„Als der Tod ihn holte, ging Gert Schumacher als Gewinner. Sein Krebs – das war ihm immer bewusst – war nicht zu besiegen. Doch er konnte dem Leben Zeit abtrotzen. Ein halbes Jahr, das hatten ihm die Ärzte noch gegeben. Gerd Schumacher aber lebte, gegen jede Wahrscheinlichkeit. Acht Jahre lang. Acht Jahre, voller Chemo-Infusionen, Operationen, Bestrahlungen. Aber auch acht Jahre, in denen zwei seiner Kinder heirateten und ihm fünf Enkel schenken. Acht, sagte er, „gute Jahre“.
So beginnt in der neuen Ausgabe des Magazins „Der Stern“ ein sehr lesenswerter Artikel über den Klever Arzt Dr. Gert Schumacher, der kurz vor seinem Tod mit seiner Idee eines „Hundertwasserhauses“ für den Minoritenplatz der schier endlosen Diskussion um die Bebauung des Areals eine neue, überraschende Richtung gab, eine Idee, die für seine Heimat sein Vermächtnis sein wird. Immerhin prüft die Verwaltung derzeit auf Antrag der CDU den Vorschlag.
Der Artikel im Stern beschäftigt sich mit der Leidensgeschichte des Mediziners, mit dem Kampf gegen den Krebs, einem von Anfang an übermächtigen Gegner, dessen Sieg von der von Schumacher selbst gestellten Diagnose an feststeht.
Doch gerade im Fall von Tumorerkrankungen geht es der Medizin oftmals darum, den Patienten mehr qualitätsvolle Lebenszeit zu verschaffen. Im Fall von Gert Schumacher wurden es acht Jahre, es waren viele schwere Zeiten dabei, aber auch gute, in denen das Ehepaar Urlaube machte und viel wanderte.
Acht Jahre wurden es auch deshalb, weil nach einer vierjährigen konventionellen Therapie eine neuartige Behandlungsmethode zum Einsatz kam – die so genannte Protonentherapie.
Auch deshalb ist der Artikel lesenswert, weil er das Dilemma der modernen Medizin auf den Punkt bringt. Für die Protonentherapie ist ein Gerät nötig, dass 120 Tonnen wiegt und positiv geladene Elementarteilchen, die Protonen, auf 60 Protonen der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und dann zielgenau auf die Tumore jagt. Dort verrichten sie ihr zerstörerisches Werk.
Eine Anlage mit vier Behandlungsplätzen kostet, so das Magazin, 120 Millionen Euro. Doch die Protonentherapie ist kein medizinischer Standard, weil wissenschaftlich nicht sicher geklärt ist, ob diese Behandlungsmethode besser wirkt als andere Verfahren. So ist auch unklar, ob die Krankenkassen die Behandlung bezahlen.
Schumacher selbst erlebte das Dilemma am eigenen Leib: Drei Behandlungen wurden von der Kasse übernommen, die vierte hingegen abgelehnt, weil die Lebenserwartung des Patienten zu gering sei. Mit Hilfe von Freunden sammelte die Familie 40.000 Euro und hatte sie bereits beisammen, als nach einem zähen Gutachterstreit doch noch die Zusage der Kasse kam. Das war Ende des vergangenen Jahres. Schumacher bekam zehn weitere Monate Leben, in denen er unter anderem seine Kinder in England und Luxemburg besuchte.
„Jeder Tag ist wertvoll“, sagte Gert Schumacher.
Jeder Tag ist wertvoll.