„Der Schwan, ein ganz hässlicher Vogel“

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(Fotos © Udo Kleinendonk) Max Elbers (28), war so freundlich, das Transportgefährt „Personenaufzug“ zu nennen, sonst wäre es nicht als solcher zu erkennen gewesen. Es handelt sich um eine rund zwei Quadratmeter große Standfläche, die von einem frugalen Geländer umfasst wird. Dieser – bleiben wir bei dem Wort – „Personenaufzug“ benötigt eine Minute, um seine Fahrgäste vom Erdboden an der Nordseite des Schwanenturm ratternd in 46 Meter Höhe hinaufzubefördern.

Auch dort oben, direkt unter der Unterkante des Daches, haben die Menschen festen Boden unter den Füßen. Dieser feste Boden besteht allerdings aus 23 Lagen von Stahlblechen, die durch Hunderte von Stahlrohren zusammengehalten werden. Der Wind pfeift einem um die Nase, Regentropfen prasseln auf den Plastikhelm, links dient eine Stahlstrebe als Geländer, und das ist es auch schon, was einen von der Tiefe trennt, die direkt dahinter beginnt. Willkommen auf dem Gerüst, das zurzeit den Klever Schwanenturm einhüllt!

Über uns sind Arbeiter gerade damit beschäftigt, die 24. und letzte Lage (so nennen Gerüstbauer Etagen) vor dem Dach zu montieren, doch auch schon die 23. Lage reicht aus, um sich sehr sorgfältig Gedanken darüber zu machen, wohin man den Fuß als nächstes setzt und zugleich mit den Mitteln der Autosuggestion sein Gehirn davon zu überzeugen versucht, dass es keinen Unterschied macht, ob man in einem oder 46 Meter Höhe über Metallbleche läuft und sich an einem Geländer festhält, wobei festhalten ein milder Ausdruck für das ist, was die Hand da gerade macht.

„Das ist Kopfsache“, sagt Max Elbers, der Geschäftsführer des Kranenburg Unternehmens Gerüstbau Elbers. Mit bemerkenswerter Ruhe referiert er in luftiger Höhe über die Besonderheiten des Gerüstbau. Es handelt sich nicht einmal um das größte Projekt der Firma, die er nun in zweiter Generation gemeinsam mit seinem Onkel Theo Elbers führt. Gerüstbauer rechnen in Quadratmeter Fassadenfläche, und da kommt der Schwanenturm auf rund 3500. Die Firma Elbers hat aber auch schon Aufträge gehabt, bei denen deutlich mehr Quadratmeter eingerüstet werden mussten (wie z.B. die Fachhochschule Rhein-Waal in Kleve). „Dennoch ist dieser Auftrag natürlich ein Traum“, so Elbers. Weshalb sein Unternehmen sich sehr darum bemühte und auch sehr erfreut war, den Zuschlag des Landes erhalten zu haben.

Fünf der 30 Gerüstbauer, die bei Elbers in Lohn und Brot stehen, arbeiten daran, das Gerüst in die Höhe zu ziehen. Wenn sie mit ihrer Arbeit in voraussichtlich zwei Wochen fertig sein werden, werden sie mehr als 1300 Bodenbleche verbaut haben. Mindestens drei Monate soll das Gerüst stehen bleiben, damit das Schieferdach des Turmes neu gedeckt werden kann und die verwitterten Fugen an der Wetterseite wieder abgedichtet werden können. Und schließlich eröffnet das Gerüst auch die Möglichkeit, die Turmuhr an der Nordseite zu reparieren – dort hatte sich kann ich am 1. September vergangenen Jahres der 2,20 m große Minutenzeiger gelöst und war in die Tiefe gestürzt.

Manfred Winterberg (32) ist als technischer Leiter für das filigrane Großprojekt zuständig. Was für einen Laien beispielsweise wie ein großes Gerüst aussieht, sind aus technischer Sicht zwei eigenständige Konstruktionen. „Von der 15. Lage an handelt es sich um ein neues Gerüst, dessen Träger durch das Dach des unteren Burgkomplexes geführt werden“, so Winterberg. doch auch ein technischer Leiter kann bei solch einem Projekt die Gefühle nicht unterdrücken. Winterberg: „Schon während meiner Ausbildung habe ich davon geträumt, einmal die Hand an den Schwan zu halten – unglaublich, dass das jetzt wahr wird!“

Allerdings nimmt ihm sein Kollege Udo Janssen (57), der erfahrene Vorarbeiter, da eine Illusion. „Aus der Nähe betrachtet, ist der Schwan ein ganz hässlicher Vogel!“ Das weiß er, weil er nicht zum ersten Mal in einem Gerüst an der Schwanenburg unterwegs ist. „Ich war schon vor 20 Jahren dabei, als ein Gerüst um den Turm gebaut wurde“, so Janssen. Und, hat sich was geändert? „Ja, das Gerüst ist etwas breiter geworden – wie ich.“

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31 Kommentare

  1. 30

    Was ist aus dem Foto geworden ?
    Ich bekomme nur „[nggallery id=83]“ angezeigt . . .

     
  2. 29

    @24 das mit den Eigentumsverhältnissen ist schon richtig. Aber würden Sie als Mieter eines Gebäudes es akzeptabel finden, wenn der Eigentümer des Gebäudes es gestattet, das Dritte auf Ihrem Dach herumturnen? Das hat etwas mit dem Unterschied zwischen Besitz und Eigentum und dem Mietrecht zu tun. Indes ist dem Ralf die Tour herzlich gegönnt und der Post auch gar nicht so ernst gemeint.

     
  3. 27

    @ Klever
    Für solche Phobien gibt’s in Kleve gestandene Psychologen.
    Ich könnt für deine Therapie ein exzellentes Exemplar empfehlen, welches sich als Mitglied der OKF auch bestens mit der Behandlung solcher Allergien auskennt.
    Mir war bisher auch nicht bekannt, dass Dipl. Wirtschaftsinformatiker, Dipl. Finanzwirte, Psychologen, Kaufleute, Ärzte, Architekten, Künstler, Pharmazeuten, Finanz- und Steuerfachleute etc. ganz typische Exemplare der Gattung Chaoten sind.
    Wenn du dies dennoch so wahrnimmst, solltest du entweder zum Optiker oder tatsächlich zum Psychologen.
    Vielleicht hilft aber auch einfach, wenn du dir ‚mal ’nen Rat einholst, wie man respektvoll mit dem politischen Gegner umgehst.

     
  4. 25

    @7Klever
    Deine OKF-Phobie lässt dich sogar beim Gerüst an der Schwanenburg nicht los.

    Ãœber vermeintlich hässliche Vögel gesprochen. Wie entwickelte sich das hässliche Entlein in besagtem Märchen? Passt doch wunderschön zu Kleve.

    Und richtig, der informierte Bürger bekommt ein Gefühl dafür, wer welches abgekartete Spiel spielt.

     
  5. 24

    @23. Bommel @20. NvdH: Der „Geschäftsführer“ des Landgerichtes ist Mieter in der Burg. Entscheidend ist die Zustimmung des Bauherrn – das hat rd richtig erkannt.

     
  6. 22

    Dass der Schwan seid 500 Jahren zur Geschichte Kleves, ist vielen bekannt. Mich würde interessieren, wie der jetzige Schwan auf den Turm kam? in den 70er,80er Jahren wurde der Schwan in einem Blumenhaus auf der Großen Straße aufgestellt, auch wohl im Zuge von Sanierungsarbeiten… Ich würde mich freuen, mehr über die Geschichte des Schwans – das Wahrzeichen der Stadt Kleve – zu erfahren!

     
  7. 19

    Mensch Herbert,

    das kriegen wir bestimmt hin. Melde dich mal nächste Woche oder komm‘ eben im Büro vorbei, dann machen wir einen Termin!

    Der Aufzug wird dir gefallen, du darfst aber leider nicht mithelfen 😉

     
  8. 18

    @16. Martin Fingerhut

    Ich verstehe, Sie meinen, das passt immer!
    Nur das Thema mit der „Winddrehung“ (14.) muß noch herausgefunden werden…..
    🙂

     
  9. 17

    Hallo Ihr drei Erwähnten von Fa. Elbers . Könntet mich mal zu einem Rundgang auf dem Gerüst einladen . Müßt aber den 72 jährigen Rentner mit dem Aufzug hochfahren . Gruß an alle die mich noch kennen . Herbert

     
  10. 16

    @ 15. Fisch :
    OK.
    Ich nehme #87 : knuspriger KleveSchwan süß-sauer !
    😉

    @ 12. HP.lecker :
    Stelle gerade fest, daß das Buch z.Zt. nur antiquarisch – und unverschämt teuer – zu kriegen zu sein scheint.

     
  11. 15

    @14. Martin Fingerhut

    Vielleicht hat man auch bei der Entstehung des Schwans das „Orakel“ befragt, und heraus kam die spätere Zusammenarbeit der HSRW mit Asien………..es könnte also auch eine „Pekingente“ sein…. 😉

    In Kleve war und ist man eben nicht nur einen Schritt voraus! 🙂

     
  12. 14

    @ 9. Fisch :
    Freunde meiner Eltern nannten den Schwan „PilleEnte“
    – damals war Ernie’s RubberDucky noch nicht berühmt.

    Ob unser Schwan auch quietscht ?
    Wenn der Wind sich dreht ?
    😉

    @ 10. Rainer Hoymann :
    Danke !

     
  13. 13

    Na ja, Herr Hoymann, den Schwan zu küssen gehört nicht unbedingt zu meinen dringensten Bedürfnissen. Aber einmal von dort oben auf meine Stadt herunterzublicken und ähnlich spektakuläre Aufnahmen zu machen wie Udo Kleinendonk – das wäre (da bin ich mir sicher) der Herzenswunsch vieler Klever.

     
  14. 12

    @8 Martin Fingerhut
    Vielen Dank für den Tipp. Es liegt an meiner Berufung, mich für Bau- und Handwerkstechniken zu interessieren. Schiefer ist ein interessantes Material, mit dem vielfache Gestaltungen von Dächern und Fassaden möglich sind.

     
  15. 11

    @Rainer Hoymann: Danke für die Erinnerung. Die Schwanenburg ist für den BLB eine ständige Baustelle und das ist auch gut so. Wirtschaftlich kann nur ein öffentlicher Bauherr die hohen Kosten für die Sanierungsarbeiten aufbringen. Das aufgewendete Geld wird nie wieder erwirtschaftet. Oder glaubt hier jemand, das ein privater Geschäfsmann Geld für das Belegen des Schwanes mit Blattgold aufbringen würde.

     
  16. 10

    KLEVE. Die Kreisstadt Kleve mit ihrer Schwanenburg, dem Sitz von Amts- und Landgericht, ist dem Land NRW lieb und teuer. Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit hatte sich das Wahrzeichen in den vergangenen Tagen ohne den blattgold-verzierten Schwan auf der Turmspitze präsentiert. Bei Dacharbeiten waren kürzlich Schwächen an der Befestigung festgestellt worden.

    Der symbolträchtige Vogel gehört seit 500 Jahren (schöne Grüße von der Lohengrin-Sage) von Beginn an zur Geschichte der Klever Burganlage, untypisch für den Niederrhein auf einem Bergrücken gelegen. Bei dem Klever Wappentier handelt es sich immer noch um das Original, das im Kern aus Kupferblech besteht.

    Sofern die Fachleute richtig mitgezählt haben, hat der Vogel auf der Turmspitze in gut 63 Metern Höhe seinen luftigen Standort, einschließlich der jüngsten Aktion, fünfmal verlassen. Zuletzt war dies für eine Erneuerung des goldenen Mantels im Jahre 1994 erforderlich. Für so manchen Klever gilt es als höchsten Genuss, diesen Schwan einmal im Leben zu küssen.

    Dabei hätte das Schicksal dieses Vogels im Kriegsjahr 1944 besiegelt sein können: Im Oktober stürzte ein Bomber auf die Burg, der Schwan wurde in einen nahe gelegenen Altrheinarm geschleudert. Dort wurde er wieder entdeckt. Seither zieren eine Stirndelle und ein Einschussloch seinen Metallkörper.

    Ingenieur Wolfgang Zieseniss vom Baubetrieb NRW verfolgte die gestrige Komplettierung der Schwanenburg-Ansicht eher fachlich-nüchtern. Für das Land dürfte die Aktion Schwan mit bis zu 5000 Euro zu Buche schlagen. In die Sanierung der Klever Burg hat Nordrhein-Westfalen seit 1992 bereits zehn Millionen Euro gesteckt. (Rolf ZUREK in der NRZ vom 14. September 2005)

     
  17. 9

    zu Foto 1.

    Ganz sicher, dass der „Vogel“, aus dieser Perspektive zu sehen, einen Schwan darstellt? 😉

    Man könnte auch als „Nichtwissender“ auf eine „Flugente“ tippen…. 😉

     
  18. 8

    @ 1. Wiltrud Schnütgen :
    Ist das wirklich im Kern noch der erste Schwan ?

    @ 6. HP.lecker :
    Da Sie sich für SchieferDächer interessieren,
    empfehle ich Ihnen
    Paul Fingerhut : Schieferdächer:
    Altdeutsche Deckungen, Bogenschnittdeckung und Schuppendeckung, Rechteckdoppeldeckung

    ( nicht verwandt ( zumindest nicht nahe ), nicht verschwägert, bekomme keine Provision )

    Antwort auf Ihre eMail dauert noch.
    vermutlich erst nächstes WochenEnde.

     
  19. 7

    Es gibt in Kleve viele häßliche Vögel…. Die OKF ist auch einer davon… Aber aufgrund abnehmender Popularität der mit wachsendem Informationsgewinn der Bürger einhergeht, könnte sie bald unter Naturschutz stehen. Bleibt nur zu hoffen, dass diese Vogelart laaaaaange Beine hat um auch beim nächsten Hochwasser Fuss zu fassen…

     
  20. 4

    So von oben betrachtet sieht der Blick Richtung Hochschule gar nicht so schlimm aus…tolle Bilder.

     
  21. 3

    Man sollte unserem Schwan, dem Wahrzeichen von Kleve, nicht übel nehmen das er von nahem keine Schönheit ist!
    Er muß dort seit Jahren jahrein jahraus allen Widrigkeiten trotzen!
    Trotzdem erfreut er, wenn man Ihn von weitem schon auf der Spitze der Schwanenburg sieht, das Klever Herz, zumindestens meins.
    Daher der Schwan ist für meine Begriffe eine Schönheit und erstrahlt bei Sonne auf der Spitze der Schwanenburg, er ist unser Wappentier und gehört zu Kleve egal wie er von nahem aussieht.

    Ich hoffe das er jetzt bei der Einrüstung der Schwanenburg, eine Wartung und Ãœberholung erhält damit wir uns an unserem „Klever Wahrzeichen“ noch lange erfreuen können.

     
  22. 2

    Tolle Bilder über den Dächern von Kleve. Auf dem dritten Bild erkenne ich die Schieferverlegung in „deutscher Deckung mit Bogenschnitt“.
    Weiss jemand, woher der verarbeitete Schiefer stammt?

     
  23. 1

    Na, Herr Janssen hat den Schwan bisher nur von unten gesehen. Wer sieht aus der Perspektive schon gut aus? Außerdem ist das Tier über 560 Jahre alt. Da kann man schon mal runzelig werden.