Über BinnenKapitälchen

Lieber Leser, der du nach Handreichungen für ein besseres Leben gierst, hier gibt es zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage eine in ihrer Einfachheit verblüffende Botschaft (Nr. 1 war der Tipp, nicht in der Regenzeit in Indien Urlaub zu machen). Diesmal geht es um Großbuchstaben in der WortMitte, im Fachausdruck Binnenkapitälchen genannt. Wo immer sie auftauchen, ist größte Vorsicht angeraten!

Zum ersten Mal begegnet ist mir das Phänomen (glaube ich) in Veröffentlichungen aus der linksalternativen Szene wegen der Gleichberechtigung („LeserInnen“). Ca. 1991 kam dann der KönigsgArten. Heute aber werden die Binnenkapitälchen benutzt, um etwas asthmatische Konstruktionen aufzupimpen und ein bisschen Triefsinn hineinzugeheimnissen. Ein KunstStück in diesem Sinne ist etwas anderes als ein Kunststück, etwas viel Feineres und Eleganteres.

Wie aber komme ich nun darauf? Kürzlich war ich in der Sparkasse, ich gucke ja immer mal nach, ob Herr van Zoggel irgendwo rumläuft, und dann würde ich ihm sofort mein Aufnahmegerät ins Gesicht recken und ihn mit einem Fragenstakkato bearbeiten. Natürlich war er nicht da. Dafür aber was anderes: „FahrRad – Radverkehrskonzept in Kleve“. Schon wieder eine Bürgerbefragung!

In diesem Fall halte ich sie übrigens für sinnVoll. Eine andere Idee wäre natürlich, mal aus dem Dienstwagen auszusteigen und selbst durch die Gässchen unseres Städtchens zu radeln. Da hätte man in einem Tag sämtliche Schwachstellen des Radwegenetzes entdeckt und könnte sie in den nächsten sechs Jahren beseitigen. Warum aber „FahrRad“? Weil die 16 Fragen sich nicht die Stadtverwaltung ausgedacht hat, sondern das Planungsbüro AB Stadtverkehr. Und in diesen Kreisen weiß man, was dem Intellekt der Kundschaft geschuldet ist - mindestens ein Binnenkapitälchen. „In besonderer Weise soll diese Konzeption in einem offenen und dialogorientierten Planungsprozess gemeinsam mit allen relevanten Partnern und der Bürgerschaft entwickelt werden“, schreibt der BürgerMeister dazu. (Hausaufgabe: Streichen Sie sämtliche WortHülsen raus!).

Entschuldigung, ich bin immer noch nicht am Ende. Am vergangenen Wochenende war ich auf einer gelungenen Feier, in deren Verlauf ich Kollegen traf, die beim WAZ-Konzern angestellt sind, in diesem Fall in der NRZ-Redaktion. Dort muss ja eisern gespart werden, weil die Truppe an der Spitze jahrzehntelang jede Veränderung des Geschäfts ignoriert hat und sich dann plötzlich wundert, dass der ganze Laden total marode ist und sie das Geld nicht mehr in Schubkarren in die Privatspeicher transportieren kann.

Gespart wird natürlich gegen alle Vernunft am Anfang der Nahrungskette – in den Lokalredaktionen. Zum Beispiel dürfen die seit kurzem ihre Seiten nicht mehr selber layouten, sondern das wird unter Inkaufnahme langer Wartezeiten und endloser Abstimmungsarien zentral in Duisburg erledigt. An einem so genannten Regiodesk. Und es würde mich ganz schwer wundern, wenn so ein hirnverbrannter Stuss nicht in Wahrheit RegioDesk geschrieben wird. Wetten?

Deine Meinung zählt:

12 Kommentare

  1. 12

    ### über BinnenKapitälchen . . .
    . . . Wo immer sie auftauchen, ist größte Vorsicht angeraten! ###
    Uff, da bin ich aber froh, daß ich keine BinnenKapitälchen verwende
    sondern BinnenMajuskeln.
    😉

     
  2. 10

    derkleveransichnöltgern // Sep 13, 2009 at 14:30

    Entschudigung, aber was hat der Inhalt des besagten Comments mit dem Thema zu tun?

    *ratlos umher guck*

     
  3. 9

    Ok, wenn wir dann beim nölen sind, frage ich mich, warum beim Umbau der Hoffmannalle die Querungshilfen für Fußgänger nicht eingebaut wurden? Das Ergebnis ist, dass zwischen Königsalle und EOC keine Möglichkeit besteht, die Hoffmannalle einigermaßen sicher zu überqueren. Das bedeutet, dass die Kinder die Radwege in beiden Richtungen befahren. Da diese dafür aber zu schmal sind, kommt es zu Konflikten mit den Fußgängern auf dem Restgehweg.

    Ach ja, das Argument war, dass ein paar Parkplätze weniger geschaffen werden, sollte man auch noch die Querung der Hoffmannalle für Fußgänger ermöglichen.

    Da wir ja sowieso schon offtopic sind: Zum Wahltermin bleibt meine Meinung bestehen. Aus wahltaktischen Gründen eine Wahl weit vor Ablauf der Amtszeit durchführen zu lassen und damit Wähler vom Wahlrecht auszuschlissen, ist undemokratisch. Auf die Bundestagswahl trifft dies nicht zu, da Amtsende und Wahltermin zeitnah beieinander liegen.
    Das Ergebis zeigt ja, dass die neugewählten Räte zum großen Teil noch nicht einmal mehr von der Hälfte der wahlberechtigten Bürger gewählt wurden. Sich damit auseinanderzusetzen und Bürger zu überzeugen ihr Wahlrecht auszuüben, ist ja mühsamer, als die Kritik an der Sache mit „nölen“ abzutuen.

     
  4. 8

    Ach ja, der Nöl-Peter. Freu Dich doch lieber, dass Deine Kinder jetzt noch ein Jahr den Radweg nutzen können. Und nachdem der Wahltermin von Mai auf August verschoben wurden und Deine Kinder in dieser Zeit dann doch 16 wurden und wählen durften, wurde ja wenigstens in dieser Hinsicht nicht mehr genölt. Tja, ich könnte ja auch mal nölen, mein Kind wird erst in einem halben Jahr 16 und ich find es echt ungerecht, dass es jetzt nicht wählen durfte. Ich bin für Verschiebung der Bundestagswahl um 1,5 Jahre!

     
  5. 7

    @Rainer, viele der Punkte sind schon bei einer Fahradexkursion einiger Ratsmitglieder vor gefühlten 10 Jahren als verbesserungswürdig erkannt worden. Leider ist seit dem kaum etwas geschehen, wenn man davon absieht, dass neue Gefährdungspotentiale (Kreisverkehre) hinzugekommen sind.
    Warum braucht der gemeine Stadtverordnete nun wieder einen Gutachter um das zu ermitteln, was schon lange in den Schubladen der Verwaltung steckt?
    Erfreulich ist, dass nach langer Planung nun endlich die Radwege an der Hoffmannalle fertig gestellt ist. Meine Kinder werden die Realschule nächstes Jahr verlassen. Für sie kommen die Radwege 6 Jahre zu spät.

     
  6. 6

    @MichaelZ.

    Man hätte ja auch den ADFC um Mithilfe bitten können. Das wäre mit Sicherheit billiger geworden.
    Es steht jedoch zu vermuten, dass deren Experten-Wissen eher hinderlich ist.

     
  7. 5

    Ist Frau Dr. Niemann als „Moderatorin“ des ganzen Workshops auch wieder dabei? Es ist peinlich, das eine Verwaltung das nicht selbst kann. Verantwortung zu übernehmen gehört zum Geschäft von BM und Beigeordneten, dieses Verwässern mittels all der Berater kostet viel zu viel Geld.
    Die „Verwässerer“ vom Rathausworkshop haben übrigens 75% der 600.000 € einkassiert, die sechs Planungsbüros nur einen geringen Teil. Und was haben die geleistet!!!!

     
  8. 4

    FahrRad – ist ja wohl der Witz schlechthin. Jetzt sollen noch die völlig überzahlten Fehlleistungen einer Stadtverwaltung unter Theo Brauer mittels einer nochmals zu bezahlenden XYZ-Beratungsgesellschaft, für nochmalige Ausgaben bezahtl werden?! Ich leg‘ mich hin…
    Beispiel: Ausgewiesene (!) Radroute vom Johanna-Sebus-Denkmal über Gut Heereward nach Rindern…Man kommt auf dem Kerkenkamp an und früher einmal am „Tweestrom-See“ aus – Heute nicht! Da landet man auf der sogenannten Insustriestraße (“ Theo-Brauer-Geburtstags-Ring“): STOP – Entweder man mißachtet das Fahrrad-Verbot ( weil man weiter will) und riskiert die Begegnung mit einem Brücken-überfahrenden 100km/h-Raser ( was als Radfahrer immer irgendwie leidlich und blöd aussieht) oder fährt zurück zum J.-S.-Denkmal und fragt sich warum man da kein Schild „Sackgasse“ aufgestellt hat…
    Vielleicht, aber so ohne XYZ-Beratungsgesellschaft scheint das ja eher schwierig zu sein, hätte man ja auch direkt drüber nachdenken können was man mit den Radfahren ( und übrigens auch Brienern Rentnern, die da immer gedachten spazieren zu gehen) macht?! Einen Radweg planen und realisieren, so mal für geschätzte 300 m?….Macht dann wohl der Bürger, der den Meisterbürger, seine Beratungsgesellschaft und die einfachste Erkenntnis mittels eines kostspieligen Ich-halte-dich-für-dumm-und-lass-mich-dafür-bezahlen-Verfahrens dann am Ende dreifach zahlt!

    Was kommt als nächstes? Womöglich noch eine Bürgerbefragung “ Warum überhaupt wählen gehen, wenn ich nicht Theo Brauer wähle“ oder so ähnlich? Menno, lassen wir uns verar….

     
  9. 3

    Können die Lokalredakteure denn nicht übers Netz layouten? Entsprechende CAD-Software müsste es doch seit Jahren auf dem Markt geben.

    Im Grunde müsste man doch soweit sein, dass es einen Zentralserver gibt, welcher idealerweise der des Plattenbelichters selbst ist. Wo der inclusive Druckmaschine steht, ob in Duisburg oder Mumbay, ist ja piepegal. Sobald alle Layouter fertig sind, gibt der Admin den Startbefehl und die Zeitung wird gedruckt.

    Grundsätzlich finde ich nicht alle Binnenkaptälchen lächerlich, auch wenn sie immer syntaktisch falsch sind.

    „NiederrheinBahn“ finde ich zum Beispiel cool.
    „AustriaExpress“ auch.

    „GrenzLandDraisine“ aber finde ich scheisse….. (sorry)

    Geil aber wäre, gerade im Hiblick auf die aktuelle Endlagerfrage:
    „SparkAsse“

    Oder ums ganz weit zu treiben:

    „bAUSe“

    „elEFFAnten“ (gut, das hat keinen tieferen Sinn)

     
  10. 2

    „In diesem Fall halte ich sie übrigens für sinnVoll. Eine andere Idee wäre natürlich, mal aus dem Dienstwagen auszusteigen und selbst durch die Gässchen unseres Städtchens zu radeln. Da hätte man in einem Tag sämtliche Schwachstellen des Radwegenetzes entdeckt und könnte sie in den nächsten sechs Jahren beseitigen.“

    Diesen Eindruck kann ich als Teilnehmer dieser VerAnstaltung bestätigen und durch Fotodokumente erhärten.
    Als kritischer Bereich für den Fahrradfahrer in Kellen stellte sicher heraus:
    http://www.heimat-kleve.de/geschichte/pressemitteilungen/rp_10.09.2009/thumbs/08.09.2009_01.JPG
    und in Kleve-Stadt:
    http://www.heimat-kleve.de/geschichte/pressemitteilungen/rp_10.09.2009/thumbs/08.09.2009_02.JPG .

    Und tatsächlich war mein erster Eindruck, als ich mit dem Fahrrad zum Wissensspeicher geradelt bin: wieso stehen hier soviele PKWs?

    Die VerAnstaltung war gut besucht. Subjektiver Eindruck: ca. 25 % Lokalpolitiker einschl. Verwaltung sowie 75 % am Thema interessierte Fahrradfahrer (eine kleine Schnittmenge schließe ich nicht aus).

     
  11. 1

    Während sich der Meisterbürger in Kneipeneröffnungen und Power-Point-Geschwafel ergeht, setzen die Firmen reihenweise die Leute an die frische Luft bzw. schicken sie zur ArbeitsAgentur.

    Heute aktuell 168 Leute einschließlich meiner SeltenHeit.