Fun Garden: BGH verwirft Revisionen, Urteil des Klever Landgerichts hat Bestand

In ganz Deutschland gibt es Bordelle, in denen die Prostituierten als „selbstständige Unternehmerinnen“ ihre Dienstleistungen anbieten — obwohl sie feste Dienstzeiten haben und die Möglichkeiten, ihren Beruf selbstbestimmt auszuüben, sich in engen Grenzen halten. Doch dieses Geschäftsmodell steht jetzt aufgrund eines Prozesses vor dem Landgericht Kleve auf der Kippe.

Der Grund: Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verwarf in einem Beschluss die Revisionen, die Esed D., der ehemalige Betreiber der Emmericher Bordelle „Fun Garden“ und „Villa Auberge“, und seine Lebensgefährtin Olga G. gegen seine Verurteilung vor dem Landgericht Kleve hatten einlegen lassen. Das Urteil ist also rechtskräftig – zweifelsohne ein großer Erfolg für die Justizbehörden im Kampf gegen die menschenverachtenden Auswüchse im Rotlichtmilieu.

„Die Revisionen der Angeklagten sind im Wesentlichen verworfen werden, Schuldspruch und Strafausspruch haben Bestand“, so Johannes Hoppmann, Sprecher der Klever Staatsanwaltschaft. Womöglich ruft der Beschluss des BGH nun andere Anklagebehörden auf den Plan: „Das Interesse an dem Urteil ist sehr groß“, sagt Hoppmman.

Esed D. und Olga G. hatten mit ihren florierenden Bordellbetrieben Millionen umgesetzt. Bei einer Razzia in dem Betrieb fielen der Staatsanwaltschaft allerdings Unterlagen in die Hände, die einerseits eine doppelte Buchführung belegten und andererseits erhebliche Zweifel daran nährten, dass die Frauen im „Fun Garden“ tatsächlich selbstbestimmt arbeiteten. Staatsanwalt Hendrik Timmer fertigte daraus eine Anklage, der das Landgericht nach einem monatelangen Mammutprozesse in weiten Teilen folgte: Esed D. wurde wegen schweren Menschenhandels, Einschleusen von Ausländern in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, Steuerhinterziehung in 29 Fällen und Vorenthaltens von Arbeitsentgelten zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Seine Lebensgefährtin, vom Gericht als Gehilfin eingestuft, erhielt eine Strafe von zwei Jahren und sechs Monaten. In der Presse wurde das Verfahren seinerzeit auch mit dem Prozess gegen den Gangsterboss Al Capone verglichen, dem am Ende auch Steuervergehen zum Verhängnis wurden.

Entscheidend an dem Urteil war die Tatsache, dass die Prostituierten nicht als selbstständige Unternehmerinnen, sondern als abhängig Beschäftigte mit den daraus resultierenden Sozialversicherungspflichten eingeschätzt wurden – gegen diese Wertung richtete sich die Revision. Damit kamen die Verteidiger von Esed D. und Olga G. vor dem BGH allerdings nicht durch, sodass die Klever Entscheidung Bestand hat.

In seinem Urteil ging das Landgericht Kleve davon aus, dass in den Jahren 2005 bis 2011 im „Fun Garden“ und in der „Villa Auberge“ zwischen 700 und 1000 Prostituierte tätig gewesen waren, die einen Umsatz von fast 10 Millionen Euro erwirtschafteten. Über 60.000 Kunden wurden bedient. Die Kammer ermittelte aus verkürzten Steuern und nicht gezahlten Abgaben einen Schaden von rund 4,1 Millionen Euro, unter anderem 900.000 Euro Umsatzsteuer, 825.000 Euro Lohnsteuer sowie 1,9 Millionen Euro Sozialabgaben.

Lediglich in zwei Punkten änderte der BGH das Urteil der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Kleve unter Vorsitz von Richter Christian Henckel ab. Zum einen hatte sich die Kammer bei der Berechnung des Schadens geringfügig verrechnet (nicht 4,12 Millionen, sondern 4,08 Millionen Euro), zum anderen sei die Lebensgefährtin, was den durch die Straftaten erwirtschafteten Besitz angeht, nicht zu belangen (sie hatte kein Vermögen). Diese Änderungen stufte der BGH jedoch als so marginal ein, dass die Kosten für das Verfahren komplett den Antragstellern auferlegt wurden. „Der Teilerfolg für die Beschwerdeführer ist nicht so erheblich, dass es geboten wäre, sie aus Billigkeitsgründen von der Kosten- und Auslagelast auch nur teilweise freizustellen“, heißt es in der Entscheidung (Az. 1 StR 53/14).

Veröffentlicht am
Kategorisiert in Alles

Deine Meinung zählt: