Was aber geschah am 12. Juni 1843? An diesem Tag vor 175 Jahren beurkundete Justizrat und Notar Hermann Josef Effertz die Schenkung des Minoritenklosters an der Klever Kavarinenstraße „zum Zwecke der Gründung einer Krankenheilanstalt“. So beginnt die Geschichte des St.-Antonius-Hospitals.
Medizin war damals noch ein uriges Handwerk. Während heute fast jede Krankheit geheilt werden kann, starben die Menschen früher noch wie die Fliegen. Die Behandlungsmethoden waren rustikal und nicht direkt wissenschaftlich unterfüttert, beispielsweise wurden Löcher in den Schädel gebohrt, um schlechte Luft entweichen zu lassen. Das Konzept der Desinfektion war noch nicht erfunden, jede dritte Frau, die im Krankenhaus entband, starb am Kindbettfieber. Eine der häufigsten Todesursachen war Cholera.
„Insbesondere auf dem Land gab es keine Ärzte; im Krankheitsfall wurden verschiedene Heilkundige, die jedoch meist primär andere Berufe ausübten, herangezogen. Zu diesen Heilkundigen zählten Schäfer (sie hatten durch ihren ständigen Umgang mit den Tieren und deren Erkrankungen verschiedene heilkundliche Kenntnisse, die sie in begrenztem Umfang auf den Menschen übertragen konnten), Bader, Hebammen oder ,weise Frauen`. Allenfalls holte man einen Wundarzt niederen Grades. In den Städten war die Situation anders. Hier gab es Ärzte, und besonders die gehobeneren Bevölkerungsschichten zogen eher einen Arzt zu rate als einen der erwähnten Heilkundigen, die gemeinhin als unfähig und unseriös aufgefasst wurden. Unter den Ärzten gab es zu dieser Zeit bereits einen gewissen Grad der Differenzierung. So gab es Medici practici, innere Mediziner, Wundärzte verschiedener Klassen mit unterschiedlicher Ausbildung und Befähigung, Oculisten, Stein-, Bruch- und Hasenschartenschneider sowie Zahnärzte. Das Selbstverständnis dieser Ärzte war ein anderes, als wir es heute kennen: Man beschäftigte sich nicht so sehr gerne mit den Krankheiten der Armen, der Minderbemittelten, der Kleinhandwerker und der Bauern, sondern man war an den Höfen des Adels, der Gutsbesitzer und für das reiche Bürgertum tätig und verstand sich als Berater in medizinischen wie in nichtmedizinischen Fragen.“ (Michael Hunze: Die Medizin im 19. Jahrhundert – Der Aufbruch in die Spezialisierung)
175 Jahre später schauen die Ärzte mit allerlei Geräten in die Körper, sie unterscheiden 1000 Sorten Krebs und operieren durch Löcher, die nicht größer als ein Schlüsselloch sind. Patienten liegen in Krankenzimmern, die von Hotelzimmern nicht zu unterscheiden sind, und haben Internetzugang, sodass sie die Diagnose gleich ergoogeln und bei der Visitie kluge Gegenfragen stellen können. Grund also, zu feiern – und das macht das Klever Krankenhaus am Samstag mit einem Festakt und einem Tag der offenen Tür!
Nach dem Festakt mit geladenen Gästen steht vor allem das St.-Antonius-Hospital der Gegenwart im Mittelpunkt. Mit einem Tag der offenen Türe präsentiert sich das Haus von 11 bis 17 Uhr der Öffentlichkeit. „Das wird ein echtes Erlebnis für die ganze Familie“, verspricht Bernd Ebbers, Geschäftsführer des Katholischen Karl-Leisner-Klinikums. Besucher können bei Führungen durch Operationssäle, durch das Herzkatheterlabor oder die Radiologie hinter die Kulissen des Krankenhauses schauen und das neue Bettenhaus inspizieren, das seit Herbst 2017 komplett in Betrieb ist. Das hochmoderne Bettenhaus bietet auf mehr als 14.000 Quadratmetern Platz für 287 Patienten in 103 Zimmern.
Besucher haben neben interessanten Einblicken viele Gelegenheiten zum Mitmachen: Hände desinfizieren, Prothesen einsetzen, Harnleiterspiegelungen üben -Einsatz ist gefragt. Dabei zeigen nicht nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des St.-Antonius-Hospitals, was sie können. Auch die anderen Einrichtungen der Katholischen Karl-Leisner-Trägergesellschaft wie das Katholische Alten- und Pflegehilfenetzwerk am Niederrhein (KAN), das Marianne van den Bosch Haus oder die Bildungsakademie für Gesundheitsberufe sind mit Begeisterung und vielen Informationen vor Ort. Dazu gesellen sich Fördervereine und Partner wie der Rettungsdienst des Kreises Kleve oder mit dem Radboud UMC aus Nijmegen das Nachbarkrankenhaus auf niederländischer Seite.
Zahlen & Fakten: Das neue Bettenhaus
- 16.000 Kubikmeter Erdarbeiten
- 5.000 Kubikmeter Beton
- 650 Tonnen Stahl
- 5.000 Quadratmeter Trockenbau-Wände
- 10.000 Quadratmeter Malerarbeiten
- 7.500 Quadratmeter Estriche und Oberböden
- 170 km Stromkabel, 80 km Datenkabel, 50 km Schwachstromkabel
- 5.100 Steckdosen, 2.400 Lichtschalter, 2.800 Leuchten
- 1.500 Automatische Rauchmelder, 60 Handfeuermelder
- 250 Zimmertüren, 25 Brandschutztüren
- 10.093 m Trinkwasserrohre, 9.554 m Heizungsrohre, 2.250 m Abwasserrohre, 2.384 m Kälteleitungen
- 126 m Feuerlöschleitung, 15 Wandschränke für Feuerwehrschlauchanschlüsse
- 426 Heizkörper
- Lüftungsanlage: Gesamtleistung 37.951 m³/h (entspricht 475 WC-Einzellüftern, die gleichzeitig laufen)
- Luftkanäle: 5132 m²
Fotos:
Das Bezugsdatum 26.4.56 des Neubaus an der Albersallee kann nicht stimmen. Ich wurde am 27.3.1956 dort geboren und meine Eltern haben mir immer erzählt, daß noch alles frisch und nach neuer Farbe roch.
Vielen Dank für den kleinen geschichtlichen Rückblick. „…lassen sie mich durch, ich bin Hasenschartenschneider !“
Die aktuelle (fach)ärztliche Versorgung im Hippeland nimmt Formen an, die an das 19. Jahrhundert erinnern.
Hingegen soll es in Düsseldorf mehr Kardiologen als Menschen mit Herz geben. Sollte mich vorsichtshalber mit einem Schäfer befreunden…
Sehr schöne Bilder. Ich werde nur das Gefühl nicht los das damals der Mensch,vor allem der Patient im Fokus stand.
Heute ist es ausschließlich die Wirtschaftlichkeit und damit das Geld. Aber das ist überall so. Also besser gesund bleiben.