Einer von 19 Kreis Klever Einwohnern bezieht Bürgergeld – die neuen offiziellen Zahlen sind da

Anreiz oder nicht?

Die Berliner Ampel-Koalition hat sich selbst schon als „Übergangsregierung“ (so der Grünen-Chef Omid Nouripur) verabschiedet, und die beiden Landtagswahlen gestern in Sachsen und Thüringen waren Sargnägel eines solchen Ausmaßes, dass man schon nicht mehr ernsthaft daran glaubt, dass die drei Parteien überhaupt noch die Legislaturperiode zu Ende bringen (und wenn doch, dann nur weil keiner der drei Partner sich irgend eine bessere Zukunft vorstellen kann). Das aber lenkt den Blick auf eines der zentralen Vorhaben, das vermutlich für lange Zeit mit dieser Regierung in Verbindung gebracht wird und das die SPD endlich vom Hartz-4-Stigma befreien sollte – nicht die Cannabis-Legalisierung, sondern das Bürgergeld. Ist es ein Erfolg? Oder befeuert es den Müßiggang, der gerne von interessierten Kreisen bestimmten Bevölkerungsgruppen unterstellt wird?

Etwas Grundlage für die Diskussion liefern die neuen Zahlen zu den Bürgergeld-Empfängern, die der Kreis Kleve heute veröffentlicht hat. Hier der Überblick:

Der aktuelle Bericht des Jobcenters Kreis Kleve zum Bürgergeld zeigt, dass sich die Anzahl der Bürgergeld beziehenden Bedarfsgemeinschaften im August 2024 auf nunmehr 8.872 erhöht hat (plus 70 im Vergleich zum Vormonat Juli).

Von den 16.339 betroffenen Menschen sind 12.123 erwerbsfähig – bei den verbleibenden 4.116 Personen handelt es sich in der Regel um Kinder. 16.339 Empfänger, das heißt umgerechnet, dass einer von 19 Bürgern in den Genuss der Leistungen kommt (Einwohnerzahl Kreis Kleve: 318.000). Der Anteil der Erwerbsfähigen an der Gesamtgruppe beträgt 74 Prozent. Da es im Kreis Kleve (Stand 30.06.2024) 121.849 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gibt, ließe sich grob sagen, dass auf zehn Beschäftigte ein erwachsener und erwerbsfähiger Bürgergeld-Bezieher kommt. Der Anteil der Kinder, deren Eltern Bürgergeld beziehen, an der Gesamtzahl der Kinder (Personen unter 18 Jahre) beträgt ca. sieben Prozent (4116 geteilt durch 54.003).

Wenig Bewegung gibt es bei der Zahl derer, die vom Bürgergeldbezug wieder in den ersten Arbeitsmarkt wechseln: Die Zahl der Vermittlungen in den ersten Arbeitsmarkt, die in der Statistik mit einer dreimonatigen Wartezeit erfasst werden, lag im April 2024 bei insgesamt 272. Davon haben 180 Personen eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufgenommen, weitere 92 einen Minijob. Das entspricht einem Anteil von etwa zwei Prozent.

Zur Erfüllung des gesamten Aufgabenspektrums des SGB  II wurde im Juli 2024 ein Gesamtbetrag in Höhe von etwa 12,89 Mio. Euro aufgewendet. Auf den Kreis und die Kommunen entfielen hiervon rund 1,52 Mio. Euro für die Kosten der Unterkunft. Im Jahr 2024 lagen die finanziellen Aufwendungen bislang (Januar bis Juli) bei insgesamt etwa 88 Mio. Euro. 

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22 Kommentare

  1. 22

    @21 Ja, Arbeit strukturiert das Leben und im besten Fall ist sie identitätsstiftend und trägt zur Persönlichkeitsentwicklung bei. Unfreiwillig (zeitweise) nicht mehr arbeiten zu können ist eine schwierige Situation.

    „Bezeichnenderweise sind es vor allem Menschen, die in sozialen Berufen gearbeitet haben, die ihren Beruf nicht mehr ausüben können.“

    Die psychische/emotionale Belastung ist in sozialen Berufen ja meistens hoch. Da braucht man zum einen eine gute Resilienz und vor allem Unterstützung im beruflichen und auch privaten Umfeld. Aber letztlich ist anders als in vielen anderen Berufen meist der „ganze“ Mensch gefordert und der Umfang der Arbeit oft nicht so vorhersehbar/einteilbar wie bei anderen Tätigkeiten. Da kann aus einer normalen psychischen Beanspruchung, die jeder Beruf mit sich bringt, schnell eine Überforderung werden. Immer dann, wenn mit den vorhandenen Ressourcen die Anforderungen nicht bewältigt werden können. Dauerüberforderung kann dann zu psychischen bzw. psychosomatischen Erkrankungen führen.

    Ich habe letztens noch an einem interessanten Seminar zum Thema Belastung im Job teilgenommen. Da wurden einige wichtige Aspekte, über die sonst gerne drumherum geredet wird, gut auf den Punkt gebracht. Die Take-home-Message war, in Bezug auf Arbeit und ihre Bewältigung: „14 Liter passen einfach nicht in einen 10-Liter-Eimer. Erledige deine Arbeit mit Mittelmäßigkeit, dann bist du immer noch besser als 49 Prozent. Und nimm nicht jede Anforderung (sofort) an, wenn der 10-Liter-Eimer immer voller wird. Das geht öfter als man glaubt.“. (Natürlich geht das nicht in jedem Arbeitsfeld gleich gut.)

    Klingt vielleicht banal, aber auch die eigene Haltung zu Arbeit lässt sich verändern. Oft kommt zu dem äußeren Druck ja der Druck, den man sich selber macht. Ich muss sagen, dass bei mir bei dem Wort „Mittelmäßigkeit“ sofort innerlich Widerstand aufkam. Ich habe einen hohen Anspruch an meine Arbeitsergebnisse, bereite Gespräche genau vor, überarbeite ein Protokolle mehrmals etc. und bastele auch in der Freizeit noch an einer PPT. Dafür nehme ich mir andere Freiheiten wie z. B. während der Arbeitszeit bei kleveblog posten 😉 Das ist dann ausgleichend. Aber Mittelmäßigkeit? Igitt. Das habe ich erstmal auf mich wirken lassen, und habe dann gemerkt, alleine der Gedanke entspannt irgendwie. Man könnte auch mal was Mittelmäßiges abliefern…

     
  2. 21

    @20. Chewgum

    „Für manche erwerbsfähigen Bürgergeldbezieher „lohnt“ sich Arbeit aber aus ihrer subjektiven Sicht nicht, weil sie etwas tun müssten und dann ggf. weniger Geld zur Verfügung hätten als mit Bürgergeld (und Freizeit).”

    Natürlich gibt es solche Menschen und es ist vermutlich keine winzige Minderheit, die so denkt und hadelt. Ich habe das auch schon u.a. von einem örtlichen Kleinunternehmer gehört, der immer wieder Arbeitskräfte sucht und regulär beschäftigen möchte, aber aufgrund der Branche nur etwas mehr als den Mindestlohn zahlen kann. Es wollen schon einige bei ihm arbeiten aber schwarz. Ist klar, das die weiterhin Bürgergeld beziehen möchten. Ich finde das genauso wenig in Ordnung wie Sie. Allerdings habe ich in meinem ersten Post klar formuliert welche Personengruppe ich meine. Nämlich diejenigen, die Sie Zitat „ Es ging mir nicht um Menschen, die wirklich nicht arbeiten können.” nicht meinen.
    Durch meine Krankheiten und Behinderung kenne ich ziemlich viele andere Betroffene. Für alle ist Arbeit ein großes Thema. Arbeit ist viel mehr als „nur” Geld verdienen. Arbeit bietet Tagesstruktur, eine sinnvolle Beschäftigung und Kontakt zu anderen Menschen. Deshalb ist Arbeit so wichtig. Arbeit kann aber auch krank machen: Stress und notwendige Belastbarkeit, die teilweise nicht vorhanden ist, ggf. zwischenmenschliche Probleme usw. Für alle, die ich persönlich kenne (ich weiß, auch das ist nicht unbedingt repräsentativ) hat Arbeit einen hohen Stellenwert. Die einen kämpfen darum ihren Job trotz der Krankheit machen zu können, andere versuchen nach Arbeitsplatzverlust durch Kündigung oder nach längerer Krankheit einen Job zu finden oder eine Ausbildung/Umschulung oder eine andere Qualifizierungsmaßnahme zu machen. Mache haben schon lange gearbeitet und stehen jetzt an einem Punkt wo sie Erwerbsminderungsrente beantragen müssen. Es sind auch „Aufstocker” und Bürgergeldbezieher dabei. Relativ viele können in ihrem alten Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten. Bezeichnenderweise sind es vor allem Menschen, die in sozialen Berufen gearbeitet haben, die ihren Beruf nicht mehr ausüben können. So gut wie jeder muss sich durch das Dickicht aus Behörden und ähnlichem schlagen um Schritt für Schritt vorwärts zu kommen.

    „ Insgesamt gibt es jedenfalls Verbesserungsbedarf, in verschiedener Hinsicht. Besonders für Menschen mit psychischen und anderen Erkrankungen bzw. Einschränkungen.”

    Das sehe ich genauso.

     
  3. 20

    @19

    Es ging mir nicht um Menschen, die wirklich nicht arbeiten können.

    Für manche erwerbsfähigen Bürgergeldbezieher „lohnt“ sich Arbeit aber aus ihrer subjektiven Sicht nicht, weil sie etwas tun müssten und dann ggf. weniger Geld zur Verfügung hätten als mit Bürgergeld (und Freizeit). Da fehlen die Anreize, besonders dann, wenn nur Jobs zum Mindestlohn oder in der Nähe davon in Frage kommen. Das gilt eher für Paare mit ein oder zwei Kindern, die verschiedene Sozialleistungen beziehen. Da würde die Arbeit des einen Partners ggf. dazu führen, dass der andere Partner nicht mehr als bedürftig gilt, weil das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft insgesamt betrachtet wird. Es gibt Leute, die dann trotzdem lieber arbeiten, aber es gibt eben auch andere. Und denen wird es meiner Meinung nach zu leicht gemacht.

    Insgesamt gibt es jedenfalls Verbesserungsbedarf, in verschiedener Hinsicht. Besonders für Menschen mit psychischen und anderen Erkrankungen bzw. Einschränkungen.

     
  4. 19

    @18. Chewgum
    „ Wir wissen doch alle, dass es solche und solche Leistungsbezieher gibt…“

    Ja. Es hat aber auch niemand behauptet, dass alle Leistungsbezieher sich mustergültig verhalten. Trotzdem gibt es berechtigte Kritik am System (siehe verlinkte Artikel).

    „Ich halte es eher für naiv, jeden Bürgergeldempfänger für arbeitsunfähig zu erklären.“

    Es war nicht die Rede davon alle Bürgergeldempfänger für arbeitsunfähig zu erklären und das wissen Sie auch, wenn Sie die Kommentare gelesen haben. In den verlinkten Artikel wird ebenfalls nicht behauptet alle Bürgergeldempfänger seien arbeitsunfähig.

    Bei einem besser funktionierendem System, das Leistungsbezieher im erwerbsfähigen Alter individuell fördert und im Falle von chronischen somatischen und/oder psychischen Erkrankungen Hilfe in Anspruch genommen werden kann ohne dafür Hilfe zu benötigen, um sich in diesem System zurecht zu finden, d.h. niederschwellige Beratung und Unterstützung an Stelle von unübersichtlichen Zuständigkeiten und einem System, das für Hilfesuchende ein einziger Hindernislauf ist, würden es mehr Menschen schaffen einer Arbeit nachzugehen. Kritikern des gegenwärtigen Systems wird gerne unterstellt, dass sie im Grunde nur eine „soziale Hängematte” fordern. Darum geht es definitiv nicht. Es geht um mehr Würde und zur Würde gehört auch Menschen ohne oder mit geringer und/oder veralteter Qualifikation und/oder chronischen Krankheiten und/oder Behinderungen die Möglichkeit zu geben am Erwerbsleben teilzunehmen. Das derzeitige System zielt vor allem auf Arbeitsvermittlung ab. Dementsprechend gering ist der Erfolg, weil ein großer Teil der Leistungsbezieher aus unterschiedlichen Gründen nicht ohne weiteres vermittelt werden kann.

     
  5. 18

    @17 Gehen Sie mal davon aus, dass ich Sendungen dieser Art mit dem nötigen Hintergrundwissen gucke. Außerdem gibt es ähnliche Reportagen auch von anderen Rundfunksendern.

    Wir wissen doch alle, dass es solche und solche Leistungsbezieher gibt…

    So what.

    Ich halte es eher für naiv, jeden Bürgergeldempfänger für arbeitsunfähig zu erklären.

     
  6. 17

    @16. Chewgum
    „Es sind echte Fälle. Und diese Leute sind auch nicht in der Lage zu schauspielern.“

    Ja, das habe ich auch gelesen. Dennoch produziert RTL II diese Sendung und bestimmt letztlich was die Zuschauer für „Fälle“ zu sehen bekommen. Es geht RTL II wohl kaum um eine gesellschaftskritische Berichterstattung, sondern schlicht und einfach um Befriedigung der Neugier und die Befriedigung des Bedürfnisses der Zuschauer emotional bewegt zu werden.

    „Wissenschaftliche Auseinandersetzungen beschäftigen sich ja eher weniger mit der ganz konkreten Lebenswirklichkeit von Menschen.“

    Es gibt sozialwissenschaftliche Studien u.a auch zu diesem Thema. Diese Studien befassen sich mit der Lebenswirklichkeit der Menschen. Die plakative Darstellungen von Einzelfällen à la „es sollten schon mindestens 4000 Euro netto sein“
    werden Sie in solchen Studien natürlich nicht finden.

     
  7. 16

    @15 Es sind echte Fälle. Und diese Leute sind auch nicht in der Lage zu schauspielern.

    Dass eine Fallreportage nicht repräsentativ sein kann, ist klar.

    Wissenschaftliche Auseinandersetzungen beschäftigen sich ja eher weniger mit der ganz konkreten Lebenswirklichkeit von Menschen.

     
  8. 15

    @13 Chewgum
    „Während die einen weinen, weil sie keine Arbeit finden (hier eine alleinerziehende Arzthelferin, die zeitlich nicht völlig flexibel ist), finden Andere, dass „sich Arbeit in Deutschland nicht lohnt“ (und verdienen schwarz nebenbei) oder kriegen ihr Leben insgesamt nicht auf die Reihe (auch, aber nicht nur wegen psychischer Probleme – oder ist ‚bis Mittag schlafen‘ oder ‚die Post nicht mehr aus dem Briefkasten holen, es könnten ja Rechnungen drin sein‘ immer gleich ein Krankheitssymptom?). Manche kämpfen, aber ihnen fehlen bestimmte Skills, andere fangen gar nicht erst an zu kämpfen, denn „es sollten schon mindestens 4000 Euro netto sein“, wenn man arbeitet.“

    Ihnen ist hoffentlich bewusst, dass die Sendung „Armes Deutschland – Stempeln oder Abrackern?“ dazu dient kommerziell möglichst erfolgreich zu sein. Das bedeutet, dass dieses Format für die Zuschauer interessant bleiben muss. Gegensätze erzeugen die nötige Spannung: Auf der einen Seite die alleinerziehende Mutter (Arzthelferin), die verzweifelt einen Arbeitsplatz sucht, und auf der anderen Seite die, die schwarz arbeiten, unrealistisch hohe und überzogene Ansprüche haben („es sollten schon mindestens 4000 Euro netto sein“, wenn man arbeitet.“), und bis zum Mittag schlafen und den Briefkasten lieber nicht leeren. RTL II pickt sich „Fälle“ heraus, die emotionale Reaktionen bei den Zuschauern erzeugen: Mitgefühl, Abscheu, Ekel, Empörung, Wut, Trauer, Verständnis, Unverständnis. Mit einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema hat das nicht im entferntesten etwas zu tun. Und es ist nicht repräsentativ.

     
  9. 14

    @13. Chewgum
    „Btw: Es gibt viele Menschen mit psychischen Problemen, die trotzdem jeden Tag zur Arbeit gehen.“

    Das weiß ich. Ich bin ebenfalls berufstätig (Vollzeit).

     
  10. 13

    Wenn jeder dritte Bürgergeldempfänger psychisch krank ist, bedeutet das aber auch, dass zwei von drei es nicht sind.

    Natürlich gibt es Spiralen, aus denen manche nicht mehr so einfach rauskommen.

    Heute Abend bin ich bei der Sendung „Armes Deutschland – Stempeln oder Abrackern?“ hängen geblieben. Dort sieht man quasi die unterschiedlichen Gründe der Leistungsbezieher. Während die einen weinen, weil sie keine Arbeit finden (hier eine alleinerziehende Arzthelferin, die zeitlich nicht völlig flexibel ist), finden Andere, dass „sich Arbeit in Deutschland nicht lohnt“ (und verdienen schwarz nebenbei) oder kriegen ihr Leben insgesamt nicht auf die Reihe (auch, aber nicht nur wegen psychischer Probleme – oder ist ‚bis Mittag schlafen‘ oder ‚die Post nicht mehr aus dem Briefkasten holen, es könnten ja Rechnungen drin sein‘ immer gleich ein Krankheitssymptom?). Manche kämpfen, aber ihnen fehlen bestimmte Skills, andere fangen gar nicht erst an zu kämpfen, denn „es sollten schon mindestens 4000 Euro netto sein“, wenn man arbeitet.

    Bis auf die alleinerziehende Frau schienen alle psychisch angeschlagen zu sein. Einigen würde es aber wohl gut tun zu arbeiten und einen geregelten Alltag zu haben. Vielleicht mit einem Job in der Nähe. Aber der bringt oft nicht so viel Geld.

    Btw: Es gibt viele Menschen mit psychischen Problemen, die trotzdem jeden Tag zur Arbeit gehen.

     
  11. 11

    @10. Alltag
    „Wegen psychischer Erkrankungen der betroffenen Menschen, wird natürlich die Ursache professionell gesucht und ggf. behandelt.“

    Gut, dass Sie das schreiben. Dann wird es wohl so sein. Das entspricht zwar nicht der alltäglichen Erfahrungen der Betroffenen, aber was soll‘s. Im günstigsten Fall ist es natürlich so, dass eine korrekte Diagnose gestellt und der Patient dementsprechend behandelt wird. Viele haben aber in ihrem Leben schon mehrere Diagnosen bekommen, die sich teilweise auch ausschließen, und es dauert nicht selten Jahre oder Jahrzehnte bis dann die Diagnose gestellt wird, die zutrifft. Auch die Behandlung ist nicht einfach. Ärztemangel, Psychologenmangel etc. verschärfen das Problem zusätzlich.

    „Man sollte nicht immer Statistiken und Berichte vorschieben, die speziell für den Kreis Kleve nicht zu übertragen sind.“

    Sie wissen also genau, dass der Kreis Kleve vom bundesdeutschen Durchschnitt deutlich abweicht? Dann legen Sie doch mal Ihre Quelle vor.

     
  12. 10

    @8. u. 9.

    Man sollte nicht immer Statistiken und Berichte vorschieben, die speziell für den Kreis Kleve nicht zu übertragen sind.

    Wegen psychischer Erkrankungen der betroffenen Menschen, wird natürlich die Ursache professionell gesucht und ggf. behandelt.

     
  13. 9

    Online-Artikel: „ Wie sich psychische Erkrankungen auf die Teilhabe am Arbeitsmarkt auswirken – ein Überblick“
    „ Fazit

    Psychische Erkrankungen treten häufig auf und sie haben erhebliche negative Auswirkungen auf die berufliche Situation der Betroffenen. Das Risiko, arbeitslos zu werden, vorzeitig aus dem Berufsleben auszuscheiden oder anstelle einer regulären Erwerbstätigkeit einer beschützten Tätigkeit nachzugehen, steigt.

    Während der Anteil psychisch erkrankter Menschen in der erwachsenen Gesamtbevölkerung bei circa 28 Prozent liegt, wird er unter den Leistungsberechtigten im Rechtskreis des SGB II deutlich höher geschätzt. So haben fast die Hälfte der arbeitslosen Leistungsbeziehenden ernste körperliche oder psychische Gesundheitsprobleme, geschätzte 37 Prozent der Leistungsberechtigten eine psychiatrische Diagnose.

    Die Frage, ob psychische Erkrankungen zu erhöhter Arbeitslosigkeit führen oder ihrerseits eine Folge von Arbeitslosigkeit sind, wird seit vielen Jahren kontrovers diskutiert. Ein weiterer Beitrag in dieser Serie wird näher auf diese Thematik eingehen. Die Zahlen machen jedoch deutlich, dass beide Problemkreise – psychische Erkrankungen und Arbeitslosigkeit – häufig miteinander verbunden sind. Es sind daher gemeinsame Anstrengungen verschiedener Akteure erforderlich, um die beruflichen Möglichkeiten für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen zu verbessern.“

    https://www.iab-forum.de/wie-sich-psychische-erkrankungen-auf-die-teilhabe-am-arbeitsmarkt-auswirken-ein-ueberblick/#:~:text=Psychische%20Erkrankungen%20sind%20auch%20unter,Auswirkungen%20auf%20die%20berufliche%20Teilhabe.

    Der Artikel ist von 2020. Es hat sich aber im Endeffekt nichts verändert.
    Insbesondere der letzte Satz „ Es sind daher gemeinsame Anstrengungen verschiedener Akteure erforderlich, um die beruflichen Möglichkeiten für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen zu verbessern.“ wäre etwas, was sich der Kreis Kleve schreiben sollte. Bisher hat dieser leider eine unrühmliche Rolle bei diesem Problem.

     
  14. 8

    @7. Jupp
    Danke, eine gute Erklärung um die Hintergründe zu verstehen. Eine Ergänzung vielleicht noch zu einer schwer erfassbaren Personengruppe: Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen und sich daraus oftmals ergebenden (unberücksichtigten) Behinderungen fallen oft durch das Raster. Die Hürden medizinische (Kliniken im näheren Umkreis!!!) oder sonstige Hilfe z.B. durch das Versorgungsamt zu erhalten ist für viele Menschen mit chronischen psychischen Krankheiten und/oder Behinderungen auf Grund ihrer Krankheit kaum möglich. Wissen, Energie, Zeit, Unterstützung durch Familie oder Dritte ist oftmals kaum vorhanden weshalb diese Personengruppe oftmals als zwar schwerer vermittelbar aber erwerbsfähig gilt, obwohl sie nur eingeschränkt oder im Endeffekt kaum in der Lage sind einer Arbeit nachzugehen und ebenso wenig ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln. Aus Sicht der Behörden verschlechtert diese Personengruppe die Statistik. Einen Handlungsbedarf wird aber leider weder von involvierten Behörden noch von Krankenhausbetreibern von psychiatrischen Kliniken gesehen. Aus deren Perspektive läuft ja alles: Die Betroffenen fallen selten unangenehm auf (sofern sich niemand deren Wohnung anschaut und das Ausmaß der Unterversorgung entdeckt) und obdachlos sind die meisten von ihnen auch nicht. Also alles gut, oder?

     
  15. 7

    Von den etwa 12.000 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten müssen noch die sogenannten „Aufstocker“ abgezogen werden. Diese gehen einer Erwerbstätigkeit nach, erhalten aber aufgrund des zu geringen Lohns noch ergänzende Leistungen. Im letzten Jahr waren dies bundesweit ca. 20%. Bei etwas über 12.000 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten wären dies ca. 2.400 Personnen. Andere Bezieherinnen nehmen an Qualifizierungsmaßnahmen teil, um deren geringe oder veraltete Qualifikationen zuverbessern. Die nicht vorhandene Mobilität vielerLeistungsbezieherinnen is tin einem ländlich geprägten Kreis ebenfalls eine Ursacheda für, dass die Integration in Arbeit erschwert wird. Alleinerziehende stehen dem Arbeitsmarkt auch nur eingeschränkt zur Verfügung.

     
  16. 6

    Als Vollzeitbeschäftigter finde ich es auch nicht richtig, wenn erwerbsfähige Menschen nicht arbeiten. Zumindest nicht sozialversichert arbeiten. Aber vielleicht lohnt es sich mal zu schauen, was die Gründe dafür sind. Bei einigen mag es tatsächlich so sein, dass niemand sie beschäftigen möchte. Dass es Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen gibt, die nicht oder nur eingeschränkt arbeiten können, ist klar. Aber ein Teil der Bürgergeldbezieher könnte arbeiten und würden auch eingestellt werden. Sie möchten es aber nicht. Ich möchte jetzt nicht den Aspekt der Ungerechtigkeit diskutieren, denn es offensichtlich, dass es nicht fair ist, wenn Menschen Leistungen von der Solidargemeinschaft in Anspruch nehmen obwohl sie es nicht bräuchten. Die Frage der man m.E. nachgehen müsste, wäre was die Gründe dafür sind. Eine totale Abneigung gegen Arbeit ist nicht so häufig wie es den Anschein haben könnte. Dagegen spricht auch, dass Schwarzarbeit durchaus beliebt ist. Wenn man den moralischen Standpunkt mal ignoriert, ist es ziemlich logisch: Das Bürgergeld sichert die Existenz, was es ja auch soll, und schwarz gearbeitet wird, um mehr Geld zur Verfügung und oftmals auch um eine sinnvolle Beschäftigung zu haben. Das Angenehme dabei ist, dass man dann selbst entscheiden kann wieviel man arbeiten möchte. Ich finde das vollkommen verständlich aber auch unschön, dass andere, die regulär einer Arbeit nachgehen, dies in der Regel nicht können, sondern oftmals in Vollzeit arbeiten müssen, weil sie sonst finanziell nicht über die Runden kommen. Vielleicht sollte noch einmal ganz grundlegend darüber nachgedacht werden wie Erwerbstätigkeit für alle so gestaltet werden kann, dass ein auskömmliches Leben möglich ist und kein Raubbau an der Gesundheit der Arbeitnehmer gemacht wird. Es sind sicherlich nicht alle Arbeitnehmer betroffen aber viele Arbeitnehmer leiden unter großen Belastungen im Job, was sich auch dadurch bemerkbar macht, dass immer mehr Menschen ganz oder teilweise aus gesundheitlichen Gründen aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Das führt dann zu noch mehr Personalmangel wodurch der Stress noch größer wird usw.

     
  17. 5

    @4 Richtig verstanden.

    Dazu steht noch im Bericht:
    „Mehr als die Hälfte der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Kreis Kleve befindet sich in der mittleren Altersgruppe von 25-49 Jahren.“

     
  18. 4

    Verstehe ich das richtig, von den 12.123 erwerbsfähigen Bürgergeldbeziehern geht keiner einer Beschäftigung nach, noch nicht mal einer Teilzeitbeschäftigung?

     
  19. 3

    Alle Regierungen insbesondere seit der Globalisierung nach dem Ende des kalten Krieges haben den Fehler gemacht nicht in die Zukunft zu investieren. Infrastruktur, Bildung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, nachhaltige Energieerzeugung und soziale Gerechtigkeit sind mehr oder weniger auf der Strecke geblieben. Die Höhe der Steuereinnahmen bestimmt natürlich auch den Handlungsspielraum einer Regierung. Realistisch betrachtet wird auch keine zukünftige Regierung Grundlegendes an den Missständen ändern können oder wollen(?). Die Partei, die bereit wäre den politischen Einfluss und die wirtschaftliche Macht von global vernetzten Unternehmen und von extrem reichen Privatpersonen zu begrenzen und sie angemessen an der Finanzierung des Staates zu beteiligen, gibt es derzeit nicht. Die Folge vom halbherzigen Handeln der Regierungen in den letzten Jahrzehnten ist die Suche vieler Menschen nach „Heilsbringern“.

     
  20. 2

    Wenn ich die Wahl zwischen den deutschen Trump und einer Schnarchnase habe, ist die Wahl ja wohl klar!

    Diese ganzen Streitereien und Co. spielen den rechten Deppen nur weiter in die Karten… das man DAS NOCH IMMER nicht begriffen hat ist auch Realitätsverweigerung.

    Die Politik ist mittlerweile einfach völlig losgelöst vom mittelschichtigen Bürger (lol, das es den Mittelstand überhaupt noch gibt ist ja auch ein Wunder).

    Aber wie kommt man aus dieser Odyssee nun wieder heraus? Mit CDU, AfD und BSW ganz bestimmt nicht. Wer das ernsthaft behauptet und vertritt, der begeht auch Realitätsverweigerung. Und nebenbei noch einige andere Dinge, die den ein oder anderen Zweifel aufkommen lassen.

     
  21. 1

    Hartz 4 war seinerzeit sicher ein Schlag ins Kontor für die SPD. Das ist lange her und es gab noch nicht solche Flüchtlingsströme wie in den letzten Jahren.

    Während die Deutschen längst ein anderes Thema umtreibt, hat die SPD sich zu sehr mit dem „Stigma“ von damals beschäftigt und Hartz 4 dann mit dem Bürgergeld verschlimmbessert und noch mehr Leute verprellt bzw. Anlass dazu gegeben nachzurechnen, ob sich Arbeiten noch lohnt.

    Überhaupt scheint die Ampel ja nicht zu begreifen, was die Bürger beschäftigt. Lindner will kein Geld für dringend benötigte Investitionen (u. a. Schulen, Verkehrsinfrastruktur) freigeben, die Grünen verweigern sich einer vernunftgeleiteten Migrationspolitik, verunsichern Millionen Immobilienbesitzer und schaden dem Wirtschaftsstandort Deutschland (kurz: ließe man sie, würden sie dieses Land vollends ruinieren) und in der SPD gibt es immer noch welche, die glauben, dass der nächste Bundeskanzler wieder Olaf Scholz heißt.

    Das ist: Realitätsverweigerung.

    Der nächste Bundeskanzler heißt, wenn er nicht noch grobe Fehler macht, Friedrich Merz. Und die SPD wird wohl das Glück haben mitregieren zu dürfen… falls sie noch die 5-Prozent-Hürde schafft (wovon Stand jetzt auszugehen ist).

    Wir müssen Leuten wie Michael Kretschmer und Mario Voigt dankbar sein, dass die AfD bei den Wahlen gestern nicht noch besser abgeschnitten hat. Und letztlich auch Friedrich Merz, der nach dem Anschlag in Solingen Kanzler Scholz so vor sich her getrieben hat, dass diesem nichts Anderes mehr übrig blieb als den Konkurrenten zu umarmen.

    Und das Bürgergeld muss jetzt schon wieder reformiert werden. Aber wohl nicht mehr von der SPD.