinend nicht mehr

     
  7. 6

    Ich war 1x da

    Und das hat mir dann gereicht, unfreundliches Personal, Lauwarmes Bier, und am Ende wurde noch behauptet man hätte den Deckel nicht bezahlt.. Was dann aber 4 zeugen bestätigten. War schon drauf und dran die Polizei zu rufen.

    Kein Verlust, kann weg…

     
  8. 5

    Ich finde es sehr schade! Egal ob der gemütliche Kaffee draussen nach dem Einkaufsbummel oder der Absacker am Abend, ich fühlte mich da stets wohl! Highlights wie Public Viewing zur EM/WM nicht zu vergessen. Auch an den Weihnachtstagen immer ein schöner Treffpunkt für Menschen die nicht das Wohnzimmer voll sitzen haben. Man darf die jahrelange Historie nicht vergessen und es ist halt nicht einfach, in der heutigen Zeit und gerade nach der Pandemie, eine Gastronomie wie man es gerne hätte selbststängig zu führen.

     
  9. 4

    @1 Nach allem, was man über das Le Journal in den letzten Jahren gehört hat, war das kein guter Ort (mehr) für Frauen…

     
  10. 3

    Mein Vater hat das Lokal über 30 Jahre top geführt, und war in kleve die nummer 1 und hoch angesehen. Die letzten 1.5 Jahre war er selber nicht vor Ort und wurde buchstäblich falsch gewirtschaftet durch andere Personen, ich denke das Mein Vater niemandem etwa beweisen muss in kleve oder jetzt in Düsseldorf.
    Jeder der ihn kennt weiß was die Wahrheit ist, und was für ein Mensch dahinter steht !!! Durch meinen Vater hat das Le Journal in Kleve 30 Jahre einen top Ruf gehabt, mit Höhen Tiefen und hat anderen Diskotheken oder Kneipen überlegt, Denke das dass schon für sich spricht. Also sollte man ab und zu nicht zu viel glauben was erzählt wird , weil wie schon gesagt die Wahrheit ganz anders aussieht.

     
  11. 2

    Für diejenigen, die Le Journal liebten, wird der Abschied sicherlich schwer sein. Aber für die meisten wird es wohl kaum eine Träne wert sein.

     
  12. 1

    Das Le Journal, war damals mein Lieblingslokal! Schade, dass es so enden musste! Dort habe ich damals, meine Partnerin kennengelernt, wo ich am längsten mit zusammen war. Nun ja: Anfang der 2000er, war auch schon um 22.00 Uhr, das Ladenlokal, gut gefüllt, und viele Frauen zw. 20 und auch Ü40. Das war ja zum Schluss nicht mehr so! Ich hatte auch Zeiten im Le Journal (Die Zeitung) erlebt, wo man auch die Zeile setzen könnte (nach meinen Erlebnissen:))): „Glück und Tränen im Le Journal; doch du warst einmal.

    Tschüss LeJo und seine, auch schöne Zeiten. Du wirst dennoch für mich, ein Stück Kleve im Herzen bleiben!