Wohin mit „Monstern“ und „Bestien“? Dorthin!

Gebäudeansicht

Pult

Ein Ensemble der Kreismusikschule spielte das Scherzo-Trio von Eugène Walckiers, und fast schien es so, als übertrage sich das heitere Tirili der Querflöten auf die Stimmung im Gelände, das mit seinen blumengesäumten Wegen, Freiluftfeldern für Schach und Mühle und mit Gebäuden, die sich fast wegzuducken scheinen, an eine gepflegte Seniorenwohnanlage erinnert. Der Bedburg-Hauer Bürgermeister Peter Driessen sagte zurecht: „Das Gelände wirkt sehr einladend, wenn man das so sagen darf.“

Wenn man das so sagen darf: Wer das Gebäudeensemble (Foto oben) so erblickt und sich nicht beruflich auf dem Gelände aufhält, hat eine „Einladung“ erhalten, die er nicht ablehnen kann. Und es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass er es auch am nächsten Tag noch so sehen darf. Und in der nächsten Woche. Und im nächsten Monat. Und in den nächsten Jahren. Vielleicht ist dieser Anblick das letzte, was derjenige von dieser Welt mitnimmt.

Zaun

Ein 5,5 Meter hoher Spezialzaun, bestehend aus Beton, Stahl und Polycarbonat, trennt die Siedlung mit einer filigranen Unerbittlichkeit vom Rest der Welt und macht sie deshalb voraussichtlich ab September zum Lebensmittelpunkt für Menschen, die im Zustand der Schuldunfähigkeit schlimme Verbrechen begangenen haben, Menschen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit ein paar Wochen als „Monster“ oder „Bestien“ durch die Medien geisterten und – und die fortan vom Rest der Menschheit abgesondert werden, während der Versuch unternommen wird, sie zu therapieren.

ZimmerWillkommen im Maßregelvollzug, willkommen in den Forensischen Neubauten der Rheinischen Kliniken Bedburg-Hau, wo jedem Bewohner für die Dauer seines Aufenthalts rein rechnerisch ein Würfel mit der Kantenlänge von sieben Metern zur Verfügung steht (Brutto-Rauminhalt geteilt durch 114 Insassen, die Zellen selbst sind natürlich kleiner).

26,7 Millionen hat der Neubau gekostet, wie Karl-Josef Laumann, der zuständige NRW-Minister in seiner Festrede ausführte, die im übrigen auf einer Metaebene dezent darauf hinwies, wie wichtig es ist, in der Forensik den Faktor Zeit zu beherrschen – obwohl die Ehrengäste nur eine gute halbe Stunde zuhören mussten. Es ging im wesentlichen um die Themen Sicherheit („Spezialsicherheitszaun“), Kosten („kostengünstiger als eine Mauer“) und Menschenwürde („Menschenwürde“). Bei der Begehung zeigte sich, dass der Sicherheitsbegriff zwischen Big Brother und Hannibal Lector changiert. Auf der einen Seite hat der Pfleger einen Arbeitsplatz, der sich nicht grundsätzlich von dem eines Parkhauswächters oder Börsenmaklers oder von Captain Kirk unterscheidet:

Bildschirme

KloAuf der andere Seite gibt es schwere Stahlgittertüren, deren freundlich-gelbe Lackierung nicht von ihrer tatsächlichen Bestimmung ablenken kann, und dazu ließen die Planer Kriseninterventionsklos einbauen, die so wirken, als ob sie auch ohne größere Beschädigungen von einem Panzer überrollt werden könnten. Eine eigene Krankenstation mit Röntgengerät sorgt dafür, dass die üblichen Fluchtversuche beim Krankentransport nicht mehr möglich sind. Wer hier drin ist, bleibt. Nach der Schlüsselübergabe hatte Uwe Dönisch-Seidel, der Landesbeauftragte für den Maßregelvollzug zu einem kleinen Imbiss eingeladen, es gab Fingerfood, Kirschstreusel, alkoholfreien Sekt und Früh-Kölsch (aus Altbiergläsern). Unter den Gästen waren Landrat Spreen, Manni Palmen (CDU, Geld) und Brigitte Wucherpfennig (SPD) sowie einige andere Leute, die auch immer dabei sind.

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