Das Reden von Eva Beuys wird überbewertet

So. Ich war da, einer von 2716 (Stand 15:32 Uhr). Am Morgen hatte ich mich noch in feuilletonistischen Fachzeitschriften eingelesen und beispielsweise in einem diabolischen Artikel im Kurier am Sonntag erfahren, dass Eva Beuys, die Witwe von Joseph Beuys, der folgenden Ansicht ist: »Moyland ist für mich die boshafteste Anstalt, die es gibt.« Sie sei seit Jahren damit beschäftigt, Verfälschungen richtig zu stellen, aber sie werde von der »Dreistigkeit der Museumsleitung im Umgang mit Beuys‘ Werk immer wieder überrascht«. Kurier-Chef Olaf Plotke selbst attestierte die »Vertreibung der Brüder van der Grinten aus Moyland«. Im Klever Wochenblatt bemängelte Klaus Schürmanns die frugale Präsentation: »Der rote Brandmelder im kargen Treppenhaus ist deshalb schon ein richtiger Hingucker.« Und der Zwirnersaal – eine Katastrophe! »Wo sind die kunstvollen Fenster geblieben?« (Ja, wo eigentlich?)

Meine Meinung ist nun in diesem Konzert eine gänzlich unbedeutende, und so möchte ich nur sehr zurückhaltend bemerken, dass das Museum vorher eine wirre Rumpelkammer war, die es nun zweifelsohne nicht mehr ist. Ich weiß zum Beispiel nicht, ob die schon vorher in Moyland hingen, aber dass einen ganzen Raum mit Holzschnitten deutscher Expressionisten gibt, verblüffte mich schon. Alle Namen da, Marc, Macke, Kirchner, Heckel, und als ich dachte, es fehlen eigentlich nur noch Nolde und dieser Schmitt-Rotluff, zack!, waren die auch da.

In dem Raum über die Geschichte des Schlosses gibt es vieles über alle Jahrhunderte sowie eine Tafel 1930 und eine 1945 – dazwischen aber nichts. Weiß man wohl nicht, was da war.

Die Texte an den Wänden sind immer gleich gestrickt: »Expressionisten/Bildhauer/was auch immer waren für Joseph Beuys eine bedeutende Inspiration. Auf sein Anraten beginnen die Brüder van der Grinten 1951/1962/wann auch immer Expressionisten/Bildhauer/was auch immer zu sammeln.« Manchmal scheint der Bezug etwas gewaltsam hergestellt. So gesehen ist aber die Behauptung, der Geist der van der Grintens sei aus dem Schloss vertrieben worden, Quatsch.

Das meiste, was von Beuys zu sehen ist, sind filigrane, oftmals hastig hingeworfen wirkende Zeichnungen, die im 1. Obergeschoss in Räumen präsentiert werden, die abgedunkelt und irgendwie teuer ausgeleuchtet werden, weshalb in den Eingangsbereichen manchmal skurrile Sätze stehen wie: »Das Licht in diesem Raum wurde gefördert durch tel-inform H. Sack GmbH & Co. KG«.

Lichtförderung

Das Schöne an den Zeichnungen: Es sind die frühen Jahre des Künstlers, gut und schrott liegen dicht beieinander, und man muss schon Hardcorefeuilletonist sein, um darin die Wurzeln seines späteren ruhmreichen Wirkens zu erkennen. In Moyland ist der pittoreske Kleinstadtbeuys zu sehen, und das passt ja auch, denn das war er ja auch mal, da kann die Witwe sagen, was sie will. (Der Metropolenbeuys freilich will anders präsentiert werden.)

Eine Frage habe ich dann doch noch: Wie aufwändig ist es eigentlich, die direkt auf die Wände geschriebenen Infotexte zu korrigieren? Muss da einfach ein computergesteuerter Infotextsprühroboter aus dem Lager neu programmiert und ans Werk gesetzt werden? Denn hier, liebe Frau Paust, ist ein Fehler drin:

Hat doch geantwortet, sagt eine Besucherin

So etwas weiß ich natürlich nicht selbst, aber als ich den Text abfotografierte, machte mich eine wohl sachkundige Besucherin darauf aufmerksam, dass Beuys sehr wohl geantwortet habe – und zwar nicht per Brief, sondern mit einer künstlerisch gestalteten Tafel.

Nachtrag: Hochzeiten im Zwirnersaal sind nicht zu empfehlen. Waren sie vorher aber auch nicht unbedingt. Sind sie überhaupt zu empfehlen?

Deine Meinung zählt:

7 Kommentare

  1. 6

    Schade um die Nutzung vom Schloß Moyland! Mir reicht die Diskussion um Jup.
    In meinen Augen der cleverste Klever Geschäftsmann, den der Niederrhein je hervorgebracht hat. Aus Fils, Fett, Sperrmüll und Sch…. einen haufen Kohle + Moos verdient und sich damit hohe interlektuelle Anerkennung erarbeitet hat, die ein Otto Normalverbraucher – also die Mehrheit – nicht verstehen will.
    Gibt es da nicht einen Spruch den man vergleichen kann?
    Ulbricht: „Uns aus der Deutschen Demokratischen Republik ist es gelungen aus Sche…. Butter herzustellen. Die Farbe ist recht passabel und am Geschmack wird noch gearbeitet.“

    Wurde aber nicht so gut verkauft!

     
  2. 5

    viel “ zinober um nix“ !
    Man sollte „sich“ und Beuys nicht so wichtig nehmen…wichtig empfinde ich eigentlich nur Beuys selber – auf Fotos…Der Mann ist Kunst,nicht unbedingt seine Kunst! Die Zeichnungen…ja, die Teebeutel/Badewannen…für mich nicht!
    egal…
    trotzdem…er hat viel bewegt, dass erkenne ich an, dass „treiben“ heute um ihn, hätte ihn wahrscheinlich verschreckt!?…
    übrigens jajajajaja…nenenenene
    hier hören
    http://www.youtube.com/watch?v=PFGf_y4JyOA

     
  3. 3

    Abgedunkelte Fenster und „irgendwie teure Beleuchtung“ haben schon einen Grund:

    Die Kunstwerke, abhängig von Material und Beschaffenheit, vertragen nur eine gewisse LUX Zahl. Ein normaler bewölkter Wintertag hat zum Beispiel 3500 Lux. Einige Kunstwerke vertragen nur zwischen 50 und 200 Lux. Bei normaler Beleuchtung würden die Werke auf Dauer beschädigt werden. Es ist also zu hell. Daher sind die Fenster abgedunkelt und die Räume speziell ausgeleuchtet.

    Wir haben uns gestern im Erdgeschoss von einer kompetenten Mitarbeiterin des Museums darüber aufklären lassen.

     
  4. 1

    Hallo, da is ja geballte emotion. Das sind ein paar zeichnungen von einem niederrheinischen künsteler. Mehr nich. Weltverbesserer zwischen Kappesfeldern